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Verfahren zum Aufsticken von Stahlschmelzen . Es ist bekannt,
daß die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Zugfestigkeit und die Duktilität
von Stählen dadurch verbessert werden können, daß in der Stahlgrundmasse schwerlösliche
Metallnitride in feinverteilter Form ausgeschieden werden. Als Metallnitrid kommt
beispielsweise Aluminiumnitrid in Frage, oder auch die Nitride der Metalle Beryllium,
Niob, Titan, Zirkonium oder Vanadium. Die Ausfällung der Nitride wird dadurch bewirkt,
daß entweder zunächst eines oder mehrere der genannten Metalle dem schmelzflüssigen
Stahl zulegiert und die Schmelze dann mit Stickstoff angereichert wird. Es ist jedoch
auch möglich, umgekehrt zu verfahren, also den Stahl zunächst mit Stickstoff anzureichern
und dann erst die die Nitridausscheidung bewirkenden Legierungsmetalle zuzusetzen.
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Für das Aufsticken des Metallbades sind bereits verschiedene Verfahren
bekannt, die grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilt werden können: 1. Verfahren,
bei denen der Stickstoff- unmittelbar der Stahlschmelze zugeführt wird (direkte
Verfahren); 2. Verfahren, bei denen der Stickstoff der auf der Stahlschmelze befindlichen
Schlackenschicht zugesetzt wird (indirekte Verfahren).
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Ein direktes Verfahren zur Stahlaufstickung ist in der deutschen Patentschrift
954 508 beschrieben, und zwar wird dort so vorgegangen, daß das Stahlbad
zunächst mit einer Aluminium-Silizium-K'alzium-Legierung desoxydiert wird und sodann
dem Stahlbad Stickstoff in solchen Mengen zugesetzt wird, daß sich aus der analytisch
bestimmbaren Stickstoffmenge mindestens 0,01 bis höchstens 0,30% Aluminiumnitrid
bilden kann. Der Stickstoff kann in elementarer Form zugegeben werden, wie dies
beispielsweise beim Windfrischen geschieht, oder auch in Form von Stickstoffverbindungen,
die sich dann im flüssigen Stahl zersetzen.
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Aus der schweizerischen Patentschrift 341949 ist es bekannt, eine
Metallschmelze dadurch in intensive Berührung mit einem Behandlungsgas zu bringen,
- daß das Gas durch eine poröse Platte, die sich im Innern des Metallbades
befindet in dieses eingeleitet wird. Durch die feinen Poren der Platte wird das
Gas in zahlreiche Bläschen zerlegt, wodurch eine große Berührungsfläche zwischen
Gas und Metallschnielze geschaffen wird.
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Einn weiteres bekanntes direktes Verfahren sieht vor, den Stickstoff
in Form von Vorlegierungen, etwa in Form von mit Stickstoff angereichertem Ferromangan
in die Schmelze einzubringen. An Stelle von Vorlegierungen können auch stickstoffhaltige
Verbindungen, etwa Kalziumnitrat od. dgl., verwendet werden.
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Zu den indirekten Verfahren ist eine Arbeitsweise zu zählen, bei welcher
zunächst' eine Spezialschlacke aus Kaliumferrocyanid oder Kaliumferricyanid hergestellt
wird, die sodann auf die, Stahlschmelze aufgebracht wird. Ein analoges Verfahren
ist bekannt, bei welchem aus Kalziumcyanid. und Silikatsand eine Spezialschlacke
erzeugt wird. Diese Schlacken geben beim Erhitzen auf hohe Temperaturen Stickstoff
ab, der dann über die Grenzschicht Schlacke--Schmelze in die Stahlschmelze wandert.
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Die indirekten Verfahren haben allgemein den Nachteil, daß sie insbesondere
im großtechnischen Maßstab nur schwer durchzuführen sind. Außerdem erfordern sie
wegen der meist kleineren Berührungsfläche zwischen Schlacke und Schmelze eine längere
Behandlungszeit.
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Bei den direkten Verfahren ist es nachteilig, daß das Aufstickungsmittel,
also in der Regel Stickstoff, durch eine Lanze od. dgl. tief in das Metallbad eingebracht
werden muß. Bei Verwendung von Vorlegierungen ist es oft unerwünscht daß außer dem
Lea' ierungsbestandteil Stickstoff auch noch andere Stoffe, etwa Mangan, Kalzium
od. dgl., in die Stahlschmelze gelangen.
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Bei den Lanzenverfahren wirkt sich noch die Tatsache nachteilig aus,
daß die Lanze infolge der hohen Ofentemperatur oberhalb des Bades stark verbrennt
und im Inneren des Bades erweicht und sich dadurch
durchbiegt. Dies
bat zur Folge, daß ein relativ hoher Verbrauch an Lanzen das Verfahren verteuert
und daß andererseits während der Begasung nicht mit Sicherheit festgestellt werden
kann, ob das Aufstickungsmittel auch tief genug in die Metallschmelze eingeleitet
wird.
