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Die Polymerisation von konjugierten Dienen wie Butadien oder Isopren
zu flüssigen, halbfesten und festen Polymeren mittels Alkalimetallen oder deren
organischen Verbindungen gehört seit langem zum festen Bestand der Polymerisationstechnik.
Auch die Copolymerisationen von konjugierten Dienen mit ungesättigten Verbindungen
wie Styrol mittels Alkalimetallen oder deren organischen Verbindungen sind bekannt.
Die Polymerisate fallen jedoch fast durchweg als tiefgefärbte Öle oder Elastomere
an, während es eines erheblichen technischen Aufwands bedarf, um helifarbige Produkte,
etwa der Farbzahlen 2 bis 3 nach der Jodfarbskala, zu erhalten. Lediglich mit den
relativ schwierig zugänglichen lithium-organischen Verbindungen erhält man bessere
Resultate. Farblose Polymerisate sind für viele technische Artikel von Interesse,
z. B. für die Herstellung von Gummiartikeln, die mit hellen Verstärkerfüllstoffen
versehen werden, wie etwa Weißwandreifen.
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Es wurde nunmehr gefunden, daß praktisch farblose Polymerisate konjugierter
Diene, d. h. sowohl Homopolymerisate konjugierter Diolefine als auch Copolymerisate
konjugierter Diolefine untereinander oder mit anderen copolymerisierbaren Monomeren
erhalten werden können, wenn als Polymerisationskatalysatoren Verbindungen der allgemeinen
Formel Me-SiR3 verwendet werden, wobei in dieser Formel Me Natrium oder Kalium und
R einen aliphatischen, aromatischen oder cycloaliphatischen Kohlenwasserstofirest
bedeutet, der gegebenenfalls auch eine Alkoxygruppierung oder eine tertiäre Amingruppe
tragen kann.
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Die für das erfindungsgemäße Verfahren zu verwendenden Polymeris
ationskatalysatoren stellen metalloid- bzw. metallorganische Verbindungen dar, die
durch eine homöopolare Bindung zwischen dem Siliciumatom und dem Alkalimetall-Atom
charakterisiert sind, d. h. keine Komplexstruktur aufweisen.
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Unter einem aliphatischen Rest R gemäß obiger Definition soll vorzugsweise
ein niederer gesättigter aliphatischer Rest mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen, wie z.
B. ein Methyl-, Athyl-, Propyl-, Butylrest bzw. entsprechende Isoalkylreste verstanden
werden. Obwohl als aromatische Reste solche verschiedenster Natur vorliegen können,
sind - gegebenenfalls substituierte - Phenylreste enthaltende Verbindungen von bevorzugtem
Interesse. Als cycloaliphatische Reste sind insbesondere der Cyclohexylrest bzw.
substituierte Cyclohexylreste zu nennen.
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Beispielhaft seien für diese Verbindungstypen folgende Vertreter
genannt: KSi(C6H5)3, NaSi(C0H5)3.
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Durch vorstehende Aufzählung sollen selbstverständlich analoge Typen
nicht ausgeschlossen werden. Optimale Ergebnisse werden nach vorliegendem Verfahren
erzielt, wenn als Katalysatoren triphenyl-oder trialkylsubstituierte Alkalimetallsilyle
gemäß obenstehender Formel verwendet werden. Die vorgenannten Verbindungen können
in an sich bekannt ter Weise bzw. in Analogie zu solchen Verfahren hergestellt werden.
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Die vorstehend erörterten Katalysatoren dienen zur Polymerisation
konjugierter Diolefine, d. hv sowohl der Homopolymerisation konjugierter Diolefine
als auch Copolymerisation solcher Diolefine untereinander oder mit anderen copolymerisierbaren
Monomeren, wobei die Monomeren mit Rücksicht auf
die Reaktivität der einzusetzenden
Katalysatoren selbstverständlich frei von leicht beweglichen Wasserstoffatomen wie
z. B. Carboxylwasserstoff, Hydroxylwasserstoff, Amidwasserstoff oder Aminwasserstoff
sein müssen.
