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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines verkleideten Lenkrads für ein Fahrzeug, insbesondere für ein Kraftfahrzeug.
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Bekannte Lenkräder umfassen ein oft metallisches oder aus Hartkunststoff bestehendes Lenkradskelett, das von einer raumausfüllenden Matrix, zumeist einem Kunststoffschaum, eingehüllt ist. In der Regel definiert das Matrixmaterial die funktionale geometrische Form des Lenkrads. Als abschließende sichtbare Schicht umhüllt zumeist eine Verkleidung die Matrix, beispielsweise aus Leder oder Kunstleder oder einem Textil.
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Zur Herstellung wird üblicherweise das Verkleidungsmaterial auf das entsprechende Endmaß zugeschnitten und maschinell zu einem Ring zusammengenäht, wobei ein Längsschlitz noch offen bleibt. Dann wird manuell ein Kleber auf das umspritzte Lenkrad oder auf die Nichtsichtseite des Verkleidungsmaterials aufgebracht, das Lenkrad bezogen und die Längsnaht manuell durch Vernähen geschlossen.
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DE 6943597 U und
DE 1922356 U beschreiben, die Längsnaht von einer abnehmbaren Lenkradhülle durch einen oder mehrere Reißverschlüsse zu schließen.
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DE 10 2010 029 188 A1 beschreibt ein Verfahren zum Herstellen eines Lenkrads für ein Kraftfahrzeug, wobei das Lenkradskelett mit einem Verkleidungsmaterial umhüllt wird, um sodann den Raum zwischen Verkleidungsmaterial und Lenkradskelett mit einem raumfüllenden Mantelmaterial auszuschäumen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist, ein Verfahren zum Herstellen eines verkleideten Lenkrads für ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, das zu reproduzierbaren Ergebnissen führt und schnell und kostengünstig und vorzugsweise mit einem Mindestmaß an manuellen Arbeitsschritten durchführbar ist.
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Diese Aufgaben werden ganz oder teilweise durch ein Verfahren sowie ein Lenkrad mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Herstellen eines verkleideten Lenkrads für ein Fahrzeug, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, umfasst die Schritte:
- – Bereitstellen eines mit einem Matrixmaterial umspritzten Lenkradskeletts,
- – Beschichten (Kaschieren) eines Verkleidungsmaterials auf seiner Nichtsichtseite mit einem aktivierbaren Material,
- – Aufbringen des beschichteten Verkleidungsmaterials auf das umspritzte Lenkradskelett, sodass seine Nichtsichtseite dem umspritzten Lenkradskelett zugewandt ist,
- – Verbinden von Längsrändern des Verkleidungsmaterials miteinander, und
- – Aktivieren des aktivierbaren Materials unter Erzeugung einer stoffschlüssigen Verbindung zwischen dem Verkleidungsmaterial und dem Matrixmaterial.
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Durch die Erzeugung einer stoffschlüssigen Verbindung zwischen Verkleidungsmaterial und dem das Lenkradskelett umhüllenden Matrixmaterial wird eine zuverlässige Haftung erzielt, die gegebenenfalls sogar ein separates Schließen einer Längsnaht des Verkleidungsmaterials entbehrlich werden lässt. Indem die stoffschlüssige Verbindung mittels des das Verkleidungsmaterial beschichtenden aktivierbaren Materials erfolgt, wird eine äußerst reproduzierbare Verbindung im Hinblick auf Festigkeit und Schichtdicke erhalten.
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Im Rahmen der Erfindung wird unter einem „aktivierbaren Material“ jegliches Material verstanden, welches in der Lage ist, in einem geeigneten nachfolgenden Behandlungsschritt (dem Aktivierungsschritt), beispielsweise durch thermische Einwirkung, eine stoffschlüssige Verbindung mit dem Matrixmaterial zu erzeugen. Mit anderen Worten weist das aktivierbare Material zum Zeitpunkt seiner Beschichtung und zum Zeitpunkt des Aufbringens des beschichteten Verkleidungsmaterials auf das umspritzte Lenkradskelett noch keine oder nur geringe haftende, beispielsweise klebende Eigenschaften auf. Diese treten erst bei dem nachfolgenden Aktivierungsschritt in vollem Umfang zutage. Dieses erleichtert und beschleunigt das Aufbringen des beschichteten Verkleidungsmaterials auf das umspritzte Lenkradskelett und damit die Herstellung der haftenden Verbindung.
