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Feststofftreibsatz Die Erfindung bezieht sich auf einen einstückigen
ringförmigen Raketen-Feststofftreibsatz mit einer freien Brennoberfläche zum geregelten
Abbrand, wobei eine Hemmschicht mit der Außenoberfläche des Treibsatzes fest verbunden
und Treibsatz samt Hemmschicht in einem Gehäuse mit einem eine freie Bewegung gewährleistenden
Spiel angeordnet ist.
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Das Hauptproblem bei Feststofftreibsätzen für Raketen ist die Steuerung
der Brenngeschwindigkeit des Treibsatzes. Feststofftreibsätze weisen zu diesem Zweck
eine Brennfläche von bestimmter Ausdehnung auf. Entstehen jedoch Risse im Treibsatz,
so vergrößert sich die Brennfläche desselben, und übersteigt diese eine maximale
Grenze, so besteht die Gefahr der Zerstörung des ganzen Triebwerkes durch Explosion.
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Während der Lagerung können Risse und Sprünge im Treibsatz entstehen
und zwar durch Beanspruchung des Treibsatzes als solchen oder der Verbundstelle
des Treibsatzes mit einer Fläche infolge der Ausdehnung bzw. der Schrumpfung des
Treibsatzes während des normalen Wärmekreislaufs, dem er ausgesetzt ist. Besonders
störend sind diese Risse und Sprünge bei doppelbasigen Treibstoffen, welche zur
Brüchigkeit neigen. Ein Treibsatz kann z. B. während der Lagerung einer Temperatur
von -60 bis -f-70° C ausgesetzt sein und somit einem Temperaturunterschied von 130°
C. Im Laufe der Jahre kann ferner der Treibsatz infolge der Änderung der Jahreszeiten
periodischen Temperaturschwankungen ausgesetzt sein. Auch diese beanspruchen den
Treibsatz während der Lagerung und rufen Risse und Sprünge hervor.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einer schädlichen Beeinflussung
von Treibsätzen der eingangs umrissenen Art durch temperaturbedingte Form- und/oder
Volumenänderungen entgegenzuwirken, insbesondere Risse und Sprünge zu vermeiden.
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Ein Versuch zur Lösung dieser Aufgabe ist bei einer Rakete bekanntgeworden,
bei der sowohl der zylindrische Treibsatz als auch gegebenenfalls vorgesehene mit
diesem durch Kleben verbundene Hemmschichten eine durchlaufende Umfangsfläche aufweisen.
Das Problem, Spannungen zu vermeiden, wird hier dadurch angegangen, daß zwischen
Treibsatz und Brennkammerinnenwandung eine Polsterung vorgesehen wird. Eine solche
Polsterung verhindert jedoch nicht Wärmespannungen im Treibsatz und der Schicht.
Außen ist auf die zylindrische Oberfläche des Treibsatzes ein federndes oder gummiartiges
Schlauchgebilde aufgeklebt. Nach Einbringen des Treibsatzes in das Gehäuse wird
die Gummischlauchkonstruktion aufgeblasen, und das Aggregat wird erhöhten Temperaturen
ausgesetzt, um die Bindung zwischen der Schlauchkonstruktion und der Innenwand des
Gehäuses einerseits und der Außenwand des Treibsatzes andererseits zu härten oder
zu vulkanisieren. Das Treibmittel kann hierbei ebenfalls gehärtet oder vulkanisiert
werden. Eine solche Konstruktion ist aufwendig im Aufbau und hat darüber hinaus
den Nachteil, daß bereits beim Aufblasen des Schlauchmantels Spannungen im Treibsatz
entstehen können.
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Bei einer anderen bekannten Konstruktion ist eine wellpappenartige
Polsterschicht einerseits auf die Außenfläche einer Hemmschicht des Treibsatzes
aufgeklebt und andererseits auch mit der Innenfläche des Gehäuses verklebt. Bei
Formänderungen des Gehäuses werden somit Kräfte auf den Treibstoffsatz übertragen.
Auch ist eine solche Konstruktion aufwendig im Aufbau.
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Die Erfindung löst die oben dargelegte Aufgabe unter Vermeidung der
Mängel der bekannten Lösungsversuche dadurch, daß die Hemmschicht eine Nut aufweist,
welche sich längs des Treibsatzes über dessen ganze Länge erstreckt. Ein solcher
Treibsatz kann sich in bezug auf das Gehäuse frei bewegen, um Spannungen infolge
Ausdehnung und Schrumpfung zu vermeiden.
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Er ist einfach, kompakt und billig herstellbar und zuverlässig im
Betrieb.
Bei üblicher zylindrischer Ausbildung von Gehäuse und Treibsatz,
wobei letzterer eine die freie Brennoberfläche bildende axiale Öffnung aufweist,
erstreckt sich die Nut vorteilhaft durch den Treibsatz bis zur inneren Öffnung.
