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Verfahren zur Verbesserung der Anfärbbarkeit von Fasergebilden aus
Polyestern der Terephthalsäure mit 1,4-Dihydroxymethyl-cyclohexan Aromatische Polyester,
z. B. solche vom Typ der Polymethylenterephthalate, lassen sich auf Grund der fehlenden
basischen Eigenschaften mit sauren Farbstoffen nicht anfärben. Man hat versucht,
durch Mischkondensation mit basischen bifunktionellen Verbindungen zu Polyestern
zu gelangen, die eine Farbaffinität für saure Farbstoffe besitzen. Tatsächlich wird
bei den bekannten Verfahren eine gewisse Farbaffinität des Polyestermaterials für
saure Farbstoffe erzielt, jedoch ist diese meist ungenügend. Hinzu kommt, daß vor
allem die bei der Mischkondensation erhaltenen Verbindungen mehr oder weniger gelb
bis braun verfärbt sind und teils wegen dieser Eigenfärbung, teils auch wegen der
Verschlechterung der textiltechnischen Eigenschaften für den textilen Verwendungssektor
nicht in Frage kommen.
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Auch hat man versucht, geformte Gebilde aus aromatischen Polyestern
für saure Farbstoffe dadurch anfärbbar zu machen, daß man diese Gebilde in saurer
Flotte in Gegenwart wasserunlöslicher bis schwerlöslicher organischer Basen mit
sauren Farbstoffen färbt. Nach dieser Methode kann aber nur eine beschränkte Auswahl
von sauren Farbstoffen verwendet werden, die besondere konstitutionelle Voraussetzungen
erfüllen müssen.
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Man hat ferner versucht, den aromatischen Polyestern basische Eigenschaften
dadurch zu verleihen, daß man durch chemische Umsetzung tertiäre Aminogruppen in
das Molekül eingeführt hat. Die Polyester sind im allgemeinen jedoch gegen eine
Behandlung mit Aminen außerordentlich empfindlich. So läßt sich zwar die Anfärbbarkeit
aromatischer Polyester vom Typ der Polymethylenterephthalate mit sauren Farbstoffen
durch Behandlung mit Polyaminen oder bestimmten Aminoalkoholen bei höheren Temperaturen
verbessern. Bei einer derartigen Behandlung tritt jedoch eine Amidierung bzw. Aufspaltung
der Esterbindungen ein. Die Folge ist eine Faserschädigung und Verschlechterung
der textilen Eigenschaften, die sich unter anderem in einer Minderung der Reißfestigkeit
äußert.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Fasergebilde aus Polyestern der Terephthalsäure
oder deren zur Esterbildung geeigneten Derivaten mit 1,4-cis- oder trans-Dihydroxymethyl-cyclohexan,
sie wie in der französischen Patentschrift 1 161041 beschrieben sind, dadurch
mit anionischen Farbstoffen und solchen Farbstoffen, die mit basischen Gruppen reagieren
können, anfärben lassen, daß man in die Fasergebilde Säurehalogenidgruppen in an
sich bekannter Weise einführt und die Gebilde anschließend bei niederen Temperaturen
mit organischen Basen behandelt, die außer einer primären oder sekundären Aminogruppe
mindestens eine weitere basische Gruppe tragen. Auf diese Weise entstehen in den
Fasergebilden aus den genannten Polyestern chemisch gebundene, basische Gruppen
tragende Säureamidgruppen, die beim üblichen Färbeprozeß mit anionischen Farbstoffen
unter Salzbildung oder mit Farbstoffen, die beispielsweise die Vinylsulfongruppierung
oder eine andere reaktive Gruppe, z. B. einen Chlortriazinring enthalten, chemisch
reagieren können.
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Es war überraschend, daß es durch die erfindungsgemäße Behandlung
gelingt, Fasermaterial aus genannten Polyestern ohne merkliche Schädigung des Fasermaterials
und ohne Verschlechterung der textiltechnischen Eigenschaften so zu modifizieren,
daß es mit anionischen oder Reaktivfarbstoffen auf übliche Weise gefärbt werden
kann. Die Ursache hierfür dürfte darin zu suchen sein, daß es infolge der vorhergehenden
Einführung von Säurehalogenidgruppen möglich ist, die Aminbehandlung unter so milden
Bedingungen vorzunehmen, daß ein Angriff' der Polyesterbindungen praktisch nicht
erfolgt.
