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Gleisweiche, insbesondere Schnellfahrweiche.
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Der Anstieg der Fahrgeschwindigkeiten im Schienenverkehr bringt es
mit sich, daß die Weichen nicht nur im geraden Strang, sondern auch im gebogenen
Strang mit hoher Geschwindigkeit durchfahren werden sollen.
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Um dies zu ermöglichen, müssen sehr schwache Krümmungen mitgroßen
Radien, wie sie bisher nicht üblich waren, zur Anwendung kommen. Dadurch ergeben
sich jedoch, bei der klassischen Weichenbauweise, sehr lange und schlank auslaufende
Weichenzungen, die nach dem freien Ende zu auf einen großen Teil ihrer Gesamtlänge
so dünn sind, daß hier eine ausreichende Stabilität nicht mehr gewährleistet ist.
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Diese Schwierigkeit vermeidet eine seit langem bekannte Weiche, die
überhaupt keine Zungen besitzt und bei der in den Verzweigungspunkten sämtliche
Gleisschienen stumpf enden, wobei die Schienenenden des gemeinsamen Stranges schwenkbar
sind, derart daß sie wahlweise vor die Schienenenden des einen oder des anderen
weiterführenden Strangs gebracht werden können. Die so gebildeten Stumpfstöße ergeben
jedoch Lücken im Gleis, deren Breite sich mit den Temperaturbewegungen der Schienen
ändert. Solche Stumpfstöße sind einem hohen Verschleiß unterworfen und beeinträchtigen
den Fahrkomfort.
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Zur Vermeidung dieser Stumpfstöße ist neuerdings vorgeschlagen worden,
die sich gegenüberstehenden Schienenenden mit Abschrägungenvzu versehen und zwischen
diese Abschrägungen jeweils nach dem Umlegen der beweglichen Schienenenden Keile
als Überbrückungs- und Verschlußglieder einzuschieben.
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Damit entstehen aber dicht hintereinander zwei steile Schräg stöße
in
jeder Gleisschiene, die bei Wärmebewegungen des Gleises entweder
entsprechende Stoßlücken entstehen lassen oder zu hohen Klemmkräften Anlaß geben,
die das Herausziehen der Keile und damit das Umlegen der Weiche erschweren oder
unmöglich machen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine insbesondere als Schnellfahrweiche
geeignete Weiche zu schaffen, die einerseits labile Weichenzungen und andererseits
stumpfe Stoßlücken vermeidet.
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Gegenstand der Erfindung ist eine Gleisweiche, insbesondere eine Schnellfahrweiche
mit großem Krümmungsradius im gebogenen Strang, bei der eine Stellvorrichtung spitz
auslaufende Weichenzungen und zugeordnete Backenschienen relativ zueinander in eine
anliegende oder eine abliegende Stellung zu bringen vermag. Diese Weiche ist nach
dem Grundgedanken der Erfindung dadurch gekennzeichnet, daß die Weichenzungen feststehend
angeordnet sind und die Backenschienen im Bereich der Zungen bewegliche Abschnitte
aufweisen, die sich mittels der Stellvorrichtung elastisch ausbiegen und so an die
Zungen anlegen bzw. von diesen ablegen lassen.
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Dieser Grundgedanke ist bei einer ersten Ausführungsform der Weiche
so verwirklicht, daß die Backenschienen durchgehende Schienenstrange sind, die im
Bereich der Weichenzungen über einen entsprechenden Langenabschnitt nur lose aufliegen,
derart daß diese Abschnitte beim Umlegen durch die Stellvorrichtung an ihren beiden
Enden elastisch ausgebogen werden.
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Bei einer zweiten Ausführungsform der Weiche nach der Erfindung ist
die Anordnung so getroffen, daß die Backenschienen etwa in der Hohe der Zungenwurzeln
durch einen Schrägstoß unterbrochen sind und die Schienenenden einerseits des Stoßes,
im Bereich der Zungen, gleitend beweglich unterstützt
sind, derart
daß diese Abschnitte beim Umlegen durch die Stellvorrichtung an ihren inneren Enden
elastisch ausgebogen werden.
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Auf diese Weise ist eine Weiche erhalten, bei der durch die Verlagerung
der Stellbewegung von den Zungen in die Backenschienen erreicht ist, daß die feststehenden
Zungen nur einen Bruchteil der sonst erforderlichen Länge besitzen und dementsprechend
unter einem viel weniger spitzen Winkel auslaufen, so daß sie auch bei ungewohnlich
großen Krümmungsradien eine ausreichende Stabilität aufweisen. Dabei bildet die
schräge Anlage zwischen Backenschiene und Zunge nach wie vor einen langgestreckten
allmählichen Überlaufbereich, der keine Stoßlucken entstehen und keine Beeinträchtigung
des Fahrkomforts aufkommen läßt.
