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Arzneistoffzubereitungen schwerlöslicher Arzneistoffe in Form von
Brause-
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granulaten Die Anmelderin hat sich die Aufgabe gestellt, schwerlösliche-Arzneistoffe
in einer leicht zugänglichen Zubereitungsform zur Verfügung zu stellen, welche eine
rasche Auflösungs- bzw. Freisetzungsgeschwindigkeit besitzt, verbunden mit einer
ausreichenden Bioverfügbarkeit über einen längeren Zeitraum.
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In den letzten Jahrzehnten hat die pharmazeutische Industrie ein beachtliches
Arsenal von Arzneistoffen entwickelt, die zu brauchbaren Arzneimitteln geworden
sind. Den gewaltigen Anstrengungen, neue Substanzen zu synthetisieren, stehen jedoch
relativ bescheidene Bemühungen gegenüber, mit Hilfe des heute vorhandenen technischen
Potentials neue Darreichungsformen zu realisieren.
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Das Konzept und die Realisierung von kontrollierten Arzneiabgabesystemen
gipfelt in der Erkenntnis, daß eine pharmakologisch wirksame Substanz nicht notwendigerweise
ein wirksames Arzneimittel ist und es genügt auch nicht mehr, allein die molekulare
Struktur eines Arznei stoffs zu kennen, will man eine effektive und sichere medikamentöse
Therapie durchführen.
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Es wurden daher vielerlei Anstrengungen unternommen, eine pharmakologisch
wirksame Substanz auch pharmakokinetisch zu charakterisieren, um die quantitativen
Beziehungen zwischen den pharmakologischen Wirkungen eines Arznei stoffs und seiner
Konzentration im Körpergewebe herzustellen. Es ist daher vielfach notwendig; konventionelle
Darreichungsformen zu verlassen und zu neuen Methoden der Arzneiverabreichung ein
und desselben Wirkstoffs zu gelangen.
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Bei allen konventionellen Darreichungsformen folgt die Arzneistoffabgabe
einer Kinetik erster Ordnung. Es wird dabei ein rasch initial hoher Gewebespiegel
aufgebaut, der bis zur nächsten Verabreichung linear abfällt. In Form eines
wellenförmigen
Konzentrationsmusters im Gewebe wechseln Effekte der Uberdosierung mit denen der
Unterdosierung ab, so daß meist nur eine Wirkungsdauer von Stunden erreicht werden
kann.
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Anders verläuft die Arzneistofffreisetzung aus Darreichungsformen
mit schwerlöslichen, insbesondere basischen Arzneistoffen, die im Hinblick auf den
relativ langsamen Wirkungseintritt erst nach- Stunden nachweisbar sind. Zur Vermeidung
schwankender Gewebespiegel ist der Arzt gezwungen, die Applikationsfrequenz zu erhöhen.
Dies ist nicht immer unproblematisch, da durch Oberdosierung leicht toxische Wirkungen
auftreten können.
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Es wurden deshalb bereits die verschiedensten Versuche unternommen,
wasserunlösliche Arzneistoffe (Löslichkeit unter 1 %) in geeignete perorale Darreichungsformen
zu bringen, bei welchen die Freisetzungsmechanismen des aktiven Prinzips aus der
Arzneiform die nötigen Voraussetzungen bieten, um die Freigabegeschwindigkeit in
weiten Grenzen steuern zu können.
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Als technische Realisierungsmöglichkeiten stehen dabei zur Verfügung:
a) die Einhüllung der Unterhaltsdosis, b) die Gerüstbildung oder die Einbettung.
Hierbei kommt der Einbettung in einem nach gewissen Gesetzmäßigkeiten löslichen
oder verdaulichen Träger die größte Bedeutung zu.
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Die Einbettung erfolgt zur Zeit meist mit Hilfe von hydrophilen, makromolekularen
Trägerstoffen (wie Pektin, Gelatine, Cellulosederivate, Dextran, PVP etc.). Der
Wirkungsmechanismus dieser Zusätze ist nicht immer restlos geklärt und gesichert.
