DE2319120C2 - Züchten von Zellkulturen in vitro - Google Patents
Züchten von Zellkulturen in vitroInfo
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Züchten von Zellkulturen in vitro, bei
denen die Zellen sich auf einer halbdurchlässigen, rohrförmigen Membran ansiedeln, die hier als »Kapillare«
bezeichnet wird.
Bei Versuchen zur Züchtung von Zellen in Kolonien, deren Dichte und/oder Struktur diejenige lebenden
Gewebes erreicht, sind die verschiedensten Mittel zur Zufuhr von Nährstofflösungen zu den Zellen verwende!
worden. Sehr hohe Zelldichten sind z. B. in Suspensionskulturen erhalten worden, obwohl nicht die Dichten
lebender Gewebe erreicht wurden (Bryant, ]. C. Ann. N. Y. Acad. Sei.. 139, Art. 1, Seite 143 (1966)).
Auch die dreidimensionale Züchtung von Tumorzellen in dünnen Schichten in kleinen Stücken von Celluloseschwamm
ist ausgeführt worden, eine Methode, die die Nährstoffzufuhr zu den Zellen zu begünstigen scheint
und zugleich eine Stützmasse tür das Zellwachstum liefert (Leighton, J., G. lusth, M. Esper, R. L. Kronenthal.
Science 155. Seite 1259 (1967)). Bei Umspülungsmethoden konnten Zelldicken bis zu etwa 17 Zellschichten
erreicht werden (Kruse, )r., P. F., L. N. Keen, W. L. Whittle, In Vitro, 6, 1, Seite 75 (197O)). Mit diesen
bekannten Methoden ließen sich jedoch organähnliche Strukturen in vitro nicht erzeugen.
Die Ergebnisse von Forschungen auf diesem Gebiet zeigten, daß bestimmte grundlegende Probleme gelöst
werden müssen, um eine organähiiliche Struktur in vitro
zu züchten. Das erste und offensichtlichste Problem besteht darin, daß die Bestandteile der Nährlösung
durch die Zellschichten diffundieren müssen, um alle Zellen zu erreichen, und daß diese Diffusion um so
schwieriger wird, je dicker die Zellschicht ist.
Ein zweites Problem bei der Züchtung einer organähnlichen Struktur in vitro kann die Aufrechterhaltung
einer geeigneten» Mikroumgebung« bei einer herkömmlichen Zellkultur sein. Die Flüssigkeil in
unmittelbarer Umgebung der wachsenden Zelle ändert mit fortschreitendem Zellstoffwechsel ständig ihre
Zusammensetzung und wird nur schrittweise in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt, wenn die
Nährflüssigkeit ausgetauscht oder als Ganzes umgerührt wird.
Ein drittes Problem scheint darin zu bestehen, daß das Vorhandensein eines Gitters oder geeigneten Materials
notwendig ist, auf dem die organähnliche Struktur wachsen kann.
Aufgabe der Erfindung ist es, eine Lösung für die
vorstehend skizzierten Probleme zu bieten und ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zum Züchten von
Zellen anzugeben, die folgendes bieten:
a) Nährstoffquellen innerhalb der Zellkolonie, die sowohl große als auch kleine essentielle Moleküle
liefern;
b) Ableitungen innerhalb der Zellkolonie zur Entfernung
von Stoffwechselprodukten;
c) eine geeignete Mikroumgebung; m
d) ein Gitterwerk für das Wachstum in drei Dimensionen; und
e) eine Oberfläche für einschichtige und/oder mehrschichtige Zellkulturen, die im Verhältnis zu dem
Volumen, das bei Standard-Zellkulturmethoden benötigt wird, verhältnismäßig groß ist.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe bei einem Verfahren zum Züchten von Zellkulturen in vitro
dadurch gelöst, daß durch eine in einer Kammer ?u angeordnete, für zum Wachstum der Zellen benötigte
Nährstoffe durchlässige Kapillare eine Nährstofflösung geleitet und in die Kammer eine lebende Zellen
enthaltende Nährstofflösung so eingeführt wird, daß die Zellen sich auf der Kapillare ansiedeln. Die Ansprüche 2 ;,
bis 5 nennen Ausgestaltungen dieses Verfahrens. Die Ansprüche 6 bis 14 haben eine Einrichtung zur
Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Gegenstand.
