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Bekanntlich kann man Polyvinylchlorid oder vinylchloridhaltige Mischpolymerisate
durch Polymerisation von Vinylchlorid oder von Gemischen aus Vinylchlorid und anderen
polymerisierbaren Vinylverbindungen, wie Vinylestern, Acrylsäureestern, Methacrylsäureestern
und Styrol, mit Hilfe öllöslicher Katalysatoren in wäßriger Suspension herstellen.
Als Suspensionsmittel sind dabei beispielsweise wasserlösliche Kolloide verwendet
worden, die jedoch den Nachteil haben, daß sie nur schwer aus dem Polymerisat entfernt
werden können und in den daraus hergestellten Formkörpern Trübungen verursachen.
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Es ist weiterhin bekannt, daß man bei derartigen Verfahren als Suspensionsmittel
mindestens eine freie Carboxylgruppe aufweisende Teilester aus aliphatischen Polycarbonsäuren
und langkettigen, aliphatischen, einwertigen Alkoholen einsetzen kann (vgl. deutsche
Patentschrift 888 172). Hierdurch werden Polymerisate mit geringerer Trübung erhalten.
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Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von Polyvinylchlorid oder
vinylchloridhaltigen Mischpolymerisaten durch Polymerisation von Vinylchlorid, allein
oder zusammen mit anderen polymerisierbaren Vinylverbindungen, in wäßriger Suspension
unter Verwendung von monomerenlöslichen Katalysatoren und 0,001 bis 2,0 Gewichtsprozent,
bezogen auf das zu polymerisierende Monomere, mindestens eine freie Carboxylgruppe
aufweisenden Teilestern aus aliphatischen Polycarbonsäuren mit 2 bis 12 C-Atomen
und langkettigen, aliphatischen, einwertigen Alkoholen mit 6 bis 20 C-Atomen als
Suspensionshilfsmitteln sowie gegebenenfalls in Gegenwart von Reglern und durch
nachfolgende Trocknung der erhaltenen Polymerisate gefunden, bei dem dann Polymerisate
mit noch geringerer Bildung von Trübungen (Stippenbildung) erhalten werden, wenn
man die Teilester im Gemisch mit 0,001 bis 2 Gewichtsprozent, bezogen auf das zu
polymerisierende Monomere, wasserlöslichen Kolloiden sowie mit aliphatischen, einwertigen
Alkoholen mit 1 bis 20 C-Atomen verwendet und nachfolgend das Polymerisat bis zur
Decarboxylierung der in ihm enthaltenen Teilester erhitzt.
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Wie die weiter unten folgenden Tabellen I und II zeigen, liegen die
Werte des Stippenprüfversuchs und die Schlauchwertzahlen bei den Produkten des erfindungsgemäßen
Verfahrens erheblich günstiger als bei den Produkten des Verfahrens der deutschen
Patentschrift 888 172. Auch die Weichmacheraufnahme ist auffallend höher, und die
Siebanalyse zeigt ein entschieden engeres Kornspektrum als bei den gemäß dem Stand
der Technik erhaltenen Produkten. Diese Vorteile waren nicht vorhersehbar, da die
Verwendung von wasserlöslichen Kolloiden (allein) in der deutschen Patentschrift
888 172 als nachteilig bezeichnet wird und der Einsatz der genannten Teilester (allein)
zur Überwindung dieser Nachteile führen soll.
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Als Teilester eignen sich solche von beispielsweise der Oxalsäure,
Malonsäure, Bernsteinsäure, Adipinsäure, Maleinsäure und Fumarsäure. Auch Teilester
von dreibasischen Säuren, wie Aconitsäure und insbesondere Citronensäure, sind geeignet.
Unter langkettigen aliphatischen, einwertigen Alkoholen mit 6 bis 20 C-Atomen werden
Fettalkohole, wie beispielsweise Nonylalkohol, Laurylalkohol und Stearylalkohol,
verstanden. Mit besonderem Vorteil verwendet man Teilester der Malon-, Bernstein-
und Citronensäure mit Laurylalkohol. So sind Malonsäuremonolaurylester, Bernsteinsäuremonolaurylester
und Citronensäuredi-
laurylester für das vorliegende Verfahren hervorragend geeignet.