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In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung ist das aktivierbare Material ein aktivierbarer Klebstoff, und die stoffschlüssige Verbindung ist eine Klebeverbindung. Als aktivierbarer Klebstoff kommen beispielsweise thermisch aktivierbare Schmelzkleber infrage. Vorteil aktivierbarer Klebstoffe ist, dass für diese eine Vielzahl geeigneter Produkte verfügbar sind und automatisierbare Techniken für ihre Verarbeitung zur Verfügung stehen.
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Bei dem aktivierbaren Material kann es sich um ein nichtaufschäumbares oder aufschäumbares Material handeln. In bevorzugter Ausführung des Verfahrens ist das aktivierbare Material ein aufschäumbares Material, das bei seiner Aktivierung aufschäumt, also einen Schaumstoff ausbildet. Vorteil eines aufschäumbaren Materials ist, dass dieses während der Aufschäumung expandiert und somit Zwischenräume ausfüllt und Fertigungstoleranzen des Untergrunds ausgleicht. Zudem werden die haptischen Eigenschaften des Lenkrads verbessert. Es versteht sich, dass auch das aufschäumbare Material eine stoffschlüssige Verbindung herstellt, indem beispielsweise ein aufschäumbarer aktivierbarer Klebstoff verwendet wird. Geeignete aufschäumbare Materialien umfassen beispielsweise aushärtbare Polyurethanzusammensetzungen (PU-Zusammensetzungen).
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Das aktivierbare Material kann in verschiedener Form auf das Verkleidungsmaterial aufgebracht werden, beispielsweise als Pulver, Folie, Vlies (insbesondere Spinnvlies), Netz, Paste und/oder Flüssigkeit. Demzufolge kommen unterschiedliche Beschichtungstechniken, insbesondere Kaschier- und/oder Laminiertechniken, infrage.
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Das Aktivieren des aktivierbaren Materials kann auf beliebige Weise erfolgen, die sich weitestgehend in Abhängigkeit des verwendeten aktivierbaren Materials bestimmt. Beispielsweise kann die Aktivierung eine thermische Behandlung, eine chemische Behandlung, eine Bestrahlung und/oder eine Druckeinwirkung umfassen. Vorzugsweise erfolgt das Aktivieren durch thermische Behandlung und/oder Bestrahlung, insbesondere IR-Bestrahlung, da diese Prozesse einfach und schnell umzusetzen sind und sich gut in automatisierten Verfahren integrieren lassen.
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Das Verkleidungsmaterial sollte zum Zeitpunkt seines Aufbringens auf das umspritzte Lenkradskelett auf das erforderliche Endmaß zugeschnitten (konfektioniert) sein. Das Zuschneiden kann dabei vor oder nach dem Beschichten mit dem aktivierbaren Material erfolgen. Vorzugsweise erfolgt das Zuschneiden nach dem Beschichten mit dem aktivierbaren Material, da auf diese Weise der Beschichtungsprozess einfacher zu automatisieren ist, beispielsweise im Rahmen eines Rollenprozesses oder dergleichen.
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In einigen Fällen ist es sinnvoll, dass das Verkleidungsmaterial aus mehreren Längssegmenten zusammengesetzt ist. In diesen Fällen werden die einzelnen Segmente vor dem Aufbringen auf das umspritzte Lenkradskelett zu einem geschlossenen Ring, dessen Längsverbindung jedoch noch nicht geschlossen ist, verbunden, insbesondere miteinander vernäht (zusammengenäht).
