-
Organopolysiloxanelastomere finden bereits geraume Zeit vielfach
Verwendung, da sie innerhalb eines weiten Temperaturbereichs, der sich von etwa
- 1000 C bis zu über 250"C erstrecken kann, beständig sind und ihre kautschukartigen
Eigenschaften beibehalten.
-
Zur Erzielung einer hohen Festigkeit enthalten die Elastomeren feinverteilte
Füllstoffe mit großer Oberfläche, insbesondere Siliciumdioxydfüllstoffe. Organopolysiloxanformmassen,
die einen oder mehrere solcher Füllstoffe enthalten, zeigen jedoch den Nachteil,
daß sie während des Lagerns vor der unter Formgebung erfolgenden Härtung rasch hart
und steif werden und erst nach stärkerem Walzen weiterverarbeitet werden können.
Diese Erscheinung wird als »Verstrammung« oder » Strukturbildung bezeichnet.
-
Aus der USA.-Patentschrift 2 890 188 ist beispielsweise bekannt,
daß man durch Zusatz von Organosiliciumverbindungen mit einem verhältnismäßig hohen
Gehalt an Si-gebundenen Hydroxylgruppen zu den Mischungen aus Organopolysiloxan
und aktiven Füllstoffen die Verstrammung während des Lagerns verhindern kann und
so den Formmassen ohne erneutes längeres Walzen die gewünschte Form, z. B. durch
Strangpressen, vor der eigentlichen Härtung geben kann.
-
Es ist jedoch bei diesem Verfahren sehr schwierig, das richtige Verhältnis
der als Zusatz verwendeten Organosiliciumverbindungen zu dem zu härtenden Organopolysiloxan
und Füllstoff einzustellen.
-
Verwendet man nämlich so viel Organosiliciumverbindung mit einem
verhältnismäßig hohen Gehalt an Si-gebundenen Hydroxylgruppen, daß die Verstrammung
völlig verhindert wird, so ist die Formmasse häufig zu weich und/oder klebrig und
daher schlecht zu verarbeiten, und die Festigkeit der daraus hergestellten Elastomeren
ist vermindert.
-
Verwendet man aber so wenig dieses Zusatzes zur Verminderung des
Verstrammens, daß die Formmasse nicht zu weich undloder klebrig ist und Elastomere
mit hoher Festigkeit ergibt, so ist die Geschwindigkeit des Verstrammens so hoch,
daß die Formmassen nach kurzer Zeit weiterverarbeitet werden müssen, wenn man nicht
ein erneutes Mastizieren in Kauf nehmen will.
-
Das richtige Verhältnis der als Zusatz verwendeten Organosiliciumverbindung
zu dem zu härtenden Organopolysiloxan und Füllstoff muß jedesmal erneut genau bestimmt
werden, wenn ein Bestandteil der Mischung geändert wird, und es wird stets günstigenfalls
ein Kompromiß zwischen zu großer Weichheit und/oder Klebrigkeit der zu härtenden
Formmasse, verbunden mit unbefriedigender Festigkeit des daraus hergestellten Elastomeren,
und unbefriedigender Lagerbeständigkeit erzielt.
-
Gemäß dem in der französischen Patentschrift 1 237 927 beschriebenen
Verfahren werden Gemische aus Organopolysiloxanen und Siliciumdioxyd zusammen mit
organischen Aminen oder deren Salzen auf hohe Temperaturen erhitzt und die erhaltenen
Formmassen kräftig gewalzt, um sie weich und plastisch zu machen; anschließend werden
die Formmassen zu Elastomeren mit hohen Zug- und Reißfestigkeiten gehärtet.
-
Der Erfolg des Verfahrens hängt jedoch von der praktisch vollständigen
Entfernung der Amine bzw. der Aminsalze während des Erhitzens ab, da die Formmassen
sonst entweder überhaupt nicht oder mit den für Organopolysiloxanen üblichen Härtungs-
verfahren
nicht vollständig gehärtet werden können.
