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Verfahren zur Herstellung eines Kaffee-Ersatzmittels aus Dillsamen.
Die Samen des Dills (Anethum _graveolens) wurden bisher zumeist zu Küchenzwecken
verwendet, wie besonders zum Einlegen von Gurken als Gewürzzusatz; daher auch die
Bezeichnung »Gurkenkraut« für Dill. Sonst wurden die Samen hauptsächlich auf ätherisches
Öl verarbeitet, das jedoch nur in beschränktem Maße Anwendung fand, wie z. B. in
der Likörfabrikation. Die bei der Bereitung des Dillöls zurückbleibenden Destillationsrückstände
enthalten nach Gildemeister und Hoffmann (»Die ätherischen Öle«) etwa 15 Prozent
Fett und 15 Prozent Eiweiß und fanden bisher in erster Reihe als Viehfutter Verwendung.
Nach Cl. Grimme (Pharm. Zentralhalle Bd. 52, S.661) wird hierfür aber kein wertentsprechender
Preis bezahlt; der Preis soll etwa 2o Pf. für 1 kg betragen haben. Man war daher
schon seit langem bemüht, für die bei der Gewinnung des Dillöls zurückbleibenden
Dillsamen wie auch für die unverarbeiteten Dillsamen überhaupt eine ausgedehntere
und einträglichere Verwendungsmöglichkeit ausfindig zu machen. Diese Aufgabe soll
durch die vorliegende Erfindung. gelöst werden.
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Es wurde nämlich festgestellt, daß Dillsamen, denen man auf geeignete
Weise die Hauptmenge ihrer aromatischen Stoffe entzogen hat, sich vorzüglich zur
Herstellung eines teeartigen bzw. kaffeeartigen Getränkes eignen, je nachdem die
entaromatisierten Samen direkt oder nach vorheriger Röstung mit heißem Wasser ausgelaugt
werden. Dementsprechend lassen sich auch die bei der Abdestillation des Dillöls
zurückbleibenden Dillsamen zu Kaffee-Ersatz verarbeiten. Durch die hierdurch bedingte
vollkommenere und rentablere Verwertung der Dillsamen dürfte der Erfindung nicht
nur technische, sondern auch volkswirtschaftliche Bedeutung zukommen; vielleicht
gibt sie zu einem erhöhten Anbau von Dillfrucht in Deutschland Anlaß.
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Zu Kaffee-Ersatzmitteln werden bereits zahlreiche pflanzliche Produkte
verwendet, wie verschiedene Wurzelgewächse (Zichorie) und besonders zuckerreiche
und stärkemehlreiche Pflanzenstoffe; von ersteren seien vor allem Feige und Dattel
erwähnt, von letzteren Roggen, Gerste, Mais, Malz, Eicheln, Soj abohne, Lupine und
andere. Gewisse Samenarten hat man ebenfalls durch Rösten derartig verändert, daß
sie als Kaffee-Ersatz Verwendung finden, so z. B. Weintraubenkerne, Spargelbeeren,
Akaziensamen, Weißdornfrüchte und andere.' Die Verwendung von Dillsamen sowie anderen
Samen aus der Familie der Umbelliferen (wie z. B. Kümmel- oder Fenchelsamen) ist
durchaus neuartig; in keiner der Zusammenstellungen über Kaffee-Ersatzstoffe, wie
z. B. derjenigen von H. Trillich (Ztschr. f. angew. Chemie Bd. 9, S. qq.o) oder
A. Beitter (1g18) oder den Entwürfen des Reichsgesundheitsamtes (Festsetzungen über
Lebensmittel, Heft 5) wird die Verwendung von Dill- oder ähnlichen Samen zu dem
gedachten Zweck erwähnt.
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Was den Preis des Rohmaterials anbelangt, so ist derselbe verhältnismäßig
niedrig, jedenfalls weit niedriger als der des Kaffees oder vieler anderer als Kaffee-Ersatz
vorgeschlagener Stoffe, wie z. B. Spargelbeeren; letztere kosten heute etwa achtmal
so viel als.Dillsamen.