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Das Lenkradskelett wird vor dem Aufbringen des beschichteten Verkleidungsmaterials mit einem Matrixmaterial umspritzt und/oder umschäumt. Insbesondere erfolgt in diesem Schritt die Ausbildung einer formgebenden Matrix, welche das Lenkradskelett zumindest abschnittsweise einbettet und die gewünschte Geometrie des Lenkrads insbesondere auch in Hinblick auf seine Funktionalität und ergonomische Eigenschaften definiert. In bevorzugter Ausführung der Erfindung umfasst das Bereitstellen des mit einem Matrixmaterial umspritzten Lenkradskeletts ein Umschäumen des Lenkradskeletts mit dem Matrixmaterial. Das Umschäumen ist eine Sonderform des Umspritzens. Auch für das aufschäumbare Matrixmaterial kommen beispielsweise PU-Schäume oder physikalisch aufschäumbare Materialien infrage.
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Der Prozessschritt des Verbindens der Längsränder des aufgebrachten Verkleidungsmaterials kann beispielsweise Nähen, Kleben, Verschweißen der Längsränder miteinander und/oder dergleichen umfassen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens werden Reißverschlusshälften (Reißverschluss-Zahnreihen) an den Längsrändern des Verkleidungsmaterials vor dem Aufbringen mit angebracht, welche nach dem Aufbringen des beschichteten Verkleidungsmaterials auf das umspritzte Lenkradskelett geschlossen werden. Die Verwendung eines Reißverschlusses hat den Vorteil, dass sich das Verbinden der Längsränder des Verkleidungsmaterials sehr einfach und schnell gestaltet. Ferner können mittels des Reißverschlusses vorteilhafte optische Gestaltungseffekte erzielt werden.
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Die Reißverschlusshälften können einteilig ausgebildet sein oder mehrere Segmente umfassen. Das Anbringen der Reißverschlusshälften an den Längsrändern kann ferner durch Nähen, Verkleben und/oder Verschweißen erfolgen. Dabei können die Reißverschlusshälften so angebracht werden, dass der Reißverschluss im geschlossenen Zustand sichtbar bleibt oder, vorzugsweise, durch das Verkleidungsmaterial verdeckt wird, das heißt die Längsränder desselben nach dem Verschließen des Reißverschlusses auf Stoß oder überlappend liegen.
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In einer weiteren Ausbildung des Verfahrens weist das das Lenkradskelett umhüllende Matrixmaterial im Bereich der miteinander verbundenen Längsränder des Verkleidungsmaterials eine Ausnehmung auf, die sich also entlang der Verbindungsnaht erstreckt. Auf diese Weise wird eine durch die Verbindung entstehende Dickenerhöhung der Verkleidung durch die Ausnehmung aufgenommen, und es kommt zu keiner unerwünschten Auswölbung an der Verbindungsstelle. Dies ist insbesondere im Falle der Verwendung eines Reißverschlusses zum Verbinden der Längsränder vorteilhaft.
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Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den übrigen, in den Unteransprüchen oder in der Beschreibung genannten Merkmalen.
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Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein mit dem erfindungsgemäßen Verfahren herstellbares verkleidetes Lenkrad.
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Die verschiedenen in dieser Anmeldung genannten Ausführungsformen der Erfindung sind, sofern im Einzelfall nicht anders ausgeführt, mit Vorteil miteinander kombinierbar.
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Die Erfindung wird nachfolgend in Ausführungsbeispielen anhand der zugehörigen Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
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1 Prozessablauf eines Verfahrens zum Herstellen eines Lenkrads nach einer ersten Ausgestaltung der Erfindung: (A) Lenkradskelett in perspektivscher Ansicht und als Schnittansicht; (B) Zuschnitt des Verkleidungsmaterials in Draufsicht und als Schnittansicht vor und nach Beschichtung; (C) Lenkradskelett (Querschnitt) mit umspritzter oder umschäumter Matrix; (D) Lenkrad nach Aufbringen und Verbinden des Verkleidungsmaterials, (E) fertiges Lenkrad nach Aktivieren des aktivierbaren Materials in einer ersten Ausführungsvariante und (F) fertiges Lenkrad nach Aktivieren des aktivierbaren Materials in einer zweiten Ausführungsvariante;
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2 Prozessablauf eines Verfahrens zum Herstellen eines Lenkrads nach einer zweiten Ausgestaltung der Erfindung: (A) Lenkradskelett in Schnittansicht; (B) Lenkradskelett mit umspritzter oder umschäumter Matrix; (C) beschichtetes Verkleidungsmaterial in Draufsicht mit Reißverschluss (D); Aufbringen des Verkleidungsmaterials, (E) Lenkrad mit teilweise geschlossenem Reißverschluss; (F) Schnittansicht des Lenkrads nach Schließen des Reißverschlusses in einer ersten Ausführungsvariante und (G) des Lenkrads nach Schließen des Reißverschlusses in einer zweiten Ausführungsvariante.
