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Verfahren zur Frischhaltung von Fleisch, Geflügel, Fischen und anderen
Nahrungsmitteln. Es ist bekannt, verdünnte Lösungen von Essigsäure oder Salz mit
oder ohne Zusatz von Zucker im Gemisch mit Gewürzen und Gewürzölen zum Einlegen
oder Konservieren von Fischen zu verwenden. Ferner hat man schon Mischungen von
verdünnter Essigsäure oder Salz mit Zucker oder Glukose, gegebenenfalls auch mit
Gewürzen und Gewürzölen, z. B. Senföl, zum Pökeln oder Konservieren von Fleisch
o. dgl. benutzt. Ebenso ist die Verwendung von Essigsäureäthylester in Verbindung
mit Kochsalz, Zucker oder Glyzerin zur Herstellung von Pökellaken bekannt. Bei anderen
Verfahren zur Konservierung von Nahrungsmitteln wird einer Kochsalzlösung neben
einer Reihe anderer Zutaten Milchzucker zugesetzt. Die Aufbewahrung der auf eine
der vorstehenden Arten behandelten Stoffe findet teils in der Konservierung-flüssigkeit
mit oder ohne Luftabschluß, teils unter Kohlensäure entsprechender Spannung statt,
auch hat man das Fleisch o. dgl. ohne Konservierungsflüssigkeit schon in einem gasförmigen
Kohlensäure-Essigsäuregemisch aufbewahrt. Bei diesen bekannten Verfahren werden
die physikalischen und chemischen Eigenschaften der nach denselben behandelten Nahrungsmittel
(Fleisch, Fische) einmal infolge der zur Verwendung gelangenden Mischungsverhältnisse
der einzelnen Bestandteile der Konservierungsmittel, dann auch zum Teil durch die
vorgeschriebene Behandlung und Aufbewahrung durchweg so weit beeinflußt und abgeändert,
daß das der Konservierung unterworfene Nahrungsmittel hinsichtlich seiner Farbe,
seines Geruches und Geschmackes sowie seiner chemischen und physikalischen Beschaffenheit
dem frischen Nahrungsmittel nicht mehr gleichgesetzt werden kann.
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Den Gegenstand der vorliegenden Erfindung bildet ein Verfahren zur
Konservierung von Fleisch, Geflügel, Fischen und anderen Nahrungsmitteln unter Verwendung
eines Frischhaltungsmittels oder einer Pökellake o. dgl., das sich von den bekannten
Verfahren durch den überraschenden Erfolg unterscheidet, daß infolge der schwachen
Konzentration der Einzelbestandteile des Konservierungsmittels trotz Dauerkonservierung
weder Farbe noch Geruch, noch Geschmack der behandelten Nahrungsmittel verändert
werden, dieselben viehmehr in ihrem frischen Zustande erhalten bleiben. Zur Frischhaltung
der Nahrungsmittel finden gemäß vorliegender Erfindung Milchzucker, EEsigsäure und
Sinalbinsenföl Anwendung, jedoch wird aus dem in mit Essigsäure angesäuertem Wasser
aufgelösten Milchzucker vor seiner Mischung mit den anderen Bestandteilen des Konservierungsmittels
durch geeignete Maßnahmen d-Gluko--.e und d-Galaktose gebildet. Infolge der Einwirkung
der zum Ansäuern der Michzuckerlösung verwendeten Essigsäure bilden sich unter dem
Einfluß der Wärme gleichzeitig esterartige Verbindungen des Milchzuckers bzw. der
d-Glukose und der d-Galaktose mit dieser Säure. Wichtig ist es für die Wirkung des
Konservierungsmittels ferner, daß-als Senföl Sinalbinsenföl und nicht Allylsenföl
benutzt wird. ' Infolge der Zerlegung des Milchzuckers in
d-Gltikose
und d-Galaktose sowie durch die gleichzeitige Bildung von osterartigen Verbindungen
des Milchzuckers bzw. der d-Glukose und der d-Galaktose, die die konservierende
Wirkung des Mittels erhöhen, kann man das Konservierungsmittel den verschiedenen
Arten der zu konservierenden Nahrungsmittel o. dgl. nach Bedarf anpassen, indem
bei der Herstellung des Mittels entweder die Glukose- und Galaktosebildung oder
die Bildung der osterartigen Verbindungen mehr oder weniger in den Vordergrund gerückt
werden kann. So wird z. B. durch Zerlegung des Milchzuckers in d-Glukose und d-Galaktose
die Milchsäuregärung, welcher der Milchzucker sehr leicht ausgesetzt ist, und eine
im Anschluß daran gegebenenfalls auftretende Buttersäuregärung verhindert. Da d-Glukose
und d-Galaktose direkt gärungsfähig sind, tritt nur Alkoholgärung auf, wobei der
gebildete Alkohol an der Luft zu Essigsäure oxydiert, die konservierende Wirkung
des Mittels vor allem an der Oberfläche der haltbargemachten Gegenstände also erhöht
wird. Die Zerlegung des Milchzuckers hat den weiteren Vorteil, daß hierbei reine
Glukose entsteht, während die käufliche, aus Stärke gewonnene Glukose immer noch
etwa .1o Prozent einer nicht direkt vergärbaren Dextrinart (Gallisin) und Stärke
enthält. Statt aus Milchzucker können d-Glukose und d-Galaktose bzw. die osterartigen
Verbindungen auch aus der Zuckerrübenmelasse mittels der aus derselben darstellbaren
Melibiose, welche weiter in d-Galaktose und d-Glukose zerfällt, gewonnen werden.
