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Die Erfindung betrifft ein ergonomisches Saiteninstrument, vorzugsweise eine elektrische Gitarre oder eine elektrische Bassgitarre. Vor allem in jüngerer Vergangenheit wurden immer wieder Versuche unternommen, Saiteninstrumente ergonomisch an den Körper anzupassen. In ihrem Kern orientieren sich die daraus resultierenden Korpusformen jedoch nach wie vor sehr stark an klassischen Bauweisen, so dass sich insbesondere elektrische Gitarren in ihrer Form seit Einführung der Standardmodelle in den 1950er Jahren kaum verändert haben.
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Durch die Bindung an den Baustoff Holz waren den Gitarrenbauern natürlich gestalterische Schranken gesetzt. Zudem lag das Hauptaugenmerk auf einer idealen akustischen Ausgestaltung.
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„Ergonomiegerechte” Formen werden meist durch eine Modifikation „bewährter” Modelle erreicht, ohne dass deren Geometrie dadurch maßgeblich geändert oder aufgegeben wird (siehe z. B.
US 8 049 087 B1 oder
DE 20 2012 001 746 U1 ). Durch dieses Festhalten haben ungünstige Aspekte, die eng mit der Grundgestalt des Instruments verknüpft sind, Fortbestand. Letzten Endes wird dem Spieler eine bestimmte Haltung und Spielweise aufgezwungen, die oft in einem nicht befriedigenden Maße mit physiologischen Aspekten im Einklang steht und nicht selten Auslöser für so genannte „Musikerleiden” ist.
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Eine wesentliche Problematik stellt der Instrumentenkörper im Bereich der Schlaghand dar. Dessen üblicherweise plane oder leicht gewölbte Ausgestaltung mit konstanter Resonanzkörperdicke bedingt ein Nach-vorne-Ziehen der Schulter der Schlaghand, um die Zarge überwinden zu können. Eine solche Körperhaltung hat eine asymmetrische Muskelaktivität im Nacken- und Schulterbereich zur Folge und kann bei dauerhafter statischer Beanspruchung zu chronischen Haltungsschäden führen.
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Ein derartig beschaffener Instrumentenkörper evoziert darüber hinaus den Nachteil, dass dessen Rückseite eine relativ große Kontaktfläche bildet, so dass bei einem rückseitigen Anliegen an den Rumpf des Spielers die klanglichen Eigenschaften des Instruments durch eine Abdämpfung negativ beeinflusst werden. Trotz der großen rückseitigen Kontaktfläche weisen konventionelle elektrische Gitarren und elektrische Bassgitarren bei einem Spiel im Sitzen meist eine unzureichende Fixierung der gewählten Instrumentenpositionierung auf und erfordern deshalb nicht selten zusätzliche statische Haltearbeit, vor allem in der Greifhand.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Vorrichtung zu entwickeln, die die zuvor erwähnten ergonomischen Missstände mindern soll, um langfristig ein beschwerdefreies Spiel zu begünstigen.
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Diese Aufgabe wird durch die im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale sowie durch die Ausgestaltungen in den Unteransprüchen gelöst.
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Der Begriff „Längsrichtung” ist als eine Bezugnahme auf die Längserstreckung der Saiten zu verstehen. „Vorderseite” ist die Seite, auf welcher die Saiten aufgespannt sind, „Rückseite” ist die entgegengesetzte Seite.
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Eine sich bei bestimmungsgemäßen Gebrauch nach hinten erstreckende Armauflage für den Unterarm der Schlaghand mit einer konkaven, rinnenartigen Ausnehmung an der dem Unterarm zugewandten Seite ermöglicht die Einnahme einer Spielhaltung, bei der die Schulter der Schlaghand nicht nach vorne gezogen werden muss, um die Zarge zu überwinden. Der Oberarm kann locker, seinem Eigengewicht folgend, im Schultergelenk hängengelassen werden und der Unterarm kann bei Bedarf auf besagter konkaver Ausnehmung abgelegt werden. Dadurch wird gewährleistet, dass die Wirbelsäule sich in einem aufrechten und nicht verdrehten Zustand befindet und somit Verspannungen und Überlastungen in Folge einseitiger statischer Belastung unterbunden werden können.