Er kann einerseits auf einer Hemmung der Löslichkeit und Verdaulichkeit beruhen,
andererseits auf der beim Lösen auftretenden erhöhten Viskosität, welche den sogenannten
spreading effect" reduziert, d.h. eine Hemmung der Diffusion und Verteilung in den
Gewebeflüssigkeiten verursacht. Als weiterer Mechanismus besteht zudem die Möglichkeit
einer Einbettung des Pharmakons in das viskose, kolloidale Netzwerk eines Stoffes
(z.B. Dextran) oder aber einer Micellenbildung oder Komplexbildung mit Polyvinylpyrrolidon.
Ober die Verwendung derartiger wasserlöslicher Polymeren zur Herstellung fester
Dispersionen von an sich unlöslichen Arzneistoffen in löslichen Matrices wurde bereits
1973
in "Angewandte Biopharmazie", W. A. Ritschel, S. 284, berichtet.
Danach erhöht sich die Lösungsgeschwindigkeit des unlöslichen Arzneistoffs in 1
%iger Lösung in Chloroform, enthaltend lo % und 20 % Polyvinylpyrrolidon, mit zunehmendem
Gehalt an Polyvinylpyrrolidon.
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Der Einfluß von Zusatzstoffen auf die Absorption von Arzneistoffen,
der sich in erster Linie auf die Lösungsgeschwindigkeit bezieht, kann aber auch
u.a.
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durch Zusatz stark hydroxylgruppenhaltiger Stoffe wie Mannit, Sorbit,
Glukose, Fruktose oder Saccharose bewirkt werden, nämlich die schwer wasserlöslichen
Arzneistoffe unter Hydratisierung und Bildung von Assoziaten mit den schwerlöslichen
Stoffen diese löslicher zu machen (vgl. "Galenisches Praktikum", Münzel, Büchi,
Schultz, Stuttgart, 1959, S. 154 und 156).
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Zudem ist es ferner bekannt, daß die Partikelgröße des Arzneistoffs
um so wichtiger ist, je geringer seine Löslichkeit in Wasser oder Körperflüssigkeiten
ist, da damit die Absorption, der Wirkungseintritt und die Dauer der Wirkung beeinflußt
werden können. So wird bekanntlich mit abnehmender Partikelgröße die Oberfläche
vergrößert und die Lösungsgeschwindigkeit erhöht. Trotzdem ist die Verwendung sehr
feiner Partikel in der Präparateherstellung nicht immer erfolgreich, da die Möglichkeit
der Agglomeration unter Aggregation besteht. Außerdem muß berücksichtigt werden,
daß mit abnehmender Partikelgröße die Toxizität des Arzneistoffs ansteigen kann
(vgl. Angewandte Biopharmazie", W. A. Ritschel, Stuttgart, 1973, S. 294, li. Sp.).
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Außerdem ist es bekannt, daß die Lösungsgeschwindigkeit von schwerlöslichen
Arzneistoffen beschleunigt werden kann, wenn der Arzneistoff in Form einer Brausezubereitung
zur Verabreichung gelangt. Zu diesem Zweck hat man den Einfluß der Löslichkeit auf
die gastrointestinale Absorptionsgeschwindigkeit von schwerlöslichen Arzneistoffen
wie Phenacetin, Acetylsalicylsäure in Form verschiedener Applikationsformen miteinander
verglichen und dabei festgestellt, daß beispielsweise Acetylsalicylsäure in Form
von Brausetabletten bessere Plasma-Salicylatspiegel pug/ml) ergeben als übliche
Acetylsalicylsäuretabletten. Die bessere Löslichkeit und erhöhte Auflösungsgeschwindigkeit
des Arzneistoffs in Form von Brausetabletten konnte durch eine bessere Verteilung
des gelösten Wirkstoffs erklärt werden.
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Demgegenüber hat die Anmelderin in überraschender Weise ein Brausegranulat
gefunden, das die Forderungen nach einer geeigneten Zubereitungsform von schwerlöslichen
Arzneistoffen in vollem Maß erfüllt.