Bei der Erfindung werden also zu Beginn Zellen, die in so
einer Nährlösung suspendiert sind, auf der Außenseite von Kapillaren angesiedelt, durch die kontinuierlich eine
mit Sauerstoff beladene Nährlösung strömt. Nährstoffe diffundieren aus dem Strömungsmedium durch die
Kapillarwand in die Zellen, während Stoffwechselpro- j-, dukte der Zellen, z. B. Milchsäure und Hormone, aus der
Zelle durch die Kapillarwand in die strömende Flüssigkeit übergehen. Diese Produkte können dann in
geeigneter Weise gewonnen werden.
Es kann also eine Einrichtung aufgebaut werden, die ^1
mindestens aus einer Zellkultureinheit, einem Vorratsbehälter für die Nährlösung, einer Begasungsvorrichtung,
einem pH-Meßgerät und einer Pumpe zur Förderung der Lösung mit einer bestimmten Durchflußmenge
besteht. Günstige Konzentrationsgefälle lassen die Nährstoffe durch die Wände der Kapillaren in die
Zellen diffundieren, während die Zellprodukte in das Perfusat diffundieren. Das Zellwachstum kann mit Hilfe
einer der folgenden Methoden bestimm, werden:
a) Behandlung der Kapillarbündel mit Trypsin und nachfolgendes Zählen der Zellen;
b) mikroskopische Untersuchung fleckiger Abschnitte der Bündel;
c) Messung der Zellbestandteile oder-produkte; oder
d) Bestimmung des Verbrauchs von Nährstoffen und/oder Markierungsmitteln.
Ein Merkmal der vorliegenden Erfindung neben der Züchtung von Zellen besteht darin, daß aus der an den bo
Kapillaren wachsenden Zellkultur Produkte gewonnen werden können, während die Kultur selbst ungestört
bleibt. Zu Beispielen dieser Produkte gehören Hormone und andere biologische Stoffe, die bisher nach
Standardmethoden aus lebendem Gewebe oder Exkreten gewonnen worden sind.
Anhand der Zeichnungen wird die Erfindung veranschaulicht. Es zeigt
F i g. 1 eine schematische Darstellung einer Einrichtung zum Züchten von Zellen auf Kapillaren;
F i g. 2 einen Aufriß einer Zellkultureinheit; und
F i g. 3 ein Diagramm, in dem die Konzentration der verschiedenen Stoffe in dem Derfusat des Vorratsbehälters
über der Zeit aufgetragen ist.
Bei der in den F i g. 1 und 2 dargestellten Ausführungsform der Erfindung ist 10 die Einrichtung zum
Züchten von Zellen auf Kapillaren. Die Einrichtung 10 umfaßt eine oder mehrere Zellkultureinheiten 11, die
jeweils mindestens eine Kapillare 12 aus halbdurchlässigem Material enthalten. Wenn mehrere Zellkultureinheiten
11 verwendet werden, können diese Einheiten parallel, wie in F i g. 1 dargestellt, oder in Reihe
angeordnet werden. In jeder Zellkultureinheit 11 ist zweckmäßig eine Mehrzahl von Kapillaren 12 untergebracht.
Eine solche Mehrzahl von Kapillaren, die zusammen ein Bündel bilden, ergibt ein System, das das
Gefäßnetz eines lebenden Gewebes simuliert. Die Kapillaren 12, die typischerweise eine Länge von 75 bis
100 mm haben, sind in einer Ummantelung 13 eingesetzt, die aus Glas oder einem ähnlichen inerten
Material besteht, und die Enden der Kapillaren 12 sind an jedem Ende der Ummantelung 13 in Endstücken 14
aus Epoxyharz oder einem anderen geeigneten Dichtungsmaterial befestigt, so daß eine an einem Ende
in die Zellkultureinheit 11 eingeleitete Nährlösung durch die Kapillaren \2 geht und am anderen Ende der
Einheit 11 wieder austritt. Eine auf der Mantelseite der Kapillaren 12 eingeleitete Nährlösung kann sich daher
nicht en masse mit dem Perfusat mischen. Eine separate Perfusion auf der Mantelseite durch die öffnungen 15
ohne en-masse-Mischung mit dem durch die Kapillaren fließenden Perfusat ist ebenfalls möglich.