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Der Zusatz von Senföl (Sinalbinsenföl) ztt dem Gemisch von Essigsäure
und den Zerlegungsprodukten des Milchzuckers bezweckt, Gärungserscheinungen ganz
zu verhindern oder in gewünschten zulässigen Grenzen zu halten. Nur das aus dem
Samen des weißen Senfes gewonnene Sinalbinsenföl ist für den vorliegenden Zweck
geeignet, da es neben seiner die Fäulnis und die Gärungserscheinungen hemmenden
Eigenschaft vor den anderen Senfölen den besonderen Vorzug besitzt, praktisch nicht
mit Wasserdampf flüchtig, d. h. eigentlich nicht ätherisch zu sein, auch ist es
bei gewöhnlicher Temperatur geruchlos und im Geschmack weniger scharf als das aus
dem schwarzen Senf gewonnene ätherische Allylsenföl und reizt nicht wie dieses zu
Tränen. Da es sich außerdem im Gegensatz zu dem Allylsenföl beim Erhitzen und Kochen
zersetzt, so ist in den gekochten Nahrungsmitteln von der Schärfe des Sinalbinsenföls
nichts mehr ztt schmecken. Das Sinalbinsenföl wird wegen seiner schlechten Löslichkeit
in Wasser zweckmäßig in Form einer alkoholischen oder emulsionartigen Lösung der
Mischung zugesetzt.
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Die einzelnen Bestandteile des neuen Mittels entstammen nur Stoffen,
die als Zutaten für die menschliche Nahrung fast in jeder Küche benutzt werden und
kommen in so geringen Mengen zur Anwendung, daß ein nachteiliger Einfluß auf Farbe,
Geruch und Geschmack der mit der Flüssigkeit behandelten Nahrungsmittel nicht festzustellen
ist. Die Einzelteile der Zusammensetzung unterstützen sich gegenseitig in der jedem
für sich zukommenden konservierenden Wirkung und ergeben ein billig herzustellendes
Produkt für die Frischhaltung von Lebensmitteln verschiedenster Art. Die Konservierungsflüssigkeit
ist in der zur Verwendung gelangenden ganz schwachen Konzentration vollkommen klar
und farblos, außerdem fast geschmacklos und ohne besonderen Geruch. Es besitzt eine
derart starke konservierende Wirkung, wie dieselbe von den einzelnen Bestandteilen
desselben, auch bei Verwendung stärkerer Lösungen nicht dauernd zu erreichen ist.
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Eine wertvolle Eigenschaft des neuen Mittels bildet noch der Umstand,
daß es den Nahrungsmitteln, die in demselben aufbewahrt werden, auch bei längster
Aufbewahrungsdauer weder Eiweißstoffe noch sonstige Extraktivstoffe entzieht, selbst
vollkommen klar bleibt und die Nahrungsmittel somit in ihrem Werte nicht herabmindert.