Dies vergrößert den Bereich, in dem sich der Treibsatz ohne wesentliche Spannungen
verformen kann.
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Der Treibsatz und die Außenhülle können als in das Gehäuse des Raketentriebwerkes
einfügbare Patrone ausgebildet sein.
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Der Treibsatz ist vorteilhaft doppelbasiger Art. Nachfolgend ist an
Hand der Zeichnung ein Ausführungsbeispiel der Erfindung beschrieben.
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F i g. 1 zeigt einen Längsschnitt durch ein Raketentriebwerk mit einem
Feststofftreibsatz gemäß Erfindung; F i g. 2 zeigt einen Querschnitt entlang der
Linie 2-2 gemäß F i g. 1, der den Treibsatz in Verbindung mit einer Flammhemmhülle
um seinen Umfang sowie die eine Ausdehnung und Schrumpfung des Treibsatzes hinsichtlich
des Gehäuses des Raketentriebwerkes ermöglichende Nut darstellt; F i g. 3 zeigt
eine der F i g. 2 ähnliche Ansicht, worin die Flammhemmhülle hinsichtlich des Gehäuses
des Triebwerks von der in F i g. 2 gezeigten Stellung abweicht.
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Das in der Zeichnung gezeigte Raketentriebwerk 10 besitzt ein im wesentlichen
zylindrisches Gehäuse 11 mit einer kuppelförmigen bzw. abgerundeten Stirnseite 12
und einer Düse 13 an der entgegengesetzten oder Rückseite des Triebwerks. Im Gehäuse
11 befindet sich ein Feststofftreibsatz 14 mit einer axialen Öffnung 15 und einer
äußeren Umfangshülle 16 aus einem Flammhemmaterial, mit dem der Treibsatz über seine
ganze Ausdehnung verbunden ist. Der Treibsatz 14 ist an seinem Vorderende
durch einen nachgiebigen Halteteil23 und das angerundete oder kuppelförmige Ende
12 gehalten. Der Hemmteil 16 ist zur Aufnahme des Halteteiles 23 unterschnitten,
welcher auf seiner senkrechten Oberfläche 24 liegt. Der Treibsatz 14 weist eine
Brennfläche um den Umfang der axialen Öffnungen 15 sowie die ringförmigen Oberflächen
17 an beiden Enden auf. Es ist ersichtlich, daß sich die axiale Öffnung 15 durch
die Gesamtlänge des Treibsatzes 14 erstrecken kann oder daß der Treibsatz an einem
oder beiden Enden verengt sein kann.
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Der Treibsatz 14 kann aus jedem beliebigen festen Treibstoff,
wie z. B. einem auf der Basis von Polysulfidpolymerisaten hergestellten Material
oder anderem geeignetem ein- oder mehrbasigem Material und insbesondere aus einem
doppelbasigen Material bestehen. Die Flammhemmhülle 16 kann aus Kunststoff, wie
z. B. Zelluloseazetat bestehen, welches, wenn überhaupt, langsamer als der Treibsatz
brennt. Der Feststofftreibsatz 14 ist in die Hülle 16 eingegossen oder anderweitig
in die Hülle geklebt, um eine Patrone zu bilden, die wiederum in das Gehäuse eingefügt
ist. Dementsprechend sind das Gehäuse 11, die Düse 13 und das Vorderende 12 in einzelne
Teile getrennt, wobei das Gehäuse an dem einen oder anderen Ende offen ist, um die
Patrone aufzunehmen. Die Düse 13 hat an ihrem Vorderende einen sich nach hinten
erstreckenden ringförmigen Flansch 18, welcher in das Hinterende 19 des Gehäuses
11 an seinem offenen Ende eingefügt wird und ihm eng angepaßt ist. Der Flansch 18
der Düse 13 und die hinten überragende Kante 19 des Gehäuses sind auf geeignete
Weise miteinander verbunden. Ähnlich ist das Vorderende 12 gebaut und in den Vorderteil
des- Gehäuses 11 eingefügt, wobei es an der Seite des Halteteils 23 anliegt, die
der senkrechten Oberfläche 24 gegenüberliegt.
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Die Anordnung weist in der Flammhemmhülle 16, in welche der Treibsatz
gegossen ist und mit welcher er verbunden ist, eine Längsnut 20 auf, welche dem
mit der Hülle 16 kombinierten Feststofftreibsatz erlaubt, als Einheit sowohl radial
als auch in Umfangsrichtung nachzugeben, je nach Ausdehnung oder Schrumpfung infolge
Temperaturänderung, wodurch die Spannungen im Treibsatz wesentlich herabgesetzt
werden. Hinsichtlich des Gehäuses 11 des Triebwerkes kann sich die Hülle 16 frei
dehnen oder zusammenziehen, die am elastischen Halteteil 23 axial gehalten wird.
