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Die Erfindung betrifft Tetraetherlipide
mit kleinen Kopfgruppen sowie aktivierte Tetraetherlipide, deren Herstellung
und Verwendung.
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Tetraetherlipide (nachfolgend als
TEL abgekürzt)
sind bipolare membrandurchspannende Amiphile, die ursprünglich aus
natürlichen
Quellen (Archaebakterien) isoliert wurden. TEL besitzen eine bemerkenswerte
chemische und biologische Stabilität und sind in der Lage, sich
an Grenzflächen
zu monomolekularen Schichten zu organisieren oder Vesikel zu bilden.
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Unbehandelte archaebakterielle TEL
bestehen chemisch aus einem 72-gliedrigen Makroetherzyklus, in dem
die Kohlenstoffatome der Phytanylketten zweier Diethermoleküle kovalent
miteinander verbunden sind. Die beiden hydrophilen Kopfgruppen bestehen
aus verschiedenen asymmetrisch angeordneten chemischen Gruppierungen.
Typischerweise ist die eine Gruppe ein Phosphorsäurederivat, die andere stellt
eine Zuckerkomponente dar. Thermoplasma acidophilum wird bei einem
pH-Wert von 2 und Temperaturen zwischen 39 und 59°C in Fermentern
gezüchtet.
Die Lipidgewinnung erfolgt nach Extraktion und anschließende chromatographische
Trennung. Die Struktur des Kettensegments ist, bedingt durch den
Zellstoffwechsel, nicht einheitlich. In Abhängigkeit von der Züchtungstemperatur
werden in unterschiedlichen Maße
Pentazyklisierungen in das Kettensegment eingebaut.
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Aus dem Stand der Technik ist weiter
bekannt, derartige TEL als Reinstoff sowie Mischung mit herkömmlichen
Phospholipiden zur Herstellung sphärischer Vesikel zu verwenden
und für
den Einsatz zur Herstellung pharmazeutischer Formulierungen vorzusehen.
Weiterhin wurden in die erhaltenen Vesikel Proteine inkorporiert
und deren Funktionsweise getestet (vgl.
WO 97/22333 ,
WO 97/31297 und
WO 99/10337 ). Bekannt sind auch weitere
Verwendungen, wie Beschichtung planarer Membranen, chromatographische
Trennungen u.a. analytische Zwecke.
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Jedoch sind aus thermophilen Mikroorganismen
stammende TEL in ihrer natürlichen
Kopfgruppenstruktur nicht zur kovalenten Anbindung geeignet und
die bisher bekannten Isolationsmethoden weisen nicht zufriedenstellende
Ausbeuten auf.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe
zu Grunde, stabile und zugleich reaktionsfähige Tetraetherlipide zu erzeugen.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht in der Entwicklung eines
verbesserten Verfahrens zur Herstellung dieser Tetraetherlipide.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
die Bereitstellung von TEL mit der allgemeinen Formel A gemäß Patentanspruch
1.
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Die Reste R und R1 sind
darin, unabhängig
voneinander, Gruppen gem. 1.1. bis 1.1 5.
sowie durch Bildung
von Pentazyklen in Tetraethergrundgerüst gebildete Modifikationen
davon.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
gemäß Patentanspruch
1 wird ein TEL der allgemeinen Formel A bereitgestellt, darin wird
der Rest R aus den Gruppen 2.1. bis 2.3. gebildet und der Rest R1 aus den Gruppen 1.1. bis 1.15. gemäß Patentanspruch
1 ausgewählt.
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Die erfindungsgemäßen TEL mit der allgemeinen
Formel A werden durch ein Verfahren gemäß Patentanspruch 3 hergestellt.
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Danach werden bei biotechnologisch
gewonnenen archaebakteriellen Lipid-Rohextrakten vollständig die natürlichen
Kopfgruppen durch Umsetzen mit Pyridinhydrochlorid oder durch Hydrolyse
mittels Halogenwasserstoffen abgespalten und das erhaltene Produkt
nachfolgend gereinigt.
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Die Aufgabe der Erfindung wird weiter
durch aktivierte TEL mit kleinen Kopfgruppen der allgemeinen Formel
B gemäß Patentanspruch
4 gelöst.