-
Hierzu sind entweder lange Erhitzungszeiten oder sehr hohe Temperaturen
erforderlich. Andernfalls werden Formkörper von ungenügender Festigkeit und Elastizität
erhalten.
-
Die praktische Durchführung dieses Verfahrens erfordert beispielsweise
70 Minuten dauerndes Erhitzen auf 250"C nach 3 Stunden Vorerhitzen und anschließend
ein kräftiges Verwalzen der Formmassen, da diese während des Erhitzens eine starke
Verstrammung erleiden. Diese zusätzlichen Maßnahmen erhöhen die Kosten des Verfahrens
beträchtlich.
-
In der Beschreibung zum Hauptpatent 1 204414 wird nun ein Verfahren
zur Herstellung von zu Elastomeren härtbaren Organopolysiloxanformmassen, die verstärkende
Füllstoffe enthalten, erörtert, das gegenüber dem Stand der Technik den Vorteil
besitzt, daß weder bei der Herstellung der Formmassen noch während ihrer Lagerung
bei mäßigen Temperaturen eine Verstrammung auftritt, so daß sie stets leicht verarbeitbar
sind.
-
Abweichend hiervon wird nunmehr ein Verfahren zur Herstellung von
zu Elastomeren häertbaren Organopolysiloxanformmassen durch Erhitzen von Gemischen
aus Diorganopolysiloxanen mit weniger als einer Si-gebundenen Hydroxylgruppe auf
10 Si-Atome, aktiven Füllstoffen, Organosiliciumverbindungen mit durchschnittlich
0,1 bis 2 Si-gebundenen Hydroxylgruppen und 1 bis 3 Si-gebundenen organischen Resten
je Si-Atom, während die restlichen Si-Valenzen durch Siloxan-Sauerstoffatome abgesättigt
sind, und Stickstoffverbindungen auf mindestens 600 C, bis die Masse durch Härtungsmittel
härtbar ist, gemäß Patent 1 204 414 beansprucht, das dadurch gekennzeichnet ist,
daß man an Stelle von Ammoniumcarbonat als Stickstoffverbindung Ammoniumbicarbonat
verwendet.
-
Die einzelnen Bestandteile der Formmassen, das sind die verwendbaren
Diorganopolysiloxane, verstärkende oder aktive Füllstoffe und Hydroxylgruppen aufweisende
Organosiliciumverbindungen, werden in dem Hauptpatent ausführlich beschrieben.
-
Das Ammoniumbicarbonat wird vorzugsweise in Mengen von 0,005 bis
50, insbesondere 0,2 bis 10 Gewichtsteilen auf 100 Gewichtsteile Diorganopolysiloxan
mit weniger als einer Hydroxylgruppe auf 10 Si-Atome verwendet. Größere Mengen an
Ammoniumbicarbonat bis zu etwa 50 Gewichtsteilen schaden nicht, bringen aber keinen
weiteren Vorteil.
-
Es ist günstig, weniger als 2 Gewichtsteile Ammoniumbicarbonat zu
verwenden, wenn die betrieblichen Steuerungsvorrichtungen dies zulassen, weil dadurch
die Erhitzungszeit vor der Einarbeitung der Härtungsmittel verringert wird.
-
Zur Erleichterung der Einarbeitung des Ammoniumbicarbonats in die
Masse wird dieses zweckmäßigerweise vorher gepulvert. Das Pulver kann zur Aufrechterhaltung
eines freien Fließens mit 1 bis 5 Gewichtsprozent eines amorphen Siliciumdioxyds,
z. B. eines pyrogen in der Gasphase gewonnenen Siliciumdioxyds, versetzt werden.
Diese Maßnahme zur Verhinderung des Zusammenbackens von Pulvern ist wohlbekannt.
