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Verfahren zur Gewinnung eines neuen Glukosids aus der Brechwurzel
Die vorliegende Erfindung betrifft die Gewinnung eines neuen Glukosids aus den Wurzeln.
der Brechwurzel (Cephäelis Ipecacuanha).
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Die neue Verbindung ist ein N-Glukosid, das man nach der üblichen
Terminologie als »Ipecosid« bezeichnet. Es ist von den aus der Brechwurzel bekannten
Alkaloiden und insbesondere vom Emetin und Cephäelin vollkommen verschieden, von
denen es sich außer seiner glukosidischen Natur und der weiter unten beschriebenen
physikochemischen Eigenschaften durch seine Unbeständigkeit in saurem oder alkalischem
Medium, besonders in der Wärme, unterscheidet. Durch diese Unbeständigkeit in sauren
oder alkalischen Flüssigkeiten ist es auch bei der Behandlung der Wurzeln der Brechwurzel
nach üblichen Methoden zur Abtrennung der Alkaloide der Pflanze bei der Isolierung
nicht zu fassen.
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Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltene Ipecosid kristallisiert
aus Methanol in Nadeln, die in Äther, Petroläther, Benzol und Chloroform unlöslich,
in Aceton, Wasser und Alkoholen wenig löslich und in verdünnten Alkalien löslich
sind. Es schmilzt im Kapillarröhrchen bei 177 bis 180° C und ist in 1%iger methanolischer
Lösung stark linksdrehend: [x] ö = -188° ±3. Auf Grund der prozentualen Zusammensetzung
kann man ihm die Bruttoformel C.7 H35 O12 N entsprechend einem Modekulargewicht
von 565,5 zuschreiben.
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Das Ipecosid gibt in äthanolischer Lösung ein Ultraviolett-Absorptionsspektrum,
dessen Maximum, das bei 2870 I liegt (E; m = 71), einem Phenol entspricht.
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Das Ipecosid übt auf Fehlingsche Lösung keine besondere Reduktionswirkung
aus. Dagegen reduziert es Permanganat in alkalischem Medium; die Färbung schlägt
von Violett in Grün und dann in Braun um. Es reduziert auch Silbernitrat bei etwa
40° C. Durch saure Hydrolyse setzt es einerseits Glucose frei, die durch ihr Reduktionsvermögen
von Fehlingscher Lösung und durch ihr Osazon charakterisiert wird, und andererseits
Aglucon, das in verdünnten Säuren. wenig löslich ist.
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Wie das Brenzcatechin liefert Ipecosid mit Eisen(III)-chlorid und
Natriumcarbonat eine purpurne Färbung, die die Anwesenheit von zwei benachbarten
Phenolgruppen im Molekül anzeigt.
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Durch Behandlung mit Diazomethan liefert Ipecosid leicht ein kristallisiertes
Dimethvlderivat, das in Alkalien unlöslich ist und das bei 136 bis 138° C schmilzt
und das in lo/oiger methanolischer Lösung für die D-Linie ein Drehvermögen von -189°
±3 aufweist. Die Acetylierung dieses Dimethylderivats findet an den Hydroxylgruppen
des Glukoserestes statt und führt zum Dimethyl-tetraacetyl-ipecosid, das bei 110'°
C (Kap.) schmilzt. Wenn man das nicht methylierte Ipecosid acetyliert, so erhält
man das Hexaacetyl-ipecosid, das bei 125 bis 128° C schmilzt.
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Das Ipecosid besitzt nur eine sehr geringe Toxizität. Bei der Maus
zeigt sich bei intraperitonealer Injektion in einer Dosis von 2 g/kg keinerlei Unverträglichkeit.
Man kann demnach diese sehr geringe Toxizität des neuen Glukosids aus der Brechwurzel
in der Pharmazie ausnutzen, insbesondere als antirheumatisches Mittel, entweder
in freiem Zustand oder nach der Veresterung mit geeigneten Säuren, wie Salicylsäure,
Acetylsalicy1säure, 2,3,5-Trioxybenzoesäure oder 2,3,5-Triacetoxybenzoesäure.
