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Verfahren zur Herstellung von Carbylsulfat Carbylsulfat stellt ein
wichtiges Ausgangsprodukt zur Herstellung von beispielsweise Äthionsäure und Athensulfosäure
sowie deren Estern bzw. Umsetzungsprodukten mit Aminen zu beispielsweise Taurin
oder N-Methyltaurin dar, die wichtige Zwischenprodukte für die Herstellung von Mischpolymerisaten,
Stabilisatoren, Waschrohatoffen, Textilhilfsmittel, Emulgatoren, Pharmazeutica etc.
darstellen. Besonders wichtig ist auch die Umsetzung von Carbylsulfat zu Vinylsulfonsåure,
deren Alkalisalze wichtige Hilfsmittel in galvanischen Bädern sind.
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Es ist seit langer Zeit bekannt, daß man Carbylsulfat aus Athylen
und Schwefeltrioxid herstellen kann (val. Regnault, A. 23, S. 33 (1938)). Obwohl
beide Ausgangsprodukte leicht zugänglich und billig sind, hat das Carbylsulfat infolge
seiner chemischen Instabilität, die durch den hohen in ihm gelösten Anteil an Schwefeltrioxid
und der dadurch bewirkten hohen Reaktivität ihre Erklärung findet, für eine technische
Verwertung nicht die ihm zukommende Bedeutung erlangt. Besonders schwierig ist die
Abführung der bei der Synthese kurzzeitig freiwerdenden hohen Reaktionswärme von
ca. 800 kcal/kg, die zwar bei einer Herstellung im Labormaßstab beherrscht wird,
wobei man ein braun verfärbtes, stark schwefeltrioxidhaltiges Produkt erhält (J.
Armer. Chem. Soc. 79, 5000 (1957)), bei einer Arbeitsweise im großtechnischen Maßstab
jedoch beinahe unlösbare Probleme aufwirft.
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Um reine, farbhelle Produkte in befriedigenden Ausbeuten zu erhalten,
wurde versucht, dieses Problem durch ein Arbeiten in Methylenchlorid, in flüssigem
Schwefeldioxid unter Druck oder durch Verwendung von Anlagerungsprodukten des Schwefeltrioxids
an
Dioxan oder Pyridln zu lösen. Ein anderes Verfahren, wie es beispielsweise in der
deutschen Patentschrift 1 286 026 (Beispiel 4) beschrieben ist, wird mit inertgasver
dünntem Schwefeltrioxid in Gegenwart eines Kohlendioxidaerosols durch Verspruhen
in einem Zyklon durchgeführt.
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Die Nachteile dieser Verfahren bestehen einmal in der zusätzlichen
Verwendung der im Überschuß vorliegenden Lösungsmittel, die nur schwierig quantitativ
entfernbar sind und erhebliche Kosten verursachen Sie liegen im Fall der Verdampfungskühlung
mit flüssigem Kohlendioxid in dem aufzuwendenden Kostenanteil für die außerordentlich
hohe Reaktionsenergie.
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Bei der Arbeitsweise in einem Zyklon tritt zusätzlich noch die Gefahr
auf, daß im Reaktionsraum häufig größere Mengen an Ausgangsprodukten angesammelt
werden, die dann plötzlich explosionsartig reagieren können. Die exotherme Zersetzung
des Carbylsulfats beginnt nämlich bereits bei 1700C, so daß schon bei geringen Uberhitzungen
die Gefahr einer kettenreaktionsartigen Zersetzung gegeben ist. Es bestand daher
die Aufgabe, ein Verfahren zur Herstellung von Carbylsulfat aus den erwähnten Ausgangsstoffen
zu entwickeln, das es gestattet, reines Carbylsulfat in Abwesenheit von inerten
Lösungsmitteln in guten Ausbeuten zu erhalten.
