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Reaktor für die Synthese von Cyanwasserstoffsäure Die Erfindung betrifft
einen Reaktor für die Synthese von Cyanwasserstoffsäure aus Ammoniak und Kohlenwasserstoff
im elektrischen Lichtbogen mit zwei oder mehreren an die Sekundärseite ein und desselben
Speisetransformators in Parallelschaltung angeschlossenen Elektroden, wobei der
Abstand zweier aufeinanderfolgender Paare von Elektroden wenigstens gleich dem Abstand
zwischen den beiden Elektroden eines Paares während des Betriebszustandes ist.
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Gemäß einem bekannten Verfahren erfolgt die Herstellung von HCN durch
unmittelbare Synthese in der Gasphase, indem eine Mischung von Kohlenwasserstoff
und Ammoniak durch einen elektrischen Lichtbogen hindurchgeleitet wird. Diese Mischung
besteht aus einem Kohlenwasserstoff mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen und Ammoniak in
einem anteiligen Verhältnis von 1 Atomgramm Kohlenstoff auf 0,5 bis 1,2 Mol NH3,
die bei atmosphärischem Druck in Abwesenheit von Sauerstoff miteinander gemischt
werden. Sie wird etwa 0,001 Sekunde lang einem mit 32 Volt und 254 Ampere Gleichstrom
betriebenen Lichtbogen bei einem Energieverbrauch von 1 kWh je 47 bis 541 Gas ausgesetzt.
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Einerseits wegen des geringen Anteils der Ausgangsgase Propan und
Ammoniak, welcher bei einer in dieser Weise durchgeführten Synthese ausgenutzt wird,
und andererseits wegen der in erheblichem Grade erfolgenden Zersetzung des hergestellten
Stoffes als Folge der hohen Temperatur des Lichtbogens ist die Ausbeute von nach
diesem Verfahren betriebenen Anlagen hinsichtlich der Menge der in der Zeiteinheit
hergestellten Produkte im allgemeinen nur mittelmäßig.
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So ist z. B. bei Verwendung eines mit 2400 Volt Spannung zwischen
zwei im Abstand von 90 mm voneinander angeordneten Elektroden erzeugten Lichtbogens
bei einem Stromverbrauch von 10 kWh je Kilogramm Cyanwasserstoffsäure die Ausbeute
nicht größer als 360 g je Stunde.
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Die Stundenleistung kann dadurch vergrößert werden, daß mit gleichzeitiger
Erhöhung der Menge an durch den Lichtbogen hindurchgeleitetem Gas die Länge des
Lichtbogens und demzufolge die Spannung, mit der dieser betrieben wird, vergrößert
werden. So kann im Falle eines zwischen zwei im Abstand von 21 cm voneinander liegenden
Elektroden mit einer Spannung von 4000 Volt erzeugten Lichtbogens die stündliche
Erzeugung 1500 g Cyanwasserstoffsäure erreichen, wobei der Verbrauch an elektrischer
Energie je Kilogramm Cyanwasserstoffsäure etwa der gleiche ist wie in dem ersterwähnten
Falle. Der Abstand der Elektroden voneinander kann auch noch weiter, z. B. bis auf
30 cm, vergrößert werden, was eine Spannung von 5000 Volt bedingt. Es wird dann
eine Produktion an Cyanwasserstoffsäure von etwa 2 kg stündlich bei einem Verbrauch
an elektrischer Energie von zwischen 10 und 11,5 kWh je Kilogramm Cyanwasserstoffsäure
erreicht. Wie sich hieraus ergibt, ist die Menge an je Stunde erzeugter Cyanwasserstoffsäure
annähernd proportional dem Abstand der Elektroden voneinander. Es ist jedoch nicht
möglich, diesen Abstand bis ins Unendliche zu vergrößern, ohne daß damit Nachteile
verbunden sind, denn die Vergrößerung des Elektrodenabstandes bedeutet zwangläufig
eine entsprechende Erhöhung der notwendigen Speisespannung. So würde es, um z. B.
eine Menge von 8 kg Cyanwasserstoffsäure je Stunde herzustellen, notwendig sein,
die Elektroden im Abstand von etwa 1 m zueinander anzuordnen und dann den Lichtbogen
mit einer Spannung in der Größenordnung von mehreren Zehntausend Volt zu betreiben.
Eine solche Spannung kann in industriellem Maßstabe nicht ohne Schwierigkeiten erreicht
werden, und das Arbeiten unter solchen Verhältnissen ist mit beträchtlichen Kosten
für die Isolierung, die notwendigen Sicherheitsvorrichtungen und -maßnahmen verbunden.
