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Die vorliegende Erfindung befasst sich mit einem Verfahren zur Erhöhung der Umsetzungsgeschwindigkeit von Flachglas- oder Behälterglasgemengen zur Glasschmelze durch Nutzbarmachung einer Alkali-Erdalkali-Carbonat Schmelze mit einem Erdalkalicarbonatgehalt zwischen 10 und 62 Massenprozent.
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Verfahren zur Herstellung von Flachgläsern oder Behältergläsern sind seit langem bekannt.
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Verfahren zur Herstellung von Flachgläsern oder Behältergläsern werden etwa in den Schriften „Grundlagen des industriellen Glasschmelzprozesses", Hrsg.: Hüttentechnische Vereinigung der Deutschen Glasindustrie, 1999 und „Fiberglass and Glass Technology – Energy Friendly Compositions and Applications", Hrsg.: F. T. Wallenberger, P. A. Bingham, 2010, beschrieben.
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Eine Darstellung des Standes der Technik enthält ferner die
DT 26 50 224 A1 , die ein Verfahren zur Herstellung von Natron Kalk Glas beschreibt.
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Wesentlicher Bestandteil aller Verfahren zur Herstellung von Flachgläsern und Behältergläsern ist die Herstellung einer Glasschmelze aus einem Glasgemenge. Die notwendige Energie zur Herstellung der Glasschmelze aus dem Glasgemenge kann durch fossile Brennstoffe oder elektrische Energie erbracht werden.
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Wesentlich für die Höhe des Energieeinsatzes bei der Herstellung der Glasschmelze ist die Geschwindigkeit der Umwandlung des Glasgemenges zur Glasschmelze.
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Vor diesem Hintergrund sind verschiedene Verfahren bekannt, die eine Erhöhung der Geschwindigkeit der Umwandlung des Glasgemenges zur Glasschmelze und damit letztlich eine Verringerung des Energieeinsatzes zum Ziel haben.
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So ist beispielsweise aus der
DT 26 50 224 A1 ein Verfahren zur Herstellung von Kalk-Natron Gläsern bekannt, bei dem das Glasgemenge in Form von Pellets bereit gestellt wird, die auf eine bestimmte Mindesttemperatur erhitzt werden müssen. Ferner ist der Einsatz von Pellets im Rahmen des Glasgemenges bekannt aus der
WO 2012/101429 A2 . Bekannt ist der Einsatz von Pellets etwa auch durch die
EP 1 478 601 B1 .
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Andere Verfahren beschäftigen sich demgegenüber mit einer Erhöhung der Geschwindigkeit der Umwandlung des Glasgemenges zur Glasschmelze durch den Einsatz einzelner Bestandteile des Glasgemenges in flüssiger Form. Ein derartiges Verfahren ist beispielsweise durch die
WO 2012/116303 A1 bekannt.
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Wieder andere Verfahren betreffen den Einsatz von verminderten Druckverhältnissen bei der Herstellung der Glasschmelze. Dies gilt beispielsweise für die
WO 2013/067129 A1 .
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Den vorstehend beschriebenen Verfahren zur Herstellung von Flachgläsern oder Behältergläsern ist gemein, dass die Umsetzung der Erdalkalicarbonate dem konventionellen Schmelzprozess eine ungünstige und verlangsamende Kinetik aufprägt. Insbesondere drängt das in einem frühen Stadium aus den Kalkstein- und Dolomitkörnern lokal entweichende CO2 die Erstschmelze (Sodaschmelze und Natriumsilicate) zurück. Die Körner von Kalkstein und Dolomit umgeben sich so bereits in einem frühen Stadium der Umsetzung mit einer festen Oxidphase, die sich nur durch langsame Diffusionsprozesse in der Schmelze löst.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, die Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Flachglas- oder Behälterglasgemengen zur Glasschmelze zu erhöhen und auf diese Weise den für die Umwandlung des Glasgemenges zur Glasschmelze erforderlichen Energieeinsatz möglichst gering zu halten.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Verfahren der eingangs genannten Art gelöst, bei dem eine Alkali-Erdalkali-Carbonat Schmelze mit einem Erdalkalicarbonatgehalt zwischen 10 und 62 Massenprozent eingesetzt wird.
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Es hat sich gezeigt, dass der vorstehend beschriebene ungünstige Reaktionsablauf vermieden wird, wenn die Erdalkalien mit der Soda bereits bei Temperaturen unterhalb von 1000°C weitgehend vollständig verflüssigt werden.
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Bei einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird das Alkali-Erdalkali-Carbonat als gesonderter Rohstoff eingesetzt.
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Dies geschieht zum Beispiel dergestalt, dass die Erdalkalicarbonate zusammen mit der Soda bei Temperaturen von 900–1000°C zu einer Schmelze umgesetzt und in ein Doppelcarbonatsalz-Feststoff-Granulat überführt werden.
