Die Erfindung betrifft ein Lenkprojektil gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1.
Ein derartiges Lenkprojektil ist als das System BUSSARD zur halbautonomen Be
kämpfung eines hartgepanzerten Zielobjektes mittels einer panzerbrechenden
Spitzkegel-Hohlladung hinter dem Suchkopf für die Ansteuerung des von einem
Zielbeleuchter markierten Objektes bekannt ist, vgl. Bild 7 in H.-J. Schröder
"Experimentalgeschoß Bussard, Technologie- Studie zur Endphasenlenkung von
Geschossen" in "DIEHL-Berichte aus der wehrtechnischen Entwicklung" 1982,
Seiten 48 ff, 50 oben links. Die Wirkung eines solchen
Hohlladungs-Gefechtskopfes ist jedoch gering, wenn der Wirkstrahl von reaktiver Zusatzpanze
rung gestört wird, wie sie zum Schutz von Kampfpanzern zunehmend anzutreffen
ist. Moderne panzerbrechende Rohrmunition weist deshalb eine Tandemanordnung
aus einer kleinen Precursor-Hohlladung auf, die koaxial oder exzentrisch zur dahin
tergelegenen Haupt-Hohlladung angeordnet ist, wobei für solche
Tandem-Gefechtsköpfe sowohl strahlbildende Einlagen (Hohlkegel) wie auch projektilbil
dende Einlagen (Hohlkugelkappen) bekannt sind, vgl. EP-PS 0 201 433 oder EP-
OS 0 249 678.
Versuche, panzerbrechende Hohlladungs-Gefechtsköpfe gegen Schutzeinrichtun
gen wie insbesondere Betonbunker einzusetzen, haben sich als nicht aussichtsreich
erwiesen, unabhängig davon, ob die Betonstruktur von einer axial dämpfenden und
radial verdämmenden Erdschicht kaschiert oder sogar frei zugänglich ist. Auch
Wuchtgeschosse beliebiger Auslegung versprechen bei Einsatz üblicher Steilwaf
fen-Kinematik keinen nachhaltigen Erfolg gegen Schützenstellungen unter gehärte
ten Befestigungen. Ein endphasengelenktes Projektil nach Art des aus der Mörser
waffe verbrachten BUSSARD (oder ein Derivat mit Tandemgefechtskopf gegen
reaktiv gepanzerte harte Ziele) ist deshalb nicht erfolgversprechend gegen einen
Gegner einzusetzen, der aus der Bunkerdeckung heraus ein großes Schußfeld be
herrschen kann. Das ist allerdings die Situation, der sich Krisenreaktionskräfte
häufig gegenübersehen, zumal im Wechsel mit (zwischen den befestigten Stellun
gen operierenden) gepanzerten Fahrzeugen. Deshalb besteht ein aktueller und im
mer dringlicher werdender Bedarf an aus der eingeführten und bewährten Mörser
waffe verbringbarer Mehrzweck-Munition zum Einsatz in diesen beiden Haupts
zenarien.
Für den Häuserkampf wurde eine der Panzerfaust vergleichbar zu handhabende
Waffe GRABAS gemäß EP-PS 0 583 642 entwickelt, deren Gefechtskopf beim
Aufschlag auf eine Wand eine flache Bohr-Hohlladung zum Durchschlagen der
Wand mittels eines kompakten, massereichen Strahles zündet. Beim aufschlagbe
dingten Abbremsen des Gefechtskopfes löst sich dann noch eine hinter der Hohlla
dung gelegene unterkalibrige Nachschußladung aus ihrer Halterung und fliegt in
das von der Bohrladung aufgerissene Loch hinein, um zeitverzögert, nämlich erst
nach Eintritt in den Raum hinter der Wand, ihren Spreng- und
Splitter-Gefechtskopf zu zünden. Mittels einer Janus-Anordnung gemäß DE-OS 39 41 445
kann sichergestellt werden, daß die Nachschußladung auch nach rückwärts und
somit unmittelbar im Bereich hinter der durchbrochenen Wand wirkt. Wirkung
gegen hartgepanzerte Ziele zeigt ein solches System allerdings nicht, allenfalls führt
die Bohrladung zu einem lokalen Abräumen von reaktiver Zusatzpanzerung über
der Hauptpanzerung.
In Erkenntnis dieser Gegebenheiten liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein
Wirksystem auf Basis der bewährten- Steilfeuer-Mörserwaffe mit halbautonomem
(Beleuchter-Betrieb) oder vollautonomem (Bildverarbeitungsbetrieb) Top-Attack
gegen bewegliche harte Ziele anzugeben, das sich ohne Umrüsterfordernisse aus
der gleichen Steilfeuerwaffe wirksam auch gegen betonierte Stellungen einsetzen
läßt, ohne ein Entwicklungsrisiko hinsichtlich noch nicht funktions-nachgewiesener
Wirkkomponenten eingehen zu müssen.
Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß im wesentlichen dadurch gelöst, daß das
Lenkprojektil mit einem Kombinations-Gefechtskopf gemäß dem Kennzeichnungs
teil des Hauptanspruches ausgestattet ist.
