Verfahren zur plastischen insbesondere
zur thermoplastischen Verformung von Polymeren sind seit langem
bekannt und werden in der Technik in erheblichem Umfang eingesetzt.
Hierzu gehören
neben Spritzgußverfahren
insbesondere auch Extrusionsverfahren und Verfahren zur Herstellung
von Chemiefasern aus Spinnschmelzen. Während die bekannten Verfahren
bei den meisten Polymeren problemlos angewandt werden können, ist
die thermoplastische Verarbeitung bzw. das Aufschmelzen von Polymeren
die starke intermolekulare Wechselwirkungen ausbilden, wie sie insbesondere
bei Wasserstoffbrückenbindungen
auftreten, nur unter größeren Schwierigkeiten
oder auch überhaupt
nicht möglich.
So ist bekannt, daß Cellulose
nicht schmilzt sondern oberhalb von 180° C unter Einwirkung von Sauerstoff
abbaut (z.B. Ullmann's
encyclopedia of industrial chemistry 5. Auflage, Band A5, 1986,
383). Der Grund hierfür
ist darin zu sehen, daß die
Polymerketten der Cellulose durch die nebenvalenten Wasserstoffbrückenbindungen
in einem festen Kristallgitter gehalten werden, das für die thermoplastische
Verarbeitung bzw. das Aufschmelzen zerstört werden muß. Bei Temperaturen,
die für
die thermische Lösung
der Nebenvalenzbindungen erforderlich wären wird aber die Polymerkette
irreversibel geschädigt.
Die thermische Belastbarkeit der Molekülketten der Cellulose ist demnach
nicht höher
als die thermische Beständigkeit
der durch die Nebenvalenzen aus Wasserstoffbrückenbindungen fixierten Gitterstruktur
der Cellulose (z.B. Das Papier, 44 (1990) 12, 617-624; TAPPI Journal
67 (1984) 12, 82/83; Journal of Applied Polymer Science, 37 (1989), 3305-3314).
Daher fehlt ein für
die thermoplastische Verarbeitung erforderliches Temperaturintervall
zwischen der Temperatur, bei der sich die zwischenmolekularen Bindungen
lösen und
der Temperatur, bei der die Molekülketten thermisch geschädigt werden.
Es ist zwar möglich Cellulose aus einer Lösung heraus
beispielsweise zu Folien und Fasern zu verarbeiten, derartige Verfahren
weisen aber eine Reihe von Nachteilen auf. So ist die Geschwindigkeit von
Polymerformungsverfahren aus einer Polymerlösung heraus durch den Stofftransport
(z.B. Koagulation) kontrolliert und derartige Verfahren sind von
ihrer Geschwindigkeit her den thermoplastischen Prozessen bei weitem
unterlegen. Zum Beispiel lassen sich Cellulosefasern nur mit einer
Geschwindigkeit von bis zu ca. 100 m/min produzieren, während thermoplastische
Werkstoffe bei Geschwindigkeiten von bis zu 8000 m/min zu Fasern
verarbeitet werden können.
Daraus resultiert ein erheblicher Kostennachteil der Cellulosefasern.
Auch müssen
als Lösemittel
für Cellulose
ungewöhnliche
und gefährliche
Stoffe eingesetzt werden, die hohe Verfahrenkosten verursachen.
So wurde für
Cellulose zunächst
das Lösemittel
Schwefelkohlenstoff (CS2) verwendet, das
aber in Dampfform leicht brennbar und explosiv ist und darüber hinaus
toxische Eigenschaften aufweist. Auch das in jüngerer Zeit gebräuchliche
N-Methylmorpholin-N-oxid
(NMMO) ist nicht unproblematisch da es bei erhöhten Temperaturen explosive
Peroxide bildet (Kaplan, D.L: Biopolymers from Renewable Resources,
Berlin, Springer 1998, 79).
Bei Chitin, einem anderen natürlichen
Polysaccharid ist die Verarbeitungssituation ähnlich schwierig, da es sich
ebenfalls eher thermisch zersetzt (bei ca. 280 °C) als zu schmelzen (Kaplan,
D.L.: Biopolymers from Renewable Resources, Berlin, Springer 1998,
108).
