-
Emulsion für Bauzwecke aus Gemischen von Bitumen und Teerbestandteilen
Im Bauwesen, vor allem im Straßenbau, werden Bitumenemulsionen wegen ihrer einfachen
Verarbeitung und guten Bewährung viel verwendet. Dessenungeachtet besteht seit langem
ein starkes Bedürfnis für ihre Verbesserung.
-
Man ist im Straßenbau bestrebt, bei bituminösen Bindemitteln die
Eigenschaften von Bitumen, welches sich durch eine große Plastizitätsspanne und
gute Alterungsbeständigkeit auszeichnet, mit denen von Steinkohlenteer zu vereinigen;
Steinkohlenteer besitzt den Vorzug einer besonders guten Benetzung der zu verkittenden
Mineralstoffe. Dies geschieht in der Praxis unter anderem durch Anwendung von Verschnittbitumen,
welches eine Mischung aus etwa 85 Teilen Bitumen und 15 Teilen flüchtigen Teerölen
darstellt, außerdem durch Verwendung von sogenanntem Teerasphalt, welcher aus einer
Mischung von etwa 2 Teilen Bitumen und 1 Teil Steinkohlenteer besteht. Teerasphalt
ist jedoch kein Handelsprodukt, sondern muß jeweils zur Aufbereitung von Belagsmassen
aus Bitumen und Teer am Bearbeitungsort hergestellt werden, weil die Mischung sich
während der Lagerung und des Transports im Gefäß entmischen würde.
-
Die Emulgierung von Verschnittbitumen oder Teerasphalt ist jedoch
nicht die Lösung für das Problem, Bitumenemulsionen mit einem Zusatz von haftungsverbessernden
Teerbestandteilen herzustellen. Verschnittbitumen ist an sich flüssig und bedarf
deshalb, abgesehen von Sonderzwecken, zur Verarbeitung keiner Emulgierung.
-
Bei einem Gemisch aus Bitumen und Steinkohlenteer, bei welchem der
Bitumenanteil überwiegt, ergibt sich die Schwierigkeit, daß auf Grund kolloidchemischer
Vorgänge sich die hochmolekularen Bestandteile des Steinkohlenteers in Flockenform
ausscheiden. Bei der üblichen Herstellungsweise von Teerasphalt durch Zusammengeben
der Mischungsbestandteile in der Mischanlage spielt dies keine Rolle, weil die feinverteilten
Flocken hochmolekularer Teerbestandteile in dem Bindemittelgemisch verteilt sind
und als plastischer Füller wirken. Anders ist dies, wenn man Emulsionen aus derartigen
Gemischen herstelleu will.
-
Hierbei stören die sich ausscheidenden Flocken der hochmolekularen
Teerbestandteile sehr; denn bei der Emulgierung ist es nötig, das schmelzflüssige
Bindemittel in kleine Teilchen von wenigen Mikron Durchmesser aufzuspalten. Dabei
stören diese Flocken, die sich nicht fein verteilen lassen. Die sich bildenden groben
Teilchen machen die Emulsion inhomogen und unbeständig.
-
Es hat sich gezeigt, daß man die Vorteile einer
Mischung von Teerbestandteilen
und Bitumen auch bei Emulsionen nutzbar machen kann, wenn man für diesen Zweck die
höchstsiedenden Bestandteile des Steinkohlenteers, technisch als Pechdestillat und
Pechkoksöl anfallend, verwendet. Es sind dies Steinkohlenteerfraktionen, welche
in ihrer Hauptmenge zwischen 350 und 480" C übergehen.
-
Die Erfindung betrifft demgemäß Emulsionen für Bauzwecke, enthaltend
eine Mischung von Bitumen und dieses weichmachenden Teerbestandteilen, wobei der
Bitumenanteil höher ist als der Anteil an Teerbestandteilen, dadurch gekennzeichnet,
daß der Weichmacher für das Bitumen aus Pechdestillat und/oder Pechkoksöl, d. h.
Teerdestillaten, welche zum überwiegenden Teil über 350" C destillieren, besteht.
-
Gegenüber dem als Verschnittmittel üblichen Anthracenöl haben diese
Destillate verschiedene Vorteile.
-
Einer besteht darin, daß ihre weichmachende Wirkung geringer ist.
Beispielsweise wird durch den Zusatz von 50/o Anthracenöl zum Emulgier-Bitumen dessen
Erweichungspunkt stark herabgesetzt. Es entsteht dadurch ein Bindemittel, welches
bei warmer Witterung zu weich ist und eine zu geringe Klebekraft besitzt.
-
Von den höchstsiedenden Steinkohlenteerbestandteilen der beschriebenen
Art kann man die drei- bis vierfache Menge zusetzen, um zu demselben Erweichungspunkt
zu gelangen. Da die Voraussetzung für die Wirksamkeit der Teerbestandteile ein Anteil
von mindestens 100/o ist, ergibt sich von selbst, daß Anthracenöl hierfür nicht
in Frage kommt. Dagegen sind die hochsiedenden Pechdestillate gut geeignet.
-
Ein weiterer Nachteil des Anthracenöls besteht darin, daß es zu mehr
als zwei Drittel unter 3500 C destilliert und sogar beträchtliche Mengen unter 300"
C
destillierender Anteile enthält. Die niederersiedenden Anteile
verflüchtigen sich nach der Anwendung des Bindemittels im Laufe der Zeit, was zur
Folge hat, daß der im Bindemittel verbleibende Anteil an Teerbestandteilen nur einen
Bruchteil der an sich schon geringen Anthracenölmenge beträgt. Demgegenüber haben
die Pechdestillate und das Pechkoksöl eine viel geringere Verdunstungsneigung und
verbleiben auf die Dauer in dem Bitumenbindemittel.