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Das Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von Carbylsulfat durch
Umsetzung von fithylen mit Schwefeltrioxid ist dadurch gekennzeichnet, daß man Ethylen
mit Schwefeltrioxid im Molverhältnis 1 o 2 bis 1 2,4 bei 110 bis 1500C im Gleich-
oder Gegenstrom durch mindestens ein senkrecht angeordnetes oder bis zu 40 geneigtes
Rohr oder mindestens einen entsprechend angeordneten aus parallel laufenden Rohren
bestehenden Rohrbündelreaktor durchsetzt, wobei das Verhältnis Rohrlänge zu Rohrdurchmesser
600 : 1 bis 200 : 1, vorzugsweise 350 : 1 bis 450 : 1 ist, und das sich bildende
Carbylsulfat am unteren Ende des Reaktorsystems unter Feuchtigkeitsausschluß abzieht.
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Die erforderliche Rohrlänge ergibt sich aus der Möglichkeit
der
Wärme abführung und der gewünschten Menge an durchzusetzenden Reaktionspartnern
in der Zeiteinheit. Die Menge der Reaktionspartner soll vorzugsweise so bemessen
werden, daß sich eine Verweilzeit der Reaktionspartner pro 100 kg von 30 bis 80
Minuten ergibt. Zu besonders gunstigen Ergebnissen gelangt man bei Verweilzeiten
von 35 bis 70 Minuten. Die Verweilzeiten beziehen sich auf den ersten Reaktor, d.h.
wenn man nur ein Reaktionsrohr oder einen Rohrbündelreaktor verwendet, soll die
Verweilzeit vorzugsweise die obigen Werte aufweisen; wenn man, wie nachstehend beschrieben,
mehrere Rohre oder Rohrbundelreaktoren hintereinander schaltet, beziehen sich die
Verweilzeiten auf das erste Rohr bzw. den ersten Reaktor.
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Eine Über- oder Unterschreitung der bevorzugten Verweilzeiten, die
sich aus der Wahl der durchgesetzten Mengen und der innerhalb der erfindungsgemäßen
Grenzen erfolgenden Wahl des Verhältnisses Rohrlänge zu Rohrquerschnitt ergeben,
erbringt außer geringeren Raum-Zeit Ausbeuten keine Nachteile, sofern man die obigen
Temperaturbedingungen einhält. Man soll bei 110 bis 1500r, vorzugsweise 115 bis
1400C arbeiten; eine Unterschreitung dieses Bereichs kann zur Kristallisation des
gebildeten Carbylsulfats, eine Überschreitung zu unter Umständen explosionsartigen
Zersetzungen oder zumindest zu Verfärbungen des Produkts führen.
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Um helles, von polymerisiertem Athylen und dessen Verkohlungsprodukten
freies Carbylsulfat zu erhalten, ist es erforderlich, die Reaktion stöchiometrisch
oder besser noch mit kleinem Überschuß von SO3 zu fahren. Unterschuß von SO3 begünstigt
die Polymerisation von Athylen, Erfindungsgemäß soll das Molverhältnis Äthylen zu
SO2 1 Oo 2 bis 1 2,4, vorzugsweise 1 0 2t2 bis 1 0 2,4 betragen.
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Mit diesem Verfahren ist es gelungen, die gestellten Probleme weitgehend
zu lösen. Man führt das Verfahren beispielsweise in der Weise durch, daß man gasförmiges
Schwefeltrioxid in einer Mischdüse mit Athylen mischt und das Gasgemisch sofort
in das Reaktorsystem einbringt.
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Als Mischdüse verwendet man zweckmäßigerweise einen Venturistrahler
oder eine Mehrstoffdüse, die nach dem Prinzip einer Wasserstrahlpumpe arbeitet.
Hierbei wirkt das Athylen als Treibgas, das das Schwefeltrioxid mit sich zieht.
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Setzt man die Einlaßstutzen am Reaktoreinlaß so an, daß das einströmende
Gas durch die erzeugte Turbulenz sich selbst vermischt, kann auf eine oben beschriebene
Mischvorrichtung verzichtet werden.
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Man kann, wie gesagt, mit einem Reaktor im Gleich- oder Gegenstrom
fahren; man kann aber auch einen zweiten und gegebenenfalls noch einen dritten Reaktor
dahinterschalten, wobei dann Gleich- bzw. Gegenstrom sich mit Gegen- bzw. Gleichstromfahrweise
abwechseln. Schließlich kann man auch, falls man mehrere Reaktoren verwendet, alle
im Gleich- oder Gegenstrom fahren.