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Zur Isolierung des Ipecosids kann man ein Verfahren anwenden, das
demjenigen gleich ist, das in der französischen Patentschrift 1049 755 für
ein anderes Pflanzenglukosid aus Pflanzen der Gattung Codchicum beschrieben ist,
wobei man die verschiedenen Löslichkeiten ausnutzt, die zwischen dem neuen Glukosid
und den Alkaloiden der Brechwurzel in einem Gemisch aus Chloroform und Äthanol bestehen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besteht demnach darin, daß man als
Ausgangsmaterial Radix Ipecacuanha verwendet und das Ipecosid daraus in der Weise
isoliert, daß man das Drogenpulver in an sich bekannter Weise mit Wasser oder einem
niedermole kularen wäßrigen Alkohol extrahiert, die Fettstoffe und die Alkaloide
aus diesem - vorzugsweise vorher konzentrierten - Extrakt in an sich bekannter Weise
entfernt und daß man das rohe Ipecosid aus der von Fettstoffen und Alkaloiden befreiten
und gegebenenfalls mit einem inerten Material versetzten Phase mit einer Mischung
aus einem niedermolekularen Alkohol
und einem aliphatischen halogenierten
Kohlenwasserstoff oder mit Methanol extrahiert; der Extrakt kann dann gegebenenfalls
getrocknet und das Ipecosid dann nach Abtrennung des Lösungsmittels noch gegebenenfalls
gereinigt werden. Es sei erwähnt, daß man im Verlauf der verschiedenen oben angegebenen
Extraktionen den Gesamtextrakten Aussalzmittel, wie Ammonium- oder Magnesiumsulfat,
zur Erleichterung des Extrahierens zufügen kann.
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Die Reinigung des Rohproduktes zur Gewinnung des reinen Ipecosids
kann beispielsweise durch Aufnehmen in Wasser, Entfärbung mit Aktivkohle, Eindampfen
der Lösung und Umkristallisieren, z. B. aus Methanol, erfolgen.
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Nach einer bevorzugten Durchführungsform der Erfindung wird das Brechwurzelpulver
mit einem mit Wasser verdünnten, niederen Alkohol extrahiert, der größte Teil des
Alkohols verjagt, die Fettstoffe durch Extraktion mit einem Lösungsmittel, wie Äther,
Benzol, Petroläther usw., entfernt, mit Ammoniak oder einer schwachen organischen
Base alkalisch gemacht, die Alkaloide mit Äther, Chloroform, Trichloräthylen oder
Tetrachloräthan extrahiert oder in bekannter Weise ausgefällt und dann nach erneutem
Einengen das Ipecosid mit Methanol oder mit einer Mischung aus einem niederen Alkohol
und einem aliphatischen halogenierten Kohlenwasserstoff extrahiert. Es können beispielsweise
Chloroform und Äthanol oder 3##lethanol und Dichloräthan verwendet werden.
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Man kann auch zuerst die pulverisierte Wurzel der Brechwurzel mit
einem selektiven Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch für Ipecosid ausziehen,
eindampfen und aus dem Rückstand das Ipecosid gewinnen. In gleicher Weise kann die
Extraktion der Brechwurzel, die hier bei gewöhnlicher Temperatur durchgeführt wird,
in der Hitze bewirkt werden.
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Beispiel 1 Man läßt 2 kg Brechwurzelpulver einen Tag und eine
Nacht in 61 800%igem Alkohol weichen, konzentriert bis auf 3 bis 5 1 und extrahiert
die Fettstoffe mit Petroläther. Nach dem Dekantieren der organischen Schicht macht
man die wäßrige Lösung mit Ammoniak alkalisch, schüttelt zur Entfernung der Alkaloide
mit Äther und Chloroform aus, konzentriert auf ein Viertel des Volumens und säuert
mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure auf p$ 5 bis 5,2 an. Man gibt etwas
Natriumchlorid zu und extrahiert mehrmals mit einer Mischung aus Chloroform und
Äthanol (3 Volumina Chloroform auf 1 Volumen Äthanol). Nach dem Abdestillieren des
Lösungsmittelgemisches erhält man etwa 40 g eines Harzes, das man in einer minimalen
Menge heißen Wassers löst. Man behandelt mit Aktivkohle, filtriert und dampft zur
Trockne ein. Durch Aufnehmen in Methanol kristallisiert das Ipecosid aus. Nach dem
Umkristallisieren aus Methanol erhält man 14 g Ipecosid vom F. = 177 bis 180° C
(Kap.) ja] D = -188° ± 3 (c = 1% in Methanol).