Ganz allgemein weisen die beschriebenen Teilester den Vorteil auf, beim Erhitzen
zu decarboxylieren, wobei reine wasserunlösliche Ester zurückbleiben.
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Als aliphatische einwertige Alkohole mit 1 bis 20 C-Atomen sind z.
B. Methanol, Äthanol, die Propanole, Butanole, Isopropanol und Isobutanol; ferner
auch höhere Fettalkohole, wie Laurylalkohol und Stearylalkohol, geeignet. Der Zusatz
dieser Alkohole unterstützt die suspensionsstabilisierende Wirkung der Teilester.
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Zur Aktivierung der Polymerisation geeignete monomerenlösliche Katalysatoren
sind z. B. organische Peroxyde, wie Benzoyl-, Lauryl- und Cumolperoxyd; ferner aliphatische
Azoverbindungen, z. B. Azodiisobuttersäurenitril.
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Als wasserlösliche Kolloide kommen z. B. Leim, Gelatine, Polyvinylalkohol,
Methylcellulose, polyacrylsaures Natrium oder Ammonium, Mischpolymerisate aus Styrol
oder Vinylacetat und Maleinsäure bzw. Maleinsäureanhydrid und deren Natrium- bzw.
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Ammoniumsalze in Frage.
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Sehr feinkörnige Polymerisate werden erhalten, wenn man ein Verhältnis
von 0,3 Teilen wasserlöslicher Kolloide zu 0,2 bis 0,5 Teilen des Teilesters anwendet,
während bei einem Verhältnis von 0,2 Teilen wasserlöslicher Kolloide zu 0,05 bis
0,2 Teilen des Teilesters gröbere, gut rieselfähige Polymerisate anfallen. Auch
die Natur der Teilester und insbesondere das Verhältnis der Kettenlängen der Säureester
zu denen der Alkoholreste kann von entscheidender Bedeutung für die Eigenschaften
der Polymerisate sein.
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So erhält man feinkörnige Polymerisate, wenn man Teilester aus Säuren
mit C3- bis CsKetten mit C1,- bis C20-Ketten einsetzt, und andererseits grobkörnige
Polymerisate, wenn man Teilester aus Säuren mit C2- bis CrKetten mit Alkoholen mit
C8- bis Cl2-Ketten verwendet.
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Nach dem Verfahren der Erfindung können in entsprechender Weise Mischpolymerisate
des Vinylchlorids mit beispielsweise Vinylacetat, Vinylidenchlorid, Acryl- und Methacrylsäureestern
und Maleinsäureestern hergestellt werden.
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Die erhaltenen Polymerisate zeichnen sich durch wertvolle Eigenschaften
aus. So entstehen durch thermische DecaIboxylierung der beschriebenen Teilester
unter Bildung wasserunlöslicher Ester Polymerisate, die völlig hydrophob und wegen
der dadurch bedingten hervorragenden elektrischen Werte besonders gut als Isoliermaterial
geeignet sind. Die je nach den gewählten Arbeitsbedingungen feinkörnigen oder gröberen
und rieselfähigen Polymerisate besitzen durchweg eine stark poröse Struktur, d.
h. eine große innere Oberfläche, die die Aufnahme von Weichmachern begünstigt. Darüber
hinaus neigen die nach dem Verfahren der Erfindung erhaltenen Polymerisate in besonders
geringem Maß zur Bildung von sogenannten Stippen. Sie eignen sich deshalb besser
für die Verarbeitung auf Folien als die bislang bekannten Suspensionspolymerisate.
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Beispiele lbis4 In einem emaillierten 150-l-Autoklav mit eingebautem
Rührer und Stromstörer werden nacheinander 180 Gewichtsteile voll entsalztes Wasser,
0,1 Gewichtsteil Laurylalkohol, 0,23 Gewichtsteile Polyvinylalkohol
und
0,2 Gewichtsteile Dilaurylperoxyd sowie verschiedene Teilester (s. Tabelle 1) eingesetzt.
Nach Schließen des Autoklavs und Spülen mit Stickstoff werden 100 Gewichtsteile
Vinylchlorid hinzugegeben.
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Dann wird unter lebhaftem Rühren bei einer Temperatur von 53°C polymerisiert.