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Weiter können der oder die Reaktoren senkrecht oder bis zu einem Winkel
von 450 gegenüber der Waagerechten angeordnet sein. Man kann in einem Rohr fahren,
besser sind mehrere Rohre; vorzugsweise verwendet man zu Systemen von 30 bis 200
parallel laufenden Rohren zusammengefaßte Rohrbündelreaktoren.
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Bevorzugt wegen der zu erhaltenden maximalen Ausbeuten empfiehlt sich
folgende Arbeitsweise: Als Reaktor wählt man in diesem Fall ein System, das aus
zwei hintereinandergeschalteten Rohrbündelreaktoren besteht und bei dem die Einlaßstutzen
am Reaktorkopf angesetzt sind d.h. daß im ersten Reaktor im Gleichstrom gefahren
wird. Die Reaktoren sind bevorzugt senkrecht gestellt und die Reaktion läuft dann
in der Weise ab, daß in dem ersten Rohrbündelreaktor, der durch Kühlung mit Wärmeträgeröl
auf den genannten Temperaturen zwischen 110 und 150, vorzugsweise 115 und 140°C
gehalten wird, das in den geforderten Verweilzeiten durchströmende Reaktionsgemisch
in Carbylsulfat umgesetzt wird, wobei sich die Hauptreaktion in der ersten Hälfte
des Reaktors abspielt.
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Das bei diesen Temperaturen flüssige Produkt scheidet sich aus der
Gasphase als feiner Nebel ab, der sich an den Wänden des Reaktors als Flüssigkeitsfilm
niederschlägt; es sammelt
sich schließlich in einem Auffanggefäß,
das zweckmäßigerweise zur Beobachtung des Reaktionsablaufs aus Glas gefertigt ist,
an, woraus das Produkt durch eine Schleuse, unter Luftfeuchtigkeitsabschluß entnommen
werden kann. Der erste Reaktor wird, wie gesagt, was sich aus der Strömungsrichtung
von oben nach unten unschwer ergibt, im Gleichstrom gefahren, d.h.
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unumgesetzte Ausgangsprodukte und Carbylsulfat laufen in der gleichen
Strömungsrichtung von oben nach unten. Im ersten Reaktor erreicht man bereits einen
mindestens 80 %igen Umsatz.
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Die nicht umgesetzten Produkte werden dann im Rahmen der bevorzugten
Arbeitsweise zum unteren Ende eines zweiten Reaktors geleitet, wo sich unter ähnlichen
Bedingungen - die Temperaturen von 120 bis 1400C werden durch Siedekühlung aufrechterhalten
- die Restreaktion abspielt. Hierbei gelangt das Carbylsulfats das sich ebenfalls
an den Wänden als Flüssigkeitsfiim niederschlägt, von oben nach unten in eine dem
ersten Reaktor entsprechende Vorrichtung zur Abscheidung, d.h.
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im zweiten Reaktor wird, wie gesagt, im Gegenstrom gefahren.
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Grundsätzlich ist es möglich, obwohl im allgemeinen im zweiten Reaktor
der Umsatz nahezu vollständig ist, noch einen weiteren Reaktor anzuschließen, den
man sinngemäß bevorzugt wieder im Gleichstrom fahren kann. Vorzugsweise wird aber
das Abgas dann direkt einer normalen Waschanlage zugeführt, wobei das noch im Reaktionsgas
befindliche Restschwefeltrioxid mit Wasser ausgewaschen wird.
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Das als wasserklare Schmelze ablaufende Carbylsulfat kann auf einer
Kühlwalze verschuppt, durch eine Sprüheinrichtung entgast oder aber direkt bzw.
zu Vinylsulfonat weiterverarbeitet werden.