Bei beiden Nafurprodukten wurde versucht das
Problem der mangelnden thermoplastischen Verarbeitbarkeit durch
eine chemische Modifikation zu lösen.
So wird Cellulose beispielsweise zu Cellulosenitrat, -azetat, -propionat
oder -butyrat verestert, was die Wasserstoffbrücken als zwischenmolekulare Bindungen
schwächt.
Das Verfahren ist zwar wirksam aber aufwendig und teuer. Zudem ist
eine der wichtigsten Eigenschaften der Cellulose ihre gute biologische
Abbaubarkeit und während
die thermoplastische Verarbeitbarkeit der Cellulose mit steigendem
Substitutionsgrad verbessert wird, nimmt die biologische Abbaubarkeit
mit steigendem Substitutionsgrad ab (Journal of Applied Polymer
Science, 50 (1993), 1739-1746). Entsprechend wird Chitin häufig vor
einer technischen Anwendung zu Chitosan deacetyliert. Neben den
vorstehend geschilderten Nachteilen gestaltet sich darüber hinaus
die großtechnische
Deacetylierung aufgrund der benötigten
Mengen an Alkali ökonomisch
und ökologisch
problematisch.
Diese Schwierigkeiten, die bei einer
thermoplastischen Verarbeitung der Cellulose und des Chitins auftreten
sind besonders gravierend, da sowohl Cellulose als auch Chitin in
der Natur in großen
Mengen synthetisiert werden und es sich hierbei um die wichtigsten
nachwachsenden Polymere handelt. Cellulose ist nach Literaturangaben
der häufigste,
Chitin der zweithäufigste
Rohstoff der Erde (Kaplan, D.L: Biopolymers from Renewable Resources,
Berlin, Springer 1998, 96).
Bei anderen Polymeren, die intermolekulare Wasserstoffbrückenbindungen
aufweisen ist eine thermoplastische Verarbeitung dagegen möglich, da die
Molekülketten
thermisch ausreichend stabil sind, so daß das Aufschmelzen bzw. die
thermoplastische Verformung bei Temperaturen erfolgen kann, bei
denen sich die nebenvalenten Wasserstoffbrückenbindungen lösen. Ein
typisches Beispiel hierfür
ist Polyamid 6, bei dem die kristalline Anordnung der Molekülketten
bei 230°C
durch Auflösung
der Wasserstoffbrückenbindungen
schmilzt (Domininghaus, H.: Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften,
5. Auflage, Springer, Berlin 1998, 616). Da die Molekülketten
des Polyamid 6 Temperaturen bis zu 300°C ausgesetzt werden können ehe
sie thermisch geschädigt
werden, ist es möglich,
Polyamid 6 aufzuschmelzen bzw. thermisch zu verformen.
In der Praxis liegen typische Verarbeitungstemperaturen bei 230°C bis 280°C.
Obwohl bei derartigen Polymeren die
thermoplastische Verarbeitung möglich
ist und in großem Umfang
durchgeführt
wird, sind die hohen Temperaturen, die hierfür erforderlich sind, nicht
vorteilhaft. Es besteht Bedarf nach einem Verfahren, mit dem auch diese
prinzipiell thermoplastisch verarbeitbaren Polymere unter Einsatz
von weniger Energie aufgeschmolzen und plastisch verarbeitet werden
können.
Die geschilderten Schwierigkeiten
bei der thermoplastischen Verarbeitung treten z.B. auch bei Polyvinylalkohol
auf.
Aufgabe der Erfindung ist es daher,
ein neues Verfahren zur plastischen Verformung eines Polymers zur
Verfügung
zu stellen, mit dem insbesondere auch solche Polymere verarbeitet
werden können, die
aufgrund starker intermolekularer Wechselwirkungen, wie insbesondere
aufgrund von Wasserstoffbrückenbindungen,
mit herkömmlichen
Verfahren nur schwer oder gar nicht aufgeschmolzen bzw. plastisch verformt
werden können.