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Bei einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird eine Alkali-Erdalkali Carbonatschmelze als vorherrschendes Zwischenprodukt im aufschmelzenden Glasgemenge generiert, wobei ein erhöhter CO2 Partialdruck von mehr als 1 bar in der Reaktionszone eingesetzt wird.
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Es hat sich gezeigt, dass unter diesen Bedingungen der Schmelzprozess wesentlich schneller sowie unter wesentlich geringerer Schaumbildung erfolgt als im konventionellen Gemenge. Dadurch wird die zur Einstellung der erforderlichen Glasqualität benötigte Verweilzeit im Schmelzaggregat verkürzt. Nach allgemeinen Prinzipien der Verfahrenstechnik ist damit notwendig eine Erhöhung der Produktionsleistung der Schmelzanlage und/oder eine Absenkung der erforderlichen Schmelzenergie verbunden.
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Bei der Ausgestaltung des Verfahrens, bei der eine Alkali-Erdalkali Carbonatschmelze als vorherrschendes Zwischenprodukt im aufschmelzenden Glasgemenge generiert wird, ist es zum einen möglich, den erhöhten CO2 Partialdruck von bis zu 1 bar extern zu generieren.
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Dies kann beispielsweise durch eine geeignete Führung der Abgase im Schmelzaggregat erfolgen.
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Zum anderen ist es auch möglich, einen CO2 Partialdruck von mehr als 1 bar intrinsisch zu generieren.
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Es hat sich gezeigt, dass sich im Innern eines Gemenges lokal grundsätzlich ein erhöhter CO2-Partialdruck einstellt – so auch im ungünstigen Fall der konventionelle Schmelze (dort führt er vorwiegend zur Segregation von Erstschmelze und Erdalkalicarbonaten). Im vorliegenden Fall, beim Vorliegen einer Alkali-Erdalkali-Schmelze jedoch führt er zu einem beschleunigten Reaktionsablauf. Der Effekt des erhöhten CO2-Partialdruckes lässt sich durch geeignete Anordnung der Gemengebestandteile beispielsweise durch eine Schichtung oder durch den Einsatz von Pellets oder Presslingen erheblich steigern.
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Eine intrinsische Generierung des erhöhten CO2 Partialdrucks kann insbesondere durch den Einsatz von Pellets oder Presslingen erzeugt werden. Dabei baut sich, nach Art eines Ventilsystems, lokal in der Reaktionszone ein besonders hoher CO2-Partialdruck auf.
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Es hat sich gezeigt, dass es besonders vorteilhaft ist, wenn die Pellets oder Presslinge aus mehreren Schichten bestehen, wobei die innere Schicht aus einem Mix A und die äußere Schicht aus einem Mix B gemäß der nachfolgend im einzelnen beschriebenen Zusammensetzung besteht:
Das Gesamtgemenge enthält Sand (sand), Soda (soda), Dolomit (dolo), Kalkstein (lime) sowie weitere Bestandteile wie Feldspat, Sulfat, Kohle, Farboxide und andere bei der Glasherstellung verwendete Bestandteile. Ihre Massen m(sand), m(soda), m(dolo), m(lime) etc. sind in kg je t zu erschmelzenden Glases angegeben. Die Berechnung der Zusammensetzungen von Mix-A und Mix-B verläuft wie folgt:
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Schritt 1:
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Berechnung der Massenanteile z(dolo) und z(lime): z(dolo) = m(dolo)/[m(dolo) + m(lime)], z(lime) = 1 – z(dolo).
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Schritt 2:
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Berechnung der molaren Anteile an CO2, die in soda, dolo, lime enthalten sind: n(soda) = m(soda) × M(soda), n(dolo) = 2 × m(dolo) × M(dolo), n(lime) = m(lime) × M(lime).
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Dabei bezeichnet M die molaren Massen der chemisch reinen Äquivalente der Rohstoffe, d. i., Na2CO3, CaMg(CO3)2 bzw. CaCO2, in Einheiten g/mol, also: M(soda) = 105.989, M(dolo) = 184.410, M(lime) = 100.089.
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Auswahl eines geeigneten molaren Verhältnisses x(soda) von NaCO3 zu (Mg, Ca)CO3. Leitlinie ist das Niggli-Diagramm (Bild 1). Dabei sind die Grenzen eines Prozessfensters 0,9 > x(soda) > 0,38 einzuhalten. Im gegebenen Beispiel wird x(soda) = 0.44 verwandt.
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Aus x(soda) wird eine Leitzahl ξ, f = [1 – x(soda)]/x(soda) berechnet. Im Beispiel gilt ξ = 1.2727.
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Schritt 3:
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Auswertung der molaren Verhältnisse von dolo und lime. Es gilt x(dolo) = n(dolo)/[n(dolo) + n(lime)], x(lime) = 1 – x(dolo).
