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Verfahren zur Herstellung einer stabilisierten Bitumenmasse Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer stabilisierten Bitumenmasse solcher
Art, die bei Temperaturen über dem Schmelzpunkt des Bindemittels flüssig ist und
im normalen Temperaturbereich fest und widerstandsfähig gegen äußere Druckbeanspruchung
bleibt. Derartige Körper werden in der Technik als »festfließend« oder neuerdings
mit »Magmoid« bezeichnet (s. »Straßen und Autobahn«, 1957, Heft 1, S. 10; »Über
das Fließvermögen dünner Bitumenfilme«). Sie finden sich in der Natur, bei spielsweise
gehört Trinidadseeasphalt zu dieser Körperklasse. Dieses natürliche Produkt wurde
früher vielfach zur Herstellung von Asphaltbelägen verwendet und wird auch in letzter
Zeit wieder zur Beimischung zu Straßenbelagsmaterialien benutzt, weil es hervorragende
Stabilitätseigenschaften aufweist.
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Diese sind dadurch bedingt, daß solche Produkte etwa zur Hälfte aus
feinstem Mineralstaub bestehen, der Teilchen bis zu kolloidaler Größenordnung aufweist
und im Bitumen suspendiert bleibt. Die synthetische Herstellung solcher Produkte
war bisher nicht gelungen, weil es unmöglich war, mit den üblichen Mischverfahren
derartige mineralische Feinstoffe mit Bitumen so zu vermengen, daß die feinsten
Teilchen in Suspension bleiben; beim Verkneten und Verrühren mit verflüssigtem Bitumen
ballen sich diese Teilchen zusammen und setzen sich auf dem Boden ab, da sie nicht
mehr durch Auftrieb im Bitumen in Schwebe gehalten werden.
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Es ist ein Verfahren bekanntgeworden, welches ermöglich, jedes einzelne
einer Masse körniger bis staubförmiger mineralischer Feststoffteilchen mit einem
dünnsten Bitumfilm zu umhüllen, so daß solche umhüllte Teilchen individuell suspendiert
und schwebend bleiben (vgl. deutsche Patentschrift 933 497 sowie »Straße und Autobahn«,
1953, v. 12 bis 17). Es hat sich nun gezeigt, daß es bei geeigneter Führung des
Verfahrens möglich ist, das flüssige Medium, d. h. das Bitumen, in Form zusammenhängender
Bindemittelfilme von kapillaren Dimensionen zu halten.
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Diese Bindemittelfilme zwischen benachbarten Staubpartikeln verhalten
sich wie Flüssigkeiten in kapillaren Räumen und folgen daher dem Gesetz von Poiseuille.
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Gemäß diesem Gesetz ist der Widerstand gegen Fließen im Kapillarraum
umgekehrt proportional der vierten Potenz des Durchmessers der Kapillare, im vorliegenden
Fall des Wandabstandes zweier benachbarter Staubteilchen, also der Bitumenfilmdicke,
und proportional dem Achtfachen der absoluten Viskosität. Das heißt, daß die Stabilität
der Masse ein Maximum ereicht bei dünnsten Bindemittelfilmen und ein Minimum bei
geringster Viskosität des Bindemittels, daß also in der Masse bei Temperaturen über
dem
Schmelzpunkt des Bindemittels das ununterbrochen zusammenhängende Bindemittel
zur dominierenden Phase wird, in welcher die Festteilchen suspendiert sind, und
das ganze System somit flüssig wird. Nach dem Erkalten der Masse besteht in den
zusammenhängenden Bitumenfilmen infolge ihrer kapillaren Dimensionen eine so hohe
innere Reibung, daß eine Bewegung des Bindemittels relativ zu den eingeschlossenen
Festteilchen erschwert oder unmöglich gemacht wird; dies äußert sich in höchster
Stabilität im kalten Zustand.
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Um die eingangs erwähnten Körper, die als »feste Flüssigkeit« oder
Magmoide zu betrachten sind, synthetisch herzustellen, bedarf es zunächst eines
Staubmaterials von großer Feinheit, in welchem ein beträchtlicher Anteil an Teilchen
kolloidaler Größenordnung vorhanden ist.