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Erfindungsgemäß wird nun ein neues Verfahren vorgeschlagen, welches
weder zu den direkten noch zu den indirekten Verfahren gerechnet werden kann, sondern
zwischen diesen beiden Verfahrensarten liegt. Das neue Verfahren zum Aufsticken
von Stahlschmelzen durch Einleiten von bei hohen Temperaturen stickstoffabgebenden
Verbindungen, wie Kalkstickstoff oder Nitriden, mittels Stickstoff und/oder gegen
Stahl und Schlacke inertem Gas als Trägerstoff ist dadurch gekennzeichnet, daß die
stickstoffabgebenden Verbindungen allein oder in Mischung mit freiem Kohlenstoff
mit Hilfe des Trägergases zwischen Schlackendecke und Stahlbadoberfläche geblasen
wird. Das Verfahren kann in offenen Herdöfen, wie Siemens-Martin-Öfen, Elektrolichtbogenöfen
sowie in den bekannten Aufblaskonvertern durchgeführt werden. Ein wesentlicher Unterschied
zu den bekannten Verfahren liegt im Ort der Stickstoffversorgungsquelle. Während
nämlich diese Stickstoffquelle bei den direkten Verfahren immer innerhalb des geschmolzenen
Stahles liegt, ist dies beim Verfahren gemäß der Erfindung nicht der Fall, sondern
die Quelle liegt dort innerhalb der Grenzschiebt zwischen Stahlbadoberfläche und
Schlackenschicht. Hierdurch ergibt sich der Vorteil, daß das Zuführungsrohr nicht
sehr tief in das Bad eintauchen muß, wodurch es thermisch geschont wird. Tritt jedoch
im Laufe längerer Behandlungen dennoch eine Erweichung des Rohres ein, so schwimmt
dieses wegen seines spezifischen Gewichtes an der Grenzflächen zwischen Stahlbad
und Schlackenschicht und verändert folglich seinen Ort nicht. Dies bedeutet, daß
auch bei stark erweichender Zuführungslanze der ursprünglich gewählte Ort der Aufstickungsreaktion
beibehalten wird, wodurch während des gesamten Behandlungszeitraumes konstante Verhältnisse
geschaffen sind.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Zuführungsrohr,
welches ungeschützt oder gegen Wärme isoliert sein kann, in den Schlakkenbelag in
einem spitzen Winkel zur Schlackenoberfläche eingeführt und so gehalten, daß seine
öffnung leicht über der Grenzfläche zwischen Schlacke und Metall im unteren Teil
des Schlackenbelages zu liegen kommt. Die Lage der Grenzfläche zwischen Metall und
Schlacke kann leicht durch die, plötzliche Vergrößerung des Widerstandes durch den
Bedienenden, der das Zuführungsrohr in die Schlacke einführt, ermittelt werden.
Der Winkel, der zwischen der Schlackenoberfläche und dem Zuführungsrohr einzuhalten
ist, hängt vom Aufbau des Ofens ab. Im allgemeinen wird dieser Winkel zwischen etwa
15
und 601 liegen.
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Diese Anordnung ist schematisch in F i g. 1 dargestellt. In
dieser Figur ist 1 die äußere Wand des Ofens, 2 die Beschickungstür,
3 das Zuführungsrohr, 4 die Wärmeisolation, die um das Rohr 3 gelegt
ist 5 die Schlacke und 6 der geschmolzene Stahl.
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Mit dem Einblasen des festen, zersetzbaren Nitrides, z. B. Kalziumnitrid,
wird gleich, nachdem das Zuführungsrohr in die geeignete Lage gebracht ist, begonnen.
Ein Zuführungsrohr mit einer ausreichenden Wärmeisolierschicht ist ständig zur Aufrechterhaltung
der -oben angeführten relativen Lage während des Nitridblasbetriebes geeignet. Wenn
jedoch das Zuführungsrohr nicht gegen Wärme geschützt ist, beginnt der Teil des
Rohres, welcher der heißen Ofenatmosphäre ausgesetzt ist, zu erweichen, sobald er
eingeführt wird, und biegt sich schließlich unter seinem eiaenen Gewicht und infolge
des Auftriebes durch.