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Nachfolgend soll der Prozessablauf einer ersten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Herstellen eines Lenkrads unter Bezugnahme auf 1 anhand der Zwischenprodukte in verschiedenen Prozessstufen dargestellt werden.
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Zunächst wird in einem ersten Schritt des Verfahrens ein in 1A insgesamt mit 10 bezeichnetes Lenkradskelett bereitgestellt. Das Lenkradskelett 10 umfasst eine Lenkradnabe 11, von der eine beliebige Anzahl (hier: zwei) von Lenkradspeichen 12 radial ausgehen und in einen umlaufenden Lenkradkranz 13 übergehen. Auf der rechten Seite der 1A ist der Lenkradkranz 13 in einer Schnittansicht gezeigt. Es ist erkennbar, dass der Lenkradkranz 13 in diesem Beispiel als ein im Wesentlichen U-förmiges Profil ausgebildet ist. Üblicherweise ist das Lenkradskelett aus einem metallischen Material hergestellt, beispielsweise Magnesium oder einer Magnesiumlegierung, und kann beispielsweise in einem Druckgussverfahren erhalten werden. Nachfolgend soll das Lenkradskelett 10, insbesondere der Lenkradkranz 13, mit einem Matrixmaterial umspritzt und mit einem Verkleidungsmaterial umhüllt werden.
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In einem weiteren Schritt erfolgt ein Zuschneiden und Beschichten (Kaschieren) des Verkleidungsmaterials mit einem aktivierbaren Material. 1B zeigt auf der linken Seite eine Draufsicht auf einen abgerollten Zuschnitt eines Verkleidungsmaterials 14. Als Verkleidungsmaterial kann beispielsweise Leder, Kunstleder, ein Textilmaterial oder ein Kunststoffmaterial beliebiger Art dienen. Auf der rechten Seite der 1B ist eine Schnittansicht des Verkleidungsmaterials 14 vor und nach seiner Beschichtung gezeigt. Das Verkleidungsmaterial weist eine Sichtseite 15 und eine Nicht-Sichtseite 16 auf. Das aktivierbare Material 17 wird auf die Nicht-Sichtseite 16 aufgebracht. Mit X ist eine Höhe, die Höhe der Beschichtung (Beschichtungsdicke) bezeichnet. Sie kann beliebig dick, beispielsweise 20 bis 2000 µm sein und ist abhängig von verschiedenen Anforderungen und dem eingesetzten Material etc.
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Als aktivierbares Material 17 wird ein Material verwendet, das nach einer geeigneten Aktivierung (siehe unten) in der Lage ist, eine stoffschlüssige Verbindung zwischen dem Verkleidungsmaterial 14 sowie mit dem Matrixmaterial des umspritzten Lenkradkranzes 10 herzustellen. Vorzugsweise entwickelt das aktivierbare Material klebende Eigenschaften, das heißt, als aktivierbares Material 17 wird ein aktivierbarer Klebstoff, beispielsweise ein Schmelzklebstoff verwendet. Geeignete Schmelzklebstoffe umfassen beispielsweise Ethylen-Vinyl-Acetat (EVA), Ethylen-Vinyl-Acetat-Copolymere modifizierte Polyolefine, Polyester etc. Weitere geeignete Klebemassen umfassen Polyurethane, Polymere basierend auf Acrylat oder Acrylsäuremonomeren, Polyvinylalkohol, Silikone, synthetische Elastomere oder natürliche Gummizusammensetzungen. Besonders bevorzugt wird eine thermoplastische Polyurethanzusammensetzung (Mischung aus Polyol und Isocyanat) eingesetzt, die insbesondere als Pulver verwendet werden kann.