Aufgabe der Erfindung ist es ferner,
eine Vorrichtung zur Durchführung
eines solchen Verfahrens zur Verfügung zu stellen.
Schließlich ist es eine Aufgabe der
Erfindung, die bislang thermoplastisch nicht verformbaren Polymere
Cellulose und Chitin in einer neuen Modifikation zur Verfügung zu
stellen, wie sie sich bei der plastischen Verformung gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren
ausbildet.
Diese Aufgaben werden durch ein Verfahren zum
plastischen Verformen von Polymeren gelöst, das dadurch gekennzeichnet
ist, daß ein
Polymer unter gleichzeitiger Einwirkung von Druck und Scherung sowie
thermischer Energie mit elektromagnetischer Strahlung mit einer
Wellenlänge
im Bereich von 0,8 bis 100 μm
behandelt wird. Es wird ebenfalls eine Vorrichtung zur Durchführung dieses
Verfahrens zur Verfügung
gestellt, die Mittel zur Aufnahme eines Polymers, Mittel zur Ausübung von
Druck auf das Polymer, Mittel zur Ausübung von Scherung auf das Polymer
und Mittel zum Zuführen
oder Ableiten von Wärme
sowie Mittel zur Bestrahlung des Polymers mit elektromagnetischer
Strahlung mit einer Wellenlänge
im Bereich von 0,8 bis 100 μm
umfaßt.
Schließlich stellt das Verfahren
auch ein Polymer zur Verfügung,
das Cellulose oder Chitin enthält
und das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt
werden kann.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung
beziehen sich Prozentangaben auf Gewichtsprozent und Molekulargewichte
von Polymeren auf zahlengemittelte Molekulargewichte, sofern nichts
anderes angegeben ist.
Das erfindungsgemäße Verfahren beruht auf dem
Prinzip, daß die
nebenvalenten Bindungen in Polymeren, insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen,
gezielt nichtthermisch aufgebrochen. werden. Hierzu wird das Polymer
drei verschiedenen Arten von Energie ausgesetzt, nämlich Energie
aus elektromagnetischer Strahlung einer geeigneten Wellenlänge, mechanischer
Energie und thermischer Energie. Es wird derzeit angenommen, daß bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
die Wasserstoffbrückenbindungen
durch mechanische und thermische Energie geschwächt werden. Die über die
elektromagnetische Strahlung in das System eingebrachte Energie
führt dann
dazu, daß die
Wasserstoffbrückenbindungen
aufgebrochen werden. Durch die auf das Polymer einwirkende Scherung
wird das Polymer dann plastisch verformt. Wenn der Energieeintrag gestoppt
wird und die plastische Verformung zum Stillstand kommt, gehen die
Moleküle
neue Wasserstoffbrückenbindungen
ein.
Mit dem efindungsgemäßen Verfahren
ist es möglich,
die thermoplastische Verformung von Polymeren, die Nebenvalenzbindungen
zeigen, insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen, bei Temperaturen
zu erreichen, die deutlich unter den Temperaturen liegen, die üblicherweise
zum Aufbrechen der Nebenvalenzbindungen, insbesondere der intermolekularen
Wasserstoffbrückenbindungen
erforderlich sind. Damit können
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
erstmals auch Polymere plastisch verformt werden, bei denen die
intramolekularen kovalenten Bindungsenergien in der gleichen Größenordnung (oder
sogar darunter) liegen, wie die Energien der intermolekularen Wasserstoffbrückenbindungen,
insbesondere Cellulose und Chitin. Insbesondere ist es mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
erstmals gelungen, Cellulose plastisch zu verformen und in eine durchsichtige,
klare Folie zu überführen.
Die Erfindung macht sich zu Nutze,
daß nebenvalente
Bindungen, insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen, elektromagnetische
Strahlung mit einer Energie im infraroten Bereich absorbieren. Bei
diesen Wellenlängen
ist eine Zerstörung
der kovalenten Polymerbindungen durch die elektromagnetische Strahlung
nicht zu befürchten.