Zur Aufnahme des Perfusionsmittels ist ein Vorratsbehälter 16 vorgesehen, dessen Inhalt zweckmäßig mit
einem Propellerrührer gerührt wird. Mit guten Ergebnissen ist hierzu ein geschlossener Polyäthylenzylinder
mit einem Fassungsvermögen von 80cm! benutzt
worden. Die Nährlösung strömt von einem Teil des Systems zu einem anderen durch Schläuche aus
Silicongummi oder einem geeigneten anderen Schlauchmaterial, wobei die Schläuche zweckmäßig einen
Außendurchmesser von etwa 3 mm haben.
Die Begasung der Perfusionsflüssigkeit wird durch einen Begaser 18 oder eine künstliche Lunge mit einer
Membran aus Silicongummi oder einem anderen geeigneten Material zur Übertragung einer ausreichenden
Gasmenge in die Perfusionsflüssigkeit bewirkt. Für diesen Zweck ist eine im Handel erhältliche Minilunge
der Dow Corning Corporation benutzt worden. Zur Regulierung des Sauerstoff-Partialdruckes und des
pH-Wertes können entweder Luft-COi- oder Sauerstoff-CO2-Gemische
verwendet werden. Vor dem Pumpen durch die Kapillaren 12 der Zellkultureinheiten
11 muß die Perfusionsflüssigkeit einem geeigneten Gemisch von CO2 in Luft oder Sauerstoff ausgesetzt
werden. Verv/endet worden ist ein Gemisch von 5% CO2 in Luft. Das Gas muß vor dem Eintritt in den
Begaser befeuchtet werden, um übermäßige Wasserverluste des Perfusats zu vermeiden.
In die zu den Zellkultureinheiten 11 führende Leitung
ist ein pH-Meßgerät 19 eingeschaltet, das kontinuierlich die pH-Werte der Lösung anzeigt. Eine Pumpe 20 sorgt
für einen geeigneten Perfusatdurchsatz. Wenn die Zellkultureinheiten 11 in paralleler Anordnung zusammengeschaltet
sind, hat es sich als zweckmäßig erwiesen, daß für jede Zelleinheit ein eigener Pumpen-
kopf zur Verfügung steht, damit bei allen Zellkultureinheiten identische Durchflußmengen gewährleistet sind.
Die Kapillaren 12 können aus einer Vielzahl halbdurchlässiger Stoffe gefertigt sein. Diese ermöglichen
das Zellwachstum in drei Dimensionen und ί gestatten zugleich eine Diffusion der Nährstoffe durch
die Kapillarwände 12 zur Ernährung der Zellen sowie eine Diffusion der Zellstoffwechselprodukte aus den
Zellen durch die Kapillarwände 12 in das Perfusat. Geeignete Werkstoffe umfassen verschiedene CeIIuIo- iu
se- oder andere polymere Materialien. Zu besonders geeigneten Materialien gehören halbdurchlässige CeIIuloseacetat-Membrane,
die zu hohlen, schlauchförmigen Fasern verarbeitet sind. Derartige Fasern werden
vielfach bei der Ultrafiltration und Dialyse verwendet. Soiche Konifasern können einen 'innendurchmesser von
180 bis 200 μm und einen Außendurchmesser von 230
bis 250 μιη haben und lassen Moleküle mit einem
Molekulargewicht bis zu etwa 30 000 durch die Wände hindurchtreten. Andere haben einen größeren Durchmesser
und eine stärkere Wanddicke und gestatten die Diffusion von Substanzen mit einem Molekulargewicht
bis zu etwa 50 000.
Ein weiterer Typ von Kapillaren, der verwendet werden kann, ist aus einem Siliconpolycarbonat
hergestellt. Dieses Material erlaubt die rasche Diffusion von Gasen. Es ist daher oft vorteilhaft, Kapillaren aus
verschiedenen Materialien innerhalb ein und derselben Zellkultureinheit, z. B. einer Mischung von Celluloseacetat-Kapillaren
und Siliconpolycarbonat-Kapillaren, zu verwenden, um den Übergang von Sauerstoff aus der
Perfusionslösung in die Zellen zu verbessern.