Nach einer Polymerisationsdauer von etwa 15 Stunden bei einer Polymerisationstemperatur
von 53°C erhält man eine wäßrige Suspension von Polyvinylchlorid, die auf einem
Filter von der wäßrigen Phase abgetrennt und anschließend getrocknet wird. In der
Tabelle I sind für die verschiedenen Beispiele die Mengen der Teilester sowie die
Eigenschaften der erhaltenen Polymerisate zusammengestellt. Die Menge der Teilester
und die Ausbeute werden in Gewichtsprozent, bezogen auf eingesetztes Vinylchlorid,
angegeben. Unter Laufzeit ist die Zeit, gemessen in Stunden, zu verstehen, innerhalb
deren der Druck im Autoklav auf 4 atü abfällt. Das Schüttvolumen ist das Volumen
in Kubikzentimeter, das von 100 g des Polymerisats beim Einschütten in ein Gefäß
eingenommen wird. Als Weichmacheraufnahme bezeichnet man die Weichmachermenge (z.
B. Dioctylphthalat) in Kubikzentimeter, die von 5 g des Polymerisats bei einer Temperatur
von 20°C aufgenommen wird, ohne daß das Gemisch seine Schüttfähigkeit verliert oder
zu kleben beginnt. Der Stippentest wird an einer Mischung aus 100 Gewichtsteilen
des Polymerisates, 60 Gewichtsteilen Dioctylphthalat, 2 Gewichtsteilen eines Zinnstabilisators
und 0,0125 Gewichtsteilen Ruß durchgeführt. Polymerisat und Ruß einerseits und Dioctylphthalat
und Zinnstabilisator andererseits werden innig vermischt, dann werden die beiden
erhaltenen Mischungen 1 Minute lang gut ineinander verteilt und auf einen Walzenstuhl
mit einer Walzentemperatur von 155°C und einer Spaltbreite von 1 mm gegeben, dessen
schnellere Walze mit 33 UpM umläuft. Nach 20 Sekunden beginnt man, in Abständen
von 30 Sekunden Proben des gebildeten Felles zu nehmen, die dann 30 Sekunden lang
bei 110°C und 20 atü gepreßt werden, unter Druck abgekühlt und auf 12 cm2 geschnitten
werden. In diesen Proben, in denen Stippen als runde oder ovale schwarze Teilchen
gut sichtbar sind, wird die Anzahl der Stippen bei 70facher Vergrößerung im diffusen
Durchlicht ausgezählt. Die Anzahl der Stippen wird mit zunehmender Walzzeit immer
geringer. Als Wertzahl wird die Walzzeit in Minuten angegeben, nach der die Anzahl
der Stippen in der 12 cm2 großen Probe unter 2 liegt.
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Zur Bestimmung der Schlauchwertzahlen wird eine in ähnlicher Weise
wie zur Bestimmung des Stippentestes zusammengestellte Mischung zu einem Schlauch
extrudiert
und der Schlauch nach der folgenden Skala beurteilt : 1. keine Stippen, 2. einzelne
kleine Stippen, 3. einzelne große Stippen, 4. viele kleine Stippen, 5. viele große
Stippen, 6. viele kleine und große Stippen.
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Die Rieselfähigkeit von pulverförmigen Stoffen wird durch die Wertzahl
dargestellt, die angibt, wieviel Gramm des Produktes in 1 Sekunde durch die Öffnung
eines Trichters von bestimmter Abmessung rieseln (Mittel aus fünf Messungen). Die
im folgenden angegebenen Maße und Mengen sind speziell den Bedürfnissen bei der
Verarbeitung von Polyvinylchlorid angepaßt. Der aus V2A-Blech gefertigte, innen
polierte Trichter hat folgende Abmessungen: Trichterwinkel ............... 60° Höhe
des Trichters .. .... . 15 cm Trichterausflußöffnung ............... 4 cm Fassungsvermögen
........... etwa 1,2 1 Menge des Produktes ............... 300 g Zur Messung der
Rieselfähigkeit läßt man das mit Weichmacher angemaischte Produkt über Nacht stehen,
siebt es dann durch ein 1000-1l-Sieb und gibt es in den Trichter.
