DE19840993B4 - Verwendung eines gaserzeugenden Gemisches als Anzündmischung in einem Gasgenerator - Google Patents

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Abstract

Verwendung eines gaserzeugenden Gemisches als Anzündmischung in einem Gasgenerator für eine Sicherheitseinrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß das Gemisch besteht aus:
a) einem Brennstoff, der aus wenigstens einer nicht-hygroskopischen organischen Verbindung mit einem Schmelzpunkt von ≥150°C besteht; wobei der Brennstoff aus der Gruppe der Guanidinverbindungen, der organischen Dikarbonsäuren mit höchstens 5 Kohlenstoffatomen, der Harnstoffverbindungen und -derivate, der Triazol- und Tetrazolverbindungen, der Nitramine, der Furazane und Furoxane oder deren Mischungen ausgewählt ist;
b) wenigstens einem Oxidationsmittel aus der Gruppe der Alkalimetallnitrate, Alkalimetallchlorate und Alkalimetallperchlorate, der Erdalkalimetallnitrate, Erdalkalimetallchlorate und Erdalkalimetallperchlorate, Ammoniumnitrat oder Ammoniumperchlorat; und
c) 0 bis 5 Gew.- % übliche Verarbeitungshilfen.

Description

  • Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung eines gaserzeugenden Gemisches als Anzündmischung in einem Gasgenerator für eine Sicherheitseinrichtung, insbesondere für ein Fahrzeuginsassen-Rückhaltesystem.
  • Gasgeneratoren für Sicherheitseinrichtungen enthalten üblicherweise einen Festtreibstoff auf der Grundlage von Natriumazid. Darüber hinaus sind Gasgeneratortreibstoffe bekannt, die aus einer brennbaren, meist stickstoffhaltigen organischen Verbindung sowie geeigneten anorganischen Oxidationsmitteln bestehen. Zur Zündung dieser Gasgeneratortreibstoffe werden üblicherweise Gemische auf der Grundlage von Bor und Kaliumnitrat verwendet.
  • Die EP-A2-0 736 511 beschreibt eine Anzündmischung für azidfreie Gasgeneratortreibstoffe, die als Brennstoff 5 bis 100 Gew.-% Mg, TiH2, Al oder Ti sowie 0 bis 95 Gew.-% eines Kohlenhydratbrennstoffs mit einem Sauerstoffgehalt von 35 bis 65 Gew.-% enthält, sowie Perchlorate oder Chlorate von Natrium oder Kalium als Oxidationsmittel. Das molare Verhältnis von Sauerstoff zu Brennstoff der Anzündmischung beträgt wenigstens 1, bevorzugt wenigstens 1,05.
  • Die herkömmlichen B/KNO3-Anzündmischungen weisen meist einen erheblichen Sauerstoffunterschuß auf, was zur Folge hat, daß große Mengen unvollständig oxidierter Reaktionsprodukte freigesetzt werden. Beim Abbrand des eigentlichen Gasgeneratortreibstoffs führt dies wiederum zu einer Verringerung der Sauerstoffbilanz und damit zu einer unerwünschten Erhöhung der Kohlenmonoxidkonzentration im freigesetzten Gasgemisch.
  • Darüber hinaus führt die Verwendung von B/KNO3-Anzündmischungen zu einem Anstieg der Abbrandtemperatur des Treibstoffs als Folge einer Reaktion von nicht komplett oxidierten Reaktionsprodukten der Anzündmischung mit Bestandteilen des Gasgeneratortreibstoffs.
  • B/KNO3-Anzündmischungen sind ferner hygroskopisch und zeigen ein unerwünschtes Alterungsverhalten, das auf die Bildung von Boroxiden zurückzuführen ist. Schließlich sind Anzündmischungen auf der Grundlage von Bor und Kaliumnitrat aufgrund des hohen Rohstoffpreises von Bor sehr teuer. Gleiches gilt für die in der EP 0 763 511 beschriebenen Anzündmischungen.
  • Es besteht daher Bedarf an Anzündmischungen für Gasgeneratortreibstoffe, mit denen die obengenannten Nachteile vermieden werden können.
  • Die Erfindung schlägt hierzu die Verwendung eines gaserzeugenden Gemisches als Anzündmischung in einem Gasgenerator für eine Sicherheitseinrichtung gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 vor.
  • Als nicht-hygroskopische organische Verbindungen im Sinne der Erfindung werden organische Verbindungen angesehen, deren Gewichtszunahme bei 45% relativer Feuchte während 100 Stunden höchstens 0,20 % beträgt.
  • Die Sauerstoffbilanz des erfindungsgemäß zu verwendenden Gemisches liegt vorzugsweise zwischen +15% (Sauerstoffüberschuß) und –15 % (Sauerstoffunterschuß) und besonders bevorzugt zwischen +5% und –5%.
  • Unter der "Sauerstoffbilanz" ist diejenige Sauerstoffmenge in Gewichtsprozent zu verstehen, die bei vollständiger Umsetzung des Brennstoffs zu CO2, H2O, Al2O3, B2O3 etc. frei wird (O2-Überbilanzierung). Reicht der vorhandene Sauerstoff hierzu nicht aus, so wird die zum vollständigen Umsatz notwendige Fehlmenge mit negativen Vorzeichen angegeben (O2-Unterbilanzierung).
  • Der Brennstoff ist aus der Gruppe der Guanidinverbindungen, der organischen Dikarbonsäuren mit höchstens 5 Kohlenstoffatomen, der Harnstoffverbindungen und -derivate, der Triazol- und Tetrazolverbindungen, der Nitramine, der Furazane und Furoxane sowie deren Mischungen ausgewählt.