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Die Beschichtungstechnik kann prinzipiell in beliebiger Weise ausgestaltet sein und hängt von der Art des aktivierbaren Materials 17 ab, insbesondere ob dieses in Form eines Pulvers, einer Schmelze, einer Lösung oder Dispersion, als bereits ausgebildete Schicht in Form einer Folie oder eines Netzes, eines Vlieses, beispielsweise Spinnvlieses, eingesetzt wird. Dementsprechend kommen Nass- und Trockenbeschichtung, Beschichtungen mit oder ohne Lösungsmittel, thermische Beschichtung und andere zum Einsatz. Liegt das aktivierbare Material 17 als Pulver, Lösung, Dispersion oder Schmelze vor, können Rakel- oder Sprühtechniken verwendet werden. Sofern das aktivierbare Material 17 bereits als eine Schicht in Form einer Folie oder eines Netzes oder dergleichen ausgebildet ist, kommen Laminier- oder Kaschiertechniken zum Einsatz, wobei das Material 17 auch auf einer Trägerfolie vorgesehen sein kann, um zu verhindern, dass das aktivierbare Material 17 vorzeitig verklebt. Diese Trägerfolie wird vor oder nach dem Beschichten entfernt.
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Vorzugsweise erfolgt das Beschichten der Nicht-Sichtseite 16 des Verkleidungsmaterials 14 mit dem aktivierbaren Material 17, bevor das Verkleidungsmaterial auf seine in 1B beispielhafte Form zugeschnitten wird, das heißt, es wird zunächst beschichtet und sodann das beschichtete Verkleidungsmaterial 14 zugeschnitten (konfektioniert). Das Zuschneiden kann durch Schneiden oder Stanzen erfolgen.
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In einem weiteren Verfahrensschritt, dessen Ergebnis in 1C dargestellt ist, erfolgt ein Umspritzen, vorzugsweise Umschäumen des Lenkradskeletts 10 oder Teile von diesem, insbesondere dem Lenkradkranz 13, mit einem Matrixmaterial 18. Für diesen Prozessschritt kommen bekannte Spritzgussverfahren unter Verwendung von Spritzgusswerkzeugen zum Einsatz. Produkt dieses Prozessschritts ist somit eine Matrix 18, in welcher das Lenkradskelett eingebettet vorliegt. Die Matrix 18 definiert die gewünschte Form des Lenkrads und berücksichtigt dabei insbesondere ergonomische Anforderungen, Sicherheitserfordernisse und optische Gestaltungsaspekte. Ein umschäumtes Lenkradskelett wird in der Fachsprache auch als Lenkradschäumling bezeichnet. Als Matrixmaterial 18 kann etwa eines der für das aktivierbare Material genannten Materialien verwendet werden. Insbesondere wird ein thermoplastisches Polymer, beispielsweise Polyurethan, eingesetzt. Sämtliche der vorgenannten Materialien können mit einem physikalischen Aufschäumverfahren aufgeschäumt werden, indem die Polymermasse beispielsweise mit superkritischem CO2 gesättigt wird und dieses unter schlagartigem Druckabfall und/oder schlagartiger Temperaturerhöhung freigesetzt wird. Einige der vorgenannten Materialien können auch chemisch aufgeschäumt werden, indem die Polymerzusammensetzung beispielsweise unter Erwärmung eine gasförmige Komponente freisetzt. Chemische und physikalische Aufschäumverfahren beziehungsweise Umschäumverfahren sind dem Fachmann bekannt.
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In einem anschließenden Verfahrensschritt erfolgt ein Aufbringen des beschichteten Materials 14 auf das umspritzte Lenkradskelett 13 (dem Lenkradschäumling), insbesondere dem Lenkradkranz 13. Dabei wird das Verkleidungsmaterial 14 so angeordnet, dass seine Nicht-Sichtseite, also seine beschichtete Seite, dem umspritzten Lenkradskelett 10, 13 zugewandt ist. Vorzugsweise werden vor dem Aufbringen des beschichteten Verkleidungsmaterials 14 auf das umspritzte Lenkradskelett 10 die kurzen Enden des Zuschnitts des Beschichtungsmaterials 14 miteinander verbunden, beispielsweise genäht, geklebt oder geschweißt. Dieser Vorgang kann maschinell erfolgen. Nach dem Aufbringen des beschichteten Verkleidungsmaterials 14 auf das umspritzte Lenkradskelett 10 werden die Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 miteinander verbunden, um eine Verbindungsstelle beziehungsweise Naht 23 zu erzeugen. Auch hierfür kann das Verbinden durch Nähen (bevorzugt), Kleben oder Schweißen erfolgen. Das Ergebnis des Aufbringens des Verkleidungsmaterials 14 auf den umspritzten Lenkradkranz 13 ist in 1D dargestellt. Hier sind mit den Bezugszeichen 17 das noch nicht aktivierte aktivierbare Material bezeichnet und mit 23 die der Längsseiten 22 des Verkleidungsmaterials 14.