Die zugeführte elektromagnetische
Strahlung sollte daher eine Wellenlänge von mehr als 800 nm d.h.
0,8 μm aufweisen. Energiereichere
Strahlung kann zum einen von den nebenvalenten Bindungen, insbesondere
den Wasserstoffbrückenbindungen,
nicht mehr ohne weiteres absorbiert werden, zum anderen wird durch
die Verwendung energiereicherer Strahlung das Risiko erhöht, daß das Polymer
sich chemisch verändert.
Andererseits werden die nebenvalenten Bindungen, insbesondere die
Wasserstoffbrückenbindungen,
erfindungsgemäß durch
Zufuhr von mechanischer Energie und von Wärmeenergie geschwächt, so
daß unter
Umständen
bereits elektromagnetische Strahlung mit einer sehr geringen Energie
ausreichend ist um das erfindungsgemäße Verfahren erfolgreich durchführen zu
können.
Wenn die Wellenlänge
der zugeführten
elektromagnetischen Strahlung jedoch höher als 100 μm ist, ist
sie in der Regel zu energiearm, um die nebenvalenten Bindungen,
insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen,
aufzubrechen. Daher wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren elektromagnetische
Strahlung mit einer Wellenlänge
im Bereich von 0,8 μm
bis 100 μm
eingesetzt. Die konkret gewählte
Wellenlänge
hängt dabei
von dem zu verarbeitenden Polymer und den übrigen Reaktionsbedingungen
ab, insbesondere von der über
die Scherung in das System eingebrachten Energie und von der möglicherweise
ergänzend
zugeführten
thermischen Energie.
Die für das erfindungsgemäße Verfahren
am besten geeignete Wellenlänge
kann für
jedes Polymer und jede Versuchsanordnung durch einige Routineversuche
ermittelt werden. Zum Beispiel kann durch spektroskopische Verfahren
bestimmt werden, in welchem Wellenlängenbereich die nebenvalenten Bindungen
des zu verarbeitenden Polymers absorbieren. Ausgehend von den so
ermittelten Werten wird dann durch geeignete Routineversuche die
zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens optimale
Wellenlänge
bestimmt.
Alternativ lassen sich auch aus den
Bindungsenergien der Wasserstoffbrückenbindungen Quantenenergien
(Photonenenergien) berechnen, die eine elektromagnetische Strahlung
aufweisen müßte um die
nebenvalenten Bindungen zu brechen. Aus diesen Berechnungen erhält der Fachmann
einen Ausgangswert für
die geeignete Wellenlänge
der in dem erfindungsgemäßen Verfahren
einzusetzenden elektromagnetischen Strahlung aufgrund dessen mit
einfachen Routineversuchen die für
die plastische Verformung des gewählten Polymers am besten geeignete
Wellenlänge
ermittelt werden kann.
In der Regel dürften die Strahlungsquanten etwas
energieärmer
bzw. die Wellenlänge
der eingesetzten elektromagnetischen Strahlung etwas größer sein,
als es sich aufgrund der vorstehend beschriebenen spektroskopischen
Messungen und theoretischen Berechnungen ergibt, da bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
die nebenvalenten Bindungen noch zusätzlich durch mechanische und
thermische Belastung geschwächt
werden. Da sich die Bindungsenergien bei einer Vergrößerung des
Bindungsabstands r proportional 1/rn (mit
n > 1) entwickeln,
bringen schon geringe Dehnungen der Bindungsabstände deutlich niedrigere Bindungsenergien
mit sich. Dem entspricht längerwellige
und damit energieärmere
Strahlung.
Erfindungsgemäß besonders bevorzugt wird elektromagnetische
Strahlung mit einer Wellenlängen
im Bereich von 1 μm
bis 50 μm
verwendet. Insbesondere bevorzugt ist elektromagnetische Strahlung
mit einer Wellenlängen
im Bereich von 1 μm
bis 20 μm
und insbesondere von etwa 10 μm.
Aus praktischen Gründen ist
es sinnvoll, zur Erzeugung der elektromagnetischen Strahlung einen Laser
einzusetzen, was erfindungsgemäß bevorzugt ist.