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Auch die theoretisch vorhandene Möglichkeit, durch Herabsetzung des
Arbeitsdruckes in dem Reaktionsgefäß die Notwendigkeit der Anwendung von zu hohen
Spannungen zu vermeiden, kommt praktisch nicht in Frage, weil dies einerseits neue
technische Probleme, wie z. B. Abdichtung, aufwerfen würde, die im industriellen
Rahmen schwer zu lösen sind, und andererseits hierbei die Wirkungsweise des bei
dieser Art der Synthese unbedingt erforderlichen Lichtbogens in ungünstige Dunkelentladungen
übergehen würde.
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Auch ist eine Vorrichtung bekanntgeworden, bei welcher ein oder mehrere
Lichtbögen in eine nichtleitende Flüssigkeit eintauchen, in welcher der Lichtbogen
den
Ablauf der chemischen Reaktion bestimmt. Um den Lichtbogen zu stabilisieren, sind
bei dieser bekannten Anordnung feste Selbstinduktionsspulen vorgesehen und Kondensatoren,
die einen Resonanzkreis bilden, während bei der erfindungsgemäßen Anlage permanente
Selbstinduktionsspulen mit veränderlichem Sättigungsgrad vorgesehen sind.
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Der Reaktor gemäß der Erfindung ermöglicht es, diese Nachteile und
Schwierigkeiten zu vermeiden und die stündliche Herstellung an Cyanwasserstoffsäure
in ein und demselben Reaktionsgefäß zu erhöhen, ohne den Elektrodenabstand zu vergrößern
und damit die Speisespannung erhöhen oder den Arbeitsdruck verringern zu müssen.
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Der erfindungsgemäße Reaktor ist gekennzeichnet durch im Primär- oder
Sekundärkreis des Transformators vorgesehene Selbstinduktionsspulen mit veränderlichem
Sättigungsgrad, die während der Anlaufperiode die Impedanz des Sekundärkreises des
Transformators an die veränderliche Impedanz des Lichtbogens angleichen.
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Gemäß einem besonderen Merkmal der Erfindung ist der Reaktor gekennzeichnet
durch einen als Behälter ausgebildeten Gasverteiler, dessen Deckel mit einer Mehrzahl
von jeweils unterhalb eines Elektrodenpaares liegenden Öffnungen versehen ist, durch
welche der Strom der Reaktionsgase in eine der Anzahl der Elektrodenpaare entsprechende
Zahl von Einzelströmen, deren jeder durch einen Lichtbogen hindurchgeführt wird,
unterteilt wird.
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Nachstehend wird die Erfindung im einzelnen an Hand der Zeichnungen
beschrieben. Von diesen zeigt Fig.l ein Schaltschema einer gemäß dem Grundgedanken
der Erfindung arbeitenden, mit Einphasenstrom gespeisten Anlage, die zwei Paare
von Elektroden aufweist; Fig. 2 ist ein Horizontalschnitt gemäß Linie II-II der
Fig. 3 und Fig.3 ein Vertikalschnitt gemäß Linie III-III der Fig.2 durch eine Ausführungsform
eines Reaktionsgefäßes gemäß der Erfindung; Fig. 4 ist ein Schaltschema einer mit
Drehstrom betriebenen Anlage gemäß der Erfindung.
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In Fig. 1 sind mit A1 und Bi die Anschlußklemmen an die Stromquelle,
z. B. ein mit 380 Volt Spannung betriebenes Einphasennetz, bezeichnet. In dieses
Netz ist über einen oder mehrere Transduktoren, wie S (Selbstinduktionsspulen mit
veränderlichem Sättigungsgrad), der Primärkreis eines spannungserhöhenden Transformators
T, in dessen Sekundärkreis die Elektroden Ei, E$, E3 und E4 liegen, geschaltet.
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Wie aus der Figur ersichtlich, ist jedes Paar von Elektroden an die
Sekundärseite des Transformators über eine permanente Selbstinduktionsspule L1 oder
La angeschlossen.
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Der Transduktor S, dessen Aufgabe es, wie bereits erwähnt, ist, die
veränderliche Impedanz der Entladungen in der Phase zwischen der Anlaufperiode und
dem Zeitpunkt, in welchem der normale Betriebszustand erreicht ist, auszugleichen,
ermöglicht es also, mit einer konstanten Zündspannung für den Lichtbogen zu arbeiten
und ferner die Stromstärke in Abhängigkeit von der zugeführten Gasmenge und den
besonderen Voraussetzungen, unter denen sich die Entladung vollzieht, einzuregeln.