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Darin sind die Reste R3 und
R4, unabhängig voneinander,
4.1.
-CH2-OH oder -CH2-ONa
4.2.
-CH2-OH oder -CH2-Tos
4.3.
-CH2-OH oder -CH2-I
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Die erfindungsgemäßen TEL gemäß den Patentansprüchen 1 und
2 sowie die aktivierten TEL gemäß Patentanspruch
4 werden zu Oberflächenbeschichtungen
und/oder zur Herstellung von Kompositmaterialien verwendet.
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Die erfindungsgemäße Lösung ist insgesamt eine qualitative
Weiterentwicklung der Erforschung, Herstellung und Anwendung von
Tetraetherlipiden.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand
von Beispielen näher
erläutert.
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Beispiel 1:
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Herstellung von TEL aus
der Rohlipidfraktion von Thermoplasma acidophilum.
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1.1. Die Kultivierung von Thermoplasma
acidophilum erfolgt in Fermentern, wobei die etablierten Wachstumsbedingungen
Verwendung finden. Die Ernte wird wie üblich durchgeführt.
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Die Extraktion der Gesamtlipide erfolgte
aus der getrockneten, homogenisierten Zellmasse unter kontinuierlichem
Rückfluss.
Dazu wurde die Rohmasse mit ca. 30 Gewichtsequivalenten Lösungsmittel
(2 : 1, v : v) versetzt und 12 Stunden unter Rückfluss erhitzt. Die Ausbeute
der Extraktion betrug 90% des Gesamtlipidanteils. Die Darstellung
der erfindungsgemäßen TEL
erfolgte aus der Rohlipidfraktion durch Abspaltung aller polaren
Kopfgruppen. Dieses Verfahren ermöglichte eine Erhöhung der
Ausbeute an TEL sowie eine wesentliche Vereinfachung des technologischen
Ablaufes durch die Einsparung aufwendiger Trennschritte.
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Zur Abspaltung von Kopfgruppen der
Rohlipidfraktion stehen 3 Verfahren zur Verfügung. Bei allen Methoden kommt
es sowohl zu einer Aufspaltung der vorhandenen Esterbindungen wie
auch der in 3-Stellung am Glycerol vorhandenen Etherbindung. Die
Etherbindungen in 1- bzw. 2-Stellung am Glycerol werden dabei wietestgehend
von einer Spaltung verschont.
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1.2.1. Umsetzung mit Pyridinhydrochlorid
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Die über Phosphorpentoxid getrocknete
Rohlipidfraktion wurde mit der equimolaren Menge Pyridinhydrochlorid
verrieben. Das Gemisch wurde in einem sekurrierten, luftdichten
Rundkolben unter Verwendung eines Metallbades geschmolzen. Bei einer
konstanten Temperatur von 110°C
erfolgte die Abspaltung der Kopfgruppen innerhalb von 6 Stunden.
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Nach Abschluss der Reaktion wurde
die Schmelze zermahlen und mit 500 ml Wasser/g Rohextrakt versetzt
und intensiv geschüttelt.
Anschließend
wurden 600 ml Chloroform/Methanol (9 : 1, v : v) je g Rohextrakt
hinzugegeben und das Lipid gelöst.
Die organische Phase wurde abgetrennt. Der Vorgang wurde zweimal wiederholt.
Die erhaltenen organischen Fraktionen wurden vereinigt und am Rotationsverdampfer
eingeengt. Die so erhaltene Rohausbeute an TEL betrug ca. 50% des
Rohextraktgewichtes.
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1.2.2. Hydrolyse mit Bromwasserstoff
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Die über Phosphorpentoxid getrocknete
Rohlipidfraktion wurde in 600 ml Toluol/Benzol (60 : 40, v : v) je
g Rohextrakt gelöst
und mit 200 ml 48% wässriger
HBr-Lösung/g Rohextrakt
versetzt. Das so entstandene zweiphasige Reaktionsgemisch wurde
am Rückfluss
unter ständigem
Rühren
für 12
Stunden bis zum Sieden erhitzt.