Nach dieser Lösung ist dieselbe Munition aus derselben Waffe wirksam gegen
harte Ziele mit reaktiver Zusatzpanzerung wie auch gegen betonierte oder sand
sackbewehrte Schutzeinrichtungen einsetzbar, indem eine vornliegende masserei
che vollkalibrige Hohlladung einerseits zum Abräumen reaktiver Zusatzpanze
rungsmodule auf der Hauptpanzerung eines harten Zieles und andererseits zum
Durchbohren einer Schutz- oder Betonwandung dient, während die dahintergele
gene höher-energetische, ebenfalls vollkalibrige strahlbildende Hohlladung unmit
telbar danach die Hauptpanzerung des harten Zieles durchdringt (aber nach Eintritt
in den Schutzraum hinter der durchbohrten Betonwand immer noch
Blast-Sekundärwirkung erbringt); während andererseits die auf der Hauptpanzerung des
harten Zieles detonierende Nachschußladung einen Sekundäreffekt gegen unge
schützte Sensorelemente erbringt und eventuell sogar die reaktiven Zusatzpanze
rungsmodule noch großflächiger abräumt, vor allem aber nach dem Durchtritt
durch die durchbohrte Betonwand ihre Wirkung in dem dahinter gelegenen Raum
als Splitter-Sprenggeschoß entfaltet.
Dabei kann die Nachschußladung (energetisch abgeschottet) hinter der
Haupt-Hohlladung angeordnet sein, weil die Hauptladung bereits gezündet hat, also nicht
mehr stört, wenn die Nachschußladung sich trägheitsbedingt relativ zur Geschoß
hülle in Bewegung setzt. Diese nach rückwärts verlegte Nachschußladung erbringt
den konstruktiven Vorteil, in den Raum zwischen Bohrladung und Hauptladung
während der Mörserrohr-Verbringung Klappflügel in eine unterkalibrige Startstel
lung eintauchen lassen zu können, ehe sie zu Tragflächen für die Steigerung der
Reichweite und der Manövrierbarkeit nach dem Verlassen des Waffenrohres aus
klappen. Wenn andererseits nicht in die Struktur eintauchende sondern in Längs
richtung auf die Peripherie der Geschoßhülle anlegbare Klappflügel vorgesehen
sind (vgl. Fig. 2/3 in US-PS 4 522 356 oder Fig. 1 bis Fig. 4 in US-PS 4 664 339),
dann kann die unterkalibrige Nachschußladung zwischen den beiden Hohlladungen
angeordnet sein und der Raum hinter der rückwärtigen, also hinter der
Haupt-Hohlladung zusätzlich einem Stellsystem etwa nach US-PS 5 040 745 für Klappru
der gemäß etwa US-PS 4 660 786 zur Steuerung des Lenkprojektils zur Verfü
gung gestellt werden. Jetzt muß allerdings die Nachschußladung mit einem Selbst
zerlegungsdetonator und/oder die Haupt-Hohlladung mit einem Verzögerungszun
der ausgestattet sein. Dies ist einerseits notwendig damit ihr schneller Strahl beim
gezielten Einsatz gegen harte Ziele nicht durch das Noch-Vorhandensein der Nach
schußladung gestört wird. Andererseits soll beim Einsatz der Munition gegen Be
ton die Nachschußladung nicht vom Hohlladungsstrahl eingeholt und zerstört wer
den, ehe sie durch die aufgebrochene Betonwand hindurch in den Raum hinter der
Schutzwand eingetreten und zur Detonation gebracht worden ist.
Zusätzliche Alternativen und Weiterbildungen sowie weitere Merkmale und Vortei
le der Erfindung ergeben sich aus den weiteren Ansprüchen und, auch unter Be
rücksichtigung der Darlegungen in der Zusammenfassung, aus nachstehender Be
schreibung von in der Zeichnung unter Beschränkung auf das Wesentliche angenä
hert maßstabsgerecht aber stark vereinfacht skizzierten bevorzugten Realisierungs
beispielen zur erfindungsgemäßen Lösung.
Es zeigt:
Fig. 1 einen erfindungsgemäßes Lenkprojektil mit in seinen
Kombinations-Gefechtskopf eingreifenden Klappflügeln und
Fig. 2 eine kompaktere Anordnung des Kombinations-Gefechtskopfes bei außen
liegenden Klappflügeln des Lenkprojektils.
