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Verfahren zur Frischhaltung von Fleisch, Geflügel, Fischen und anderen
Nahrungsmitteln und zur Tauglichmachung von bedingt tauglichem Fleisch bzw. zur
Abtötung von Finnen, Trichinen, Tuberkeln o. dgl. Zusatz zum Patent 38q.293. Die
Erfindung betrifft eine Abänderung des durch das Patent 384293 geschützten
Konservierungsverfahrens, bei dem das Fleisch o. dgl. mit einer Lösung behandelt
wird, die durch Vermischen von verdünnter Essigsäure mit einer alkoholischen oder
emulsionsartigen Lösung von Sinalbinsenföl und den aus einer mit Essigsäure angesäuerten
Milchzuckerlösung hergestellten Zerlegungsprodukten des Milchzuckers, welche aus
d-Glukose und d-Galaktose und esterartigen Verbindungen des Milchzuckers bzw. der
d-Glukose und der d-Galaktose mit der Essigsäure bestehen, entsteht.
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Die Essigsäure hat eine Reihe von Eigenschaften, welche ihre allgemeine
Verwendungsfähigkeit für die Zwecke der Nahrungsmittelkonservierung einschränken.
So ist diese Säure auch in den verdünntesten Lösungen nie völlig geruchlos, daher
das Konservierungsmittel bei Verwendung der Essigsäure in etwas konzentrierterer
Form für Konservierungszwecke weniger geeignet. Dazu kommt, daß ein stärkerer Zusatz
von Essigsäure zu dem Mittel bei längerer Aufbewahrung von Fleisch in demselben
eine Graufärbung der oberflächlichen Schichten des Fleisches hervorruft und. das
gekochte Fleisch dann einen eigenartigen säuerlichen Geschmack erhält.
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Es wurde gefunden; daß -sich die Essigsäure des früheren Mittels durch
geruchlose organische Säuren ersetzen läßt, welche die angeführten, der Essigsäure
anhaftenden nachteiligen-Eigenschaften nicht besitzen, mit der Essigsäure aber die
Eigenschaft teilen, mit dem Milchzucker esterartige Verbindungen usw. zu bilden.
Durch die Möglichkeit, diese Säuren in etwas stärkeren Lösungen anzuwenden, wird
das Verwendungsgebiet des Mittels hinsichtlich der mit demselben zu behandelnden
Nahrungsmittel bedeutend erweitert. Das Mittel kann außerdem in konzentrierterer
Form mit schneller Wirkung zur Tauglichmachung von bedingt tauglichem Fleisch, zur
Abtötung von Finnen, Trichinen, Tuberkeln o. dgl. benutzt werden.
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Als geruchlose organische Säuren kommen an Stelle der Essigsäure die
folgenden Säuren in Betracht: die Weinsäuren, die Milchsäuren, die Glykolsäure,
die Diglykolsäure, die Zitronensäure, die Apfelsäure o. dgl. Von diesen Säuren wurde
einerseits die Weinsäure, die Milchsäure und die Apfelsäure teils ohne, teils mit
Zusatz von Gewürzen oder anderen Stoffen, der Milchzucker anderseits in Verbindung
mit bestimmten Salzen schon zur Konservierung von Fleisch und ähnlichen Nahrungsmitteln
verwendet.
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So wurde z. B. vorgeschlagen, aus Weinsäure und Borsäure durch Erhitzen
ein Doppelsalz zu bilden und dieses in aromatischem Wasser
zu lösen,
auch die Verwendung von Apfelsäure in Verbindung mit Borsäure in wässer'ger Lösung
wurde empfohlen. Infolge der giftigen Eigenschaften der Borsäure sind derartige
Mittel durch die Nahrungsmittelgesetze der meisten Länder verboten. Man kennt auch
Konservierungsmittel, welche aus einer Milchsäurelösung mit einem Zusatz von Metaphosphorsäure,
Salz, Salpeter, Holzessigsäure, Karbolsäure Glyzerin, Gewürzen oder 01 bestehen.
Diese Mittel enthalten alle kein Sinalbinsenföl und auch keinen Milchzucker und
infolgedessen auch nicht dessen Zerlegungsprodukte; es fehlt ihnen also die dem
Sinalbinsenföl und den Zerlegungsprodukten des Milchzuckers zukommende starke fäulnishemmende
Wirkung.