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Weiterhin begünstigt eine derartige Ausgestaltung eine Fixierung der Gitarrenhalsneigung, da das Eigengewicht des aufliegenden Schlagarms dem durch das Halsgewicht erzeugten Moment entgegenwirkt. Somit entfällt eine Austarierung durch die Greifhand, was wiederum eine Vermeidung von statischer Haltearbeit im Armapparat der Greifhand zur Folge hat.
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Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zusätzliche derartige konkave Ausnehmungen hinzugefügt werden können, um ein dynamisches Spiel in wechselnden Körperhaltungen zu begünstigen, oder um beispielsweise eine ideale relative Positionierung der Finger zu den Saiten bei unterschiedlichen Anschlagsarten zu ermöglichen.
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Die Längsachse der konkaven Ausnehmung soll dabei in einer Ebene liegen, welche sich durch Rotation um die Längsachse der Saitenebene und anschließende Paralleverschiebung ergibt. Die Rotation soll in einem Winkelbereich zwischen 0° und 90° stattfinden. Außerdem soll die Längsachse der konkaven Ausnehmung in einer Ebene liegen, welche sich durch Rotation um eine beliebige Querachse der Saitenebene ergibt und in einen Winkelbereich zwischen 0° und 90° fällt.
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Daneben eröffnet die in Schutzanspruch 1 aufgeführte nach hinten weisende Unterarmauflage Gestaltungsmöglichkeiten für eine optimierte Kontaktbildung mit dem Körper des Musikers im Vergleich zu konventionellen Musikinstrumenten. Dadurch kann insbesondere ein Aufbau realisiert werden, bei dem die an den die Saiten beherbergenden mittleren Kernteil des Instruments anschließenden Flanken in Richtung Rückseite fluchten. Bei einer gleichzeitigen konkaven rückseitigen Ausnehmung in Längsrichtung bildet der Korpus im Querschnitt ein U-förmiges Profil. Die Rückseite des Instrumentenkörpers bildet somit nunmehr keine großflächige Kontaktfläche zum Körper des Spielers, wodurch die Klangqualität gemindert werden könnte.
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Vorteilhaft ist es, als Material einen Faserverbundstoff, wie kohlefaserverstärkten Kunststoff, zu wählen. Neben einem niedrigem Gewicht und der Unempfindlichkeit gegenüber Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen bietet der Werkstoff eine große gestalterische Freiheit.
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Die wichtigsten Ausführungen der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen dargestellt:
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1. eine Darstellung eines erfindungsgemäßen Saiteninstruments in einer Vorderansicht,
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2. eine perspektivische Darstellung eines erfindungsgemäßen Saiteninstruments in einer Rückansicht,
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3. eine Darstellung eines erfindungsgemäßen Saiteninstruments mit einer Sicht auf die griffbrettferne Stirnseite,
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4. eine schematische, perspektivische Darstellung eines erfindungsgemäßen Saiteninstruments während der Betätigung und Benutzung durch einen proportionsgerechten 50-Perzentil-Mann in Sitzposition,
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5. eine weitere schematische, perspektivische Darstellung, entsprechend 4.,
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6. eine schematische, perspektivische Darstellung, entsprechend 4., mit einer alternativen erfindungsgemäßen Ausgestaltung Die nachfolgend beschriebenen Ausgestaltungen beziehen sich der Einfachheit wegen auf ein Rechtshänderinstrument, bei welchem die rechte Hand des Musikers die Schlaghand und die linke Hand die Greifhand bilden. Im Folgenden wird die Terminologie dementsprechend gewählt.
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1. zeigt eine Darstellung einer erfindungsgerechten ergonomischen Elektrogitarre. Diese besteht im Wesentlichen aus einem ersten Bereich, durch welchen die aufgespannten Saiten verlaufen (1), und zwei daran anschließenden seitlichen Bereichen (2), (3). In einer bevorzugten Ausgestaltung handelt es sich um einen modularen Aufbau, bei dem ein Grundbaustein (4) mit wechselbaren, körpergerechten Ausstattungsbausteinen (5) lösbar verbunden werden kann. Der Grundbaustein beinhaltet hierbei alle Funktionalitäten, um als eigenständiges Instrument fungieren zu können, und besteht aus einem Hals (7), über welchen mindestens eine Saite (8) gespannt wird, sowie aus einem Korpus, der möglichst geringe Abmessungen aufweist. Daneben können dort weitere erforderliche Mittel zur akustischen und elektrischen Klangbildung untergebracht werden, wie eine Kabelbuchse (9), Klangregler (10), Tonabnehmer (11) und ein Steg zur Saitenaufnahme (12), wobei es sich gezeigt hat, dass eine „Headless”-Mechanik im Vergleich zu einer Kopfmechanik einen verbesserten Instrumentenschwerpunkt bedingt.