Kapillaren mit einem Überzug aus Kollagen scheinen entweder durch Konditionierung der Nährlösung oder
durch Bildung einer zusätzlichen Matrix für die Zellenhalterung zwischen und auf den Kapillaren eine
besonders rasche Zellenproliferation zu gestatten.
Die Bündel von Kapillaren 12 in jeder Zellkultureinheit bilden eine Matrix, an der die Zellen wachsen
können. An der Kapillarslruktur oder -zusammensetzung können Änderungen vorgenommen werden, um
die Größe der Moleküle zu begrenzen, die durch die
Kapillarwand diffundieren, und auf diese Weise eine Selektivität der Komponenten, die den Zellen zur
Verfugung gestellt werden, oder der Produkte, die entfernt werden, zu erzielen.
Die Nährlösung zur Versorgung der Zellen mit Nährstoffen kann jede geeignete Zusammensetzung
haben, die den Zellen die Nährstoffe darbietet, die sie für ihr Wachstum und/oder ihre Funktion benötigen. Im
allgemeinen hängt die Wahl der Nährlösung von der Zeüreihe ab, die 7.11 einer bestimmten Zeit verwendet
wird.
Bei der Benutzung werden Zellen, die in einer Nährlösung suspendiert sind, durch eine Öffnung 15 in
die Mantelseite der Zellkultureinheit 11 eingeführt und sich auf den Kapillaren 12, die kontinuierlich von einer
sauerstoffbeladenen Nährlösung durchflossen werden, ansiedeln gelassen.
Jede Kapillare soll zweckmäßig einen Durchmesser haben, der so klein ist, daß eine zu einem Bündel
vereinigte Gruppe eine so große Oberfläche bietet, daß eine erhebliche Anzahl von Zellen auf kleinem Raum
wachsen kann. Der Durchmesser der Kapillaren muß so klein sein, daß nach deren Bündeln eine Zelle, die an
einer der Kapillaren wächst und die Grenzlänge für die Diffusion von Nährstoffen sowie den Abtransport von
Stoffwechselprodukten durch diese Kapillare erreicht hat, dann in den Einflußbereich einer oder mehrerer
benachbarter Kapillaren gelangt. Die Tiefe, bis zu der Zellen wachsen, wird durch die Entfernung begrenzt, bis
zu der Nährstoffe oder toxische Produkte zu oder von den Zellen wandern können. Dadurch, daß mehrere
Kapillaren in der Nähe einer Zelle vorgesehen sind, werden das Angebot an Nährstoffen und die Entfernung
von Stoffwechselsprodukten erhöht und die Chancen für das Überleben, das Wachstum und die Funktion der
Zelle verbessert.
Vor der Inbetriebnahme wird die gesamte Einrichtung 10 sterilisiert, z. B. durch östündiges Durchleiten
von Äthylenoxid, danach 1 bis 2 Tage der Luft ausgesetzt und dann 1 bis 2 Tage mit steriler Nährlösung
gespült, um restliche Spuren von Äthylenoxid zu entfernen. Die Einrichtung 10 kann in einem Brutschrank
bei etwa 370C und nahezu 100% Luftfeuchtigkeit betrieben werden.
Anhand folgender Beispiele wird das Verfahren zum Züchten von Zellen gemäß der Erfindung veranschaulicht.