  • Die Gruppe der Guanidinverbindungen umfaßt insbesondere Cyanoguanidin (Dicyandiamid), Guanidinnitrat, Aminoguanidinnitrat, Diaminoguanidinnitrat, Triaminoguanidinnitrat, Aminonitroguanidin und Nitroguanidin. Die organischen Dikarbonsäuren mit höchstens 5 Kohlenstoffatomen sind bevorzugt Fumarsäure, Weinsäure und Tartronsäure. Die Gruppe der Harnstoffverbindungen und -derivate umfaßt erfindungsgemäß Harnstoffnitrat, Nitroharnstoff Oxalursäure, Parabansäure, Dialursäure, Barbitursäure, Nitrobarbitursäure, Dilitursäure, Ethylendinitroharnstoff Orotsäure, Nitroorotsäure, Urazol, Urazin, Uramil, Urazil. Die Gruppe der Triazol- und Tetrazolverbindungen beinhaltet Aminotriazolnitrat, Nitraminotriazol, Diammoniumbitetrazolat, Diguanidiniumazotetrazolat und Nitrotriazolon. Die Gruppe der Nitramine umfaßt Oktogen, Hexogen, Sorguyl und Nitroammelin. Die Gruppe der Furazane und Furoxane beinhaltet insbesondere Aminonitrofurazan.
  • Als Brennstoffe werden besonders bevorzugt Dicyandiamid, Fumarsäure, Guanidinnitrat und Nitroguanidin verwendet. Eine Verwendung von 5-Aminotetrazol als Brennstoff ist aufgrund der hohen Hygroskopizität dieser Verbindung nicht Gegenstand der Erfindung.
  • Bevorzugte Oxidationsmittel zur Verwendung in den Anzündmischungen gemäß der Erfindung sind Kaliumperchlorat, Natriumnitrat, Kaliumnitrat, Strontiumnitrat, Ammoniumperchlorat sowie deren Mischungen.
  • Schließlich können die erfindungsgemäßen Anzündmischungen noch bis zu 5 Gewichtsprozent übliche Verarbeitungshilfen, wie beispielsweise Preßhilfsmittel, Rieselhilfen und Gleitmittel, enthalten.
  • Die erfindungsgemäßen Anzündmischungen zeichnen sich durch eine geringe Hygroskopizität, eine im Vergleich zu Anzündmischungen auf der Grundlage von Bor und Kaliumnitrat höhere Alterungsbeständigkeit sowie eine geringere Erhöhung der Abbrandtemperatur des Gasgeneratortreibstoffs aus. Sie sind zudem erheblich kostengünstiger herzustellen als herkömmliche Anzündmischungen. Schließlich wurde gefunden, daß mit geringeren Mengen der erfindungsgemäßen Anzündmischungen eine verbesserte oder zumindest mit den Anzündmischungen auf der Grundlage von Bor und Kaliumnitrat vergleichbare Anzündwirkung erreicht wird.
  • Die Erfindung wird nachfolgend anhand einiger bevorzugter Ausführungsformen beschrieben. Diese Beispiele sollen die Erfindung jedoch lediglich veranschaulichen, nicht aber in einem einschränkenden Sinn verstanden werden.
  • Beispiel 1
  • 281 g Fumarsäure und 719 g Kaliumperchlorat wurden gemahlen und miteinander vermischt. Die Sauerstoffbilanz dieses Gemischs betrug +10 %. Zur Messung der Hygroskopizität des Gemisches wurde dieses 100 Stunden lang bei 45% relativer Feuchte sowie 100 Stunden lang bei 86% relativer Feuchte gehalten. Die Gewichtszunahme betrug 0,01% bzw. 0,03%. Zur Ermittlung der Langzeitstabilität wurde das Gemisch in einem Trockenschrank 400 Stunden lang bei 110°C gehalten. Die auf eine Gasabspaltung zurückzuführende Gewichtsänderung betrug –0,04%.
  • Beispiel 2
  • 289 g Dicyandiamid und 711 g KClO4 wurden fein gemahlen und miteinander vermischt. Die Sauerstoffbilanz des Gemischs war 0%. Zur Ermittlung der Hygroskopizität wurde das Gemisch 100 Stunden lang bei 45% relativer Feuchte sowie 100 Stunden lang bei 86% relativer Feuchte gehalten. Die Gewichtszunahme betrug 0,02% bzw. 0,22%. Der Langzeitstabilitätstest während 400 Stunden bei 110°C ergab eine Gewichtsänderung von –0,1 %. Diese Gewichtsänderung kann auf eine Gasabspaltung zurückgeführt werden.
  • Vergleichsbeispiel
  • 260 g Bor und 740 g Kaliumnitrat wurden fein vermahlen und miteinander vermischt. Die Sauerstoffbilanz des Gemischs betrug –28,4%. Zur Ermittlung der Hygroskopizität wurde das Gemisch 100 Stunden lang bei 45° relativer Feuchte und 100 Stunden lang bei 86° relativer Feuchte gehalten. Die Gewichtszunahme betrug 0,25% bzw. 0,70%. Der Langzeitstabiltätstest während 400 Stunden bei 110°C ergab eine Gewichtsänderung von +0,3%. Diese Gewichtszunahme ist auf eine Oxidation von Bor zu Boroxiden zurückzuführen.
  • Die obigen Beispiele zeigen einen deutlichen Unterschied zwischen der Hygroskopizität von herkömmlichen B/KNO3-Anzündmischungen und den erfindungsgemäßen Anzündmischungen. Die erfindungsgemäßen Anzündmischungen ermöglichen somit in vorteilhafter Weise die Einstellung einer definierten Produktqualität und eine einfachere Handhabung der Gemische. Auch im Hinblick auf die Langzeitstabilität weisen die erfindungsgemäßen Anzündmischungen einen deutlichen Vorteil gegenüber den herkömmlichen Anzündmischungen auf der Grundlage von Bor und Kaliumnitrat auf.
  • Beispiel 3
  • Ermittlung der Schadgaskonzentration in Abhängigkeit vom Sauerstoffgehalt der Anzündmischung
  • Die in den Beispielen 1 und 2 sowie im Vergleichsbeispiel angegebenen Anzündmischungen wurden zur Zündung eines serienüblichen azidfreien Gasgeneratortreibstoffs verwendet. Im Kannenversuch wurden die Kohlenmonoxidkonzentration in der freigesetzten Gasmischung sowie der Kannendruck ermittelt. Die so erhaltenen Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle angegeben.
  • Figure 00060001
  • Die vorstehenden Ergebnisse zeigen, daß die ausgeglichene Sauerstoffbilanz der erfindungsgemäßen Anzündmischungen zu einer Verringerung der CO-Konzentration in den freigesetzten Gasen führt. Ferner geht aus diesen Ergebnissen hervor, daß im Vergleich zu der herkömmlichen Anzündmischung auf der Grundlage von Bor und Kaliumnitrat eine geringere Menge der erfindungsgemäßen Anzündmischungen benötigt wird, um eine vergleichbare Anzündwirkung zu erzeugen.