-
Die in der Beschreibung zum Hauptpatent genannten Stoffe und das
Ammoniumbicarbonat können in beliebiger Weise zu einer homogenen Masse gemischt
werden. Dies kann z. B. mittels Mischvorrichtungen
vom Typ der Teigmischer
erfolgen, wie sie in der Kautschukindustrie verwendet werden, oder durch Verteilung
in einem inerten, flüchtigen organischen Lösungsmittel.
-
Beispiele für solche Lösungsmittel sind aliphatische Kohlenwasserstoffe,
wie Pentane, Hexane und Heptane; aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Benzol und
Toluol; Äther, wie Diäthyl-, Methyl-n-butyl-und Di-propyläther; Polyäther, wie Äthylenglykoldimethyläther;
Nitrile und andere Lösungsmittel, die nicht mit den im Rahmen des erfindungsgemäßen
Verfahrens verwendeten beiden Arten von Organosiliciumverbindungen, Füllstoffen
und Ammoniumbicarbonat reagieren.
-
Vorzugsweise erfolgt das Vermischen der erfindungsgemäß verwendeten
Stoffe auf einem üblicherweise in der Kautschukindustrie verwendeten Zweiwalzenkalander
in bekannter Weise. Die Reihenfolge der Zugabe der Mischungsbestandteile ist gleichgültig.
-
Neben den obengenannten Stoffen können die üblichen Zusätze für Organopolysiloxanelastomere,
z. B. solche zur Verminderung der bleibenden Druckverformung, oder Pigmente verwendet
werden.
-
Organische Peroxyde und andere die Härtung bewirkende Stoffe dürfen
den Mischungen natürlich erst nach der vor dem Härten erfolgenden Erhitzung zugesetzt
werden.
-
Die Dauer der nach dem Mischen der Bestandteile erfolgenden Erhitzung
richtet sich nach der dabei angewandten Temperatur und ist um so kürzer, je höher
die Temperatur ist. Die Erhitzung kann auf beliebige Weise erfolgen. Gegebenenfalls
kann die Masse auf einem Walzenstuhl hergestellt werden, wobei die Walzen erhitzt
werden. Wurde die Mischung in Gegenwart eines Lösungsmittels bereitet, so kann das
Erhitzen zur Vertreibung des Lösungsmittels ausreichend sein. Nach einer bevorzugten
Ausführungsform werden Mischungen, die nicht in Gegenwart eines Lösungsmittels hergestellt
worden sind, auf einer geeigneten Unterlage in einen oberhalb 60"C betriebenen Umluftofen
gebracht. Wenn in einem derartigen Ofen die Temperatur gleichbleibend bei 150"C
gehalten wird, so genügt eine Verweilzeit von 1 Stunde bei einer Schichtdicke der
Masse von etwa 3,2 mm. Beträgt die Ofentemperatur 100"C, so ist die Verweilzeit
bei gleicher Schichtdicke 8 Stunden.
-
Bei größeren Schichtdicken ist die Verweilzeit selbstverständlich
länger.
-
Es ist anzunehmen, daß das Erhitzen zur Zersetzung des Ammoniumbicarbonats
dient, da bei einem größeren Gehalt der Mischung an diesen Verbindungen länger erhitzt
werden muß. Die Feststellung, ob die Mischung mit Härtungsmitteln härtbar ist, ist
jedoch der einfachste Weg, um festzustellen, ob das Ausmaß des Erhitzens vor Zugabe
der Härtungsmittel ausreichend war.