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Nach Abschluss der Reaktion wurde
die organische Phase abgetrennt. Anschließend wurde die organische Phase
dreimal mit jeweils 600 ml/g Rohextrakt Wasser gewaschen. Dabei
wurde solange Natriumcarbonat zugesetzt, bis das Waschwasser neutral
reagiert. Anschließend
wurde die lipidhaltige Lösung
an einem Rotationsverdampfer eingeengt. Die so erhaltene Rohausbeute
an TEL betrug ca. 66% des Rohextraktgewichtes.
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1.2.3. Hydrolyse mit Iodwasserstoff
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Die über Phosphorpentoxid getrocknete
Rohlipidfraktion wurde in 600 ml Toluol/Benzol (60 : 40, v : v) je
g Rohextrakt gelöst.
Anschließend
wurde gasförmiger
Iodwasserstoff bis zur Sättigung
eingeleitet. Das Gemisch wurde am Rückfluss unter Rühren für sechs
Stunden auf 80°C
erhitzt.
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Nach Abschluss der Reaktion wurde
die organische Phase fünfmal
mit jeweils 600 ml Wasser/g Rohextrakt gewaschen. Dabei wurde solange
Natriumcarbonat zugesetzt, bis das Waschwasser neutral reagiert. Anschließend wurde
die lipidhaltige Lösung
am Rotationsverdampfer eingeengt. Die so erhaltene Rohausbeute an
TEL betrug ca. 60% des Rohextraktgewichtes.
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1.3. Reinigung der nach
1.2. erhaltenen Reaktionsproduktes
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Die chromatographische Fraktionierung
des Reaktionsansatzes erfolgte mit einem Radial-Chromatographen.
Dazu wurde die Reaktionsmischung in 30 Gewichtsäquivalenten Chloroform gelöst und auf
die zirkuläre
Kieselgelscheibe (3 mm dick) des verwendeten Chromatographen aufgetragen.
Anschließend
wurde mit jeweils 25 Gewichtsäquivalenten
Lösungsmittelgemisch
im Gradientenverfahren beginnend von einem Verhältnis Chloroform/Methanol 1
: 5 (v : v) bis 10 : 1 (v : v) kontinuierlich eluiert. Die erhaltenen
Fraktionen wurden gesammelt und analysiert. Fraktionen mit TEL wurden
vereinigt und am Rotationsverdampfer eingeengt. Die Ausbeute betrug
ca. 62% bezogen auf die Masse an eingesetztem Reaktionsgemisch.
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1.4. Überprüfung der Identität und Reinheit
der gereinigten Produkte
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Die Identifizierung der TEL erfolgte
mittels Dünnschichtchromatographie
(TLC). Die nach 1.3. gereinigten Reaktionsprodukte wurden in Chloroform/Methanol
(2.1, v : v) gelöst
und eine geeignete Menge auf eine Kieselgelplatte aufgetragen. Als
Laufmittel diente Chloroform/Methanol (9 : 1, v : v). Zur Visualisierung
der TEL-Bande wurde
die Veraschungsmethode mit methanolischer Schwefelsäure sowie
die Iodfärbung
verwendet. Für
das TEL nach der allgemeinen Formel A, wobei R und R1 =
CH2OH bedeuten, wurde ein Rf-Wert von 0,7
gefunden. Sowohl die Elementaranalyse, die Massenspektrometrie als
auch die NMR erbrachten identische Ergebnisse zur Referenz.
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Beispiel 2:
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Aktivierung des TEL-Grundgerüstes
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2.1. Bildung von Tosylprodukten
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150 mg (10–4 mol)
des Tetraethers wurden in 20 ml trockenem Pyridin gelöst. 2×10–4 mol
Tosylchlorid wurden in 7 ml Pyridin gelöst und unter Eiskühlung, Rühren und
Feuchtigkeitsausschluss dieser Lösung
zugegeben. Danach wurde 20 min unter Kühlung und weitere 24 Stunden
bei Raumtemperatur weitergerührt.
Die Ausbeute an beidseitig aktiviertem Produkt lag bei 63% (mittels
DC). Um die Umsetzung zu vervollständigen, wurde erneut die o.g.