Besonders bevorzugt ist ein Kohlendioxidlaser, der Strahlung einer
Wellenlänge
von 10,6 μm
zur Verfügung
stellt.
Die erforderliche Energiemenge hängt sehr stark
von der speziellen Vorrichtung ab, in der die plastische Verformung
des Polymers durchgeführt werden
soll, sowie von dem Polymerdurchsatz. Häufig ist bereits eine Strahlintensität von 102 W/cm2 oder darunter
ausreichend. Es kann allerdings erforderlich oder vorteilhaft sein,
eine höhere
Strahlintensität
zu verwenden. Bevorzugt ist die Strahlenintensität aber nicht höher als
105 W/cm2. Besonders
bevorzugt ist eine Strahlenintensität von 5 × 102 W/cm2 bis 104 W/cm2 und insbesondere von 103 W/cm2 bis 104 W/cm2, z.B. etwa 103 W/cm2.
Bei dem Einsatz eines Lasers kann
der Strahl gepulst oder kontinuierlich sein, bevorzugt ist der Strahl
gepulst.
Die Bestrahlung sollte auf eine Art
und Weise erfolgen, daß eine
ausreichende Absorption der Strahlung in dem Polymer erfolgt. Bevorzugt
ist die Absorption in einem Bereich von 1 kJ/mol bis 10000 kJ/mol,
stärker
bevorzugt von 5 kJ/mol bis 1000 kJ/mol, insbesondere 5 bis 30 kJ/mol,
z.B. circa 20 kJ/mol.
Die mechanische Energie wird auf
an sich bekannte Art und Weise in das System eingebracht. Durch
die Scherung wird das Polymer einer mechanischen Schubspannung ausgesetzt,
durch die die nebenvalenten Bindungen zusätzlich beansprucht und geschwächt werden.
Sobald sich hinreichend viele nebenvalente Bindungen öffnen, wird
das Material durch die Schubspannung plastisch verformt. Die plastische
Verformung ist damit eine Scherverformung. Wenn die plastische Verformung
zum Stillstand kommt, gehen die Moleküle neue nebenvalente Bindungen,
z.B. Wasserstoffbrückenbindungen, ein.
Bevorzugt wird die Scherung mit einer
Kraft oder einem Drehmoment angewendet, die eine Schergeschwindigkeit
im Bereich von 100 s-1 bis
106 s-1 bewirken,
bevorzugt von 101 bis 105 s-1, insbesondere von 101 s-1 bis 103 s-1, beispielsweise etwa 102 s-1.
Neben der Scherung wird auch eine
Druckbelastung auf das Polymer ausgeübt, die die Gefahr der Bruchbildung
in dem Werkstoff während
der Verarbeitung senkt und den Erhalt einer zusammenhängenden
Formmasse bewirkt.
Bevorzugt wird ein Druck von 1 N/mm2 bis 5000 N/mm2 bevorzugt
von 10 N/mm2 bis 1000 N/mm2 und
insbesondere von 50 bis 500 N/mm2 auf das
Polymer ausgeübt.
Druck und Scherung bringen im Zusammenspiel
mechanische Energie in das Polymersystem ein. Die Druckbelastung
wird bevorzugt ebenfalls dazu verwendet, um die Scherung über den
Effekt der Reibung in das Polymer zu übertragen. Erfindungsgemäß bevorzugt
erfolgt dies über
2 parallele Stempelflächen,
zwischen denen sich das Polymer befindet und über die Druck auf das Polymer
ausgeübt
wird. Eine relative Bewegung der Stempeloberflächen gegeneinander unter Druck
bewirkt dann die Übertragung
von Scherung auf das Polymer.
Auch bei bekannten Vorrichtungen
zum plastischen Verformen von Polymeren wie beispielsweise Extrudern
wird gleichzeitig Druck und Scherung auf das zu verarbeitende Polymer
ausgeübt.