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Vergleichsversuche A bis E In einem emaillierten 150-l-Autoklav mit
eingebautem Rührer und Stromstörer werden nacheinander 180 Gewichtsteile voll entsalztes
Wasser, 0,2 Gewichtsteile Dilaurylperoxyd, 1 Gewichtsteil Trichloräthylen (als Regler)
sowie verschiedene Teilester in wechselnden Mengen (s. Tabelle II), jedoch ohne
Zusatz eines weiteren Suspensionsmittels, eingesetzt. Nach Schließen des Autoklavs
und Spülen mit Stickstoff werden 100 Gewichtsteile Vinylchlorid zugegeben. Nach
einer Polymerisationsdauer von etwa 12 Stunden bei einer Polymerisationstemperatur
von 57°C wird der Inhalt des Autoklavs von der wäßrigen Phase getrennt und anschließend
getrocknet. Die Eigenschaften der erhaltenen Polymerisate sind der Tabelle II zu
entnehmen.
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Die Bestimmung der Werte erfolgte in der in den Beispielen 1 bis 4
beschriebenen Weise.
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Tabelle I
Suspensionsmittel |
Beispiel |
Art % art % Art % |
1 Polyvinylalkohol 0,23 Citronensäuredilauryl- 0,10 Laurylalkohol
0,10 |
ester |
2 Polyvinylalkohol 0,23 Citronensäuredilauryl- 0.10 Laurylalkohol
0,10 |
ester |
3 Polyvinylalkohol 0,23 Malonsäuremono- 0,10 Laurylalkohol
0,10 |
laurylester |
4 Polyvinylalkohol 0,23 Citronensäuredinonyl- 0,10 Laurylalkohol
0,10 |
ester |
Tabelle 1 (1. Fortsetzung)
Weichmacher Rieselfähigkeit, |
Beispiel K-Wert Schüttvolumen Stippentest Schlauchwertzahl |
aufnahme Trichter 4 cm |
1 70,9 177 4,4 2,5 4 150 |
2 70,3 201 4,3 3,0 5 190 |
3 70,5 180 4,4 2,0 2 224 |
4 70,6 190 3,8 4,0 4 178 |
Tabelle 1(2. Fortsetzung)
Siebanalyse |
Beispiel |
<60 µ 60 µ 100 µ 150 µ 200 µ 250 µ 300 µ 400 µ 500 µ 750
µ 1000 µ |
1 10,2 27,0 45,9 14,8 2,0 Spur |
2 4,7 38,4 46,6 12,3 Spur |
3 1,6 20,0 49,8 28,3 0,4 Spur Spur |
Tabelle II
Riesel- |
Weich- |
Vergleichs- Suspensionsmittel schütt- fähigkeit, Stippen- Schlauch- |
K-Wert |
versuch macher- |
volumen Trichter test wertzahl |
aufnahme |
Art % 4 cm |
A Citronensäure- 0,40 60,5 137 2,5 254 >5 6 |
dilaurylester |
B Citronensäure- 0,30 61,3 141 2,6 273 >5 6 |
dilaurylester |
C Citronensäure- 0,20 60,6 150 3,1 246 >5 6 |
dilaurylester |
D Citronensäure- 0,40 63,8 198 3,4 248 >5 6 |
dinonylester |
E Malonsäuremono- 0,40 61,7 146 2,9 200 >5 6 |
laurylester |
Tabelle II (Fortsetzung)
Vergleichs Siebanalyse |
versuch <60 µ 60 µ 100 µ 150 µ 200 µ 250 µ 300 µ 400 µ 500
µ 750 µ 1000 µ |
A - - 0,4 1,1 14,6 33,8 31,2 9,6 8,5 0,7 - |
B Spur 0,2 2,0 21,4 25,3 19,2 19,4 7,5 3,6 0,4 1,2 |
C Spur 0,3 1,3 9,2 22,0 30,5 24,6 7,2 3,3 0,7 1,0 |
D Spur 0,7 5,4 5,8 17,9 25,9 30,0 8,4 3,7 1,0 1,3 |
E 4,9 1,3 4,9 31,6 ; 24,6 10,2 3,6 @ 1,3 4,3 2,0 11,2 |