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Mittel zum Dauerwellen von Haar Die Erfindung betrifft Mittel zur
Herstellung von dauerha, ften. Haarwellen durch das an. sich bekannte Behandeln
der Haare mit einer alkalischen Lösung bei mäßiger Erwärmung. Das neue Mittel enthält
in wäßrigem Medium außer einer a, lkalisch reagierenden anorganischen oder organischen
Substanz 30 bis 70 % eines wasserlöslichen organischen Lösungsmittels, insbesondere
eines niederen Alkohols.
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Bekanntlich gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Verfahren zur
Herstellung von. Dauerwellen. Bei der sogenan, nten Heißwel, le wird die Haarsubstanz
bei hoher Temperatur durch lösliche alkalische Verbindungen oder Ammoniumsulfit
erweicht und verformbar gemacht. Chemisch handelt es sich hier meistens um Reduktionsmittel,
die unter den angewendeten Bedingungen die Cystinb, indungen d, es Ha, ares angreifen.
Bei der sogenannten Kaltwellung, bei der Merkaptane wie z. B. Thioglykolsäure bei
einem PH-Wert von 7 bis 10 in 1-bis 15%iger Lösung auf das Haar einwirken, werden
ebenfalls Cystinbindungen im Haar angegriffen. Nach der Verformung des weichgemachten
Haares müssen die aufgespaltenen Cystinbindungen durch eine oxydative Nachbehandlung
wiederhergestellt werden.
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Da die Merkaptane wirksamere Reduktionsmittel für die Cystinbindungen
sind als die Sulfite, gestatten sie bei gleicher Behandlungstemperatur eine'Verstärkung
der Haarkrause bzw. bei gleicher Haarkrause die Anwendung von niedrigeren Temperaturen.
Diese Schwefel Verbindungen haben jedoch Nachteile, wie unangenchmen Geruch und
unerwünschte physiologische, bei empfindlichen Personen sogar toxische Wirkun, gen,.
Die Gemische nach h der Erfindung gestatte, n, das Wellen des Haares bei milden,
Temperaturen, und ihre Anwendung bedeutet einen technischen Fortschritt, weil sie
einfacher als das Arbeiten mit Thioglykolatlösungen ist. Es entfällt die oxyda.
tive Nachbehandlung. Die Gemische haben einen, angenehmen Geruch, sind physiologisch
einwandifei, leicht herzustellen und unbegrenzt haltbar.
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Die Mittel bestehen einerseits aus einer anorganischen oder organischen
Base, welche der Lösung einen pH-Wert von 10 bis 12 erteilt, un, d andererseits
aus organischen. Lösungsmitteln in einer Konzentration, welche die hydrolytische
und plastifizie : rende Wirksamkeit der alkalisch reagierenden Substanz bei Faserkeratinen
wesentlich erhöht. Mit einem solchen Gemisch, wird das Haar in die gewünschte Form
gelegt und. darin bei einer Temperatur von 50 bis 80° C einige Minute, belassen.
Es braucht dann unr noch ausgewaschen zu werden, wobei man das Entfernen der Alkalien
vom Haar durch einen sauer reagierenden Zusatz zum Spülbad erleichtern kann. Die
früher notwendige Nachbehandlung des Haares mit einem
Oxyda, tionsmittel ist unnötig
und sogar unerwünscht.
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Das Besondere der Ernnd. ung. besteht darin, daß mit Alkalien, unter
Bedingungen gea, rbe ! itet wird, bei welchen sie für sich allein bei mäßig erhöhten
Temperaturen genügende und dauerhafte Haa, rkra. use erzeugen können, und daß organische
Lösungsmittel meitberwendet werden, die, allein angewendet, gleichfalls ohn. e Wirdkung
sind, währen, d, das Gemisch der beiden Komponenten eine hohe Wirksamkeit entfaltet.
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In eingehendenForschungsarbeitenwurdegefunden, daß milde Alkalien
wie Natriumbicarbonat, Borax, Kaliumcarbonat. welche Wolle und Haarc bei mäßigen
Temperaturen selbst nach vielstündiger Ein, wirkung cliemisch nicht angreifen, in
Kombination, mit organischen. mit Wasser mischbaren Lisungsmitteln die Schwefelbindungen
von Wolle und Haar angreifen.
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Da, bei erfo, lgt jedoch keine Bild, ung von Thiolgruppeh, die eine
nachfolgende Oxydation nögit machen, vielmeh, bilden sich Lanthionin und dessein
Oxydationsprodukte ; es wird ein Teil der Cystinbindungen in Thiäthergruppen umgewandelt,
wobei Lanthionin ge-I) ildet wird.