Erfindungsgemäß kann jede
bekannte zum thermoplastischen Verformen oder Aufschmelzen von Polymeren
geeignete Vorrichtung, mit der Druck und Scherung auf ein Polymer übertragen
werden, nach einer entsprechenden Anpassung zur Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens
verwendet werden.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
ist weiterhin wesentlich, daß thermische
Energie auf das Polymer einwirkt. Während thermische Energie alleine
nicht tauglich ist, um die nebenvalenten Bindungen (z.B. die Wasserstoffbrückenbindungen)
der Polymere aufzulösen,
schwächt
sie, wie auch die mechanische Energie, die nebenvalenten Bindungen. Einem
System, auf das Druck und Scherung ausgeübt wird, wird gleichzeitig
notwendigerweise auch thermische Energie zugeführt. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird zudem durch die elektromagnetische Strahlung dem Polymer weitere thermische
Energie zugeführt.
Daher ist es häufig
nicht erforderlich, dem System noch gesondert thermische Energie
zuzuführen.
Falls dies erforderlich ist, kann dies z.B. über ein vorgewärmtes Material
oder eine Beheizung der Werkzeuge erfolgen. Andere Methoden hierzu
sind dem Fachmann bekannt.
Da das erfindungsgemäße Verfahren
insbesondere auch dazu dient, Polymere plastisch zu verformen, die
keinen hohen Temperaturen ausgesetzt werden dürfen, kann es sogar erforderlich
sein, während
es Verfahrens thermische Energie abzuführen, falls die durch Scherung
und Strahlung in das Polymer eingebrachte thermische Energie zu
einer Temperaturerhöhung
führt,
bei der das zu verarbeitende Polymer nicht mehr stabil ist. In diesem
Fall sollte während
des Verfahrens gekühlt
werden.
Erfindungsgemäß wird das Verfahren daher bevorzugt
so durchgeführt,
daß die
Temperatur des Polymers überwacht
und durch Zufuhr oder Ableitung von Wärme in einem vorbestimmten
Bereich gehalten wird. Welche Temperatur geeignet ist, hängt sehr
stark von der thermischen Stabilität des zu verarbeitenden Polymers
sowie von wirtschaftlichen Überlegungen
ab. Erfindungsgemäß bevorzugt
liegt die Temperatur während
der plastischen Verformung des Polymers bei 20 bis 280 °C, wobei
der höhere Temperaturbereich
für empfindliche
Polymere nicht beeignet ist, allerdings beispielsweise bei der Verarbeitung
von Polyamid 6 noch verwendet werden kann. Bevorzugter ist ein Bereich
von 20°C
bis 250°C und
thermisch empfindliche Polymere, wie Cellulose, werden bevorzugt
bei einer Temperatur in einem Bereich von 20°C bis 120°C, stärker bevorzugt von 50°C bis 100°C, verarbeitet.
Die Polymere, die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
plastisch verformt werden können, sind
nicht besonders eingeschränkt.
Zwar ist das erfindungsgemäße Verfahren
besonders vorteilhaft zur Verarbeitung von thermisch empfindlichen
Polymeren geeignet, die starke intermolekulare Wechselwirkungen
(d.h. nebenvalente Bindungen), insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen,
ausbilden, es können
aber auch Polymere, die thermisch stabil sind, wie Polyamid 6 oder
Polymere, die schwächere
intermolekulare Wechselwirkungen ausbilden, mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
verarbeitet werden, wobei sich gegenüber den herkömmlichen
Verfahren durchaus verfahrenstechnische Vorteile ergeben können wie
eine verringerte Verarbeitungstemperatur.
Der Begriff Polymer wie er im Rahmen
dieser Patentanmeldung verwendet wird, umfaßt einzelne Polymere sowie
Gemische mehrerer Polymerer, insbesondere Gemische, die ein oder
mehrere Polymere enthalten, die starke nebenvalente Bindungen, insbesondere
Wasserstoffbrückenbindungen,
aufweisen. Den Polymeren können
Additive beigefügt sein,
welche die Verarbeitungs- oder Anwendungseigenschaften der Polymere
beeinflussen. Derartige Additive sind dem Fachmann bekannt, z.B.
können hier
Glycerin, Sorbitol oder Farbstoffe genannt werden. Mit dem Begriff
Polymer sind sowohl Homopolymere als auch Copolymere gemeint. Weder
das mittlere Molekulargewicht des Polymers noch die Molekulargewichtsverteilung
unterliegt besonderen Beschränkungen.