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Für die Herstellung dieser Körper werden erfindungsgemäß mineralische
Feinststoffe verwendet, die im wesentlichen von der Größenordnung von 20 p und darunter
bestehen. Solche Feinststoffe sind beispielsweise Flugasche, Silikatmehle, Glasschleifstaub
und anderer bei der Glas fabrikation anfallender Feinststaub, ebenso Fraktionen
feinsten, durch Windsichtung abgesonderten Staubes. Dieses Material wird mit verflüssigtem
Bitumen im Verhältnis von etwa 25 bis 500/o, zweckmäßig mit 30 bis 400/o, des Gesamtgewichtes
der Masse vermischt, und zwar in der Weise, daß jedes einzelne Staubteilchen mit
einem dünnsten Bitumenfilm von kapillarer
Dimension umhüllt wird.
Diese jedes Feststoffteilchen umhüllenden Filme bilden ein zusammenhängendes Flüssigkeitssystem,
in welchem die mineralischen Feststoffe suspendiert bleiben. In dieser Weise wird
auf synthetischem Wege ein Produkt erhalten, das dem eingangs erwähnten Naturasphak
äußerst ähnlich ist, was Fließvermögen in der Wärme und Stabilität im kalten Zustand
anbetrifft. Der Naturasphalt gleicher Herkunft besitzt jedoch immer die gleichen
Eigenschaften, und in vielen Fällen sind die handelsüblichen Asphaltbitumina nicht
in der Lage, alle heute in der Praxis sich ergebenden Bedingungen zu erfüllen. Der
große Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß man zur Vermischung
mit dem mineralischen Feinststaub nicht an ein Bitumen bestimmter Ronsistenz gebunden
ist, sondern daß Asphaltbitumen oder Teerpech verschiedener Qual itäten erfindungsgemäß
mit dem Feinststaub vermischt werden können, wodurch die Herstellung verschiedenartiger
für jeden Bedarf geeigneter stabilisierter Bitumina möglich ist.
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Die Herstellung der stabilisierten Bitumenmasse erfolgt z. B. chargenweise
in einem geschlossenen Behälter, in dessen unteres Teil zwei gegenläufig rotierende
Wellen, die Wurfschaufeln tragen, gelagert sind.
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Eine Charge von etwa 200 bis 500 kg mineralischer Feinststoffe, z.
B. Flugasche oder Silikatstaub, vorzugsweise von der Größenordnung von 90 oder weniger,
wird von unten oder von der Seite her in den Behälter eingebracht. Im oberen Teil
des Behälters ist ein Düsensystem vorgesehen, aus dessen Düsen verflüssigtes Bindemittel
in genau abgemessener Menge unter Flüssigkeitsdruck fein zerstäubt werden kann.
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Der Behälter ist doppelwandig ausgebildet zur Aufnahme oder Zirkulation
eines Heiz- oder - Kühlmediums. Durch rasches Rotieren der Wurfschaufeln werden
die staubförmigen Feststoffe hochgewirbelt und dadurch im Behälterraum oberhalb
der drehenden Schaufeln vorübergehend in stark aufgelockertem Schwebezustand gehalten.
Während die Schaufeln mit der dem Staubmaterial angepaßten Geschwindigkeit sich
drehen, wird durch die Düsen von oben auf die schwebenden Staubteilchen verflüssigtes
Bitumen zerstäubt in einer Menge, die gewichtsmäßig etwa gleich dem Gewicht der
in den Behälter eingebrachten Feststoffe ist. Durch das Besprühen der schwebenden
Feststoffe wird jedes einzelne Teilchen individuell mit einem Bitumenfilm umhüllt.
Diese Filme sind von kapillarer Dimension und so dünn, daß sie transparent sind.
Sobald die vorbestimmte Menge Bindemittel versprüht ist, wird der Behälter entleert.
Die erhaltene Masse ist flüssig, solange das Bitumen eine Temperatur hat, die höher
ist als sein Schmelzpunkt.