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Eine spezielle Ausführungsform ergibt sich aus dem Reaktionsschema
(Fig. 1): Über die Rohrleitung 1 wird Athylen über eine Venturistrahldüse A geleitet
und zieht gleichzeitig über Leitung 2 Schwefeltrioxid mit sich in den Rohrbündelreaktor
B, wo die Reaktion zu ca. 80 % abläuft. Das gebildete Carbylsulfat läuft
über
einen aus Glas gefertigten am unteren Ende befindlichen Syphon C und wird dort unter
Luftabschluß über Leitung 3 abgezogen. Das Reaktionsgemisch, das aus noch unumgesetzten
Reaktionspartnern besteht, läuft über Leitung 4 in den ReaktDr D und reagiert dort
weiter zu Carbylsulfat1 das an den Rohrwandungen in den Syphon E im Gegenstrom zurllckfließt,
von wo es über Leitung 5 ausgeschleust und mit dem über Leitung 3 kommenden Carbylsulfat
vereinigt wird. Die Reaktionsgase, die bei Verwendung dieser Apparatur nahezu vollständig
abreagiert sind, bestehen in der Hauptsache nur noch aus geringen Mengen Schwefeltrioxid.
Dieses Reaktionsgas wird am Kopf.des Reaktors über Leitung 6 in die Waschanlage
F abgezogen. Das Wasser läuft über durch diese Waschanlage und befreit das Reaktionsgas
vollständig von SO30 Das Kühlwassersystem besteht aus den verschiedenen Leitungen
7, die den Kühlmantel von außen umhüllen und für die Wärmeabfuhr sorgen. Die Kühlung
des Wärmeträgeröls durch Wasserkühlung findet im Kühler G statt. Das durch die Verdunstung
verlorene Wasser im Mantel des Reaktors D wird durch Zufuhr von Frischwasser ersetzt.
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Die im folgenden Ausführungsbeispiel angegebenen Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 100 kg flüssiges Schwefeltrioxid, das sowohl als stabilisiertes
Schwefeltrioxid vorliegen kann oder durch Ausdampfen aus Oleum bzw. durch Verbrennen
von elementarem Schwefel zu S02 und anschließende Oxidation gewonnen werden kann,
werden stündlich mit einer Genauigkeit von t 5 % in einem Verdampfer zu gasförmigem
Schwefeltrioxid verdampft. Nach Abscheiden von etwaigen Flüssigkeitströpfchen in
einem Glasfaserfilter führt man das ea. 120 bis 1300C aufweisende Schwefeltrioxidgas
dem Niederdruckteil einer Zweistoffventuridüse zu, die gleichzeitig durch die Strahldüse
stündlich mit 30 kg trockenem Athylen beschickt wird.
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Von dieser Mischdüse aus wird das Reaktionsgemisch im Gleichstrom
über einen aus Eisen gefertigten Rohrbündelreaktor geleitet, der aus 160 einzelnen
eingewalzten Reaktionsrohren aus 2 rostfreiem Stahl mit ca. 30 m2 Oberfläche in
den Rohren, die eine Länge von 200 cm aufweisen, besteht. Diesem Reaktor schließt
sich ein zweiter ähnlich aufgebauter Rohrbündelreaktor an.
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Die Reaktionstemperatur im ersten Reaktor, der indirekt über Wärmeträgeröl
mit Wasser gekühlt wird, stellt sich im oberen Drittel auf ca. 1400C ein und sinkt
gegen das untere Ende auf ca. 120 0C ab, während im zweiten Reaktor eine konstante
Temperatur von ca. 110 bis 1200C durch Siedekühlung gehalten wird.
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Über die als Syphon ausgebildeten Schaugläser von beiden Reaktoren
werden stündlich 200 Teile g.eschmolzenes Carbylsulfat von wasserheller Qualität
abgeführt, das beim Abkühlen erstarrt, einen Schmelzpunkt von 102 bis 1080C aufweist
und ohne weitere Reinigung zu Folgeprodukten weiterverarbeitet werden kann.
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Das im wesentlichen geringe Mengen an Schwefeltrioxid enthaltende
Abgas wird in einer Waschanlage, beispielsweise-in einem Venturiwascher, ausgewaschen.