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In einem anschließenden Prozessschritt erfolgt ein Aktivieren des aktivierbaren Materials 17, um eine stoffschlüssige Verbindung zwischen dem Verkleidungsmaterial 14 und dem das Lenkradskelett 10 umhüllenden Matrixmaterial 18 zu erzeugen. Die Art der Aktivierung richtet sich nach der Art des aktivierbaren Materials und kann thermische Beaufschlagung, Bestrahlung, insbesondere Infrarotbestrahlung, Druckbeaufschlagung, Pressen, chemische Aktivierung etc. umfassen. Sofern beispielsweise das aktivierbare Material 17 ein Schmelzklebstoff ist, erfolgt die Aktivierung der Klebeverbindung durch externe Wärmezufuhr, beispielsweise in einem Ofen, oder durch IR-Bestrahlung. In einer speziellen Ausführung ist das Lenkrad mit einer Lenkradheizeinrichtung ausgestattet. In diesem Fall kann die thermische Aktivierung des aktivierbaren Materials 17 unter Verwendung der Lenkradheizeinrichtung erfolgen. Die angewendete Aktivierungstemperatur sollte an die Temperaturbeständigkeit des Verkleidungsmaterials angepasst sein.
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Das Ergebnis des Aktivierungsschritts ist in 1E dargestellt. Hier ist mit 17‘ das aktivierte und in diesem Beispiel aufgeschäumte Material bezeichnet, das im dargestellten Beispiel nur eine geringe Expansion infolge der Aktivierung vollzogen hat. Ein alternatives Beispiel zeigt 1F, worin das aktivierte Material 17‘ deutlich stärker expandiert (aufgeschäumt) ist. Das Maß der Aufschäumung und Expansion kann unter anderem durch die Schichtdicke x (siehe 1B), mit der das aktivierbare Material 17 auf das Verkleidungsmaterial 14 beschichtet wurde, eingestellt werden. Möglich ist auch, unterschiedliche Schichtdicken x über die zu beschichtende Fläche des Verkleidungsmaterials 14 vorzusehen, um unterschiedliche Expansionsgrade im Produkt zu erhalten. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise unterschiedliche haptische Eigenschaften entlang des Umfangs des Lenkradkranzes 13 erzeugen.
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Nach der Aktivierung liegt das Lenkrad 100 als Endprodukt vor und kann gegebenenfalls mit weiteren Nachrüstungen insbesondere in einem Kraftfahrzeug montiert werden.
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Eine zweite Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Herstellen eines Lenkrads 100 wird anhand verschiedener Prozessstufen und Zwischenprodukte in 2 dargestellt. Dabei sind übereinstimmende Elemente mit den gleichen Bezugszeichen wie in 1 bezeichnet und werden nicht noch einmal im Einzelnen erläutert. Es wird im Folgenden nur auf die Unterschiede eingegangen. Das Verfahren nach 2 unterscheidet sich von dem gemäß 1, indem ein Reißverschluss zum Verbinden der Längsränder des Verkleidungsmaterials verwendet wird.
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2A zeigt wiederum eine Schnittansicht durch den Lenkradkranz 13 eines Lenkradskeletts 10. Dieses wird, wie in 1 beschrieben, mit einer Matrix 18 umspritzt oder umschäumt (siehe 2B). In der vorliegenden optionalen Ausgestaltung ist die Matrix 18 mit einer Ausnehmung oder Nut 19 ausgebildet, die insbesondere entlang einer rückwärtigen Seite des Lenkradkranzes 13 verläuft. Die Aufgabe der Ausnehmung 19 ist, den Reisverschluss aufzunehmen und eine Erhöhung durch diesen zu vermeiden.