Menge an Tosylchlorid zugegeben und die beschriebene Prozedur wiederholt.
Die produkthaltige Lösung
wird schließlich
eingeengt und mittels Dünnschichtchromatographie
(Chloroform : Methanol = 9 : 1, v : v) gereinigt.
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Der Nachweis der Umsetzung erfolgte
mittels FTIR Spektroskopie, die für den gebundenen Tosyl-Rest charakteristische
Banden bei 980, 1100, 1180, 1610 cm–1 zeigt.
Die Rf-Werte in der Dünnschichtchromatographie
für das
einseitig aktivierte und das beidseitig aktivierte Produkt waren
0,78 bis 0,9.
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2.7. Bildung von Iodprodukten
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150 mg (10–4 mol)
eines Toluensulfonsäuretetraethers
und 40 mg (2,67 × 10–2 mol)
Natriumiodid wurden in 10 ml trockenem Aceton unter Licht- und Feuchtigkeitsausschluss
dispergiert. Anschließend
wurde für 24
Stunden unter Rückfluss
bis zum Sieden erhitzt. Nach Abschluss der Reaktion wurde das Aceton
abdestilliert und der verbleibende Rückstand mit Chloroform aufgenommen.
Der unlösliche
Anteil wurde abfiltriert. Danach wurde die chloroformische Lösung des
Produktes dreimal mit jeweils 20 ml 3%iger Thiosulfatlösung gewaschen.
Anschließend
wurde die produkthaltige Lösung
eingeengt und mittels Plattenchromatographie (Chloroform/Methanol
= 9 : 1, Silofor 0,5 mm dick) DC-rein dargestellt. Die Ausbeute
des doppelseitig aktivierten Produktes betrug mindestens 48% (HPTLC).
Der Nachweis der Umsetzung erfolgte mittels FTIR-Spektroskopie,
wobei das Verschwinden der Tosyl typischen Banden bei 980, 1100,
1180 und 1610 cm–1 zu beobachten war.
Massenspektrum und Elementaranalyse waren mit den berechneten Werten
konform. Der Rf-Wert für das
beidseitig aktivierte Produkt betrug 0,86 (Silici umdioxid, Chloroform/Methanol
= 9 : 1, v : v), die entsprechende Bande war Iod und Brommethylblau
positiv.
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Das Iodprodukt kann zur Synthese
weiterer Verbindungen der allgemeinen Formel -CH-NRxRy verwendet werden.
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Beispiel 3:
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Herstellung von TEL mit
kleinen Kopfgruppens
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3.1. Herstellung eines
Thiolproduktes
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150 mg eines Toluensulfonsäuretetraethers
wurden in 50 ml Chloroform gelöst
und mit 80 mg KSH (gelöst
in 25 ml Ethanol) unter ständigem
Rühren
vermischt. Anschließend
wurde unter Rückfluss
für 24
Stunden bis zum Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen wurde weitere 24 Stunden
nachgerührt.
Das Lösungsmittel wurde
abdestilliert und der verbleibende Rückstand mehrmals mit Wasser
gewaschen. Das verbleibende Rohprodukt wurde in 50 ml Chloroform
gelöst
und dreimal mit jeweils 25 ml Wasser gewaschen. Anschließend wurde
die produkthaltige organische Phase eingeengt und mittels Plattenchromatographie
(Chloroform/Methanol = 9 : 1, Kieselgel 0,5 mm dick) DC-rein dargestellt.
Die Ausbeute betrug mindestens 32% des doppelseitig aktivierten
Produktes (HPTLC). Die Identifizierung erfolgte mittels FTIR-Spektroskopie,
wobei das Verschwinden der Tosyl-typischen Banden sowie das Auftreten
der SH-Bande verfolgt wurde. Die Elementaranalyse war mit den berechneten
Werten konform. Der Rf-Wert betrug 0,72 (Siliciumdioxid, Chloroform/Methanol
= 9 : 1, v : v) – die
entsprechende Bande war Iod und Brommethylblau positiv und die Thiolgruppe
konnte mit dem N(2-iodacetoxy)ethyl-N-methylamino-7-nitrobenzoxa-1,3-diazol)
Test nachgewiesen werden.