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Gesundheitsschädliche Stoffe, wie sie mehrfach in Pflanzenstoffen
enthalten sind, die als Kaffee-Ersatz Verwendung finden, wie z, B.
in
Lupinen, Akaziensamen und andere, sind von Natur im Dillsamen nicht enthalten; denn
das allenfalls hier in Betracht kommende »Dillapiol« ist nach Gildemeister und Hoffmann
bisher nur in ostindischem und japanischem Dillsamen aufgefunden worden, nicht aber
in dem @ gewöhnlichen europäischen oder gar deutschen Dill. - Durch die vorbereitende
Behandlung der Samen mit Alkohol würden übrigens derartige Stoffe, falls sie wirklich
vorhanden wären, entfernt werden. Überdies ist auf Grund von Versuchen an Menschen
und Tieren die Unschädlichkeit des Kaffee-Ersatzmittels aus Dillsamen bestätigt.
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Die Herstellung des Kaffee-Ersatzes wird derart vorgenommen, daß i
kg Dillsamen mit etwa 31 Äthylalkohol (g6 prozentig) oder auch-Methylalkohol übergossen
und nach einstündigem Stehen bei gewöhnlicher Temperatur am Rückflußkühler zum gelinden
Sieden gebracht werden. Nach etwa einstündigem Kochen wird filtriert, der Filterrückstand
ausgepreßt und nochmals mit etwa 31- Alkohol '2 Stunden lang am Rückflußkühler gekocht.
Danach wird wieder filtriert, der Rückstand wieder ausgepreßt und alsdann entweder
an der Luft oder durch schwaches Erwärmen getrocknet. Er stellt so das Rohmaterial
für die Bereitung eines teeartigen oder nach vorangegangener Röstung zur Bereitung
des Kaffee-Ersatzes dar. Aus den vereinigten alkoholischen Extrakten wird der Alkohol
durch Abdestillieren zurückgewonnen; der zurückbleibende Extrakt enthält die Aromabestandteile
der Dillsamen, vor allem das Dillöl und harzartige, stark gewürzig riechende Stoffe.
Man verarbeitet diesen Extrakt vorteilhaft zu einem Dillsalz, indem man den konzentrierten
Extrakt durch fein gepulvertes Kochsalz aufsaugen läßt; auf i kg Dillsamen . verwendet
man zweckmäßig 2 kg Kochsalz. Dieses # Dillsalz läßt sich küchentechnisch als Gewürzzusatz-mit
Vorteil verwenden; natürlich lassen sich an Stelle von Salz auch noch andere Stoffe
zum Aufsaugen der Dillaromastoff e verwenden.
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Die Röstung der extrahierten Dillsamen wird in der üblichen Weise
vorgenommen; die Rösttemperatur beträgt zweckmäßig Zoo bis 22o° C. Die Röstung ist
beendet, wenn die Samen eine gleichmäßig dunkelbrauneFärbung angenommen haben. Ein
Zusatz von etwa 5 Prozent Zucker gegen' Schluß der Röstung verleiht den Samen eine
glänzende Oberfläche, -verbessert also ihr äußeres Ansehen.
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Ähnlich wie Dillsamen verhalten sich die ebenfalls zur Familie der
Umbelliferen gehörigen Samen des Kümmels, wenngleich das hier erzielte Aroma nicht
ganz so kaffeeartig erscheint wie beim Dill. Andere Samen, wie z. B. Petersilie-
und Selleriesamen, ergaben hingegen. bei gleichartiger Behandlung durchaus anders
geartete Röstprodukte, die keinerlei Kaffeearoma aufwiesen und daher als Kaffee-Ersatz
nicht in Frage kommen.