Drei im Handel erhältliche T-Rohre, die etwa UO Celluloseacetat-Hohlfasern mit einem Innendurchmesser
von 200 μπι und einer Wanddicke von 25 μίτι
(Dow-c/HFU-l/20-T-Rohr-Ultrafilter-CA-C-Hohlfasern)
wurden, wie in F i g. 1 dargestellt, parallel angeordnet. Die gesamte Einrichtung mit Ausnahme der
pH-Elektrode wurde 6 Stunden mit Äthylencxid-Gas sterilisiert und dann 48 Stunden gelüftet. Die mit der
Perfusionslösung in Berührung kommende Spitze der pH-Elektrode wurde 2 Stunden mit 70%igem Äthanol
behandelt. Die Einrichtung wurde dann in einem Brutschrank untergebracht, der auf 37°C und nahezu
100% Luftfeuchte gehalten wurde. In den Vorratsbehälter
wurde sterile basale Spinner-Lösung gefüllt, die 10%
fetales Kalbserum, 30 mg % Glutamin, 5,0 mg-% Streptomycin und 2,08 mg-% Penicillin enthielt, 48
Stunden durch die Zellkultureinheiten zirkuliert und dann verworfen. Die Mantelseite der Zellkultureinheiten
wurde ebenfalls während einer gleich langen Zeit'pjpne mit der gleichen Lösung gefüllt.
Eine Gesamtmenge von 220 000 Mäuse-L-Zellen
(eine Abart von Clone 929) wurde in 2 ml der gleichen Lösung suspendiert und nach 48 Stunden in die entleerte
Mantelseite der Zellkultureinheiten eingefüllt. Die öffnung wurde dann verschlossen. Gleichzeitig wurde
die Perfusionslösung aus dem Vorratsbehälter entfernt und durch 80 cm3 einer frischen, warmen Lösung ersetzt.
Die Lösung wurde dann mit einer Durchflußgeschwindigkeit von 03 ml/min durch jede Einheit gepumpt
Dem Begaser wurden etwa 1,5 i/min Luft mit 5% CO2 zugeführt, und der pH-Wert wurde auf etwa 7,0
gehalten. In den ersten 8 Tagen wurde die Lösung ein
über den anderen Tag und danach täglich ausgetauscht 6 Tage nach dem Ansetzen der Kulturen zeigte eine
mikroskopische Betrachtung der Zellkultureinheiten zahlreiche Zellklumpen von etwa 200 μπι Durchmesser,
während an dem Glasmantel nur eine dünne Zellschicht haftete. Eine Beobachtung am 14. Tag zeigte noch viel
mehr Zellklumpen bis zu 600 μπι Durchmesser. Eine der Zellkultureinheiten ergab nach 2 Wochen Wachstum bei
der Bestimmung nach der Methode von Burton (Burton, K_ Biochem-J, 62, Seite 315 (1956)) eine DNS-Menge
entsprechend 173 x ΙΟ6 Zellen. Die Zellennester wuchsen
weiter und erreichten am 28. Tag einen Durchmesser von etwa 800 μιη. Beim Manipulieren der Zellkultur-
einheiten lösten sich mehrere Zellmassen von dem Bündel und fielen auf den Glasmantel. Es bildeten sich
jedoch keine Nester an dem Glasmantel.
Nach 29 Tagen wurde der Versuch beendet. Die mantelseitige Lösung wurde entfernt und durch wärme r,
4°/oige Agaroselösung ersetzt. Nach dem Abkühlen wurden beide Enden der Einheit aufgebrochen und der
das Bündel und die Zellen enthaltende Agarosestopfen herausgenommen. Schnitte des Bündels wurden fixiert
und mit Hämatoxylin und Eosin angefärbt. Zellen ι«
wuchsen sowohl zwischen als auch auf den Kapillaren.
Gleichzeitig entnommene Proben von Mantel- und Perfusatlösungen zeigten nahezu gleiche pH-Werte
sowie gleiche Glucose- und Lactatkonzentrationen.
Beispiel 2 '''
Zwei Dow-c/HFU-l^O-T-Rohr-Ullrafilter-CA-C-Hohlfasereinheiten
wurden, wie in F i g. 1 dargestellt, parallel angeordnet und 6 Stunden mit Äthylenoxid
sterilisiert. Spuren des Äthylenoxids wurden anschlie- :u
Bend durch 2tägige Belüftung und 2tägiges Spülen des Systems mit steriler Hamscher Kulturlösung F 10, die
13,5% Pferdeserum, 3,2% fetales Kalbserum, 2,08 mg-% Penicillin und 5,0 mg-% Streptomycin enthielt, entfernt.