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Eine andere bekannte Zusammensetzung enthält zwar Milchzucker, aber
keine Säure und kein Sinalbinsenföl. Die konservierende Wirkung bei diesem Produkt
beruht auf der durch die weiteren Bestandteile desselben hervorgerufenen Entwicklung
von Kohlensäure. In dem einen Falle enthält das Mittel neben dem Milchzucker doppeltphosphorsaures
Kali, kohlensaure Magnesia und doppeltweinsaures Kali oder als Ersatz hierfür doppeltweinsaures
Natron, in dem andern Falle als Zersetzungsprodukte der aufgezählten Salze nur Weinstein
und phosphorsaure Magnesia. Irgendeine chemische Einwirkung der verschiedenen Salze
auf den Milchzucker und damit die Bildung der erwähnten Zersetzungsprodukte findet
weder bei der selbständigen Entwicklung noch bei der gesonderten Erzeugung der Kohlensäure
statt.
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Zum Unterschied von diesen bekannten Verfahren wird bei dem vorliegenden
Verfahren ebenso wie bei dem Verfahren des Hauptpatentes Sinalbinsenföl verwendet,
und es werden die Zerlegungsprodukte des Milchzuckers gebildet. Unter der Einwirkung
der genannten geruchlosen organischen Säuren (der Weinsäuren, der Milchsäuren, der
Glykolsäure, der Diglykolsäure, der Zitronensäure, der Apfelsäure o. dgl.) auf den
Milchzucker entstehen ebenso wie bei der Essigsäure esterartige Verbindungen oder
Säuren der Zerlegungsprodukte des Milchzuckers mit diesen Säuren. Die Zerlegungsprodukte
des Milchzuckers schließen ebenso wie die von dem Milchzucker bzw. von dessen Zerlegungsprodukten
mit den angeführten organischen Säuren gebildeten esterartigen Verbindungen oder
organischen Säuren infolge ihrer keimtötenden Wirkung eine Milchsäuregarung aus,
eine evtl. auftretende Alkoholgärung wird durch den Zusatz von Sinalbinsenföl verhindert
oder in den gewünschten Grenzen gehalten.
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Neben der Geruchlosigkeit und der Eigenschaft, auch bei Verwendung
von konzentrierteren Lösungen die Farbe der oberflächlichen Schichten des Fleisches
nicht zu ändern und dem so konservierten gekochten Fleisch keinen eigenartigen säuerlichen
Geschmack zu verleihen, bietet der Ersatz der Essigsäure durch die genannten geruchlosen
organischen Säuren noch eine Reihe von insbesondere für die Abtötung von Finnen
und Trichinen wertvollen Vorteilen. Diese organischen Säuren lösen die äußere Kalkschicht
der eingekapselten Trichinen auf und wirken bei der Abtötung von Finnen auflösend
auf die im Innern der Finnen befindlichen Kalkkörperchen. Während das unter Zusatz
von Essigsäure hergestellte Konservierungsmittel infolge der Bildung von Kalziumazetat
ferner auf die Schleimhäute der Verdauungsorgane leicht eine ätzende Wirkung ausüben
kann, besitzen die bei dem neuen Konservierungsmittel gebildeten Salze keine ätzende
Eigenschaft, können also die Schleimhäute der Verdauungsorgane nicht angreifen,
ein Umstand, dergerade für die Tauglichmachung bedingt tauglichen Fleisches und
besonders für die Abtötung von Finnen, Trichinen und Tuberkeln o. dgl. von hervorragender
Bedeutung ist. Die Zerlegungsprodukte des :Milchzuckers brauchen nicht nur aus d-Glukose
und d-Galakto_e und den entsprechenden esterartigen Verbindungen dieser Zerlegungsprodukte
des Milchzuckers oder aus den entsprechenden organischen Säuren derselben mit den
angeführten Säuren zu bestehen, sondern sie können auch andere Zuckerarten und Abkömmlinge
des '.Milchzuckers enthalten, z. B. i-Glukose und i-Galaktose, ebenso d-i-Glukose
und d-i-Galaktose, ferner d-Galaktose und d-Glukonsäure o. dgl.
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Das Verfahren zur Herstellung des neuen Konservierungsmittels ist
beispielsweise folgendes: 300 g Milchzucker werden in etwa 1 1 Wasser, das
mit etwa 4,5 ccm einer gesättigten Weinsäurelösung versetzt ist, gelöst und die
Milchzuckerlösung durch Erhitzen auf etwa 9g bis ioo° C während etwa 15 Minuten
in d-Glukose und d-Galaktose oder andere entsprechende Spaltungsprodukte zerlegt,
wobei sich gleichzeitig esterartige Verbindungen des Milchzuckers mit der Weinsäure
oder z. B. Galaktosetetraweinsäure und die Trigalaktosetetraweinsäure bilden. Von
dieser Lösung werden dann etwa 6,5 ccm mit einer zweckmäßig alkoholischen
Lösung oder Emulsion von etwa o,2 ccm Sinalbinsenföl und einer Lösung von etwa ii
ccm gesättigter Weinsäurelösung in je 500 ccm Wasser vermischt. Bei Verwendung
der erwähnten anderen organischen Säuren bilden sich entsprechende esterartige Verbindungen
oder organische Säuren der Zerlegungsprodukte des Milchzuckers mit der jeweilig
zum Ansäuern benutzten Säure.