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Aus Chemistry and Industry, 48, 1963, S. 1904, ist bekannt, Butadien
mit Triphenylsilyllithium zu polymerisieren. Hierbei entsteht ein Polybutadien,
das in seinen Eigenschaften dem mit Lithiumalkylen in Gegenwart von Verbindungen
mit einem Äthersauerstoff erhaltenen gleicht. Gemäß vorliegender Erfindung werden
nun flüssige bzw. halbfeste Polymerisate geringer Viskosität erhalten.
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Unter konjugierten Diolefinen sind in vorliegendem Zusammenhang insbesondere
aliphatische konjugierte Diolefine mit bis zu etwa 6 Kohlenstoffatomen zu verstehen,
wie z. : B. Butadien, Isopren, 2,3-Dimethylbutadien u. ä. Unter Monomeren, welche
mit konjugierten Diolefinen copolymerisierbar sind, sollen vor allem Vinylmonomere
mit einer aktivierten Doppelbindung verstanden werden, z. B.
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1. Vinylaromaten, wie Styrol, Divinylbenzol, Vinyltoluol, Vinylpyridin
bzw. Substitutionspro dukte.
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2. Derivate der Acrylsäure bzw. Methacrylsäure wie deren Nitrile,
Ideren Ester, insbesondere mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen in der Estergruppierung
und disubstituierte Amide.
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3. Aliphatische Vinylverbindungen mit aktivierter Doppelbindung wie
beispielsweise Vinylketone und Acrolein.
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Bevorzugte Comonomere sind im Rahmen des vorliegenden Verfahrens
Styroltypen und Ester der Acryl- bzw. Methacrylsäure. Es ist jedoch darüber hinaus
auch ohne weiteres möglich, andere Comonomere zu verwenden, die obengenannten Verbindungen
entsprechen, wofür beispielhaft auf vernetzend wirkende Monomere, wie Dimethacrylate,
Polwinylbenzole usw. hingewiesen sei.
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Im Falle einer Copolymerisation konjugierter Diolefine untereinander
sind beliebige Mengenverhälnisse Ider Comonomeren möglich, während bei Verwendung
von copolymerisierbaren Monomeren mit einer aktivierten Doppelbindung, d. h. Vinyl-
oder Vinyliden-Monomeren wie oben erörtert, der Anteil dieser Monomeren normalerweise
nicht über 50 Gewichtsprozent (berechnet auf Gesamtmonomere), im Falle von Styroltypen
gegebenenfalls bis zu 70 Gewichtsprozent, betragen kann.
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Die Ausführung von Polymerisationen mit den obengenannten Katalysatoren
erfolgt vorteilhafterweise mit reinen und trockenen Substanzen, zweckmäßig hält
man auch während der Polymerisation Luft und Feuchtigkeit fern um Katalysatorverluste
und Vernetzungen oder unkontrollierbare Polymerisationsabläufe zu vermeiden.
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Bewährt hauben sich Schutzgasatmosphären aus Stickstoff oder Argon.
Man kann mit geeigneten Vorrichtungen, die es gestatten, die frei werdende Polymerisationswärme
abzuführen, die Polymerisation ohne Lösungsmittel ausführen, jedoch sind Polymerisationen
in inerten Lösungsmitteln empfehlenswert.
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Als inerte Lösungsmittel kommen insbesondere aliphatische, cycloaliphatische
und aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Heptan, Cyclohexan, Dekalin, Tetralin, Elenzol,
Toluol u. a., in Betracht,;aber auchLösungsmittel mit einem oder mehreren Athersauerstoffatomen
wie Diäthyl äther, Äthylenglykoldimethyläther, Dioxan, Tetrahydrofuran u. a. sind
verwendbar.
Besonders geeignet sind aromatische Lösungsmittel, da
hier die Polymerisationsgeschwindigkeiten hoch sind.