Claims (8)

  1. Verwendung eines gaserzeugenden Gemisches als Anzündmischung in einem Gasgenerator für eine Sicherheitseinrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß das Gemisch besteht aus: a) einem Brennstoff, der aus wenigstens einer nicht-hygroskopischen organischen Verbindung mit einem Schmelzpunkt von ≥150°C besteht; wobei der Brennstoff aus der Gruppe der Guanidinverbindungen, der organischen Dikarbonsäuren mit höchstens 5 Kohlenstoffatomen, der Harnstoffverbindungen und -derivate, der Triazol- und Tetrazolverbindungen, der Nitramine, der Furazane und Furoxane oder deren Mischungen ausgewählt ist; b) wenigstens einem Oxidationsmittel aus der Gruppe der Alkalimetallnitrate, Alkalimetallchlorate und Alkalimetallperchlorate, der Erdalkalimetallnitrate, Erdalkalimetallchlorate und Erdalkalimetallperchlorate, Ammoniumnitrat oder Ammoniumperchlorat; und c) 0 bis 5 Gew.- % übliche Verarbeitungshilfen.
  2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Sauerstoffbilanz des Gemischs zwischen +15 % und –15 % liegt.
  3. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Sauerstoffbilanz des Gemischs zwischen +5 % und –5 % liegt.
  4. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Gemisch mit Sauerstoff überbilanziert ist.
  5. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der Brennstoff aus der aus Dicyandiamid, Fumarsäure, Guanidinnitrat, Nitroguanidin oder deren Mischungen bestehenden Gruppe ausgewählt ist.
  6. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Oxidationsmittel aus der aus Kaliumperchlorat, Natriumnitrat, Strontiumnitrat, Ammoniumperchlorat, Kaliumnitrat oder deren Mischungen bestehenden Gruppe ausgewählt ist.
  7. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der Brennstoff Dicyandiamid und das Oxidationsmittel Kaliumperchlorat ist.
  8. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Brennstoff Fumarsäure und das Oxidationsmittel Kaliumperchlorat ist.
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