Nach dem Spülen wurde die Lösung verworfen. Dem :\ Begaser wurde Luft mit einem Gehalt von 5% CO2
zugeführt. In den Vorratsbehälter wurde dann frische Lösung eingefüllt, und in die Mantelseite einer jeden
Zellkultureinheit wurden 2 cm3 der Lösung eingefüllt, die insgesamt 2 χ 106 frisch mit Trypsin behandelte id
menschliche Chorioncarcinomzellen (Typ JEG-I) enthielten
(Kohler, P. O. und W. E. Bridson, J. Clin. Endocr.
Metab., 32, 5 Seite 683 (1971)). Die öffnungen
wurden dann verschlossen.
Die mikroskopische Beobachtung der Zellkulturein- » heit zeigte eine graduelle Zunahme der Anzahl der an
den Kapillaren haftenden Zellen.
Während der folgenden 40 Tage wurden periodisch vom Perfusat Proben entnommen bzw. wurde dieses
periodisch ersetzt und auf den Gehalt an Glucose, 4η
Lactat und HCG (menschliches Choriongonadotropin) analysiert. Das Diagramm der F i g. 3 zeigt den Verlauf
der Glucose-, Lactat- und HCG-Konzentration des Perfusats während des Versuchs. Die Glucosekonzentration
wurde mit Hilfe des» Glucostat«-Reagenzes 7451 und der Methode der Worthington Biochemical
Corporation bestimmt Die Lactatkonzentration wurde nach dem Verfahren TC-B 15 972 TLAA der Firma
Boehringer, Mannheim, bestimmt.
Radioimmunanalysen (Odell, W. D, P. L Rayford,
G. T. Ross, J. Lab. Clin. MecL 70 (1967), Seite 973) zeigten, daß die HCG-Konzentration in der mantelseitigen
Lösung erheblich höher als in dem Perfusat war. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß der
verwendete Celluloseacetat-Typ für das HCG nur
mäßig durchlässig war (Ein Bündel aus Kapillaren, das den Durchgang größerer Moleküle gestattet dürfte eine
leichtere Entfernung von HCG und anderen hochmolekularen Produkten aus der mantelseitigen Lösung
ermöglichen. Ein solches Material ist die im Handel erhältliche polymere Hohlfaser XM-50, die für Moleküle mit einem Molekulargewicht bis etwa 50 000
durchlässig ist).
Der ständige Anstieg des HCG-Titers der Perfusatlösung in den ersten 3 Wochen zeigt die Leichtigkeit der
Entfernung eines Zellproduktes aus der Zellkultur ohne Störung ihrer Lebensfähigkeit oder Zuhilfenahme
aufwendiger Manipuliermethoden.
In ein Glasrohr von 6 mm Innendurchmesser und 8 mm Außendurchmesser mit zwei öffnungen, wie in
F i g. 2 dargestellt, wurde eine Kombination von 30 XM-50-Kapillaren und 30 Siliconpolycarbonat-Kapillaren
eingesetzt.
Das Dichtungsmittel zur Befestigung der Bündelenden in der Ummantelung war eine Mischung von 12 g
flüssigem Siliconkautschuk RTV-Il und 8 g Medical Fluid 360, katalysiert durch einen Tropfen Nuocure
28-Nuodex bei Raumtemperatur.
Beide Enden des Kapillarbündels wurden fest zusammengeschnürt, um ein Eindringen des Dichtungsmittels
in die Kapillaren zu verhindern. Ein Ende der Einheit wurde dann 12 bis 24 Stunden in das katalysierte
Dichtungsmittel eingetaucht. Nach Ablauf dieser Zeitspanne wurde das ausgehärtete Dichtungsmittel von der
Außenseite des Mantels entfernt, und das Bündel wurde auf bündigen Abschluß mit dem Mantelende geschnitten.
Das Verfahren wurde dann zur Abdichtung des anderen Endes des Kapillarbündels in der Ummantelung
wiederholt.
Zur Behandlung der Bündel wurde eine Modifikation des Verfahrens von Leighton und Mitarbeitern (Leighton,
et al.. Supra.) angewendet:
Eine Lösung von einem Teil Kollagendispersion (C14N-C150K, T. D. Nr. 29) in deionisiertem Wasser
wurde in die Mantelseite einer jeden Zellkultureinheit eingespritzt und über Nacht stehengelassen. Danach
wurden sie 12 Stunden getrocknet, 12 Stunden mit einer
Lösung von 50% Methanol und 0,5% Ammoniak in deionisiertem Wasser gespült und dann 2 Stunden mit
deionisiertem Wasser gewaschen.