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Die Ausbiegung der Backenschienen zwecks Umstellung aus der abliegenden
in die anliegende Stellung und umgekehrt kann im einfachsten Fall dadurch erfolgen,
daß ein an einer geeigneten Stelle angreifendes Stellglied eine Querkraft auf die
Backenschienen ausübt. Vorzugsweise sind jedoch die Stellmittel so ausgebildet,
daß sie auf die ausbiegbaren Abschnitte der Backenschienen an mehreren Stellen ihrer
Langsausdehnung einwirken, wobei sie hier den Backenschienenabschnitten Ausbiegungen
unterschiedlicher Pfeilhöhe aufzwingen. Dies hat einmal den Vorteil, daß die beweglichen
Backenschienen durch die Stellmittel eine vielfache seitliche Abstützung gegen die
quergerichteten Beschleunigungskräfte erhalten. Vor allem aber wird so ermöglicht,
der Biegungslinie eine bestimmte vorteilhafte Form zu erteilen.
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Unter Ausnutzung dieser Moglichkeit sieht die Erfindung weiterhin
eine solche Ausbildung der Stellvorrichtung vor, daß beim Umstellen der beweglichen
Abschnitte der Backenschienen in den gebogenen Strang deren
Biegungslinie
Klothoidenform erhält. Hierdurch ergibt sich ein allmählicher Übergang aus der geraden
in die Kreisform vom gewünschten Krümmungsradius und damit ein stetiger Anstieg
der Seitenbeschleunigung und der Beschleunigungskräfte von Null auf den Höchstwert,
die im Fall einer bloßen Kreisbogenform sprunghaft ansteigen würden.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachstehenden
Beschreibung der Zeichnungen, in denen die Erfindung beispielsweise veranschaulicht
ist. Es zeigen schematisch Fig. la und lb eine erste Ausführungsform und Fig. 2a
und 2b eine zweite Ausführungsform der erfindungsgemäßen Weiche, jeweils in den
beiden Stellungen für das Befahren im geraden und im abzweigenden Strang; Fig. 3a,
3b und 3c eine Anordnung für die Koppelung und den Antrieb der beiden Backenschienen
in Seitenansicht, Aufsicht und Stirnansicht.
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Bei der ersten Ausführungsform gemäß Fig. la und 1b sind feststehende
Weichenzungen 10, 11 von elastisch beweglichen Backenschienenabschnitten 12, 13
flankiert, die in diesem Fall je einem durchgehenden Schienenstrang 14a, b bzw.
15a, b angehoren, mit dem sie an beiden Enden zusammenhängen. Während also die Backenschienen
14, 15 beiderseits der Abschnitte 12, 13 in der üblichen Weise am Unterbau verankert
sind, sind die Abschnitte 12, 13 selbst, etwa von a bis b bzw. c bis d, nur gleitend
beweglich unterstützt. Infolgedessen sind die an den Abschnitten 12, 13 angreifenden
Stellvorrichtungen (nicht dargestellt) in der Lage, die
Abschnitte
12, 13 aus der Stellung für die Geradeausfahrt nach Fig. la in die Stellung für
die Zweigfahrt nach Fig. 1b oder umgekehrt aus der Stellung nach Fig. 1b in die
Stellung nach Fig. la zu bewegen.
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Bei diesen Stellbewegungen werden die Backenschienenabschnitte an
ihren beiden Enden nach der einen Seite und zwischen den beiden Enden nach der anderen
Seite durchgebogen und an die Flanke der betreffenden Zunge angelegt bzw. von dieser
abgelegt. Dabei ist zu bevorzugen, daß der Abschnitt 12 sich für die Geradeausfahrt
in Fig. la im entspannten Zustand befindet und beim Umlegen in die Stellung für
die Zweigfahrt in Fig. 1b elastisch ausgebogen wird, während der Abschnitt 13 für
die Zweigsfahrt in Fig. 1b den spannungslosen Zustand einnimmt und beim Umlegen
in die Stellung für die Geradeausfahrt in Fig. la in der angegebenen Weise durchgebogen
wird.