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Bei einem Vorversuch mit Wolle wurde diese in eine 0, 5molare Boraxlösung
mit steigenden Mengen Propylalkohol bei 65°C jeweils 4 Stunden lang eingelegt und
d. anach ihr Cystingehalt in, Abhängigkeit von der Alkoholmenge festgestellt. In
der folgenden Tabelle geben die Zahlenwerte in der Reihe a) den Propanolzusatz in
Prozenten des Gemisches, b) den Cystingehalt in Prozenten der behandelten Wotle
an. a.) 0, 10. 20. 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90 ; b) 11, 92, 10, 56, 10, 37, 9, 61,
8, 92, 8, 14, 7, 50, 7, 25, 7, 87, 10, 70.
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Wahrend die Boraxlösung allein kein Cystin abba, ut, ergibt die Tabelle
einen optimalen Abbau in der 70 °/o Propanol enthaltenden Lösung. Dies ist auch
der
Grund, warum das bekannte Mitte ! nach der britischen Patentschrift 391 355 aus
alkalisch reagierenden verbindungen in Wasser und Alkohol bei 50 bis 80° C bei eigenen
Vergleichsversuchen fast ohne Dauerwellwirkung blieb. Hier liegt nämlich die Konzentration
des Alkohols-unterhalb-der Konzen,-tration. bei welcher laut den Modellversuchen
an Wolle (vgl. obige Tabelle) das Cystin stärker abgebaut wird. Die bekannten Mittel
nach der britischen Patentschrift werden erst oberhalb 80° C wirksam (Heißwelle).
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Die überraschend gefundene Wirkung beruht vermutlich darauf, daß
die Dielektrizitätskonstante des \R'assers in Gegenwart von organischenLösungsmitteln.
herabgesetzt und hierdurch die Dissoziationskonstante der Alkalien verändert wird,
wodurch der pH-Wert des Mittels steigt. Diese Erhöhung des pH-Wertes reicht jedoch
noch nicht aus, wie weitere Feststellungen bei rein wäßrigen Lösungen von gleichen.
pH-Werten n ergaben. So wurde gefunden, daß der Cystingehalt von Wolle nach Einwirkung
iener wäßrigen Alkalilösung von PH = 10, 9 ohne Alkohol nur von 11, 3 auf 10. 9°/o
absinkt, während eine alkoholische Mischung vom gleichen pH-Wert bei 65° C in 4
Stunden run. d die Halite des Cystins in Lanthionin umwandelt. Es muß daher angenommen
werden, daß die erfindungsgemma3 verwendeten Gemische im Faserinnern einen höheren
pH-Wert entstehen lassen, als er in der iuleren Lösung vorliegt. Dieser Effekt ist
für die Haa, rbehandlung sehr gunstig. Man kommt in der Mischung mit einer mäßigen
Alkalikonzentration aus, bei der die behandelte Kopfhaut und die Hände des Frisörs
nicht angegriffen werden, aber im Innern des Haares die zur dauerhaften Verformung
erforderliche Plastifizierung erreicht wird. Bei der Übertragung von Feststellungen
an Wolle auf Menschenhaar ist zu beachten, daß dieses chemisch viel widerstandsfähiger
ist als jene. Die nachstehende Tabelle gibt einige Cystinbefunde bei dauergewelltem
Menschenhaar :
Behandlungsart Cystingehalt |
a) nicht vorbehandelt .................... 17, 69% |
b) vorbehandelt mit Ammonium- |
thiogivkolat in 5°/ciger Lösung |
(PH-Wert 9,2) ........................ 19,52% |
c) mit einer Lösung, die 15% |
Monoäthanolamin in 45 feigem |
Isopropanol enthält ......................... 14,88% |
d) mit einer Lösung, die 15% |
Athylendiamin in 60%igem |
Isopropanol enthält.......... 17, 35 °/c |
e) mit einer Lösung, die 4"/o |
Hydrazinhydrat in 45%igem |
Isopropanol enthält 17, 70°/o |
f) mit einer Lösung, die 6% |
Piperidin in 45%igem Iso- |
propanol enthält ............................ 15,39% |
g) mit einer Lösung, die 0/G |
Kaliumcarbonat in 45%igem |
Isopropanol enthält 13, 43 °/o |
Die Versuche b) bis g) wurden bei 62° C ausgeführt ; die Dauer der Behandlung betrug
10 bis 20 Minuten.
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Diese Tabelle bestätigt zunächst die schon, bekannte Tatsache, daß
hei Thioglykolatbehandlung (b) auch bei sorgfältiger Fixierung Schwefel in das Haar
eingebaut wird. Bei der Oxydation wird nämlich ein Teil der Thioglykolsäure mit
den Cystingruppen zu
neuen gemischten Disu, lfiden komb. iniert. Bei dem ernndungsgemäßen
Verfahren wird dagegen der Cystingehalt entweder garnicht verändert (e) oder wenig
verändert (d) oder sogar deutlich herabgesetzt (c, f, g), wobei aber, wie schon
oben. erwähnt, keine reaktionsfähigen Gruppen, sondern reaktionsträge Thioäthergruppen
gebildet werden, wodurch in dem Keratin des Haares Lanthionin entsteht.