Das autonom (mittels Bildverarbeitung) oder halbautonom (mittels Zielbeleuchters)
einsetzbare Lenkprojektil 11 ist als Mörsergeschoß 12 mit dem dafür typischen
flaschenförmigen Heck 16 zur Aufnahme von abziehbaren Teilladungen und eines
Heckruder-Stellsystemes ausgelegt. Das Geschoß ist nun aber mit einem gleicher
maßen gegen reaktiv gepanzerte harte Ziele wie auch gegen Unterstände also mit
einem sowohl panzerbrechenden wie auch bunkerbrechenden Universal- oder
Kombinations-Gefechtskopf 13 ausgestattet. Der weist hinter einem Suchkopf 14
mit Detektions- und Flugführungs-Signalverarbeitung für die Zielsuche oder End
phasenlenkung eine vollkalibrige Hohlladung 15 mit flachkegeliger, also kompakt
strahlbildender Einlage 18 auf. Die ist primär als Bohrladung gegen Beton ausge
legt. Sie löst bei der Aufschlagzündung auf ein hartes Ziel aber auch Module einer
reaktiven Zusatzpanzerung aus, und das mit größerer Wirkung als der übliche klei
ne Precursor herkömmlicher Tandem-Gefechtsköpfe. Axial gegen die vordere
Hohlladung 15 in Richtung auf das Heck 16 des Geschosses 12 versetzt ist eine
ebenfalls vollkalibrige Haupt-Hohlladung 17 eingebaut. Ihre Einlage 18 ist dünner
und spitzwinkliger als die vordere. Der dadurch schnellere und gestrecktere Strahl
der Haupt-Hohlladung 17 durchdringt die Hauptpanzerung des Zieles in dem Be
reich, der durch die Vor-Hohlladung 15 von reaktiven Modulen freigeräumt wur
de. Dagegen liefert der Strahl aus der Haupt-Hohlladung 17 allenfalls eine Sekun
därwirkung beim Eindringen in einen von der Vor- oder Bohr-Hohlladung 15
schon aufgesprengten Betonbunker, nicht vernachlässigbar ist aber die
Blast-Wirkung der detonierenden Hohlladung.
Zur Wirkung hinter einer durchschlagenen Betonwand ist eine unterkalibrige Nach
schußladung 20 für Spreng- und Splitterwirkung vorgesehen. Diese ist zunächst in
einer Halterung 21 kraftschlüssig festgelegt. Wenn das Geschoß 12 durch Auf
schlag auf das Ziel ruckartig abgebremst wird, gleitet die träge Masse der Nach
schußladung 20 vor und aus ihrer Halterung heraus, um schließlich durch das von
der Bohr-Hohlladung 15 aufgesprengte Loch ins Innere hinter der Betonmauer
einzutreten, ehe ihr zeitgesteuerter Zünder 22 anspricht. Infolge des zentral zwi
schen janusförmigen splitterummantelten Wirkladungen gelegenen Zündsystems
(vgl. DE 39 41 445 A1) hat diese Nachschußladung 20 eine Wirkung auch entge
gen der Durchtrittsrichtung und somit auch direkt hinter der penetrierten Schutz
wand. Wenn der Aufprall des Geschosses 12 nicht auf Beton erfolgt, sondern auf
ein hartgepanzertes Zielobjekt, dann dringt die Nachschußladung 20 zwar nicht
durch das kleine von der Haupt-Hohlladung 17 in die Hauptpanzerung gebrannte
Loch ein, aber sie detoniert auf dem Zielobjekt und erbringt so noch Sekundärwir
kung beispielsweise gegen ungeschützte Sensorikelemente.
Die Anordnung der Nachschußladung 20 hinter der Haupt-Hohlladung 17 stört
nicht, da letztere bereits gezündet hat, ehe deren Lage von der trägheitsbedingt
angetriebenen Nachschußladung erreicht wird. Falls allerdings entgegen der Dar
stellung in Fig. 1 die für die Reichweite und die Manövrierbarkeit des Lenkprojekti
les 11 erforderlichen Flügel 23 beim Abschuß aus dem Mörserrohr nicht ins Innere
des Geschosses 12 eingreifen müssen, sondern gemäß Fig. 2 auf dessen Außen
mantelfläche angeordnet werden können, kann der dadurch gewonnene Raum im
Mittenbereich 24 des Geschosses 12 für den Einbau der Nachschußladung 20
(nicht mehr hinter, sondern) vor der Haupt-Hohlladung 17 genutzt werden. Das
erbringt den Vorteil eines kürzeren Weges für die beim Aufprall auf das Ziel in
Bewegung gesetzte Nachschußladung 20, so daß diese mit desto größerer Zuver
lässigkeit das von der Bohr-Hohlladung 15 in eine Befestigung eingebrochene
Loch trifft, um initiiert aus ihrem Verzögerungszünder 22 erst im Innern der Be
festigung zu detonieren. Allerdings muß nun durch einen Verzögerungszünder 25
bei der Haupt-Hohlladung 17 dafür gesorgt werden, daß deren Strahlausbildung
erst erfolgt, wenn die Nachschußladung 20 nach dem Aufprall des Geschosses 12
trägheitsabhängig ihren Weg durch das Geschoß 12 zurückgelegt hat, denn andern
falls würde die Nachschußladung 20 vom schnellen Strahl der Haupt-Hohlladung
17 beschädigt oder gar durch Zündung zerstört werden, ehe sie nach dem kompak
ten Strahl der Bohr-Hohlladung 15 das Ziel erreicht. Andernfalls muß die vornelie
gende Nachschußladung 20 durch ihren Zünder 22 zerlegt werden, wenn ein hartes
Ziel anvisiert wird und deshalb die Strahlausbildung der Haupt-Hohlladung 17
nicht gestört werden sollte.