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Das Mengenverhältnis für die Zusammensetzung ist nicht unter allen
Umständen an die obigen Zahlen gebunden, sondern kann dem
jeweiligen
Verwendungszweck angepaßt und entsprechend abgeändert werden, derart, daß die fertige
Frischhaltungsflüssigkeit im ganzen etwa höchstens 2 bis 3 Prozent der Zerlegungsprodukte
des Milchzuckers, etwa o,2 bis o,3 Prozent der jeweilig verwendeten Säure, also
der Weinsäuren, Milchsäuren, der Glykolsäure, der Diglykolsäure, der Zitronensäure,
der Apfelsäure o. dgl., und Z Teil Sinalbinsenföl auf etwa 2o ooo bis 30 ooo Teile
der fertigen Frischhaltungsflüssigkeit enthält. Bei der Zerlegung des Milchzuckers
kann die Bildung von Glukose und Galaktose bzw. von d-Galaktose und d-Glukonsäure
oder die Bildung von osterartigen Verbindungen bzw. von organischen Säuren zwischen
den Zerlegungsprodukten des Milchzuckers und der zum Ansäuern jewcihg benutzten
Säure vorherr--chen.
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Das Verfahren zum Haltbarmachen von Fleisch o. dgl. mit dem neuen
Mittel geht in gleicher Weise wie bei dem Verfahren des Hauptpatentes vor sich.
Bei Verwendung von stärkeren Lösungen für die Haltbarmachung kann die Säure in bekannter
Weise nötigenfalls nachträglich teilweise oder ganz abgestumpft werden.
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Bei der Aufbewahrung von haltbargemachten Gegenständen in Gasen, die
keinen freien Sauerstoff enthalten, also bei der Aufbewahrung in Kohlensäure, Stickstoff,
in einem Stickstoff-Kohlensäuregemisch o. dgl. ist es von Vorteil, den Aufbewahrungsräumen
zusammen mit den Dämpfen oder Nebeln der haltbarmachenden Flüssigkeit Ozon zuzuführen,
da Ozon oxydierend auf den evtl. gebildeten Alkohol einwirkt und denselben auf dem
Wege über den Azetaldehyd in die beständigere und dem Alkohol gegenüber mit stärkeren
konservierenden Eigenschaften ausgestattete Essigsäure überführt, während weder
Kohlensäure noch Stickstoff noch das Stickstoff-Kohlensäuregemisch von Ozon angegriffen
wird. Eine solche Zuführung von Ozon gleichzeitig mit den- Dämpfen der haltbarmachenden
Flüssigkeit ist infolge der stark oxydierenden Eigenschaft des Ozons auch bei Aufbewahrung
der haltbargemachten Gegenstände in mit atmosphärischer Luft gefüllten Räumen, also
b°i Anwesenheit freien Sauerstoffes geboten, weil Ozon eben auf den evtl. gebildeten
Alkohol :schneller einwirkt und denselben schneller in Essigsäure überführt a1.
-der freie Sauerstoff der die Gegenstände umgebenden Luft.
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Gegebenenfalls kann, wie bei dem Verfahren des Hauptpatentes, die
Wirkung des Konservierungsmittels in bekannter Weise durch Zu-Satz von Uylsenföl
verstärkt werden, wenn es sich um die Haltbarmachung von anatomischen Präparaten,
um Leichen- oder Kadaverkonservierung handelt.
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Das neue Frkchhaltungsmittel läßt sich bei entsprechender Abänderung
der Mengenverhältnisse seiner Bestandteile und bei entsprechender Wahl der Säure
sowie entsprechender Zerlegung des Milchzuckers neben der Frischhaltung von Fleisch
auch für die Frischhaltung der verschiedensten anderen Nahrungsmittel, z. B. von
Wurst, Eiern, Obst, Gemüse, ferner für die Haltbarmachung von Pökellaken verwenden
und kann außer zur Tauglichmachung von bedingt tauglichem Fleisch, zur Abtötung
von Finnen und Trichinen und zur UnEchäd= lichmachung von Tuberkeln o. dgl. nutzbar
gemacht werden. Das Konservierungsmittel wird hierbei ebenfalls je nach dem Verwendungszweck
in die Nahrungsmittel o. dgl. eingespritzt, oder diese werden, z. B. Eier, in dasselbe
eingelegt.