Die Anpassung der Impedanz mittels des Transduktors S erfolgt an sich nur bei Inbetriebnahme
der Anlage, während die Anpassung der Impedanz beim Normalbetrieb durch die permanenten
Selbstinduktionsspulen L1 und L, erfolgt, der Transduktor dann keine Rolle mehr
spielt und derart der Verbrauch an elektrischer Energie auf ein Minimum verringert
wird. Wenigstens eine Elektrode jedes Paares ist gegenüber der anderen beweglich.
Um die Anlage in Betrieb zu setzen, wird die eine der Elektroden jedes Paares der
anderen genähert, bis der Lichtbogen überspringt, worauf die Elektroden wieder bis
auf den gewünschten Abstand, der nicht größer sein darf als der Abstand zwischen
zwei aufeinanderfolgenden Paaren von Elektroden, voneinander entfernt werden. Um
eine dauerhafte Arbeitsweise der Anlage zu sichern, müssen die Selbstinduktionsspulen
L1 und ZZ gleiche Merkmale besitzen.
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Statt der in Fig. 1 dargestellten nur zwei Paare von Elektroden kann
selbstverständlich auch eine größere Zahl von solchen in Parallelschaltung in dem
gleichen Reaktionsgefäß vorgesehen sein, wodurch es möglich wird, die stündliche
Produktion proportional zu der Zahl von Elektrodenpaaren zu steigern, ohne die Speisespannung
verändern zu müssen. Zu jedem Paar von Elektroden ist eine SelbstinduktionsspuleL
zur Anpassung der Impedanz beim Normalbetrieb geschaltet.
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Gemäß dem in Fig. 1 dargestellten Schaltschema liegt der Transduktor
an der Primärseite des Transformators. Es ist aber selbstverständlich auch möglich,
ihn in dessen Sekundärkreis zu schalten. Die Transduktoren müssen so ausgebildet
sein bzw. solche Eigenschaften haben, daß sie bei niedriger wie bei hoher Spannung
gleich gut arbeiten.
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Das schematisch in den Fig. 2 und 3 dargestellte Reaktionsgefäß besteht
aus einem doppelwandigen Blechkasten 10, durch dessen Doppelwandung ein Kühlmedium
zirkulieren kann. Die Elektroden 11 und 12 sind vorzugsweise schräg in bezug aufeinander
angeordnet, um eine Unstabilität der Entladung zu vermeiden. Gemäß dem Ausführungsbeispiel
ist die Elektrode 12 fest und die Elektrode 11 beweglich. Das zweite Paar von Elektroden
11a und 12a ist in ähnlicherWeise angeordnet. Die beiden Elektroden 11 und 11a sind
an ein und demselben beweglichen Organ 11b befestigt, das durch einen Servomechanismus
betätigt werden kann. Die Gase, die durch die elektrische Entladung hindurchgeleitet
werden, werden in das Reaktionsgefäß über eine Leitung 15 eingeführt, die unterhalb
einer Ablenkplatte 16 in einen Kasten 17 mündet, dessen Deckel 18 zwei rechteckige
Öffnungen 19 und 20, und zwar je eine unter jedem Elektrodenpaar, aufweist.
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Bei großen Anlagen kann es zweckmäßig sein, für die Stromversorgung
Drehstrom zu verwenden, wobei jede der drei Phasen ein Reaktionsgefäß speist, in
dem mehrere parallel zueinander geschaltete Lichtbögen angeordnet sind. Ein Schaltschema
einer solchen Anlage ist beispielsweise in Fig.4 dargestellt. Die drei Reaktionsgefäße
sind mit 20, 21 und 22 bezeichnet. Jedes dieser Reaktionsgefäße enthält vier Paare
von Elektroden, mit Cl, C,'. . ., F1, F,'..., G1, G,'... bezeichnet.
Die Stromversorgung der Reaktionsgefäße erfolgt über einen Dreiphasentransformator
T, Die Transduktoren S1, S2, S$ sind in Reihe mit den Sekundärwicklungen dieses
Transformators geschaltet, und die Stromversorgung jedes der Elektrodenpaare erfolgt
über eine permanente Selbstinduktionsspule, wie L, Nachstehend werden zur besseren
Veranschaulichung Ausführungsbeispiele des Verfahrens nach der Erfindung zur Herstellung
von Cyanwasserstoffsäure aus einer Mischung von Propan und Ammoniak unter Verwendung
einer Anlage der in den Fig. 2 und 3 dargestellten Art, die von einem Einphasentransformator
mit Strom versorgt wird, gegeben.