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Das Verfahren zur Herstellung des neuen Mittels ist beispielsweise
folgendes 300 g Milchzucker werden in etwa Z 1 Wasser, das mit etwa 2 ccm
ioo prozentiger Essigsäure versetzt ist, gelöst und die Milchzuckerlösung durch
Erhitzen auf etwa 95 bis ioo° C während etwa 15 Minuten in d-Glukose und d-Galaktose
gespalten, wobei sich gleichzeitig osterartige Verbindungen des Milchzuckers bzw.
der d-Glukose und der d-Galaktose mit der Essigsäure bilden. 6,5 ccm dieser Lösung
werden dann mit einer zweckmäßig alkoholischen Lösung oder einer Emulsion von o,2
ccm Sinalbinsenföl und einer Lösung von 5 ccm zooprozentiger Essigsäure in je 5oo
ccm Wasser vermischt.
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Das Mengenverhältnis für die Zusammen-Setzung des Mittels ist nicht
unter allen Umständen an die obigen Zahlen gebunden, sondern kann dem jeweiligen
Verwendungszweck angepaßt und entsprechend abgeändert werden. Die in dem Beispiele
angegebenen prozentualen Zusätze der einzelnen Bestandteile des Mittels können also
vergrößert und verkleinert werden, auch kann bei der Zerlegung des Milchzuckers
die Bildung von d-Glukose und d-Galaktose oder die Bildung der osterartigen Verbindungen
vorherrschen.
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Das Verfahren der Haltbarmachung mit dem i neuen Mittel geht beispielsweise
bei kleinen Stücken Fleisch o. dgl. in der Weise vor sich, daß man das Fleisch eine
Zeit (etwa 5 bis 2o Stunden je nach Größe der Stücke) in die Frisch-; haltungsflüssigkeit
einlegt. Sollen größere Objekte, z. B. ganze Tiere oder Teile von Tieren, mit dem
Mittel behandelt werden, so muß die
haltbarmachende Flüssigkeit
in das Innere der Gewebe eingeführt und in denselben möglichst gleichmäßig verteilt
werden.
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Die Aufbewahrung von kleinen, mit dem Mittel getränkten Stücken Fleisch
kann bei kürzerer Aufbewahrungsdauer an gewöhnlicher Luft erfolgen: Handelt es sich
um größere, mit dem :Mittel behandelte Gegenstände und um lange Aufbewahrungsdauer,
so ist schon mit Rücksicht auf die Vermeidung von Gewichtsverlusten durch Eintrocknen
des Fleisches die Aufbewahrung desselben in luftdicht abgeschlossenen, unter Atmosphärendruck
stehenden Gefäßen oder Räumen geboten, deren Atmosphäre künstlich entweder durch
Dämpfe der haltbarmachenden Flüssigkeit oder durch Zerstäuben der Flüssigkeit auf
einem entsprechenden Feuchtigkeitsgrade gehalten wird. Im Gegensatz zu dem Kühlverfahren
wird so jeder Gewichtsverlust vermieden und infolge der konservierenden Wirkung
der Dämpfe oder der zeitweise durch Zerstäuben künstlich hervorgerufenen Nebel jede
Bildung von Bereifung oder Schimmel auf der Oberfläche des behandelten Gutes trotz
feuchter Aufbewahrung verhindert. An Stelle der mit Dämpfen des frischhaltenden
Mittels gesättigten atmosphärischen Luft läßt sich in bekannter Weise für die Aufbewahrung
auch ozonisierte Luft, Stickstoff, Kohlensäure oder ein Stickstoff-Kohlensäuregemisch
oder ein anderes geeignetes Gas in den Aufbewahrungsräumen verwenden, wobei wie
bei der Aufbewahrung in geschlossenen Räumen zwecks Vermeidung von Gewichtsverlusten
des aufbewahrten Gutes durch Dämpfe oder Nebel der haltbarmachenden Flüssigkeit
ein geeigneter Feuchtigkeitsgehalt und zugleich Keimfreiheit für die zur Aufbewahrung
der Nahrungsmittel bestimmten Räume geschaffen wird.
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Gegebenenfalls kann die Wirkung des Konservierungsmittels durch Zusatz
von Allylsenföl verstärkt werden, wenn es sich um die Haltbarmachung von anatomischen
Präparaten, um Leichen- oder Kadaverkonservierung handelt.
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Das neue Frischhaltungsmittel läßt sich bei entsprechender Abänderung
der Mengenverhältnisse seiner Bestandteile auch für die Frischhaltung von Wurst,
Eiern und sonstigen Nahrungsmitteln, ferner für die Konservierung der Pökellake
benutzen.