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Bei der zweiten Ausführungsform gemäß Fig. 2a und 2b stehen den unbeweglichen
Zungen 20, 21 bewegliche Backenschienenabschnitte 22, 23 gegenüber, die in diesem
Fall nur an ihrem einen Ende, bei c mit den verankerten Backenschienen 24a, 25a
zusammenhängen, während an ihrem anderen Ende durch je einen verbindungsfreien Schrägstoß
26 bzw. 27 eine materielle Unterbrechung zu den Backenschienen 24b, 25b besteht.
Infolgedessen werden die Abschnitte 22, 23, die'sich gleitend beweglich auf der
Unterlage abstützen, beim Umlegen durch die Stellvorrichtung (nicht dargestellt)
am linken Ende abgebogen und am rechten Ende von der Backenschiene 24b, 25b abgehoben
und an die Flanke der Weichenzunge angelegt bzw. von dieser abgelegt. Auch hier
entsprechen vorzugsweise die Stellung des Abschnitts 22 für die gerade Durchfahrt
gemäß Fig. 2a und die Stellung des Abschnitts 23 für die Zweigfahrt gemäß Fig. 2b
jeweils dem entspannten Zustand.
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Daß bei beiden Ausführungsformen beim Umstellen stets nur einer der
beweglichen Backenschienenabschnitte gespannt werden muß, während der andere sich
entspannt, bedeutet eine Verteilung der aufzubringenden Energie auf beide Stellvorgange
und eine Herabsetzung der maximal auftretenden Stellwiderstände. Daher ist es möglich,
beide Abschnitte gleichzeitig zu bewegen, ohne daß die Stellkräfte übermäßig groß
werden.
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In diesem Sinne sieht die Erfindung weiterhin-vor, daß die beiden
Backenschienenabschnitte durch Querstreben miteinander verbunden sind, wobei die
Stellvorrichtung zweckmäßig an einer oder mehrerer dieser Quer streben angreift.
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Bei einer entsprechenden Ausführungsform, wie sie in Fig. 3a, 3b,
3c dargestellt ist, ist die Anordnung so getroffen, daß die Backenschienenabschnitte
32, 33 auf der Querstrebe 30 aufliegen und auf dieser mit für die Schienenbefestigung
üblichen Mitteln gehalten sind. Jede Querstrebe 30 ist in ihrer Längsrichtung, also
quer zum Gleis, auf einem Träger oder einer Schwelle 31 schlittenartig geführt,
indem die Querstrebe und die Schwelle mit geeigneten Profilen ineinandergreifen,
wie Fig. 3c erkennen läßt. Die Schwellen sind ihrerseits am Unterbau, etwa auf einer
Betonplatte fest verankert.
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Für die Übertragung der Stellbewegung von einem elektrischen oder
hydraulischen Antrieb (nicht dargestellt) auf die Baclenschienenabschnitte 32, 33
kann eine längs des Gleises verlaufende Stellstange 34 dienen, die sich durch im
wesentlichen übereinander liegende Führungsnuten 30a, 31a in der Quer strebe und
der Schwelle erstreckt. Auf der Stellstange 34 ist ein Gleitstein 35 befestigt,
der in den beiden Nuten 30a, 31a zugleich
geführt ist, und zwar
in seinem unteren Teil mit geraden Gleitflächen in geraden Gleitflächen der Nut
31a und in seinem oberen Teil mit geneigten Gleitflächen in entsprechend geneigten
Gleitflächen der Nut 30a.
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Dies hat zur Folge, daß beim Verschieben des Gleitsteins 35 mit Hilfe
der Stellstange 34 vom einen Ende der Nuten zu anderen Ende die Querstrebe 30 in
ihrer Schlittenführung auf der Schwelle 31 verschoben wird und dabei die Schienenabschnitte
32, 33 in ihre andere Stellung umgelegt werden. Indem mehrere ausgewählte Querstreben
der Einwirkung der Stellstange 34 unterworfen werden und die Stellhub der einzelnen
Querstreben durch geeignete Neigung der Gleitflächen entsprechend bemessen werden,
kann den Schienenabschnitten 32, 33 beim Umstellen eine gewünschte Kurvenform aufgezwungen
werden.
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So ist es möglich und erfindungsgemäß vorgesehen, die Krümmung des
Gleises für den abzweigenden Strang nach einer Klothoidenform mit stetig zunehmendem
Krummungsradius beginnen und erst dann in die geforderte Kreisform übergehen zu
lassen, so daß die Seitenbeschleunigung allmählich auf den Höchstwert ansteigt,
statt sprungweise aufzutreten.