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Andererseits behält der in der Schlacke befindliche Teil des Rohres
infolge der Kühlwirkung des ihn durchströmenden Gases und der Isolationswirkung
der Schlacke, die sich in fester Form über einem Teil des Rohres niederschlägt,
seine gerade Form bei. In-
folge des spezifischen Gewichtes des Rohres
nimmt
das Rohr nun eine Lage im unteren Schlackenteil ein, die ungefähr parallel
zur Badoberfläche ist, ohne jedoch in das geschmolzene Metallbad einzusinken. Diese
Lage ist schematisch in F i g. 2 dargestellt, in welcher die gleichen Bezugszeichen
verwendet wurden wie in F i g. 1.
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Sobald das Gas in die Grenzzone zwischen Schlacke und Metallbad einströmt,
erzeugt jede Gasblase dort kurzzeitig einen Behandlungsraum, in der das vom Trägergas
mitgeführte feste Aufstickungsmittel eingeführt wird. An der Metalloberfläche vollzieht
sich sodann eine Zersetzungsreaktion, die im Falle von Kalkstickstoff durch folgende
Gleichung wiedergegeben werden kann:
CaCN, --> Ca + C + 2N - Q Kalorien. |
Die Gleichung zeigt, daß außer Stickstoff noch Kalzium und Kohlenstoff entstehen,
zwei Elemente, die mit dem in Form von Fe0 vorhandenen Sauerstoff reagieren und
den Stahl hierdurch desoxydieren.
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Das bei der Desoxydation entstandene CaO wird von der Schlacke absorbiert,
während das CO
eine heftige Bewegung der Metallbadoberfläche hervorruft. Der
freigesetzte Stickstoff kommt nunmehr, durch die Badbewegung unterstützt, mit dem
geschmolzenen Stahl in innige Berührung. Es wurde erkannt, daß die durch die Reaktion
des Kohlenstoffs mit dem Sauerstoff hervorgerufene Badbewegung ein wichtiger Faktor
bei der Stahlaufstickung ist.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung wird daher weiter vorgeschlagen,
zusammen mit den stickstoffabgebenden Verbindungen gegebenenfalls noch freien Kohlenstoff
in das Bad einzublasen. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn das stickstoffabgebende
Mittel selbst keinen Kohlenstoff enthält und wenn infolge der Badzusammensetzung
und der Art des erschmolzenen Stahles eine Aufkohlungsgefahr durch diese Behandlungsweise
nicht besteht.
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Wird als stickstoffabgebendes Mittel Kalziumcyanamid verwendet, so
ist der Zusatz von weiterem Kohlenstoff in der Regel nicht erforderlich. Allerdings
kann auch hier vorteilhafterweise technischer Kalkstickstoff verwendet werden, so
wie er in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Dieser Kalkstickstoff zeichnet sich
dadurch aus, daß er außer Kalziumcyanamid noch freien Kohlenstoff und etwas Kalk
enthält.
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Das erfindungsgemäße Verfahren soll anschließend noch an einem Ausführungsbeispiel
erläutert werden: Ungefähr 10 t Stahl wurden in einem basischen Siemens-Martin-Ofen
mit einer Nennkapazität von
10 t geschmolzen. Die Dicke des
Schlackenbelages, welche aus einer typisch dunkelgrauen Oxydationsschlacke bestand,
betrug nach der Beendigung des oxydierenden Verfeinerungsstadiums ungefähr
13 cm. Ein Stahlrohr, wie es in F i g. 2 dargestellt ist, wurde ohne
Anwendung eines Wärmeschutzes in einem Winkel von ungefähr 40' zur Schlackenoberfläche
in den Schlackenbelag hineingeschoben.
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Hiernach wurde für landwirtschaftliche Zwecke bestimmter Kalkstickstoff
(Zusammensetzung: 55 % CaCN., 33% Ca0, 12% Q in den Ofen eingeblasen, und
zwar etwa 0,8 kg Kalkstickstoff je Tonne geschmolzenen Stahles. Als
Träger wurde Stickstoffgas verwendet.
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Nach der Beendigung des Einblasens wurde die Zusammensetzung und die
Temperatur des geschmolzenen Stahles auf die Sollwerte eingestellt und der Stahl
in bekannter Weise abgestochen. Die chemische Zusammensetzung des Stahles geht aus
der nachfolgenden Tabelle hervor:
Schlacke Stahl |
Gesamt-Fe C si Mn 1 P S lö'
N |
1 1 slich beute |
Vor dem Blasen ........... |
12,20 |
18,55 |
0,20 |
0 20 0 82 0,034 0,026 0 045
0,018 15 |
Nach dem Blasen .......... 9,80 5,80 0,12
0:23 |
1:42 |
0,009 0,008 0:05 0,015 15 |
Es ist ersichtlich, daß eine wirksame Aufstickung erzielt wurde. Der Grund, warum
der Gehalt an Aluminium ungewöhnlich hoch liegt, ist der, daß dieses Element zur
Bildung von Aluminiunmitrid dem Stahl zugesetzt wurde.