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NO-Verfahren zur Herstellung von Schwefelsäure Die Erfindung bezieht
sich auf ein NO-Verfahren zur Herstellung von Schwefelsäure.
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Die bei der Erzeugung von Schwefelsäure nach dem NO-Verfahren sich
abspielenden chemischen Vorgänge laufen in ihrem Endergebnis darauf hinaus, daß
unter Vermittlung der Stickoxyde die dem SO,-Gehalt der Röstgase entsprechende,
im Gasgemisch enthaltene Sauerstoffmenge an dieses, nämlich SO" gebunden
wird. Man war demgemäß bisher auch immer bestrebt, in den Röstgasen einen hohen
Sauerstoffgehalt sicherzustellen, auch dann, wenn der Röstprozeß an sich einen viel
geringeren Sauerstoffüberschuß zugelassen hätte. Obwohl die technische Entwicklung
des NO-Verfahrens sich in dem Sinne bewegte, die verschiedenen Reaktionen nach Möglichkeit
zu trennen und für sich an bestimmten Stellen einer Anlage unter den jeweils optimalen
Bedingungen verlaufen zu lassen, ist man von der obenerwähnten Forderung, betreffend
den Sauerstoffgehalt der Gase, bisher nicht abgegangen.
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Es bringt dies mit sich, daß die Reoxydation und Reabsorption des
bei der SO,-Oxydation durch H N 02 frei werdenden Stickoxyds praktisch an allen
Stellen eines Systems vor sich geht. Die Vorgänge spielen sich zum großen Teil schon
in der Grenzschicht zwischen Gas und Flüssigkeit ab, was bewirkt, daß auch bei relativ
hohen SO,-Gehalten der Röstgase an keiner Stelle eines Systems im Gasraum mehr als
etwa 1 Volumprozent NO vorliegt. Da verdünnte NO-Gase aber zur Reoxydation zu
N,0, - welche Oxydationsstufe zwecks Rückgewinnung der Stickoxyde in den
Gay-Lussac-Türmen vorliegen muß - eine lange Reaktionszeit erfordern, müssen entsprechend
große Räume für diesen Zweck in den heutigen Anlagen vorgesehen werden.
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Es ist bekannt, diesen Übelstand dadurch zu beseitigen, daß man bei
Turmanlagen in der Hauptreaktionszone (d. h. in der sogenannten S02-Aufarbeitungszone)
Füllungen mit möglichst geringem Porenraum vorsieht. Aber auch unter Anwendung dieses
Behelfsmittels nimmt der Reoxydationsraum in modernen Anlagen immer noch etwa 20
% des gesamten nutzbaren Raumes in Anspruch.
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Es wurde nun gefunden, daß man das NO-Turmverfahren unter wesentlicher
Raumeinsparung durchführen kann, wenn eine praktisch vollständige Trennung zwischen
der SO,-Oxydation einerseits und der N O-Reoxydation und Reabsorption andererseits
erfolgt. Nach der Erfindung wird dies dadurch erreicht, daß man sauerstofffreie
oder sauerstoffarme S 02 Gase, die vorzugsweise hohe SO,-Gehalte aufweisen, mit
Nitrose oxydiert und daß man den erforderlichen Sauerstoff in Form von Luft, mit
Sauerstoff angereicherter Luft oder reinem Sauerstoff erst nach erfolgter SO,-Aufarbeitung
den dabei gebildeten Stickoxyden zusetzt. Unter der Bezeichnung »sauerstofffreie
bzw. sauerstoffarme S02 Gase< sollen hierbei solche SO,-Gase verstanden sein,
deren. 02 Gehalt zur vollen S 02 Aufarbeitung unzureichend ist.
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Bekannt ist es bereits, vor der vollen Umsetzung des S02 Luft zuzusetzen;
demgegenüber wird bei der Erfindung der Sauerstoff und/oder die Luft erst nach der
SO,-Aufarbeitung eingeführt.
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Weiterhin ist ein Verfahren zur gleichzeitigen Herstellung von Schwefelsäure
und Salpetersäure bekannt, wobei von Gasgemischen aus Schwefeldioxyd und Stickoxyden
ausgegangen wird. Dabei wird zunächst das Schwefeloxyd durch die Stickoxyde oxydiert;
anschließend werden dann die Stickoxyde als Salpetersäure oder Nitrosylschwefelsäure
ausgeschieden. Nur ein Teil der Stickoxyde wird gegebenenfalls als Nitrosylschwefelsäure
in die Absorptionsanlage zurückgeführt. Dieses bekannte Verfahren kann auf zwei
verschiedene Arten durchgeführt werden. Bei der ersten Möglichkeit wird die Oxydation
der schwefligen Säure allein durch die voroxydierten Stickoxyde bewirkt, während
bei der zweiten Möglichkeit Stickoxyde und zusätzlich Nitrose kombiniert auf das
SO, einwirken, wobei die Nitrose nur als Ausgleich für den mangelnden vorgeschalteten
Oxydationsraum und den damit zusammenhängenden, nicht ausreichenden Oxydationsgrad
verwendet wird.
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Während bei diesen bekannten Verfahren die Oxydation der schwefligen
Säure durch den Gasen beigemischte Stickoxyde erfolgt, oxydiert bei der Erfindung
ausschließlich nitrose Säure. Aus diesem Grunde tritt bei der Erfindung auch nur
SO, in den Reaktionsraum ein, was bei den bekannten Verfahren nicht möglich
ist.