In dieser Weise wurden 4 Zellkultureinheiten behandelt und mit Ausnahme der Abwesenheit einer
pH-Elektrode parallelgeschaltet, wie in Fig. 1 dargestellt.
Die Einrichtung wurde 6 Stunden mit Äthylenoxid sterilisiert, einen Tag belüftet und dann einen Tag mit
einer Lösung MS109 gespült, die 10% fetales Kalbserum, 5 mg-% Insulin, 6,2 mg-% Cortisonacetat.
2,08 mg-% Penicillin und 5,0 mg-% Streptomycin enthielt. Danach wurde die Lösung verworfen.
Die als Perfusat und zur Zellsuspension verwendete Lösung war die in Beispiel 2 beschriebene Hamsche
Lösung F-10, der noch 5 mg-% Insulin, 6,2 mg-% Cortisonacetat und etwa 500 mg-% Glucose zugesetzt
wurden. 19 Tage nach dem Ansetzen der Zellkultur wurde die Glucosekonzentration auf etwa 100 mg-%
herabgesetzt
Der Vorratsbehälter wurde mit etwa 100 cm3 der
frischen Lösung gefüllt, die mit einer Durchflußgeschwindigkeit von 0,7 cmVmin durch jede Zellkulturein
heit gepumpt wurde. Die Mantelseite wurde dann mit einer Suspension von etwa 1,5 χ ΙΟ6 frisch mit Trypsin
behandelten menschlichen Chorioncarcinomzellen vom Typ JEG-7 (Kohler et aL Supra.) je Milliliter gefüllt,
worauf die Öffnungen verschlossen wurden. Der Begasungsvorrichtung wurde Luft mit einem Gehalt
von etwa 5% CO2 zugeführt
Die Einrichtung wurde auf nahezu 37° C und 100%
Luftfeuchtigkeit gehalten. Die Lösung in dem Vorratsbehälter wurde alle 2 bis 4 Tage ersetzt und untersucht
oder es wurden zur Untersuchung Proben entnommen.
Die Zeihnasse wurde allmählich auch mit bloßem Auge sichtbar, während die Geschwindigkeit der
HCG-Produktion allmählich anstieg.
Zwei Zellkultureinheiten wurde, wie in Beispiel 3 beschrieben, aufgebaut, aber nicht mit Kollagen
behandelt. Sie wurden dann parallelgeschaltet, wie in F i g. 1 dargestellt, jedoch ohne Verwendung einer
pH-Elektrode. Die Einrichtung wurde 6 Stunden mit Äthylenoxid sterilisiert, 2 Tage belüftet und 2 Tage mit
einer Lösung MS109 gespült, die 10% fetales Kalbserum, 2,08 mg-% Penicillin und 5,0 mg-% Streptomycin
enthielt. Danach wurde diese Lösung verworfen. Als Perfusat und Zellsuspensionsmedium wurde die in
Beispiel 2 beschriebene Hamsche Lösung F-IO verwendet.
Der Perfusatvorratsbehälter wurde mit 100cmJ
Hamseher Lösung F-10 gefüllt, das mit einer Geschwindigkeit von 5 cmVmin durch jede Einheit perfundiert
wurde. Jeder Mantelraum war mit einer Suspension
10
gefüllt, die 1,8 χ 1 36 menschliche Chorioncarcinomzellen
vom Typ JEG-7 je Milliliter enthielt. Durch den Begaser strömte Luft mit einem Gehalt von etwa 2%
CO2. Die gesame Einrichtung wurde wieder auf nahezu 37°C und 100% Luftfeuchtigkeit gehalten. Die Zellmassen
an den Kapillarbündeln nahmen allmählich an Größe zu und wurden wie in Beispiel 3 auch mit dem
bloßen Auge sichtbar, während die Geschwindigkeit der HCG-Produktion anstieg.