Das Treibsatzmaterial 14 ist auch mit einer Nut 21 versehen, die rittlings auf der
Nut 20 in der Hülle 16 sitzt, wie in F i g. 2 und 3 gezeigt. Wie daraus ersichtlich,
bilden die Nut 21 und die Öffnung 15 eine schlüssellochähnliche Öffnung im Treibsatz,
sie kann jedoch auch eine andere Form aufweisen.
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In F i g. 2 ist entsprechend einer hohen Temperatur die maximale Ausdehnung
des Treibsatzes 14 gezeigt, während in F i g. 3 ein engerer Abstand zwisehen den
Wänden der Nut 20 dargestellt ist, welcher der maximalen Schrumpfung des Treibsatzes
14, der niederen Temperatur zufolge, entspricht. Der Unterschied des Abstandes zwischen
den Wänden der Nut mag gering sein, ist jedoch zu Erläuterungszwecken in der Zeichnung
größer dargestellt. Zwischen der Hülle 16 und dem Gehäuse 11 ist genügend Zwischenraum
vorhanden, so daß das Gehäuse den Treibsatz nicht abhält, sich unter thermischen
Einflüssen zusammenzuziehen.
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Der Feststofftreibsatz ist durch Guß oder anderweitig dem Umriß der
Hülle 16 angepaßt, wobei die Öffnung 15 und die Nut 21 im Gehäuse in an sich bekannter
Weise hergestellt sind. Der Treibsatz 14 ist in einem Stück mit der Hülle 16 gebaut
und bildet die Mittelöffnung 15 und die Nut 21. Kühlt der Treibsatz 14 ab, zieht
er sich zusammen und vermindert seine Länge. Gleichzeitig zieht sich die Hülle 16
zusammen und bewegt sich, um die Schrumpfungsunterschiede der verschiedenen Materialien
auszugleichen. Der Treibsatz 14 bildet mit der Hülle 16 eine Einheit und wird in
das offene Ende des Gehäuses 11 wie eine Patrone eingefügt, was aus F i g.1 ersichtlich
ist. Hierauf wird das Ende der Düse 13 (bzw. das Ende 12) in das offene Ende des
Gehäuses eingefügt, so daß der Flansch 18 der Düse 13 über das Ende 19 des Gehäuses
hängt, worauf die überlappten Teile miteinander verbunden werden. Daraufhin ist
das Raketentriebwerk vollständig und abfeuerbereit.
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Ein derartiges Raketentriebwerk erfährt vor dem Gebrauch oft eine
längere Lagerung. Eine solche Lagerung kann sich über Jahre erstrecken, wobei ein
derartiges Raketentriebwerk 10 normalerweise einem durch Temperaturänderungen
hervorgerufenen thermischen Zyklus, wie z. B. die Jahreszeiten, ausgesetzt ist.
So dehnen sich z. B. im Sommer das Gehäuse 11, der Verbundtreibsatz 14 und die mit
ihm verbundene Hülle 16 und vergrößern ihre Ausmaße entsprechend, wodurch eine Relativgleit-
Bewegung
zwischen der Hülle 16 und dem Gehäuse 11 hervorgerufen wird und sich die Breite
der Nuten 20 bzw. 21 in der Hülle bzw. im Treibsatz vergrößert. Durch
diese Relativbewegung zwischen der mit der Nut versehenen Hülle 16 und dem Raketengehäuse
11 wird jede Spannung im Treibsatz vermieden, welche Risse und Sprünge im Material
hervorrufen würde. Jede Spannung zwischen der Feststoffladung 14 und der
Hülle 16 wird also vor ihrem Entstehen in eine Bewegung der Hülle umgewandelt.
Im Winter ziehen sich das Gehäuse 11, der Verbundtreibsatz 14 und die Hülle 16 in
ungleichem Verhältnis zusammen, wodurch ebenfalls eine Bewegung der Hülle
16 hinsichtlich des Gehäuses 11 des Triebwerkes ausgelöst wird - wie in F
i g. 3 gezeigt -, ohne Spannungen im Treibsatz zu erzeugen, welche das Treibsatzmaterial
auseinanderdrängen und Risse darin hervorrufen würden.
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Es erhellt daraus, daß die vorliegende Erfindung eine verbesserte
Anordnung in einem Raketentriebwerk schafft, welche während thermischer Einflüsse
die Spannungen im Treibsatz aufhebt, die sonst Risse und Sprünge hervorrufen und
somit überdruck erzeugen würden. Ferner schafft die Erfindung einen Treibsatz, der
sich hinsichtlich des inneren Umfanges des Gehäuses frei bewegen kann, um Spannungen
infolge Ausdehnung bzw. Schrumpfung zu vermeiden, und welcher eine innere freie
Brennfläche und eine äußere Flammhemmfläche aufweist. Der Treibsatz kann sich seinem
Umfang nach im Gehäuse frei ausdehnen bzw. zusammenziehen; er wird einfach, kompakt
und billig hergestellt und ist im Betrieb zuverlässig und von einer bestimmten steuerbaren
Brenngeschwindigkeit.