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Gemäß der hier dargestellten Ausgestaltung der Erfindung wird das Verkleidungsmaterial 14 auf seiner bereits mit dem aktivierbaren Material 17 beschichteten Nicht-Sichtseite 16 mit Reißverschlusshälften 20 ausgestattet (2C). Beispielsweise werden die Reißverschlusshälften 20 entlang der Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 angeordnet und mit diesem verbunden, beispielsweise vernäht. Dabei sind die Reißverschlusshälften 20 so angeordnet, dass Reißverschlusszähne 21 in Richtung der offenen Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 weisen. Die Reißverschlusszähne 21 können durch die Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 verdeckt sein (bevorzugt) oder freiliegen. Anders als in 2C dargestellt, kann das Beschichten des Verkleidungsmaterials 14 mit dem aktivierbaren Material 17 auch nach dem Aufbringen der Reißverschlusshälften 20 erfolgen. Dieses ist jedoch mit einem höheren Prozessaufwand verbunden.
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2D zeigt den Prozessschritt des Aufbringens des beschichteten und mit den Reißverschlusshälften 20 versehenen Verkleidungsmaterials 14 auf das mit dem Matrixmaterial 18 umspritzte Lenkradskelett 10. Das Aufbringen erfolgt so, dass die Reißverschlusshälften 20 über der Ausnehmung 19 des Matrixmaterials 18 angeordnet werden. Anschließend erfolgt ein Schließen der Reißverschlusshälften 22, indem ein nicht dargestellter Reißverschlussschieber über die Zahnreihen der Reißverschlusshälften 20 geführt wird, sodass die Zähne 21 in bekannter Weise in wechselseitigem Eingriff miteinander gelangen. 2E zeigt den Zustand, bei dem der Reißverschluss teilweise geschlossen ist. 2F zeigt eine Schnittansicht durch den Lenkradkranz 13 mit aufgebrachtem Verkleidungsmaterial 14 und bereits geschlossenem Reißverschluss 20. Erkennbar werden die Reißverschlusshälften 20 so in der Ausnehmung 19 der Matrix 18 aufgenommen, dass der Reißverschluss im Produkt nicht nach außen vorwölbt. Ferner ist erkennbar, dass die Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 als Stoßkanten aneinander anliegen und die Reißverschlusshälften 20 verdecken. Im fertiggestellten Lenkrad ist der Reißverschluss 20 somit weder sichtbar noch ertastbar.
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Eine Variante zu der in 2F gezeigten Ausführung zeigt 2G. Hier ist die Ausnehmung 19 in der Matrix 18 mit einer größeren Tiefe ausgebildet. Dies ermöglicht, dass der Reißverschluss nach seinem Schließen in die Ausnehmung 19 eingestülpt wird und somit vollständig von der Ausnehmung 19 aufgenommen wird. In dieser Ausführungsvariante werden die Reißverschlusshälften 20 zunächst nicht durch die Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 verdeckt. Vielmehr werden sie erst nach dem Schließen der Reißverschlusshälften und Einstülpen in die Ausnehmung 19 durch die Längsränder 22 des Verkleidungsmaterials 14 verdeckt. Die Verwendung einer tieferen Ausnehmung 19 in der Matrix 18 ermöglicht auch die Verwendung von Profil-Reißverschlusstypen, die gegenüber Spiral-Reißverschlüssen dicker sind. Auch in dieser Ausführung ist der Reißverschluss 20 im fertiggestellten Lenkrad weder sichtbar noch ertastbar.
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Anders als in den Ausführungen nach 2E oder 2F kann der Reißverschluss jedoch auch freiliegen und somit sichtbar sein. Dies ermöglicht die Erzeugung spezieller gestalterischer Effekte, beispielsweise hinsichtlich Farbdesign durch Verwendung kontrastfarbiger oder fluoreszierender Reißverschlüsse.