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Das erfindungsgemäße Brausegranulat, welches den schwerlöslichen Wirkstoff
teils makronisiert, teils mikronisiert zusammen mit Polyvinylpyrrolidon 25 als Bindemittel
in bestimmter Zusammensetzung enthält, ist dadurch gekennzeichnet, daß es a) Kaliumzitrat
o,5 - 2,o Gew.Teile b) Natriumzitrat o,25 - 1,o " c) Zitronensäure o,25 - 1,2 "
d) Natriumhydrogencarbonat o,2 - 1,o " e) schwerlöslicher Wirkstoff o,oo25 - o,1
" wobei das Verhältnis von makronisiertem zu mikronisiertem Wirkstoff 80 : 20 bis
40 : 60, besonders 50 : 50 beträgt, f) Polyvinylpyrrolidon 25 o,oo25 - o,1 Gew.Teile
enthält.
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Es gibt zwar Arzneimittelformulierungen mit einem Gehalt an schwerlöslichen
organischen Wirkstoffen, deren Löslichkeit durch Mikronisierung bzw. Oberführung
in Brausezubereitungen erhöht werden kann. Diese Regel trifft jedoch nicht, wie
die Anmelderin nachweisen konnte, für alle schwerlöslichen Wirkstoffe, also allgemein
zu.
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Vergleichende Untersuchungen der Freisetzungsraten aus Allopurinol
loo mg aus Normal tabletten und Brausegranulat haben nämlich ergeben, daß nach 20
Minuten von beiden Arzneizubereitungsformen die gleiche Menge, nämlich annähernd
9o % des schwerlöslichen Wirkstoffs freigesetzt waren. Daraus ist ersichtlich, daß
die Brausegranulatform nicht zwingend eine höhere Freisetzungsrate bewirkt.
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Für die Bestimmung der Wirkstofffreisetzung wurden die in der USP
XIX und NF XIV angegebenen Anforderungen als Richtwerte bei der Beurteilung der
untersuchten Präparate zugrunde gelegt, da das DAB 7 keine entsprechenden Angaben
macht. Nach
dieser Methodik entsprechen die Tabletten den Anforderungen,
wenn innerhalb von 20 - 60 Minuten 50 - 60 % an Wirkstoff in Lösung gegangen sind.
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Darüber hinaus lassen Vergleichsversuche, in denen der Anmeldungsgegenstand
gegenüber einem bekannten Handelspräparat, bei welchem der schwerlösliche Wirkstoff
in der Arzneitablette ausschließlich in mikronisierter Form vorliegt, verglichen
wurde, erkennen, daß beim Anmeldungsgegenstand eine überraschend höhere Freisetzungsrate
vorliegt. Gegenüber dem Vergleichspräparat mit einer Freisetzungsrate im Mittel
zwischen 42 und 79 % ergibt sich beim erfindungsgemäßen Brausegranulat nämlich ein
Wert von etwa 95 %. Dieser war nicht vorhersehbar, zumal der Wirkstoff im Vergleichspräparat
ausschließlich in mikronisierter Form, während bei der erfindungsgemäßen Brausezubereitung
der schwerlösliche Wirkstoff teilweise makronisiert vorliegt und somit eine weitaus
höhere Freisetzungsrate beim Vergleichspräparat zu erwarten war.
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Der erzielte überraschende Effekt kann somit nur der Tatsache zugeschrieben
werden, daß der Anmeldungsgegenstand sowohl als Brausegranulat und der Wirkstoff
teils makronisiert, teils mikronisiert vorliegt. Durch die erfindungsgemäße Arzneiform
in Form eines Brausegranulats, enthaltend makronisierten als auch mikronisierten
schwerlöslichen Wirkstoff, wird in überraschender Weise die Freisetzungsrate in
synergistischer Weise erhöht.
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Die ermittelte größere pharmazeutische Verfügbarkeit von schwerlöslichen
Wirkstoffen in Form des erfindungsgemäßen Brausegranulats steht im Einklang mit
ersten humanpharmakokinetischen Untersuchungen, die auch in vivo eine bessere Bioverfügbarkeit
gegenüber den Tablettenzubereitungen erkennen lassen.
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Aufgrund der erzielten Ergebnisse kann die zur Erzielung des gewünschten
therapeutischen Effekts erforderliche Wirkstoffmenge auf die Hälfte pro die reduziert
werden.
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Die Herstellung der erfindungsgemäßen Granulatkörner erfolgt nach
der für Brausegranulate üblichen Granuliermethode, vorzugsweise nach dem Wurster-Prozeß.