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Die Einführung der Säurehalogenidgruppen geschieht in an sich bekannter
Weise. So kann z. B. die Sulfochloridgruppe in der Weise eingeführt werden; daß
man auf die Fasergebilde aus genannten Polyestern, gegebenenfalls in Gegenwart eines
inerten Lösungsmittels, ein Gemisch von SO, und Chlor unter UV-Bestrahlung
oder in Gegenwart von Per-
Verbindungen bei normaler Temperatur
einwirken läßt. An Stelle von S 02 + C12 kann auch Sulfurylchlorid verwendet werden.
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Die Einführung der Phosphonylhalogenidgruppe erfolgt durch gleichzeitige
Einwirkung von Phosphortrichlorid und Sauerstoff bei normaler Temperatur, vorzugsweise
in Gegenwart eines inerten Lösungsmittels. Als inerte Lösungsmittel kommen beispielsweise
Perchloräthylen; Athylendichlorid, Dichlorbenzol und insbesondere Tetrachlorkohlenstoff
in Frage.
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Die Einwirkung von Phösgen bzw: Oxalylchlorid führt zur Einführung
der Carbonsäurechloridgruppe in die Fasergebilde aus genannten Polyestern.
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Die nachfolgende Einführung basischer Gruppen in das so präparierte
Polyestermaterial erfolgt durch kurzzeitige Behandlung mit organischen Basen, die
außer einer primären oder sekundären Aminogruppe mindestens noch eine basische Gruppe,
beispielsweise eine zweite primäre, sekundäre oder quartäre Aminogruppe besitzen,
bei Temperaturen nicht über 60°C, vorzugsweise bei 15 bis 25°C. Die Behandlung kann
mit den reinen organischen Basen oder mit Lösungen der Basen in Wasser und/oder
in indifferenten organischen Lösungsmitteln, z. B. Alkoholen, Dioxan, Benzol, Toluol
usw. vorgenommen werden. Besonders geeignet sind Basen vom Typ H2N-R-NH2 oder H2N-(R-NH)n-R-NH2
wobei n > 1 und R ein niedermolekularer Alkylenrest ist. Beispielsweise seien genannt
Monoalkylendiamin, Dialkylentriamin, Trialkylentetramin, N,N-Diäthyläthylendiamin
oder z. B. ein Amin der Formel
Die Dauer der Behandlung sowohl mit den zur Einführung von Säurehalogenidgruppen
befähigten Verbindungen als auch mit den organischen Basen kann sehr kurz gehalten
werden. Im allgemeinen genügen Einwirkungszeiten von bis zu 6 Minuten bei Raumtemperatur,
um sehr gute färberische Effekte ohne Schädigung der Fasereigenschaften zu erzielen.