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Bei den auf die angegebene Welse erhaltenen gerösteten Dillsamen tritt
das Kaffeearoma besonders nach dem Mahlen der Samen kräftig hervor, das durch Aufkochen
mit Wasser hieraus bereitete Getränk weist einen aromatischen bitteren, kräftigen,
kaffeeartigen Geschmack auf; die Farbe dieses Auszuges ist dunkelbraun. Zweckmäßig
wird das Produkt in Mischung mit Malzkaffee angewandt, und zwar entweder im Verhältnis
i :i oder i Teil Dill mit 2 Teilen Malzkaffee. Die Bereitung des Getränkes erfolgt
derart, daß die Mischung mit kaltem Wasser übergossen wird (etwa q. bis 5 g auf
eine Tasse), worauf das Wasser zum Sieden -erhitzt wird. Die Flamme wird entfernt,
sobald das Wasser ins Sieden gerät; längeres Kochen ist zu vermeiden, da hierdurch
unnötigerweise bitter schmeckende Stoffe in Lösung gehen. Durch Zugabe von Zucker
zum fertigen Getränk wird der Geschmack des Produktes wesentlich gemildert und gehoben.
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Durch Auskochen der gerösteten Dillsamen mit Wasser und Eindampfen
dieses Auszuges mit Zucker erhält man einen Sirup, der nach Zusatz von heißem Wasser
ein äußerst angenehm schmeckendes kaffeeartiges Getränk ergibt. Dampft man diesen
Sirup zurTrocknis und bringt den Trockenrückstand in Tablettenform, so erhält man
angenehm kaffeeartig schmeckende Zuckermassen, die in keiner Weise mehr an den-
Ursprung des Rohproduktes, an Dill, erinnern; auch in der Zuckerwarenindustrie könnte
somit ein derartiger Extrakt aus gerösteten Dillsamen als Ersatz für Kaffee Verwendung
finden. Daß auch die Likörfabrikation für diesen Extrakt Verwendung finden kann,
sei ebenfalls erwähnt.
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Die beim Extrahieren der gemahlenen gerösteten Dillsamen rnit heißem
Wasser zurückbleibenden Anteile stellen ein braunschwarzes Pulver von ziemlich indifferentem
Geschmack und Geruch dar. Dieses Pulver enthält noch etwa 15 Prozent Fett und 2o
Prozent Eiweiß und kann daher zu Futterzwecken Verwendung finden. Durch die beschriebenen
Verfahren erfolgt daher eine restlose Ausnutzung der Dillsamen, so daß keinerlei
unverwertbare Abfallprodukte entstehen.
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Die gerösteten Dillsamen weisen im Durchschnitt - folgende chemische
Zusammensetzung auf: -
Wasser ........................ i Prozent, |
Stickstoffsubstanz (Rohprotein)... 2T - , |
Ätherextrakt (Fett) ............... 15 |
- , |
Mineralstoffe ................... 8 - , |
wasserlösliche Stoffe...... . ..... 15 - , |
Rohfaser....................... 36 - |
ZumVergleich sei eine Analyse von Spargelsamenkaffee angeführt,
nach Koenig »Chemie der Nahrungs- und Genußrriittelcc uBd. II, .
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S. 1095:
Wasser...................... 6,22 Prozent, |
Stickstoffsubstanz (Rohprotein) 20,75 - _ , |
Atherextrakt (Fett)-........... 10,45 |
- , |
Mineralstoffe................. 5,38 - |
wasserlösliche Stoffe .......... 8,87 - |
Demnach ist die Ausbeute des Dillsamen-_kaffees an wasserlöslichen Extraktstoffen
ziemlich doppelt so hoch wie beim Spargelsämenkaffee; außerdem besitzt letzterer
einen unangenehmen Nachgeschmack nach ranzigem Öl, eine Tatsache, die auch bereits
in der Literatur erwähnt ist (vgl. A. B e i t t er, Kaffee-Ersatzstoffe).