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Vorrichtung zur Verbesserung des räumlichen Zwirngefüges von aus endlosen
künstlichen Fäden hergestellten Mehrfachzwirnen Die Erfindung bezieht sich auf eine
Vorrichtung zur Verbesserung des räumlichen Zwirngefüges von aus endlosen künstlichen
Fäden auf Doppeldrahtzwirnvorrichtungen hergestellten Mehrfachzwirnen, insbesondere
Cordzwirnen, welche zwischen Ballon und Abzugsvorrichtung angeordnet ist und dem
Zwirn eine Spannung erteilt.
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Ein solcher Faden hat wegen der nach dem Zwirnen in hohem Maße vorhandenen
Luftzwischenräume die unangenehme Eigenschaft, bei den ersten Belastungen diese
Zwischenräume durch radiale Annäherung der Einzelfäden zu verringern, wobei sich
ein steilerer Lauf der Drallwindungen ergibt, so daß dabei eine Fadenverlängerung
eintritt, die nicht wieder zurückgeht, also eine bleibende Dehnung. Erst wenn diese
Zwischenräume auf ein Minimum zurückgebildet sind, verhält sich solch ein Faden
elastisch, d. h., er dehnt sich bei Belastung aus und zieht sich - gemäß der Hysteresisschleife
seines Herstellungsmaterials - wieder zusammen.
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Wenn Fäden im erstgenannten Zustand mit einem elastischen Material
zusammen verarbeitet werden, dehnen sie sich bei gemeinsamer Belastung in gleichem
Maße aus, beginnen aber bei wiederholter Belastung erst dann mitzutragen, wenn die
neuen Belastungsdeformationen über die früheren hinausgehen. Dies wiederholt sich
so oft, bis die Fäden sich so weit gelängt haben, daß sie darüber hinausgehend sich
nur noch elastisch dehnen und kürzen. Inzwischen ist aber das mit ihnen zusammen
verarbeitete Material in einem solchen Maße an der Kraftaufnahme beteiligt worden,
daß es überbeansprucht ist. Daher müssen diese Luftzwischenräume aus den Mehrfachzwirnen
in einem hierauf gerichteten Arbeitsgang beseitigt werden. Hierzu muß man die Fäden
vorübergehend einer entsprechend hohen, aber gleichmäßig großen Belastung unterwerfen.
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Es ist nun bekannt, derartige Zwirne vor ihrer Aufwicklung je nach
späterem Verwendungszweck einer ausgleichenden Reckung dadurch zu unterwerfen, daß
sie über eine kleinere oder größere Anzahl angetriebener Stufenscheiben geführt
werden, wobei die Durchmesser der einzelnen Scheibenstufen so gewählt sind, daß
sie dem Zwirn eine immer größer werdende Reckung erteilen. Derartige Reckvorrichtungen
sind durch den notwendigen Antrieb und dessen Ausrüstung mit Wechselrädern oder
ähnlichen Mitteln, um den gewünschten Reckungsgrad des Zwirns zu erreichen, sehr
kostspielig herzustellen und umständlich in die Zwirnmaschinen einzubauen. Oftmals
ist es auch notwendig, die Stufenscheiben gegen solche mit anderen Abmessungen auszutauschen,
um andere Reckungsverhältnisse einzustellen. Es ist also erforderlich, Wechselräder
wie auch Stufenscheiben in verschiedenen Größen auf Lager zu halten.
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Bei einem Reckprozeß in einer Stufenscheibeneinrichtung müssen die
Fäden sehr großen Spannkräften ausgesetzt werden, wenn man in den schraubenförmig
verlaufenden Einzelfäden des Mehrfachzwirns Querkraftkomponenten erzeugen will,
die so groß sind, daß eine Verringerung der Luftzwischenräume erzielt wird. Wegen
der mit wachsender Schraubensteigung sehr schnell abfallenden Größe dieser Querkomponenten
läßt sich eine optimale Angleichung der Einzelfäden mit einer solchen »Nur-Zug«-Vorrichtung
nicht erreichen. Denn die Stufenscheiben vermögen auf den Cord nur in Fadenlängsrichtung
einzuwirken.