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Bei der Granulierung nach diesem Luft-Suspensionsprozeß des Coatings
werden die in Schwebe befindlichen Partikel der Brausemischung aus Natrium- und
Kaliumzitrat, Zitronensäure, Natriumbicarbonat und makronisierter Wirkstoff und
üblichen Zusatzstoffen
mit der Granulierlösung aus dem restlichen
Wirkstoff und dem organischen Lösungsmittel besprüht. Das Lösungsmittel verdunstet
und der darin gelöste Wirkstoff setzt sich auf den in Schwebe befindlichen Partikeln
in mikronisierter Form ab.
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Die erfindungsgemäßen Granulate können auf jede gewünschte Korngröße
eingestellt werden; bevorzugt wird jedoch ein Granulat mit einem Korndurchmesser
von 0,15 bis o,3 mm. Das erfindungsgemäße Brausegranulat löst sich innerhalb von
ca.
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9o Sekunden in Wasser.rasch auf und ist auch mit den bei Verwendung
hoher Quellstoffmengen verbundenen bekannten Nachteilen nicht behaftet.
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Als wasserunlösliche Wirkstoffe kommen alle wasserunlöslichen Wirkstoffe
wie Sulfadiazin, Theobromin, insbesondere Benzbromaron etc. in Betracht.
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Unter den Begriff "makronisierter Wirkstoff" fallen Teilchengrößen,
deren Durchmesser im Bereich zwischen loo und 300yum, insbesondere loo und 200zum
liegt, während mikronisierte Wirkstoffteilchen einen geringeren Durchmesser, insbesondere
zwischen lo und looym besitzen, Als Zusatzstoffe kommen sämtliche Aroma-, Farb-
und Süßstoffe in Betracht wie sie in Brausezubereitungen üblich sind.
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Das nachfolgende Beispiel soll die Erfindung näher erläutern: Beispiel:
21,402 kg Kaliumzitrat, 9,702 kg Natriumzitrat, 12,204 kg Zitronensäure und 8,316
kg Natriumhydrogencarbonat werden über eine Alexander Siebmaschine RSA in den Behälter
des WSG 30 gesiebt. Dann werden o,45o kg Benzbromaron mit der Korngröße loo - 2oo,
o,99o kg PVP 25 sowie 0,180 kg Natriumzyklamat, o,o18 kg Saccharinnatrium und o,oo72
kg Farbstoff Eigelb zugegeben und das ganze 3 min lang im WSG 30 gemischt.
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Nun wird ein Gemisch aus 3 kg Aceton und 9 kg Isopropanol auf ca.
35 - 400 C erhitzt und unter Rühren portionsweise o,45o kg mikronisiertes Benzbromaron
zugegeben, bis eine klare Lösung entstanden ist. Diese Benzbromaron-Lösung wird
im WSG 30 mit einer Schlauchpumpe mit ca. 60 U/min auf die Pulvermischung aufgesprüht.
Die Sprühzeit beträgt ca. 20 min1 die Zulufttemperatur ca. 28 - 300 C.
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Das entstandene noch feuchte Granulat wird nun 25 min lang im WSG
30 bei ca.
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600 C getrocknet und danach 5 min abgekühlt. Nach Zugabe von 0,216
kg Grapefruitaroma und o,216 kg Tetrarom-Zitrone wird nochmals 3 min lang gemischt.
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Anschließend wird das fertige Granulat über eine Alexander Siebmaschine
RSA gegeben.
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Der technische Fortschritt des erfindungsgemäßen Brausegranulats gegenüber
den bekannten Arzneimittelformulierungen mit schwerlöslichen Wirkstoffen liegt vor
allem in der raschen Liberation des Wirkstoffs aus dem erfindungsgemäßen Brausegranulat,
d.h. in der schnelleren Freigabe und Auflösung des schwerlöslichen Wirkstoffs am
Absorptionsort, welcher die Voraussetzung für eine Absorption und damit Resorption
ist. Außerdem kann die Tagesdosis des Arzneistoffs im Hinblick auf seine rasche
Bioverfügbarkeit, verbunden mit der lang anhaltenden, über Stunden dauernden Wirkung,
auf die Hälfte reduziert werden, was einen wesentlichen Vorteil in der Arzneiverabreichung
darstellt.