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Beim Erkalten erhärtet die Masse und zeigt große Stabilität. Eine
Masse mit ähnlichen Eigenschaften kann erhalten werden, wenn als Bindemittel Steinkohlenteer
oder Steinkohlenteerpech verwendet wird.
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Die Herstellung einer derartigen Masse erfolgt ebenso wie vorstehend
beschrieben. Auch hier werden die mineralischen Feinstoffe hochgewirbelt und von
oben auf die aufgelockert schwebenden Staubteilchen durch Düsen verflüssigter Steinkohlenteer
aufgesprüht. Es hat sich gezeigt, daß bei Durchführung des Verfahrens unter gewissen
Bedingungen ein pulverförmiges oder loses trockenes Zwischenprodukt erhalten wird,
die in kaltem Zustand lose in Behältern transportiert und aufbewahrt werden kann.
Diese Zwischenstufe wird dann erhalten, wenn die Vermischung der Feststoffe mit
Bitumen im kalten System erfolgt, d. h. wenn die Feststoffe kalt in den Behälter
eingefüllt
werden und der Behälter selbst während des Betriebs gekühlt wird. Unter
diesen Bedingungen werden sich die schwebenden, feinsten Staubpartikeln auf den
versprühen feinen Bitumennebeltröpfchen ablagern und jedes T3föpfchen vollständig
mit kalten Staubteilchen umhüllen. Es entsteht ein loses und lockeres Produkt, in
welchem das mit Staubteilchen umhüllte Bindemittel unsichtbar ist und an der Oberfläche
der einzelnen Körner die Bindekraft aufgehoben ist. Dieses granulierte Material
kann transportiert und bis zur Verwendung in diesem Zustand gelagert werden. Sobald
es auf eine Temperatur über dem Schmelzpunkt des Bitumens erwärmt wird, kehrt sich
die Phase um, und das flüssig werdende Bindemittel verteilt sich sofort über die
anhaftenden Mineralstaubteilchen.
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Wenn das Verfahren im heißen System durchgeführt wird und dieses
während des Betriebes mittels eines Heizmediums über der Schmelztemperatur des Bindemittels
gehalten wird, so tritt die soeben beschriebene Zwischenstufe des Produktes nicht
in Erscheinung. Wohl werden sich im ersten Moment der Bitumenversprühung, wenn ein
Bitumennebelpartikel in den aufgewirbelten, schwebenden Mineralstaub eindringt,
sofort Staubteilchen auf dem Bitumentröpfchen anlagern, doch wird im Moment des
Zusammenprallens das heiße Bitumen sich augenblicklich über die ebenfalls heißen
Staubpartikeln ausbreiten und diese in dünnster Schicht umhüllen; das Gemisch verläßt
den Behälter in flüssigem Zustand.
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Die Mischdauer, d. h. die Dauer der Versprühung des Bindemittels
für eine in den Behälter eingebracllte Mineralstaubcharge beträgt etwa 1/2 Minute.
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Der in der Beschreibung verwendete Ausdruck »Bitumen« soll im weitesten
Sinne ausgelegt werden und soll die eigentlichen Asphaltbitumen, also Petroleumrückstände,
wie auch die Produkte der Trockendestillation von Kohle, also Teer und Teerpech,
umfassen.
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Das Verfahren zur Herstellung des lockeren, transportablen Produktes
kann vorzugsweise in zwei Arbeitsgängen durchgeführt werden, damit im Mischbehälter
während der Besprühung des staubförmigen Materials mit verflüssigtem Bitumen ohne
Schwierigkeit die erforderliche tiefe Temperatur aufrechterhalten werden kann. Beispielsweise
werden in einem ersten Mischvorgang im Behälter die staubförmigen Festteilchen mit
20 bis 25 Gewichtsprozent verflüssigtem Bitumen besprüht, worauf sofort anschließend
oder nach beliebiger Zeit in einem zweiten Mischvorgang die restliche Bitumenmenge
dem Gemisch einverleibt wird.
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Zur Umkehrung der Phase kann beispielsweise das lockere Gemisch auch
durch Beifügung und Vermischung mit heißen, etwas gröberen Mineralteilchen erhitzt
werden.