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Erfindungsgemäß sollen diese Mängel dadurch beseitigt werden, daß
zwischen dem durch die Doppeldrahtzwirnspindel gebildeten Fadenballon und der Abzugsvorrichtung
für den Faden eine den Faden mehrfach entgegengesetzt mit kleinen Krümmungsradien
umlenkende Leitvorrichtung angeordnet ist, die im wesentlichen aus zwei zueinander
parallel und senkrecht zum Fadenlauf stehenden Umlenkstiften besteht, welche an
einem gemeinsamen Träger vorgesehen sind, der um eine parallel zu den Umlenkstiften
stehende Achse schwenkbar und feststellbar ist. Der dabei an Umlenkstiften in bekannter
Weise auftretende Reibungswiderstand ermöglicht es, daß die Abzugseinrichtung den
Faden in notwendigem, die bleibende Dehnung beseitigendem Maße vorspannt. Die dabei
erforderlichen Belastungskräfte sind nicht nur hoch anzusetzen, sie müssen darüber
hinaus auch sehr gleichmäßig aufgebracht sein, um immer den gleichen
Reckungsgrad
zu erreichen. Da die Reibungsbelastung bei vorgegebener Einstellung der Leitstifte
entsprechend dem konstanten Umschlingungswinkel ein gleichbleibender Verhältniswert
ist, wird sich die Ausgangsbelastung - also die von der Abzugseinrichtung auf den
Faden ausgeübte Belastung - immer nach der Eingangsbelastung einstellen. Es ist
also notwendig, die Eingangsbelastung ständig gleich groß zu halten. Dies geschieht
in einfacher, aber sehr genauer Weise durch den Fadenballon der Doppeldrahtzwirnspindel,
dessen Belastungsschwankungen so gering sind, daß sie für die Genauigkeit der vorliegenden
Reckvorrichtung nicht ins Gewicht fallen. Darüber hinaus wird die mit der erfindungsgemäßen
Vorrichtung gegenüber den bisher benutzten Stufenscheiben großen Durchmessers erzielte
Qualitätsverbesserung bei Mehrfachzwirnen noch dadurch entscheidend erhöht, daß
durch das Abziehen des Fadens über eine diesen mehrfach entgegengesetzt auf starker
Krümmung führende Umlenkeinrichtung neben der Durchwalkung des Mehrfachzwirns eine
gegenseitige Längsverschiebung seiner Einzelfäden unter deren gleichzeitiger Querbewegung
beim Überlauf über die kleinen Krümmungsradien der Umlenkstifte hervorgerufen wird,
über welche sie im Zwirnverband mit unterschiedlichen überlaufradien hinweggleiten.
Dadurch wird der von der Doppeldrahtzwirnspindel erzeugte Zwirnverband aufgelockert,
und die Einzelfäden erhalten die Möglichkeit, sich gegeneinander in Längs-und Querrichtung
zu bewegen, wobei sie sich unter der Abzugskraft ineinanderschmiegen und dabei eine
derart enge Lage zueinander einnehmen, daß die Zwischenräume auf ein Minimum verringert
sind.
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Durch die starke, entgegengesetzte Durchwalkung unter der hohen aber
gleichmäßigen Belastung werden die Längsbewegungen der Einzelfäden im Zwirn untereinander
völlig ausgeglichen, und es entsteht ein Mehrfachzwirn von sehr hoher Gleichmäßigkeit
und vollelastischem Verhalten des Zwirngefüges und damit von derjenigen Qualität,
wie sie beispielsweise für Textileinlagen in Autoreifen benötigt wird.
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Die Vorrichtung gemäß der Erfindung ist denkbar einfach und an jeder
Doppeldrahtzwirnspindel mit äußert geringem. Aufwand anbringbar. Sie gestattet ohne
Auswechslung irgendwelcher Teile mit ihren in ihrer Lage einstellbaren Umlenkstiften,
welche den darübergleitenden Zwirn aus seiner Geraden bis zu 360° ablenken und damit
je nach dem Grad seiner Ablenkung mehr oder weniger walken, eine sehr leichte Anpassung
an jeden gewünschten Reckungsgrad des Zwirns. Zweckmäßig finden zwei Umlenkstifte
Anwendung, wovon der eine um den anderen auf einer Kreisbahn einstellbar und somit
der Umschließungswinkel des umgelenkten Zwirns in weiten Grenzen wählbar ist.
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Es ist zwar bekannt, die Eigenschaften von auf Ablaufzwirnmaschinen
hergestellten Einfachzwirnen durch eine regelbare Bremsvorrichtung zwischen Fadenballon
und Abzugsvorrichtung zu verbessern, nachdem erkannt worden ist, daß bei diesen
Maschinen im gezwirnt ablaufenden und auf die Spule gewickelten Faden unterschiedliche
Spannungen herrschen, je nachdem der Faden vom Kopf oder vom Fuß der Lieferspule
oder von einer vollen oder einer leeren Lieferspule stammt. Die regelbare Bremsvorrichtung
sollte daher die Fadenspannung im der Aufwickelspule zu laufenden Faden konstant
halten. Die dabei sich ständig verstellende Fadenbremse bewirkt aber eine fortlaufende
Veränderung des Umschlingungswinkels des Fadens auf den Bremsstäben und der Reibungskräfte,
welche ihrem Wesen nach dem erfindungsgemäßen konstanten Walk- und Anpassungsausgleich
widerspricht. Derartige bei Einfachzwirnen angewandte Regelvorrichtungen sind nicht
geeignet, bei Mehrfachzwirnen die bleibende Dehnung in stets gleichbleibendem Maße
zu vernichten und die räumliche Zwirnstruktur in optimaler Weise zu komprimieren.