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Beim Vergleich anderer Eigenschaften der erfindungsgemäß behandelten
Menschenhaare mit Haaren nach der üblichen Kaltwelle fallen, die Alkalilöslichkeit
und die Naßreißfestigkeit ebenfalls zugunsten der gemäß der Erfindung behandelten
Haare aus. Ein weiterer Vorteil ist der, daß die Haare ihren Gla. nz nicht verlieren
und stumpf werden, sondern den Glanz behalten, wenn nicht erhöhen.
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Als zu verwendende Alkalien, sollen, insbesondere die folgenden Verbindungen
genannt werden : Anorganische Alkalien : Carbonate, Oxyde und Hydroxyde der Alkalien
und Erdalkallien sowie Hydrazinhydrat.
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Organische Basen : Aliphatische primäre, sekundäre und tertiäre Amine,
quartäre Ammoniumbasen wie Tetramathylammoniumhydroxyd, primäre Alkylhydra, zine,
symmetrische und asymmetrische Dialkylhydrazine,Trialkyl-undTetraalkylhydrazine,
metallorganische Verbindungen, wie Methyllithium, die im erfindungsgemäßen Gemisch
eine alkalische Reaktion zeigen.
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Die organischen Basen können außer der basischmachendenFunktion im
Molekül noch andere funktionelle Gruppen enthalten, wie z. B. die Aminoalkohole
und Halogenamine. Die basischmachende Gruppe kann auch in ein heterocyklisches Ringsystem
eingebaut sein. Beispiele solcher besonders geeigneter heterocyklischer Basen sind
: Hexamethylenimin, Pipendin, Imidazol, Oxazole, Pyrimidine und Pyrazine.
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Es sind alle organischenLösungsmittelverwendbar, die mit Wasser mischbar
sind. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen ihrer chemischen Konstitution
und ihrer Wirksamkeit. Der Effekt ist vielmehr ein physikalisch-chemischer.
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Besonders geeignete Vertreter sind die Alkohole Athanol, Propanol,
Isopropanol, ferner Dioxan und Aceton.
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Erprobte Ausführungsbeispeiel sind wäßrige Lösungen, die 1. 0, 4
bis 1% Batruynhydroxyd, 45 bis 60 I/o Isopropanol oder Äthanol oder Aceton, 2. 3
bis 4% Kaliumcarbonat, 45 bis 60 °/o Isopropanol oder Äthanol, 3. 1 bis 4% Hydrazinhydrat.
30 bis 60"/o Äthanol oder Isopropanol, 4. 3 bis 6 °/o Piperidin, 45 bis 60% Äthanol
oder Isopropanol, 5. 5 bis 10°/o Piperazin, 45 bis 60°/o iiLthanol oder Isopropanol.
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6. 5 bis 15 °/o Äthylendiamin, 45 bis 60 °/o Athanol oder Isopropanol,
7. 5 bis 15 °/o Hexamethylenimin, 45 bis 60% Äthanol oder Isopropanol, 8. 5 bis
15°/o Isopropylamin, 45 bis 60% Äthanol oder Isopropanol, 9. 10% Benzylamin, 45
bis 60°/o Athanol oder Isopropa, nol 10. 5 bis 15% hexamethylendiamin, 45 bis 60%
Äthanol oder Isopropanol enthalten.
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Mit besonderem Vorteil können, als alkalische Su. bstanz Verbindungen
verwendet worden, die beide Prinzipien, d. h. das des Alkalis und. das des Lösu.
ngsmittels, in sich vereint enthalten, da, sie alkalische Lösungen liefern und den
Rest eines organischen Lösungsmittels, besonders eines Alkohols enthalten.
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Beispiele hierfü, r sind Äthanol-un. d Propanolamin.
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Diese Chemikalien enthalten die ernndungsgemäß anzuwendenden Alkohole
mit den erforderlichen Basen kombiniert. Infolgedessen kann man., wie aus der deutschen
Patentschrift 657 840 bekannt ist, tatschlich mit ihnen allein in wäßriger Lösung
brauchl ? are Dauerwellen erzeugen, z. B. durch Erhitzen des Haares mit einer wäßrigen
5e/oigen Triäthanolaminlösung. Aber auch hier bietet der weitere Zusatz eines Alkohols
wesentliche Vorteile hinsichtlich der Kräuselung und Schonung des Haares hei Anwend,
ung von niedrigeren Temperaturen ; beispielsweise kann man eine wäßrige lisung verwenden,
die 5 bis 15% Monoäthanolamin und 30 bis 60% Äthanol oder Isopropanol enthält.
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Dies wird durch folgende Vergleichsversuche bewiesen.
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Für die Vergleichsversuche wurden folgende Mittel verwendet : 1.
Nach der Erfindung Eine wäßrige Lösung, welche 15 Teile Athylendiamin und 45 Teile
Isopropanol enthält.
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2. Nach der deutschen Patentschrift 657 840 Eine 5e/oige wäßrige
Lösung von Äthylendiamin.