-
Die höchstsiedenden Teerfraktionen bieten gegenüber dem als Verschnittmittel
für Bitumen bekannten Anthracenöl außerdem den Vorteil, daß sie weniger Phenole
enthalten. Anthracenöl enthält davon 4 bis 5 °/0, die Pechdestillate in der Regel
weniger als 1 °/o.
-
Durch Herabsetzung des Phenolgehalts wird die Emulgierbarkeit verbessert.
-
Das beschriebene Stoffgemisch enthält wesentliche und dadurch auch
wirksame Anteile an Teerbestandteilen. Diese Emulsionen weisen insbesondere folgende
Vorteile auf: Die Emulsionen können auf kürzeste Brechzeit eingestellt werden, beispielsweise
4 Sekunden im Gegensatz zu 10 bis 20 Sekunden bei üblichen unstabilen Bitumen-Emulsionen.
Man kann wohl auch bei dem letzteren die Brechzeit noch verkürzen; aber dann leidet
die Lagerstabilität, so daß solche Bitumen-Emulsionen mit besonders kurzer Brechzeit
nicht mehr transport- und lagerfähig sind. Im Gegensatz dazu läßt sich bei Zusatz
höchstsiedender Teerdestillate eine sehr gute Lagerstabilität bei gleichzeitig kürzester
Brechzeit erreichen. Letzteres ist für die Praxis von größter Bedeutung; denn es
ist wichtig, daß die Emulsion sofort nach dem Verspritzen bricht und nicht durch
etwa eintretenden Regen verdünnt und weggewaschen wird.
-
Das erfindungsgemäße Bindemittelgemisch ermöglicht die Herstellung
verbesserter, frostbeständiger Emulsionen. Nach bisheriger Erfahrung und Praxis
war es notwendig, zur Erzielung von Frostbeständigkeit den Emulgatorgehalt der üblichen
Bitumen-Emulsionen wesentlich zu erhöhen. Je höher aber der Emulgatorgehalt, desto
länger ist die Brechzeit und um so empfindlicher sind solche Emulsionen gegen vorhandene
und hinzukommende Feuchtigkeit. Aus diesem Grunde ist es mit den bisherigen frostbeständigen
Emulsionen kaum möglich, im Winter haltbare Straßenbeläge herzustellen. Im Unterschied
dazu kann man durch Zusatz höchstsiedender Teerdestillate frostbeständige Emulsionen
bei bisher nicht bekannter kurzer Brechzeit herstellen. Dadurch ist es möglich,
die Sicherheit dieses Winterbauverfahrens wesentlich zu steigern.
-
Das erfindungsgemäße Bindemittel bildet beim Ausbreiten an der Luft
ein festes Oberflächenhäutchen im Gegensatz zum reinen Bitumen, das durch die ganze
Masse gleichbleibt. Dieses Häutchen ist zurückzuführen auf die unter dem Einfluß
der Luft an der Oberfläche des Bindemittels stattfindende Polymerisation, welche
zu einer Verharzung der polymerisierbaren Teerbestandteile führt. Diese Polymerisationshaut
wirkt in besonderem Maße rutschverhindernd, eine Tatsache, die auch von den reinen
Teerbindemitteln bekannt ist. Es ist infolgedessen durch das beschriebene Verfahren
möglich, einen wichtigen
Vorteil der Teerbindemittel auch auf die Bitumen-Bindemittel
zu übertragen.
-
Die hochsiedenden Teerdestillate bewirken eine Verbesserung der Haftungs-
und Benetzungseigenschaften, bedingt durch ihren aromatischen und teilweise polaren
Charakter im Gegensatz zu den im Bitumen enthaltenen Mineralölen, welche völlig
unpolar sind. Durch die üblichen Verschnittöle, wie Anthracenöl, wird diese Wirkung
nicht erreicht, weil diese zu stark erweichend wirken und deshalb nur in verhältnismäßig
geringer Menge zugesetzt werden können. Bei den hochsiedenden Teerdestillaten wird
diese Wirkung in hohem Maße erzielt, ohne daß das Bindemittel Bitumen zu stark erweicht
wird.
-
Mineralmassen, welche mit der erfindungsgemäßen Emulsion gebunden
werden, erreichen viel schneller eine hohe Stabilität als bei Verwendung üblicher
Bitumen-Emulsionen. Zum Nachweis wurden Mörtelmischungen aus Flußsand und Brechsand
unter Zusatz von Emulsion in Tontöpfe eingefüllt und der Anstieg der Festigkeit
der Masse durch Aufsetzen eines mit 20kg belasteten Stempels mit 1 qcm Druckfläche
geprüft.
-
Für eine Eindringtiefe von 8 mm ergaben sich folgende Belastungszeiten
in Sekunden:
Nach Erhärtungszeit in Tagen |
1 2 3 4 7 14 |
Handelsübliche, stabile |
Bitumen-Emulsion . . . 0 0 1,5 2 3,5 24 |
Erfindungsgemäße Emul- |
sion . 1 1 8 12 55 402 |
Der raschere Stabilitätsanstieg bei der erfindungsgemäßen Emulsion dürfte mit den
besseren Benetzungs-und Umhüllungseigenschaften des Bindemittels zusammenhängen.
-
Beispiel 65 Teile eines schmelzfiüssigen Gemisches aus 75 Teilen
Bitumen der Penetration 45 und 25 Teilen Pechdestillat, zu mehr als 800/o zwischen
350 bis 450" C destillierend, werden mit 35 Teilen einer Auflösung von 4 Teilen
Kali-Tallölseife in 96 Teilen Wasser emulgiert und anschließend in einer Homogenisiermaschine
auf feinste Verteilung gebracht.