Wie aus vorstehenden Beispielen ersichtlich, bietet die Erfindung zahlreiche Vorteile beim Züchten von
Zellen in vitro und der Gewinnung von Zellprodukten. Beispielsweise ist es unnötig, die Zellen zu manipulieren,
um die Nährlösung auszutauschen, da frische Nährstoffe durch Auswechslung der Lösung in dem Vorratsbehälter
zur Verfügung gestellt werden können. Die beanspruchte Einrichtung ermöglicht das Arbeiten
unter kontrollierten Betriebsbedingungen und die Optimierung von Zellwachstum und Zellfunktion.
Hierzu 1 Blatt Zeichnungen
Claims (14)
1. Verfahren zum Züchten von Zellkulturen in vitro, dadurch gekennzeichnet, daß durch
eine in einer Kammer angeordnete, für zum Wachstum der Zellen benötigte Nährstoffe durchlässige
Kapillare eine Nährstofflösung geleitet und in die Kammer eine lebende Zellen enthaltende
Nährstofflösung so eingeführt wird, daß die Zellen sich auf der Kapillare ansiedeln. iu
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß eine Mehrzahl von Kapillaren im wesentlichen parallel zueinander so angeordnet
wird, daß das Zellwachstum an mindestens einer Kapillare von den durch die Wand mindestens einer r>
anderen Kapillare diffundierenden Nährstoffen beeinflußt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Nährlösung vor dem
Durchgang durch die Kapillare mit Sauerstoff beladen und auf einen bestimmten pH-Wert
eingestellt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß eine Kapillare aus
einem Material verwendet wird, das auch für Zellprodukte durchlässig ist, so daß die Zellprodukte
aus der Zelle durch die Kapillarwand in die Nährlösung in der Kapillare diffundieren und aus
dieser Nährlösung gewonnen werden können.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4. dadurch gekennzeichnet, daß die den Enden der
Kapillaren benachbarten Teile der Kammer so abgedichtet werden, da3 eine in den die Kapillare
umgebenden Kammerraum eingefüllte Nährlösung im wesentlichen stationär bleibt, während ein a
separater Strom von Nährlösung durch die Kapillare fließt.
6. Einrichtung zur Ausführung des Verfahrens nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch eine
Kammer (13) mit einer Öffnung an jedem Ende, ^o einem in der Kammer (13) angeordneten Kapillarelement
(12), dessen Endteile (14) sich an den Enden der Kammer befinden und dessen Wände für zum
Zellwachstum benötigte Nährstoffe durchlässig sind, und Vorrichtungen (16, 20) zur Förderung einer
Nährlösung durch das Kapiilarelement (12).
7. Einrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Kapillarelement (12) aus einer
Mehrzahl einzelner Kapillaren besteht, die im wesentlichen parallel zueinander angeordnet sind.
8. Einrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Kapillaren so nahe beieinander
angeordnet sind, daß das Zellwachstum an mindestens einer Kapillare von der durch mindestens eine
andere Kapillare fließende Nährlösung beeinflußt wird.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die den Enden des
Kapillarelements (12) benachbarten Teile der Kammer (13) abgedichtet sind, so daß eine in den das
Kapillarelement (12) umgebenden Raum der Kaminer (13) eingefüllte Nährlösung im wesentlichen
stationär bleibt, während ein separater Strom von Nährlösung durch das Kapillarelement (12) fließt.
10. Einrichtung nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Wände des
Kapillarelements (12) auch für Zellprodukte durchlässigsind.
11. Einrichtung nach einem der Ansprüche 6 bis 10,
dadurch gekennzeichnet, daß mehrere aus einer Kammer (13) und einem Kapillarelement (12)
bestehende Zellkultureinheiten (11) zusammengeschaltet sind.
12. Einrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Zellkultureinheiten (11)
parallelgeschaltet sind.
13. Einrichtung nach Anspruch 11, dadurch
gekennzeichnet, daß die Zellkultureinheiten (11) in Reihe geschaltet sind.
14. Einrichtung nach einem der Ansprüche 6 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Vorrichtung
(18) zur Begasung der Nährlösung mit wünschenswerten Konzentrationen von Sauerstoff und Kohlendioxid
enthält.
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