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Mischungen von aliphatischen, cycloaliphatischen und aromatischen
Kohlenwasserstoffen und Verbindungen mit einem oder mehreren Äthersauerstoffatomen
wirken sich günstig auf die Polymerisationsgeschwindigkeit aus. Die Mengen der genannten
Lösungsmittel können in weiten Grenzen variiert werden. Man bemißt die Menge vorzugsweise
nach der Endviskosität der resultierenden Polymerenlösungen, d. h., man legt nur
10 bis 500/0 Lösungsmittel, bezogen auf die Gesamtmenge aus Polymerisat und Lösungsmittel
vor, wenn man flüssige Polymerisate herstellt, und 300 bis 500 0/o, wenn man feste
Produkte herstellen möchte.
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Die Menge der erfindungsgemäß zu verwendenden Katalysatoren liegt
zweckmäßig zwischen 0,01 und 20 Gewichtsprozent, bezogen auf Monomeres. Vorzugsweise
arbeitet man jedoch mit Mengen zwischen 0,01 und 5 Gewichtsprozent, bezogen auf
Monomeres. Auch Mischungen der genannten Katalysatoren untereinander können eingesetzt
werden. Für spezielle Zwecke, z. B. Einbau von Katalysator-Endgruppen können andererseits
ohne weiteres auch höhere Katalysatormengen in Anwendung kommen.
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Die Temperaturen können im Bereich von - 20 bis +1500 C liegen, wobei
man bei der Herstellung von öligen oder halbfesten Polymerisaten Temperaturen von
50 bis 900 C bevorzugt und bei der Herstellung von festen Polymerisaten von von
0 bis 500 C.
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Die Arbeitsweise der Polymerisation kann verschieden gestaltet werden.
Man kann das Lösungsmittel zusammen mit dem Monomeren oder den Monomeren vorlegen
und den Katalysator anschließend eindosieren. Wünscht man niedermolekulare, Polymere,
so legt man vorteilhaft mit dem Lösungsmittel zusammen den Katalysator vor und bringt
das Monomere oder die Monomeren sukzessiv ein. Selbstverständlich kann man auch
einen Teil des Monomeren oder der Monomeren mit dem Katalysator zusammen im Lösungsmittel
vorlegen und anschließend den Rest des Monomeren oder der Monomeren eindosieren.
Schließlich kann man auch ein Monomeres zusammen mit dem Katalysator im Lösungsmittel
vorlegen und ein zweites Monomeres in die Polymerisationsmischung nach und nach
einbringen.
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Die Aufarbeitung gestaltet sich relativ einfach.
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Man desaktiviert sden Katalysator mit einer protonenaktiven Substanz
wie organischen oder anorganischen Säuren, Wasser, Alkoholen, Phenolen, Ionenaustauschern
und anderen Feststoffen, die als Feststoffsäuren angesprochen werden können. Vorzugsweise
arbeitet man mit organischen Säuren wie Essigsäure, Valeriansäure oder Stearinsäure,
da die Umsetzungsprodukte dieser Säuren mit den Katalysatoren im Polymerisat löslich
sind und so eine Filtration oder Dekantation der Polymerisatlösungen oder der flüssigen
Polymerisate umgangen wird. Sollen die festen Polymerisate zur Herstellung von Gummiartikeln
dienen, so ist es zweckmäßig, den Polymerisatlösungen die üblichen Mengen Alterungsschutzmittel
beizufügen. Geeignet sind in erster Linie nichtverfärbende Alterungsschutzmittel
wie 2,2'-Dihydroxy-3,3'- di - tert.- butyl -5,5' dimethyl - di - phenylmethan, 2,6-Di-tert.-butyl-4-methylphenol,
4-Hydroxy-3,5-ditert.-butyl-methylbenzyläther. Verfärbende Alterungsschutzmittel
wie Di-styryl-diphenylamin, Cyclohexyl-
aminuliphenylamin sind ebenfalls brauchbar.
Die Alterungsschutzmittel können selbstverständlich auch in die isolierten Elastomeren
eingearbeitet werden.
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Die Lösungsmittel entfernt man mit bekannten Methoden, z. B. durch
Abtreiben im Vakuum oder bei Normaldruck oder durch Einbringen der Lösung in heißes
oder kochendes Wasser.