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Ferner ist die Anwendung von Umlenkstiften, insbesondere von Umlenkstiften
mit parallelen Achsen auf gemeinsamen, schwenkbaren Trägern für die Erzeugung von
Fadenspannungen z. B. bei Spuhnaschinen und Zettelmaschinen allgemein bekannt. Sie
dienen dort lediglich der Widerstandserhöhung zur Erzielung der in den einzelnen
Fällen benötigten Fadenspannung. Sie haben aber dort in keinem Fall die Aufgabe,
in einem Mehrfachzwirn die Einzelfäden gegeneinander zu einer ausgeglichenen Längs-
und Querverschiebung zu zwingen, indem dieser über stark gekrümmte Umlenkmittel
geführt wird, wobei die Einzelfäden des Zwirnverbandes dann mit unterschiedlichen
überlaufradien über die Umlenkstäbe hinweggleiten und dabei eine optimal enge Lage
zueinander einnehmen.
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Die als Bremsmittel im Fadenlauf an Textilmaschinen bekanntgewordenen
Leitstifte beziehen sich entweder auf Spinnmaschinen für künstliche Fäden, an denen
frischgesponnene Fäden ver- oder nachverstreckt werden - also einer Änderung in
ihrem molekularen Gefüge unterzogen werden -, oder auf Behandlungsmaschinen der
Textiltechnik, die nur dann richtig zu arbeiten pflegen, wenn die sie durchlaufenden
Fäden einer gewissen Vorspannung unterliegen. Keine dieser Maschinen läßt aber ein
Arbeitsverfahren erkennen, welches nach Höhe und Gleichmäßigkeit der vorzunehmenden
Belastung den Anforderungen beim Cordnachrecken entspricht. Die daran gestellten
Anforderungen sind nur dann zu erfüllen, wenn die Umlenkstifte erfindungsgemäß unmittelbar
nach dem Fadenballon einer Doppeldrahtzwirnspindel vorgesehen sind.
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In vorteilhafter Weiterentwicklung der Erfindung können die Umlenkstifte
zweckmäßig mit einer oder mehreren nebeneinander angeordneten Ringnuten versehen
sein, deren Durchmesser im Grund der Nuten gemessen und deren Breite von Nut zu
Nut abnehmen und welche als Leitflächen für den zu reckenden Zwirn dienen. Durch
entsprechende axiale Einstellung der einzeln verstellbaren Umlenkstifte kann die
gewünschte Ringnut zur Wirkung gebracht werden. Als Werkstoff für diese Leitstifte
kommt hochverschleißfestes Material, gegebenenfalls Sintertonerde, z. B. synthetischer
Saphir, in Frage.
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In den Fig. 1 bis 3 ist beispielsweise eine besonders vorteilhafte
und einfache Ausführungsform des Erfindungsgegenstandes in seinen wesentlichen Teilen
dargestellt, und zwar zeigt Fig.1 die zwischen Zwirnhalter und Abzugsvorrichtung
angeordnete Reckvorrichtung, Fig.2 Einzelteile der Reckvorrichtung ausführlicher
dargestellt und Fig. 3 die Seitenansicht der Teile nach Fig. 2.
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An dem ortsfesten Winkel 1 ist das Flachstück 2 befestigt, welches
seinerseits das Führungsauge 3 für den von der nicht dargestellten, unter dem Führungsauge
3 angeordneten Doppeldrahtzwirnspindel kommenden
Zwirn 4 trägt.
Auf dem Winkel 1 sitzt der Halter 5, in welchem der Umlenkstift 6 dreh- und längsverschiebbar
eingeklemmt ist. In dem auf dem Umlenkstift 6 drehbar aufgeklemmten Arm 7 sitzt
der ebenfalls dreh- und längsverschiebbar eingespannte Umlenkstift B. Die Umlenkstifte
6 und 8, welche das Recken des Zwirns 4 bewirken, können glatte zylindrische Stifte
sein oder auch, wie Fig. 3 zeigt, mehrere Leitnuten 9 mit unterschiedlichen Durchmessern
und Breiten für die verschiedenen Zwirnarten aufweisen. Oberhalb der Reckvorrichtung
befinden sich für den Abzug des gereckten Zwirns beispielsweise mehrere angetriebene
Abzugsrollen 10 und 11. Der von der Zwirnspindel kommende Zwirn 4 geht nach Fig.
1 durch das Führungsauge 3 sich reckend und walkend über die Umlenkstifte 6 und
8 und über die den Zwirn abziehenden Rollen 10 und 11 zur nicht dargestellten Aufwickelspule.
Die Umlenkstifte werden zweckmäßig, um dem Abrieb durch den zu verstreckenden Zwirn
entgegenzuwirken, aus hochverschleißfestem Werkstoff, vorzugsweise aus Sintertonerde,
z. B. synthetischem Saphir, hergestellt. Sie können auch aus Stahl bestehen und
gegebenenfalls mit einem hochverschleißfesten überzug, z. B. einer Hartchromauflage,
versehen sein.