-
Kraftfahrzeug-Einterachse
-
Die Erfindung bezieht sich auf eine Kraftfahrzeug-Hinterachse mit
schwenkbar am Fahrzeugaufbau angelenkten Radführungsgliedern der im Oberbegriff
des Patentanspruchs genannten Art.
-
Derartige gegenlenkende Hinterachsen, d. h. Hinterachsen mit Seitenkraftuntersteuereffekt
sind beispielsweise aus der DE-AS 22 00 351 sowie den DE-OS 21 58 931 sowie 23 24
645 bekannt.
-
Bei einer bekannten Hinterachse (DE-AS 22 00 351) dieser Art sind
zwischen den Radführungsgliedern und den Radträgern elastische Elemente unterschiedlicher
Härte derart angeordnet, daß der Radlenkpol der elastischen Radbewegung im Grundriß
eine Lage einnimmt, bei der das Rad unter der Wirkung von auf es einwirkenden Seitenkräften
nicht oder in Richtung Vorspur verstellbar ist. Als optimal wird es bei dieser bekannten
Hinterachse angesehen, diesen Radlenkpol nicht nur hinter der senkrechten Radmittenquerebene,
sondern auch außerhalb der Spurweite zu legen, so daß nicht nur unter der Wirkung
von Seitenkräften das kurvenäußere Rad entweder keine Radstellungsänderung oder
eine mehr oder weniger große Radstellungsänderung in Richtung Vorspur durchführt,
sondern auch Umfangskräfte, insbesondere beim Lastwechsel, ein Einlenken der Räder
bewirken, womit eine Stabilisierung des Geradeauslaufs bewirkt werden soll. Diese
Räder werden beim Bremsen und - falls es
sich um angetriebene Räder
handelt - auch beim Gaswegnehmen in Richtung Vorspur verstellt. In entsprechender
Weise wrden sie - falls angetrieben - beim Gasgeben in Richtung Nachspur verschwenkt.
Nachteilig bei dieser bekannten gegenlenkenden Hinterachse ist, daß sich bei Kurvenfahrten
auftretende Lastwechsel (Bremsen oder - bei angetriebenen Rädern - Beschleunigen)
durch plötzliche zusätzliche Lenkbewegungen des infolge der angreifenden Seitenkräfte
an sich in Vorspur gegangenen kurvenäußeren Rades bemerkbar machen. Derartige Lastwechselreaktionen
beim Kurvenfahren sind störend und daher unerwünscht.
-
Solche unerwünschten Lastwechselreaktionen bei Kurvenfahrten treten
auch dann auf, wenn der Radlenkpol der elastischen Radbewegung entsprechend einer
Variante der vorbeschriebenen bekannten Hinterachse nicht außerhalb der Spurweite,
sondern irgendwo innerhalb der Spurweite liegt.
-
Aufgabe der Erfindung ist es, eine gegenlenkende Kraftfahrzeug-Hinterachse
der im Oberbegriff des Patentanspruchs genannten Art so auzubilden, daß sich Lastwechsel,
d. h. Auftreten von Bremskräften oder Antriebskräften, beim Kurvenfahren nicht oder
zumindest annähernd nicht störend bemerkbar machen.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die kennzeichnenden Merkmale
des Patentanspruchs gelöst. Die - ggf. nur fiktive - Lenkachse der elastischen Radbewegung
wird also unter einem Spreizwinkel p derart schräg angeordnet, daß ein positiver
Lenkrollradius rO vorliegt, wobei die Größe dieses positiven Lenkrollradius' so
gewählt ist, daß sie zumindest annähernd der Größe der elastischen Reifenquerverformung
Yel entspricht, die bei einer mittleren Querbeschleunigung von etwa 0,3 g und einer
mittleren Beladung des Fahrzeuges auftritt.
-
Bei einer derartigen Ausbildung und Bemessung der Hinterachse verläuft
die Lenkachse der elastischen Radbewegung dann derart, daß sie beim Durchfahren
von Kurven die Fahrbahn gerade dort durchdringt,
wo der Reifen aufgrund
der bei Kurvenfahrt aufgetretenen elastischen Reifenquerverformung seinen Kraftangriffspunkt
(Radaufstandspunkt) besitzt. Das bedeutet, daß bei Kurvenfahrt auf das (kurvenäußere)
Rad weder durch an ihm angreifende Bremskräfte noch Antriebskräfte zusätzliche Lenkmomente
ausgeübt werden, weil es bei dieser Konstellation keinen wirksamen Hebelarm gibt.