In der Regel weisen die Polymere 20 oder mehr Monomereinheiten,
bevorzugt 60 oder mehr Monomereinheiten, insbesondere 80 oder mehr
Monomereinheiten pro Polymermolekül auf. Besonders bevorzugt
weisen die Polymere etwa 300 bis 44.000 Monomereinheiten pro Polymermolekül auf, insbesondere
wenn es sich bei dem Polymer um Cellulose handelt. Erfindungsgemäß besonders
bevorzugt umfaßt
das zu verarbeitende Polymer zumindest ein Polymer, das intermolekulare
Wasserstoffbrückenbindungen
ausbilden kann, insbesondere ein Polysaccharid oder einen Polyvinylalkohol.
Besonders bevorzugt werden mit dem erfindungsgemäßen Verfahren Polymere verarbeitet,
die zumindest ein Polymer umfassen bei dem es sich um Cellulose, Chitin,
Polyvinylalkohol, ein Konstitutionsisomeres der Cellulose oder ein
Konstitutionsisomeres des Chitins, besonders bevorzugt um Cellulose
oder Chitin, handelt. Erfindungsgemäß besonders bevorzugt besteht
das Polymer zu 10% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 30% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 60% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 75% oder mehr, am meisten bevorzugt zu 90% oder mehr
aus Cellulose oder Chitin.
Erfindungsgemäß ebenfalls bevorzugt besteht
das Polymer zu 70% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 80% oder mehr, am meisten bevorzugt zu 90% oder mehr
aus einem Gemisch aus Cellulose und Hemicellulose, wobei der Anteil
an Hemicellulose bevorzugt 20% oder weniger, stärker bevorzugt 15% oder weniger,
am meisten bevorzugt 10% oder weniger ist. Eingesetzt werden kann
auch Zellstoff, der überwiegend
aus Cellulose besteht (z.B. Römpp Chemie-Lexikon,
9. Auflage, Band 6, 1992, 5113).
Cellulose und Chitin sind Naturprodukte,
die häufig,
ohne daß dies
die Durchführung
des Verfahrens stört,
auch niedermolekulare Verunreinigungen aufweisen können, bevorzugt
jedoch nicht mehr als 50%, stärker
bevorzugt nicht mehr als 20%, am stärksten bevorzugt nicht mehr
als 10%. Übliche
natürliche
Verunreinigungen der Cellulose sind z.B. Lignin sowie in Einzelfällen natürlich vorkommende Stoffe,
wie z.B. Kieselsäuren.
Erfindungsgemäß bevorzugt
wird als Polymer auch im wesentlichen reine (bevorzugt reine) Cellulose,
z.B. Zellstoff und im wesentlichen reines (bevorzugt reines) Chitin, gegebenenfalls
zusammen mit geeigneten Additiven, wie vorstehend ausgeführt, eingesetzt.
Ein besonderer Vorzug des erfindungsgemäßen Verfahrens
kann darin gesehen werden, daß es mit
an sich bekannten Verfahren zum thermoplastischen Verformen oder
Aufschmelzen von Polymeren kombiniert werden kann, wie insbesondere
Extrusionsverfahren, Verfahren zum Spinnen von Fasern und Spritzgußverfahren.
Bei Extrusionsverfahren wird bereits durch den Extruder Druck und
Scherung auf das Polymer ausgeübt.
Extruder sind üblicherweise
auch bereits mit einer Vorrichtung zum Zuführen bzw. zum Ableiten von
Wärme ausgestattet.
Bei der Extrusion muß das
zu verarbeitende Polymer daher in der Regel zusätzlich nur noch elektromagnetischer
Strahlung ausgesetzt werden, um das erfindungsgemäße Verfahren
durchzuführen.