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Die nach dem Verfahren der vorliegenden Erfindung erhaltenen festen
Polymerisate stellen farblose und durchsichtige, höchstens leicht gelbstichige Substanzen
dar, die zur Herstellung beliebiger Kautschukartikel nach üblichen Methoden der
kautschukverarbeitenden Industrie, d. h. Einarbeitung üblicher Füllstoffe, Alterungsschutzmittel
sowie mittels üblicher Vulkanisationsverfahren verarbeitet werden können. Insbesondere
eignen sich Polymerisate für die Herstellung von Gummiartikeln, die helle Verstärkerfüllstoffe
enthalten.
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Die flüssigen Polymerisate sind wasserhell und besitzen Farbzahlen
von 0 bis 2 nach der Jodfarbskala und eignen sich als Weichmacher, Klebrigmacher,
als Viskositätsverbesserungsmittel, insbesondere wiederum dort, wo der Einsatz farbloser
Materialien von technischer Bedeutung ist.
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Die in Iden nachfolgenden Beispielen angeführten Teile sind, soweit
nicht anders vermerkt, Gewichtsteile.
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Beispiel 1 Ein 1-Liter-Dreihalskolben, der mit einem Rührer, Rückflußkühler,
Einleitungsrohr und Thermometer ausgerüstet ist, wird evakuiert und angeheizt. Nach
dem Ausgleich des Vakuums mit Argon werden 100 Teile trockenes Toluol und eine Suspension
von 3 Teilen Triphenyl-silylkalium in 10 Teilen trockenem Toluol vorgelegt. Anschließend
wird unter Rühren trockenes Butadien eingeleitet. Die Temperatur steigt innerhalb
von 4 Minuten auf 600 C und wird dort mit einer Eis-Kochsalz-Mischung gehalten.
Die ursprünglich gelbe Farbe der Suspension schlägt in eine rote bis hellrote Färbung
um, wobei das suspendierte Triphenylsilylkalium in Lösung geht und die Polymerisationsmischung
- klar und durchsichtig wird. Nach 40 Minuten wird die Polymerisation durch Eintropfen
von 4 Teilen Methylalkohol unterbrochen. Die klare hellrote Lösung wird bereits
nach Zugabe des ersten Teils des Methanols vollkommen entfärbt und es entsteht eine
farblose, leicht trübe Lösung, die durch Filtration bzw. Zentrifugation von den
Zersetzungsprodukten des Katalysators befreit wird. Das Toluol wird im Vakuum abgezogen.
Die Ausbeute besteht in 290 Teilen eines viskosen, wasserhellen Öles mit der Jodzahl
394.
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Beispiel2 In einer dem Beispiel 1 entsprechenden Verfahrensweise
wird Butadien mit 20 Teilen frisch fraktioniert destilliertem Methacrylsäuremethylester
mit 3 Teilen einer Suspension von Triphenylsilylnatrium in Tetrahydrofuran mischpolymerisiert.
Die Lösung ist sehr viskos. Nach dem Abstoppen mit 10 Teilen Eisessig und Abtreiben
des Lösungsmittels bleiben 190 Teile eines hochviskosen farblosen Produktes zurück.
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Beispiel 3 Entsprechend Beispiel 1 werden in einem Vierhalskolben
100 Teile Toluol und 5 Teile Tri-p-toluolsilylkalium suspendiert in 15 Teile Diäthyläther
zugefügt.
Unter Rühren wird Butadien eingeleitet. Im Laufe von 68
Minuten werden 10 Teile Acrylnitril, das destillativ gereinigt wurde, zugetropft.
Die Temperatur wird bei 350 C gehalten. Nach dem Eintropfen wird der Butadienstrom
abgestellt und die Polymerisationsmischung 15 Minuten nachgerührt. Nach dieser Zeit
wird wie beschrieben abgestoppt und aufgearbeitet. Vor dem Abtreiben des Toluols
werden mittels einer Zentrifuge 3 Teile eines unlöslichen Acrylnitril-Homopolymerisats
abgetrennt.
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Man erhält 342 Teile eines halbfesten Copolymerisats.