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Abschließend erfolgt auch bei der in 2 dargestellten Ausführung des Verfahrens das Aktivieren des aktivierbaren Materials 17, um eine stoffschlüssige Verbindung, insbesondere Klebeverbindung zwischen dem Verkleidungsmaterial 14 und der Matrix 18 herzustellen und das fertige Lenkrad 100 zu erhalten. Durch die Verwendung des Reißverschlusses wird das Verbinden der Längsränder 22 nach Aufbringen des Verkleidungsmaterials gegenüber einem beispielsweise manuellen Nähvorgang deutlich vereinfacht. Zudem ist das Schließen mittels Reißverschluss hinsichtlich geringerer Toleranzen besser reproduzierbar und gewährleistet eine gleichmäßige Schließkraft.
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Das fertige Lenkrad 100 weist folgende Schichtfolge auf: Lenkradskelett 10/Matrix 18/aktiviertes Material 17‘ (stoffschlüssige Verbindung)/Verkleidungsmaterial 14. Optional kann zwischen dem Verkleidungsmaterial 14 und dem aktivierbaren beziehungsweise aktivierten Material 17 noch eine Grundierung vorgesehen sein, welche beispielsweise ein Durchschlagen oder Durchtreten des aktivierbaren Materials 17 durch das Verkleidungsmaterial 14 auf seine Sichtseite 15 verhindert. Nachfolgend wird die Erfindung in konkreten Ausführungsbeispielen erläutert.
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Beispiel 1
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Auf die Rückseite einer Lederhaut (Verkleidungsmaterial) wurde ein thermoplastisches Polyurethanpulver als aktivierbares Material aufgewalzt oder aufgestreut und mithilfe von IR-Strahlung als Kaschierung fest mit dem Leder verbunden. Sodann wurde das so beschichtete Leder durch Stanzen zugeschnitten. An den Längsrändern des Leders wurden Reißverschlusshälften aufgenäht. Der so ausgestattete Lederzuschnitt wurde auf einen mit einer Polyurethanmatrix umschäumten Lenkradkranz eines Lenkradskeletts aufgebracht und die Reißverschlusshälften geschlossen. Die Aktivierung des Polyurethanpulvers erfolgte mittels Infrarotbestrahlung bei 100 bis 120 °C für 5 Minuten. Nach Abkühlung wurde eine gleichmäßige Verklebung zwischen dem Leder und der Polyurethanmatrix bei hoher Festigkeit der Verklebung erhalten.
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Beispiel 2
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Ein Polyimidcopolymer-Pulver wurde auf einem Trägernetz aufgewalzt und bei 130 °C angeschmolzen. Anschließend wurde das so erhaltene Laminat auf die Nicht-Sichtseite eines Leders unter Ausübung von leichtem Druck und Wärme aufgebracht. Anschließend wurde das Leder konfektioniert und Reißverschlusshälften an Längsrändern des Lederzuschnitts aufgenäht. In einer Variante wurden keine Reißverschlusshälften verwendet. Nach Aufbringen des Leders auf ein mit einer PU-Matrix umschäumtes Lenkrad wurden der Reißverschluss geschlossen beziehungsweise bei der Variante ohne Reißverschluss die Längsränder genäht. Das Gefüge wurde in einem Ofen bei 115 °C für 10 Minuten erwärmt, um das Polyimidcopolymerpulver zu aktivieren. Nach Abkühlung wurde eine gleichmäßige und stabile Verbindung des Leders mit der Polyurethanmatrix erhalten.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Lenkrad
- 10
- Lenkradskelett
- 11
- Lenkradnabe
- 12
- Lenkradspeiche
- 13
- Lenkradkranz
- 14
- Verkleidungsmaterial
- 15
- Sichtseite
- 16
- Nichtsichtseite
- 17
- aktivierbares Material
- 17‘
- aktiviertes Material (aktivierbares Material nach Aktivierung)
- 18
- Matrix/Matrixmaterial
- 19
- Ausnehmung, Nut
- 20
- Reißverschlusshälfte
- 21
- Reißverschlusszähne
- 22
- Längsrand
- 23
- Verbindungsstelle/Naht
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 6943597 U [0004]
- DE 1922356 U [0004]
- DE 102010029188 A1 [0005]