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Aus diesen Verhältnissen werden die Hilfsgrößen q(dolo) = ½ × x(dolo) × n(soda) × M(dolo) × ξ, q(lime) = x(lime) × n(soda) × M(lime) × ξ berechnet. Die Summe der Massen mA(dolo) und mA(lime), die in Mix-A aufgenommen wird, ergibt sich dann als mA(dolo) + mA(lime) = m(soda)/[q(dolo) + q(lime).
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Es wird eine weitere Hilfsgröße y berechnet als y = [mA(dolo) + mA(lime)]/[m(dolo) + m(lime)].
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Im gegebenen Beispiel gilt y = 0.8023.
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Schritt 4:
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Berechnung der Zusammensetzung von Mix-A und Mix-B. Die Mengen in Mix-A (in kg je t zu erschmelzenden Glases) ergeben sich wie folgt: mA(dolo) = y × m(soda) × z(dolo), mA(lime) = y × m(soda) × z(lime), mA(soda) = m(soda); mA(sand) = ϕ × [mA(dolo) + mA(lime) + mA(soda)].
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Dabei ist 0.5 < ϕ < 0.667. Die Größe ϕ ergibt sich aus phasentheoretischen Überlegungen, die für die im Anspruch dargelegte praktische Umsetzung irrelevant sind.
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Die Zusammensetzung von Mix-B ergibt sich durch Differenzbildung: mB(dolo) = m(dolo) – mA(dolo), mB(lime) = m(lime) – mA(lime), mB(soda) = m(soda) – mA(soda) = 0(soda befindet sich nur in Mix-A), mB(sand) = m(sand) – mA(sand).
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Alle sonstigen Gemengebestandteile (Feldspat, Sulfat, Kohle, Farboxide und andere bei der Glasherstellung verwendeten Bestandteile) werden dem Mix-B zugeschlagen.
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Die nachfolgende Tab. 1 zeigt ein typisches Beispiel Behälterglasgemenges zusammengestellt nach der vorstehend erläuterten Berechnungsmethode:
Rohstoffe | Gemenge kg/t | Mix-A kg/t | Mix-B kg/t | Summe kg/t |
sand | 598.9 | 167.4 | 431.5 | 598.9 |
dolo | 80.1 | 44.0 | 36.1 | 80.1 |
lime | 191.4 | 105.1 | 86.3 | 191.4 |
soda | 185.8 | 185.8 | 0.0 | 185.8 |
sonstige | 143.4 | 0.0 | 143.4 | 143.4 |
Summe | 1199.6 | 502.3 | 697.3 | 1199.6 |
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Die 1 zeigt darüber hinaus ein Phasendiagramm des Systems Na2CO3 – CaCO3. Das für das Verfahren geeignete Prozessfenster liegt zwischen 10% und 62% CaCO3 entsprechend einem Molenbruch von Na2CO3 von 0,9 > x(soda) > 0,38 (etwa entsprechend den Punkten B und E).
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Darüber hinaus kann eine intrinsische Generierung des erhöhten CO2 Partialdrucks durch die Anordnung der Rohmaterialien des Glasgemenges in mindestens zwei Schichten erfolgen. Dabei muss mindestens eine Schicht aus einem Mix A und eine Schicht aus einem Mix B in den vorstehend im Einzelnen beschriebenen Zusammensetzungen bestehen.
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Außerdem kann eine intrinsische Generierung des erhöhten CO2 Partialdrucks durch das Verpressen der Rohmaterialien Soda und Kalkstein zu Presslingen oder durch die Herstellung von Pellets und durch die Vermischung dieser Presslinge oder Pellets mit den übrigen Rohmaterialien des Glasgemenges erfolgen.
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Es hat sich gezeigt, dass unter diesen Bedingungen der Schmelzprozess wesentlich schneller sowie unter wesentlich geringerer Schaumbildung erfolgt als im konventionellen Gemenge. Dadurch wird, wie bereits erwähnt, die zur Einstellung der erforderlichen Glasqualität benötigte Verweilzeit im Schmelzaggregat verkürzt. Nach allgemeinen Prinzipien der Verfahrenstechnik ist damit notwendig eine Erhöhung der Produktionsleistung der Schmelzanlage und/oder eine Absenkung der erforderlichen Schmelzenergie verbunden. Auch die Menge der in der Schmelze verbleibenden Blasen ist deutlich geringer als im konventionellen Fall.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DT 2650224 A1 [0004, 0008]
- WO 2012/101429 A2 [0008]
- EP 1478601 B1 [0008]
- WO 2012/116303 A1 [0009]
- WO 2013/067129 A1 [0010]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Grundlagen des industriellen Glasschmelzprozesses”, Hrsg.: Hüttentechnische Vereinigung der Deutschen Glasindustrie, 1999 [0003]
- „Fiberglass and Glass Technology – Energy Friendly Compositions and Applications”, Hrsg.: F. T. Wallenberger, P. A. Bingham, 2010 [0003]