Störende Lastwechselreaktionen treten bei Kurvenfahrt somit nicht auf.
-
Anhand eines Ausführungsbeispieles wird die Erfindung näher erläutert.
-
In der Zeichnung zeigen in schematischer Darstellung die Figuren la,
1b und 1c die Seiten-, Haupt- und Draufsicht einer Hinterachse gemäß der Erfindung
bei Geradeausfahrt, Fig. 2 eine Hauptansicht dieser Achse entsprechend Fig. 1b bei
Kurvenfahrt und Fig. 3 die Momenten- und Lenkverhältnisse bei einseitiger Abbremsung
eines mit der erfindungsgemäßen Hinterachse ausgestatteten Fahrzeuges.
-
Dargestellt sind in der Zeichnung lediglich die zum Verständnis der
Erfindung notwendigen Einzelheiten der Achse.
-
Die Räder 1 der Hinterachse sind am nur angedeuteten Fahrzeugaufbau
3 jeweils über ein Radführungsglied 2, bei dem es sich wie im Ausführungsbeispiel
z. B. um den Längslenker einer Verbundlenkerachse oder um einen beliebigen anderen
Lenker o. ä. handeln kann, schwenkbar angelenkt. Einzelheiten der Radaufhängung,
insbesondere der Anlenkung des Radträgers (Achsschenkels) des Rades 1 an dem
oder
den Radführungsgliedern (z. B. könnte auch eine Doppelquerlenkerachse oder eine
Federbeinachse mit einem unteren Lenker vorgesehen sein) sind nicht weiter dargestellt.
Wesentlich ist, daß die Radaufhängung in ihrer Gesamtheit in bekannter Weise unter
Verwendung z. B. elastischer Elemente so ausgebildet ist, daß sich ein Seitenkraftuntersteuereffekt,
d. h. ein Gegenlenken der Hinterachse beim Durchfahren von Kurven ergibt, wozu die
Lenkachse L-L der elastischen Radbewegung derart angeordnet werden muß, daß sie
die Fahrbahn hinter der senkrechten Radmittenquerebene M durchdringt, wie dies in
den Figuren 1a und 1c dargestellt ist. Der Durchdringungspunkt ist hierbei mit D
bezeichnet. Die Räder 1 besitzen also einen Vorlauf bzw. einen negativen Nachlauf
n, so daß beim Durchfahren einer Kurve das jeweils kurvenäußere Rad 1 wegen der
vorhandenen Elastizitäten durch eine dann an ihm angreifende Seitenkraft S in Richtung
Vorspur, d. h. im Sinne eines Untersteuern (Gegenlenken) verschwenkt wird. Das wirksame
Lenkmoment ist in Fig. 1c mit Ms angedeutet.
-
Die Lenkachse L-L, die auch als Vorlaufachse bezeichnet werden kann,
ist erfindungsgemäß nun unter einem Spreizwinkel p derart schräg angeordnet, daß
sich ein positiver Lenkrollradius rO ergibt, der in Fig. 1b eingezeichnet ist. Der
Punkt P bezeichnet hierbei 0 den Radaufstands- bzw. Kraftangriffspunkt des Rades.
-
Bekanntlich behält der Reifen eines Rades seine ideale kreisrunde
Form während der Fahrt nicht bei. Es tritt vielmehr ein sogenannter Reifenlatsch
auf, der einen gewissen Reifennachlauf ergibt.
-
Beim Durchfahren von Kurven bzw. ganz allgemein beim Angreifen von
Seitenkräften tritt darüber hinaus eine elastische Verformung des Reifens in Querrichtung
auf. Diese elastische Reifenquerverformung ist in Fig. 2 angedeutet und mit Yel
bezeichnet. Ihre Größe hängt - abgesehen vom Reifentyp und dessen Luftdruck - im
wesentlichen von der Querbeschleunigung des Fahrzeuges sowie von der Radlast, d.
h. von der Fahrzeugbeladung ab.