-
Die erfindungsgemäß hergestellten Organopolysiloxanformmassen können
in hier nicht beanspruchter, bekannter Weise gehärtet werden. Dabei können in der
Hitze wirkende Härtungsmittel, z. B. organische Peroxyde, wie Benzoylperoxyd, Dicumylperoxyd
und tert.-Butylperbenzoat und Dichlorbenzoylperoxyd, oder Härtungsverfahren, die
mit Schwefel und/oder organischen Schwefelverbindungen, wie Tetramethylthiuramdisulfid,
oder anderen Vulkanisationsmitteln auf Grundlage von Schwefel unter Erhitzen durchführbar
sind, angewandt werden. Es können auch bereits bei Raumtemperatur wirkende Härtungs-
mittel,
z. B. Kombinationen aus Kieselsäureestern, wie Orthokieselsäureisopropylester und
Polykieselsäureäthylester, und Salzen von Carbonsäuren mit Metallen oder Organometallen,
wie Blei-2-äthylhexoat und Dibutylzinndilaurat, Kombinationen aus solchen Salzen
und Organosiliciumverbindungen, die durchschnittlich mindestens zwei Si-gebundene
Wasserstoffatome je Molekül aufweisen, z. B. linearen und/oder cyclischen Organopolysiloxanen
aus mindestens drei Einheiten der Formel CH3HSiO oder Organopolysiloxanen der Formel
CH3C,HSHSi [OSi (CH3) - [OSi(CH2)2]zOSiHCH3C6lI5 worin x 0, 1 oder mehr ist, oder
Kombinationen aus solchen Organosiliciumverbindungen mit Si-gebundenem Wasserstoff
und Platinkatalysatoren, z. B. der Formel PtCI4, H2PtCl6 und PtO2 angewandt werden.
-
In dem folgenden Beispiel beziehen sich alle Mengenangaben auf das
Gewicht, wenn nichts anderes angegeben.
-
Beispiel Organopolysiloxanelastomerenproben A, B und C wurden wie
folgt hergestellt: 100 Gewichtsteile eines Polysiloxans aus 94,36 Molprozent (CH3)2SiO-Einheiten,
5,5 Molprozent (C6H5)2SiO-Einheiten und 0,14 Molprozent CH3(CH2 = CH)SiO-Einheiten
mit einer Williamsplastizität von 1,524 mm wurden auf einem üblichen Zweiwalzenstuhl
mit 40 Teilen pyrogen in der Gasphase gewonnenem Siliciumdioxyd mit einer Oberfläche
von 400 m2/g, 16 Teilen (C6H5)2CH2SiOH und in Probe A ohne weiteren Zusatz, in Probe
B mit 0,2Teilen Ammoniumcarbonat und in Probe C mit erfindungsgemäß 0,33 Teilen
Ammoniumbicarbonat vermischt.
-
Die Mischungen wurden von der Walze in Form einer einheitlichen 3,175
mm dicken Folie abgezogen und auf einer starken Aluminiumfolie in einem bei 150"C
betriebenen Umluftofen 1 Stunde erhitzt.
-
Nach dem Abkühlen waren die Proben B und C weich und mit der Hand
verformbar. Probe A hingegen war hart und mußte durch erneutes Walzen weich und
plastisch gemacht werden.
-
Zur Härtung wurde jeweils 1 Teil Dichlorbenzoylperoxyd in Form einer
Dispersion in Dimethylpolysiloxanöl in die Mischung eingewalzt und diese dann durch
5 Minuten langes Erhitzen auf 125"C unter einem Druck von 352kg/cm2 zu Platten verformt.
-
Anschließend wurden die gehärteten Proben zunächst 1 Stunde auf 1500C
und dann 4 Stunden auf 250"C in einem Umluftofen zur Nachhärtung erhitzt.
-
Die Walzzeiten für die Proben A, B und C betrugen 35, 10 und 15 Sekunden,
die 35-Sekunden-Probe war erheblich brüchiger als die beiden anderen.
-
Die physikalischen Eigenschaften der Proben sind in der folgenden
Tabelle zusammengestellt:
Zur | Zur| Bruch-| Reiß- |
Probe Sbore- festigkeit dehnung festigkeit |
Härte |
kg/cm2 °/o kg/cm |
A 51 93,5 630 25, 4 |
B 44 97,0 700 31,6 |
C 46 90,0 640 29,1 |