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Man erreicht bei der erfindungsgemäßen Arbeitsweise in den Gasen hohe
NO-Gehalte (auf j e 1 Volumen SO,
entstehen .bis zu 2 Volumen
NO) und damit wesentlich geringere Reoxydationszeiten, die auch eine entsprechende
Einsparung an Reoxydationsraum gestatten. Vergleichsweise liegen die Verhältnisse
wie folgt: Gemäß dem Stande der Technik kann man nur mit NO-Konzentrationen von
etwa 1 Volumprozent im Reoxydationsraum rechnen. Bei einem Anfangsgehalt an Sauerstoff
von 6,5 Volumprozent und einer Temperatur von 30°C benötigen solche NO-Gase zur
Aufoxydation zu N203 rechnungsgemäß etwa 73 Sekunden, was der in der bisherigen
Praxis üblichen Verweilzeit von 70 bis 80 Sekunden entspricht.
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Geht man bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens im optimalen
Falle von 100°/jgem SO, -Gas aus, so erhält man nach der SO,-Aufarbeitung das doppelte
Quantum 100°/@gen NO-Gases, dem man in Form von Luft den erforderlichen Sauerstoff
(+50"/, Überschuß) beifügt. Das Gasgemisch enthält dann etwa 36 Volumprozent NO
neben 13,4 Volumprozent 02 und benötigt unter sonst gleichen Verhältnissen zur Aufoxydation
zu N203 nur 1,78 Sekunden. Daraus ergibt sich, daß bei einer derartigen Verweilzeit
von nur 1,78 Sekunden die Benutzung eines besonderen Reoxydationsraumes sich vollständig
erübrigt.
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hieben diesem Wegfall des Reoxydationsraumes gestattet das neue Verfahren
gemäß der hohen Konzentration der N2 0,-Gase (etwa 25 Volumprozent N 2 03 gegenüber
etwa 1 Volumprozent bei dem bekannten Verfahren) auch eine bedeutende Reduktion
des Absorptionsraumes (d. h. des Gay-Lussac-Raumes). Die in den Gay-Lussac-Türmen
erzeugte Nitrose wird wie üblich in die Reaktionszone geführt und so intensiv umlaufen
gelassen, daß in der Reaktionszone ihre Oxydationswirkung an jeder Stelle noch erhalten
bleibt.
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Eine Gegenüberstellung der Volumverhältnisse beim Arbeiten gemäß dem
bekannten Verfahren und gemäß dem neuen Verfahren zeigt ebenfalls deutlich die großen
Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Es gelten bei Erzeugung von beispielsweise 50 Tagestonnen 60°/oiger
Schwefelsäure folgende Zahlen:
Gasvolumina in N m'24 Std. |
gemäß dem Stand der Technik erfindungsgemäß |
Eintrittsgase ............ I 127 000 (7 Volumprozent
S 02) 8 900 (100 Volumprozent SO,) |
Vor der Reoxydation .... etwa 113 650 (1 Volumprozent
NO) 49 670 (36 Volumprozent NO) |
Nach der Reoxydation ... etwa 113 350 (etwa 1 Volumprozent
N203) 36 300 (25 °/o N203) |
Austrittsgase ........... |
etwa 112 200 (etwa 5 Volumprozent 02) 27 400 (8 Volumprozent
02) |
Man ersieht auch aus dieser Zusammenstellung, daß nach dem neuen Verfahren außer
der vollen Einsparung des Reoxydationsraumes noch bedeutende weitere Raumeinsparungen
möglich sind.
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Große Vorteile ergeben sich beim neuen Verfahren weiter auch hinsichtlich
der Betriebsführung. Während man bisher Turmanlagen im wesentlichen durch die Wasserzugabe
steuerte, gestattet das erfindungsgemäße Verfahren eine Steuerung durch Regelung
der Sauerstoffzufuhr, auf welche ein System viel rascher anspricht. Es ergibt sich
damit auch die Möglichkeit einer Automatisierung der Betriebsführung.
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Schließlich soll auch noch auf die Vorteile hingewiesen werden, die
das erfindungsgemäße Verfahren bei der an sich bekannten Koppelung von Schwefelsäure-
und Salpetersäureerzeugung eröffnet.
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Entsprechend der bei der Bildung von Schwefelsäure von 60°B6 erforderlichen
und der bei der NHg- Verbrennung sich bildenden Wassermenge lassen sich neben 50
Tagestonnen 60°iger Schwefelsäure etwa 42 Tagestonnen HNO3 (11,3 Tagestonnen NH3)
erzeugen. Dieser HN 03 Menge entsprechen etwa 14 900 Nms NO, die - die Verarbeitung
von 100°/@gem SO, vorausgesetzt -in Form von 100°/@gem Gas hinter der S 02
Aufarbeitungszone abzuziehen sind. Da die Gase praktisch trocken sind, ist deren
Aufarbeitung zu konzentrierter Salpetersäure ohne Schwierigkeiten möglich.
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Zur Aufrechterhaltung der Stickstoffbilanz im Schwefelsäuresystem
ist dann neben der erforderlichen Luft zu den restlich verbleibenden 2 900 Nm3 100°/jgen
NO-Gasen NH,7 Verbrennungsgas, entsprechend 14900 Nm3 reinem Stickoxyd (NO), zuzuführen.
Man erhält auf diese Weise eine Gasmischung von etwa 13,4 Volumprozent N 0 und 7,2
Volumprozent 02, so daß man also auch in diesem Falle wesentlich über den bei Schwefelsäureanlagen
gemäß dem Stande der Technik üblichen Gehalten zu liegen kommt.
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Zu betonen ist noch, daß sich das erfindungsgemäße Verfahren nicht
nur auf den beispielsweise angeführten extremen Fall von 100°/oigen sauerstofffreien
S02 Gasen bezieht, sondern allgemein auf Gasgemische, deren Sauerstoffgehalt zur
S 02 Aufarbeitung nicht ausreicht.