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Beispiele: 1. Es wurde ein spannungserhöhender Transformator, der
bei Vakuum eine Spannung von 6000 Volt auf der
Sekundärseite liefern
kann, verwendet. Die Gase traten in das Reaktionsgefäß unter einem absoluten Druck
von 67 mm Quecksilbersäule in einer stündlichen Menge von 60001 Ammoniak und 20001
Propan, bei O' C und 760 mm Quecksilbersäule gemessen, ein. Jede der Selbstinduktionsspulen
L, und L2 hatte einen Wert von 0,54 Henry. Die Primärseite des Transformators wurde
mit Strom von 500 Ampere und 320 Volt entsprechend einer Stromaufnahme von 40 kW
versorgt, wodurch sich auf der Sekundärseite des Transformators eine Spannung von
5000 Volt ergab. Der Abstand der Elektroden voneinander während des Betriebes betrug
30 cm. Die gleiche Länge besitzen die Schlitze 19 und 20, deren Breite 8 cm beträgt.
Jeder Lichtbogen wurde durch eine Spannung von 3300 Volt mit einer Stromstärke von
15 Ampere je Lichtbogen erzeugt. Die gesamte Stromaufnahme der beiden Lichtbögen
betrug 34 kWh. Mit einer solchen Anlage konnten stündlich bei einem Verbrauch an
elektrischer Energie von 10,8 kWh je 3,9 kg Cyanwasserstoffsäure erzeugt werden.
Für die Herstellung eines Kilogramms Cyanwasserstoffsäure wurden, ohne Berücksichtigung
des aus dem Abfallgas wieder gewinnbaren Ammoniaks, 1,02 kg Propan und 1,13 kg Ammoniak
verbraucht.
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2. Es wurde eine Anlage gleicher Art wie im Falle des Beispiels 1
verwendet, jedoch wies das Reaktionsgefäß an Stelle von zwei Elektrodenpaaren drei
auf, die sich in einer Entfernung von je 30 cm voneinander befinden. Die Gase traten
in das Reaktionsgefäß unter einem absoluten Druck von 65 mm Quecksilbersäule durch
die drei Einzelleitungen unterhalb jedes Paares von Elektroden ein. Die Menge an
eingeleiteten Gasen betrug stündlich 90001 Ammoniak und 3000 1 Propan, bei 0° C
und 760 mm Quecksilbersäule gemessen. Die Spannung auf der Primärseite des Transformators
betrug 315 Volt, die Stromstärke 730 Ampere entsprechend einer aufgenommenen Leistung
von 60 kW und einer Spannung auf der Sekundärseite des Transformators von 5000 Volt.
Jeder der drei Lichtbögen wurde mit einer Spannung von 3350 Volt und einer Gesamtstromstärke
der drei Lichtbögen von 43 Ampere entsprechend einer Gesamtstromaufnahme der Lichtbögen
von 50 kW gespeist. Die stündliche Erzeugung an Cyanwasserstoffsäure betrug 5,95
kW mit einem Verbrauch an elektrischer Energie in der Größenordnung von 10,9 kWh
je Kilogramm Cyanwasserstoffsäure. Andererseits wurden 1 kg Propan und 1,12 kg Ammoniak
erzeugter Cyanwasserstoffsäure verbraucht.
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3. Es wurde wie nach den vorstehenden Beispielen gearbeitet, jedoch
enthielt das Reaktionsgefäß vier Paare von Elektroden, die im Abstand von 30 cm
voneinander angeordnet waren, wobei der Abstand der beiden Elektroden jedes Paares
von solchen voneinander während des Betriebes 30 cm betrug. Die Gase wurden in das
Reaktionsgefäß mit einem absoluten Druck von 63 mm Quecksilbersäule in einer stündlichen
Menge von 1200 1 Ammoniak und 4000 1 Propan, bei 0° C und 760 mm Quecksilbersäule
gemessen, eingeleitet. Die Spannung auf der Primärseite des Transformators betrug
310 Volt, die Stromstärke 980 Ampere und demnach die aufgenommene Leistung 80 kW.
Die sich auf der Sekundärseite des Transformators ergebende Spannung betrug 5100
Volt, und jeder der drei Lichtbögen wurde mit einer Spannung von 3400 Volt mit einer
Gesamtstromstärke von 55 Ampere und einer insgesamt von den Lichtbögen aufgenommenen
Leistung von 65 kW betrieben. Es ergab sich dabei eine stündliche Erzeugung von
8 kg Cyanwasserstoffsäure bei einem Energieverbrauch von 10,6 kWh und einem Gasverbrauch
von 1 kg Propan und 1,13 kg Ammoniak je Kilogramm erzeugter Cyanwasserstoffsäure.
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Wie die Erfahrungen gelehrt haben, soll der absolute Druck im Inneren
des Reaktionsgefäßes bei der Synthese von Cyanwasserstoffsäure nach dem Verfahren
gemäß der Erfindung zwischen 50 und 70 mm Quecksilbersäule liegen.