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Analyse: C27 1-135 012 N = 565,5.
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Berechnet .... C 57,3, H 6,2, O 33,9, N 2,50%: gefunden
.... C 57,2, H 6,3. O 33,7, N 2.5 0/0.
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Es wurden die folgenden Derivate des Ipecosids hergestellt a) Dimethyl-Ipecosid
Wenn man eine toluolische Diazomethanlösung mit einer Lösung von Ipecosid in einer
Mischung aus Chloroform und Äthanol umsetzt und die Lösungsmittel entfernt, so erhält
man das rohe Dimethylderivat, das aus Methanol in Nadeln vom F. = 136 bis 138°C
(Kap.) kristallisiert, [a]D=-189'±3 (c = 1% in Methanol), die in Äther unlöslich,
in Wasser wenig löslich und in Methanol und Aceton löslich sind.
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Analyse: C29 His 012 N = 593,6.
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Berechnet .... C 58,7, H 6,6, O C H3 15,2%; gefunden .... C
58,7, H 6,7, O C H3 15,4 0/0. b) Dimethyl-tetraacetyl-ipecosid Man acetyliert das
obige Dimethylderivat mit Essigsäureanhydrid in Gegenwart von Pyridin und extrahiert
das Acetylderivat nach Zugabe von Wasser mit Äther. Nach dem Waschen und Trocknen
der Lösung kühlt man auf -70° C ab. Das Dimethyl-tetraacetyl-ipecosid wird filtriert,
gewaschen und dann getrocknet; F. = 110° C (Kap.).
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Analyse: C3,r H47 01s N = 761,7. Berechnet C 58,3, H 6,2, N 1,8, O
C H3 12,2, C H3 C O 22,60%: gefunden C 58,4, H 6,2, N 1,8, O C H311,4, C H3 C O
22,7 %. c) Hexaacetyl-ipecosid Man acetyliert 500 mg Ipecosid in benzolischem Medium
mit überschüssigem Acetylchlorid in Gegenwart von Pyridin. Nach 2stündigem Stehen
in der Kälte verdünnt man mit Wasser, dekantiert, wäscht und trocknet. Der nach
dem Abdestillieren des Benzols verbleibende Rückstand wird in 30 ccm Äther aufgenommen
und auf -70° C abgekühlt. Nach dem Absaugen, Waschen und Trocknen erhält man 500
mg Hexaacetylderivat vom F. = 125 bis 128° C.
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Analyse: C39 H47 018 N = 817,8.
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Berechnet .... C 57,3, H 5,8, O 35,2, N 1,7, OCH33,8, CH3C031,6%;
gefunden .... C 57,2, H 5,9, O 34,9, N 1,6, 0 C H3 3,0, C H3 C
0 31,6 0/0. Beispiel 2 25 1 eines wäßrigen durch Maceration erhaltenen Extrakts
aus 3 kg Wurzeln wird bis auf ein Volumen von 15 1 eingeengt und mit Chloroform
ausgeschüttelt. Die wäßrige Lösung wird dann zur Ausfällung der verbleibenden Alkaloide
mit Natriumphosphowolframat behandelt, filtriert, mit 250 g Kieselgur versetzt und
zur Trockne eingedampft. Der Rückstand wird dann mit absolutem Methanol extrahiert.
Man gibt 1 Volumen Wasser zu, extrahiert mit 2 Volumina Trichloräthylen, dekantiert
die wäßrige Schicht, dampft das Lösungsmittelgemisch zur Trockne ein und trennt
das Ipecosid ab.
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Beispiel 3 Man extrahiert Brechwurzelpulver mit einer Chloroform-Alkohol-Mischung
(3:1) in der Siedehitze. Nach dem Eindampfen des Extrakts löst man den Rückstand
in heißem Wasser und entfärbt mit Aktivkohle. Die eingedampfte wäßrige Lösung liefert
das rohe Ipecosid, das durch Umkristallisieren aus Methanol gereinigt wird.