Durch das Extrusionsverfahren können
erfindungsgemäß insbesondere
Folien oder Fasern hergestellt werden.
Erfindungsgemäß ebenfalls bevorzugt sind z.B.
Verfahren, bei denen mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens eine Polymerschmelze
hergestellt wird, die dann auf übliche
Art und Weise weiterverarbeitet wird, beispielsweise zu Folien oder
Fasern.
Schließlich kann das erfindungsgemäße Verfahren
mit einem an sich bekannten Spritzgußverfahren kombiniert werden.
Hier wird ähnlich
wie bei der Kombination mit einem Spinnverfahren zunächst unter
Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens das
Polymer aufgeschmolzen und anschließend einem üblichen Spritzgußverfahren
unterworfen. Damit sich das zu verarbeitende Polymer nicht wieder
unter Ausbildung der ursprünglich
vorhanden Wasserstoffbrückenbindungen
in die ungünstige
kristalline Struktur umformt, sollte das Spritzgießen unmittelbar
erfolgen, nachdem das Polymer mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
aufgeschmolzen wurde.
Erfindungsgemäß wird ebenfalls eine Vorrichtung
zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
zur Verfügung
gestellt. Die erfindungsgemäße Vorrichtung,
die zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
geeignet ist, weist Mittel zur Aufnahme eines Polymers, Mittel zur
Ausübung von
Druck auf das Polymer, Mittel zur Ausübung von Scherung auf das Polymer,
Mittel zum Zuführen
oder Ableiten von Wärme
und Mittel zur Bestrahlung des Polymers mit elektromagnetsicher
Strahlung mit einer Wellenlänge
mit 0,8 bis 100 μm
auf.
Bevorzugt werden die Mittel, die
den Druck auf das Polymer ausüben,
auch dazu verwendet, um Scherung auf das Polymer auszuüben. Besonders bevorzugt
handelt es sich bei diesen Mitteln um zwei Stempel, deren Oberflächen relativ
zueinander beweglich sind. Auch eine Extruderschnecke ist bevorzugt.
Erfindungsgemäß bevorzugt handelt es sich bei
den Mitteln zur Bestrahlung des Polymers mit elektromagnetischer
Strahlung um einen Laser, wie er bereits vorstehend beschrieben
wurde.
Mittel zum Zuführen oder Ableiten von Wärme sind
dem Fachmann bekannt. Bevorzugt handelt es sich bei solchen Mitteln
um Heiz- und Kühlmanschetten,
die auf geeignete Art und Weise an der erfindungsgemäßen Vorrichtung
angebracht sind.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
wurde es erstmals möglich,
Polymere, die Cellulose und Chitin enthalten, plastisch zu verformen.
Hierbei werden Wasserstoffbrückenbindungen
aufgebrochen, die sich nach der Verformung auf andere Art und Weise
wieder zusammenfügen.
Das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
verformte Polymer, das Cellulose oder Chitin enthält, bevorzugt
zu 10% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 30% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 60% oder mehr, stärker
bevorzugt zu 75% oder mehr, stärker
bevorzugt ro 90% oder mehr oder ausschließlich aus Cellulose oder Chitin
besteht, ist daher in seiner physikalischen Struktur von den Polymeren
verschieden, die für
das Verfahren eingesetzt wurden. Zwar ist es möglich, Cellulose und Chitin
aus einer Lösung
heraus zu verarbeiten, wobei ebenfalls eine Umbildung der Wasserstoffbrückenbindungen erfolgt,
allerdings ist die Struktur der aus Lösung erhaltenen Polymere von
der Struktur der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren verformten Polymere verschieden.
Darüber
hinaus erhalten Polymere, die aus einer Lösung heraus verarbeitet wurden,
notwendigerweise eingelagert Spuren von Lösemittel, die bei den mit dem
erfindungsgemäßen Verfahren verformten
Polymeren nicht vorhanden sind. Daher ist die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
thermoplastisch verformte Cellulose und das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
thermoplastisch verformte Chitin, wie es vorstehend definiert wurde,
gegenüber
den bekannten Formen der Cellulose und des Chitins neu.