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Die Dauer der Behandlung mit den organischen Basen ist in erster Linie
von der angewandten Temperatur abhängig. Bei Temperaturen von etwa 20 bis 30°C beträgt
die Einwirkungszeit vorzugsweise etwa 3 bis 5 Minuten. Bei höheren Temperaturen
sind kürzere Behandlungszeiten ausreichend und auch im Hinblick auf die Faserschonung
angebracht. Beispiel 1 Ein Chlor-Schwefeldioxyd-Gemisch wird durch eine Glasfritte
in Tetrachlorkohlenstoff eingeleitet. Sobald der Tetrachlorkohlenstoff mit SO2 und
C12 gesättigt ist, werden bei weiterem Einleiten des Gasgemisches Fasern aus einem
Polyester der Terephthalsäure mit 1,4-Dihydroxymethyl-cyclohexan in die Flüssigkeit
eingebracht und unter Bestrahlung mit UV-Licht 5 Minuten der Einwirkung von S 02
und C12 ausgesetzt. Dann wird mit Tetrachlorkohlenstoff nachgewaschen und an der
Luft getrocknet. Das trockene Fasermaterial wird sodann 5 Minuten in Diäthylentriamin
von 20°C getaucht und nach gründlichem Auswaschen in üblicher Weise bei 95°C im
Flottenverhältnis 1:50 mit einer Flotte gefärbt, die 2 °/o des Farbstoffs Nr. 974,
G. Schultz, Farbstofftabellen, 7. Auflage, Bd. 1 (1931), 30/, Ameisensäure
und 100/, Natriumsulfat enthält. Man erhält eine kräftige, waschechte Färbung. Auch
mit anderen anionischen Farbstoffen erhält man sehr gute Färbungen. Beispiel 2 Fasern
aus einem Polyester der Terephthalsäure mit 1,4-Dihydroxymethylcyclohexan werden
5 Minuten mit einer 20 °/oigen Lösung von Phosphortrichlorid in Tetrachlorkohlenstoff,
in die mit einer Fritte Sauerstoff eingeleitet wird, behandelt. Nach dem Spülen
mit Tetrachlorkohlenstoff und Trocknen an der Luft wird 5 Minuten bei 20°C mit Triäthylentetramin
behandelt. Das so präparierte Fasermaterial liefert, in üblicher Weise mit 20/,
des Farbstoffes Nr. 1199, G. Schultz, Farbstofftabellen, 7. Auflage, Bd. 1 (1931),
gefärbt, kräftige und waschechte Färbungen. Beispiel 3 2 g eines Gewebestückes aus
Fasern eines Polyesters der Terephthalsäure mit 1,4-Dihydroxymethylcyclohexan wird
8 Minuten lang bei 23'C unter Bestrahlung mit ultraviolettem Licht in 100 g einer
gesättigten Lösung von Phosgen in Tetrachlorkohlenstoff getaucht, anschließend mit
Tetrachlorkohlenstoff gespült und an der Luft getrocknet. Das trockene Gewebestück
wird sodann in 75 g einer 20 °/oigen Lösung von N,N-Diäthyläthylendiamin in Dioxan
eingebracht und 6 Minuten bei 24°C darin belassen. Dann wird mit Wasser von 80°C
gründlich gespült. Das so behandelte Gewebestück läßt sich in üblicher Weise bei
95°C während 30 Minuten mit einer Flotte (Flottenverhältnis 1:50) färben, die 20/,
des Farbstoffs Acid Blue 111 (Colour Index, 2. Ed. [1956], Nr. 62155), 3
°/o Ameisensäure und 10 % Natriumsulfat enthält.
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Mit gleichem Erfolg läßt sich das in beschriebener Weise vorbehandelte
Gewebestück auch mit gleichen Mengen des Farbstoffs Acid Red 80 (Colour Index, 2.
Ed., Nr. 68 215) oder Wool Jellow KS (Colour Index, 2. Ed. [1956], Nr. 19 130) anfärben.
Beispiel 4 3 g eines -,Gewirkes aus Fasern eines Polyesters, der durch Polykondensation
von Terephthalsäure und 1,4-Dihydroxymethyl-cyclohexan hergestellt wurde, werden
in 100 g einer 20 °/oigen Lösung von Oxalylchlorid in Tetrachlorkohlenstoff bei
25'C unter UV-Bestrahlung 9 Minuten getaucht, anschließend durch Spülen mit Tetrachlorkohlenstoff
vom überschüssigen Reagens befreit und an der Luft getrocknet. Das Gewebe wird dann
4 Minuten mit 50 g einer 50 °/oigen Lösung von Diäthylentriamin in Dioxan bei 23'C
behandelt. Nach Spülen mit heißem Wasser wird 1/2 Stunde bei 95°C mit einer Flotte
(Flottenverhältnis 1: 40) gefärbt, die 2 °/o des- Farbstoffs Acid Violett
50 (Colour Index, 2. Ed. [1956], Nr. 50 325), 3 °% Ameisensäure und 100/,
Natriumsulfat enthält. Mit praktisch gleich gutem Ergebnis kann auch mit einer gleichen
Menge des Farbstoffs Acid Blue 41 (Colour Index, 2. Ed. [1956], Nr.62130) gefärbt
werden.