-
Erfindungsgemäß ist nun die Lenkachse L-L so gelegt, daß der
positive
Lenkrollradius rO in seiner Größe zumindest annähernd der Größe der elastischen
Reifenquerverformung Yel entspricht, die bei einer mittleren Querbeschleunigung
des Fahrzeuges von etwa 0,3 g und einer mittleren Beladung des Fahrzeuges auftritt.
Bei einem Fahrzeug mit einem Leergewicht von etwa 1000 kg und einem zulässigen Gesamtgewicht
von etwa 1500 kg wird diese elastische Reifenquerverformung in der Größenordnung
von etwa 10 bis 20 mm betragen, so daß für ein derartiges Fahrzeug die Lenkachse
L-L so gelegt werden müßte, daß der positive Lenkrollradius rO ebenfalls etwa 10
bis 20 mm beträgt.
-
Wenn eine gegenlenkende Hinterachse der im Oberbegriff des Patentanspruchs
1 genannten Art in dieser Weise bemessen wird, verschiebt sich bei Kurvenfahrt der
Kraftangriffs- bzw. Radaufstandspunkt des (kurvenäußeren) Rades 1 so weit, daß er
zumindest annähernd mit dem Durchdringungspunkt D der Lenkachse L-L zusammenfällt.
Dies ist in Fig. 2 angedeutet. Der Eraftangriffs- bzw. Radaufstandspunkt ist hierbei
mit P' beziffert.
-
0 Man erkennt, daß Lastwechsel, d. h. am Rad 1 angreifende Brems-bzw.
Antriebskräfte, beim Durchfahren von Kurven, wo das kurvenäußere Rad wegen der Lenkachsen-Lage
und der Elastizitäten in der Radaufhängung unter der Wirkung der angreifenden Seitenkraft
S in Richtung Vorspur (Gegenlenken) verschwenkt wird, keinerlei zusätzliche Lenkbewegungen
dieses Rades mehr auslösen, weil die beiden Punkte D und P' zumindest annähernd
zusammenfallen, so daß 0 für. die angreifenden Brems- oder Antriebskräfte kein Hebelarm
wirksam ist. Bei von 0,3 g nach oben oder unten abweichenden Querbeschleunigungen
sind die Störmomente klein aufgrund der kleinen Hebelarme rO dyn.
-
Es ist leicht erkennbar, daß bei dieser Auslegung der Hinterachse
Brems- und Antriebskräfte B bzw. A wegen des positiven Lenkrollradius rO bei Geradeaus
fahrt gewisse Lenkbewegungen der Räder 1 bewirken, die für die beiden Räder der
Achse jedoch gegenläufig sind. In Fig. 1c sind die bei Geradeausfahrt jeweils auftretenden
Lenkmomente beim Bremsen mit h und - angetriebene Achse vorausgesetzt
-
beim Beschleunigen mit MA angedeutet. Da der positive Lenkrollradius rO nur relativ
klein ist, sind diese Lenkbewegungen - beim Bremsen in Richtung Nachspur - im allgemeinen
für das Fahrverhalten nicht weiter störend. Es ist erforderlichenfalls jedoch in
einfacher und bekannter Weise auch möglich, Schwenkbewegungen der Räder in Richtung
Nachspur durch geeignete Anschläge zu verhindern, bzw. definiert einzugrenzen, und
zwar derart, daß bei einseitiger Bremskraft, wie z. B. in Fig 3,wo nur oder überwiegend
die linke Fahrzeugseite gebremst wird, eine Kursstabilisierung dadurch erreicht
wird, daß das gebremste Hinterrad etwas auf Nachspur geht. Dadurch wird dem durch
die Bremskräfte bewirkten linksdrehenden Moment (BV + BH) 1B um den Fahrzeugschwerpunkt
S durch eine Rechtsdrehung des Fahrzeugs infolge der Hinterradlenkbewegung entgegengewirkt.
Bei einseitiger Bremskraft wird die kompensierende Wirkung eines negativen Lenkrollradius
an der Vorderachse also unterstützt durch einen positiven Lenkrollradius an der
Hinterachse.
-
Leerseite