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Im Fall der von 1 bis 5 abgebildeten Ausführung ist der Ausstattungsbaustein (5) bei einem Spiel im Sitzen für die Ablage auf dem rechten Oberschenkel optimiert und entspricht damit einer weit verbreiteten, typischen Körperhaltung. 4 und 5 zeigen hierzu zusätzlich einen Mannequin (18). Dieser besitzt Maße und Proportionen eines durchschnittlichen Mannes mit 180 cm Körpergröße.
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Die Besonderheit der zu Grunde liegenden Erfindung besteht in einer nach hinten ragenden Auflage (13) für den Unterarm der Schlaghand (19), wie man 3 entnehmen kann. Eine in Längsrichtung des rechten Unterarms verlaufende rinnenartige Ausnehmung (14), deren Ausrichtung mit einer gestrichelten Längsachse angegeben werden kann (20), gewährleistet einen körpergerechten Zugang zu den Saiten (vgl. 4 und 5). Je nach Spielsituation kann der Unterarm (19) frei agieren oder dort abgelegt werden. Weitere derartige Ausnehmungen (14a) können zu einer erhöhten Flexibilität des Spielers in Bezug auf Spieltechnik und eingenommene Körperhaltung beitragen.
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Wie man 4 und 5 entnehmen kann, wird durch die beschriebenen konstruktiven Maßnahmen eine aufrechte Körperhaltung bewahrt, bei der vor allem die rechte Schulter nicht nach vorne gezogen werden muss, um die Zarge zu überwinden. Dies wird weiter begünstigt durch eine der Armauflage gegenüberliegende halbkreisförmige, konkave Ausnehmung (15) zur Ablage des Instruments auf dem rechten Oberschenkel. Diese ist weit in den Instrumentenkörper eingeschnitten, so dass der Bereich 1 (1) in eine Spielposition rückt, in der Ober- und Unterarm der Schlaghand ungefähr einen rechten Winkel bilden.
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Wie aus 2 und 3 ersichtlich, weisen die beiden Seitenbereiche (2) und (3) von Bereich 1 (1) aus betrachtet in Richtung Instrumentenrückseite und erzeugen somit einen u-förmigen Profilquerschnitt. Zum Einen wird dadurch eine gute Erreichbarkeit der Saiten bewirkt. Zum Anderen kann das Instrument bei einem gleichzeitig sicheren Halt durch die den Oberschenkel umschließende Beinauflage (15) und durch eine abgephaste, rückseitige obere Zargenkante mit einem konkaven, dem Rumpf des Spielers folgenden Verlauf (17) in seiner Längsachse gekippt werden ohne dabei abzurutschen, bis ein angenehmer Neigungswinkel erreicht wird. Dies kann beispielsweise dazu eingesetzt werden, um das Gewicht des zurückpendelnden linken Oberarms optimal zum Runterdrücken der Saiten auszunutzen, ohne dass Gegendruck mit dem Daumen der Greifhand erzeugt werden muss.
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Weiterhin ist in 1 bis 5 eine Eindellung (16) in der griffbrettfernen Hälfte des dritten Bereichs (3) erkennbar. Diese ermöglicht eine weitere Variation in der Positionierung des Instruments und bildet eine Auflage auf einen Oberschenkel des Spielers.
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6 zeigt eine alternative Ausgestaltung. Der Ausstattungsbaustein (5a) dient der Auflage des Instruments auf beide Oberschenkel und soll der Haltung eines klassischen Gitarristen gerecht werden. Bereich 3 besitzt in der griffbrettzugewandten Hälfte eine zum linken Bein hin gekrümmte ausragende Sektion, an deren Stirnseite sich eine in Richtung des Spielers (18) weisende Kontaktfläche (15a) befindet. Dadurch kann der Spieler eine physiologisch ideale Körperhaltung einnehmen bei gleichzeitig optimalem Halsneigungswinkel. Somit kann auf ein weit verbreitetes Fußbänkchen verzichtet werden, welches das Becken in eine Schrägstellung versetzt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 8049087 B1 [0003]
- DE 202012001746 U1 [0003]