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Die Erfindung betrifft ein System sowie ein entsprechendes Verfahren zur Unterstützung des Fahrers eines Kraftfahrzeugs bei der Bildung von Rettungsgassen gemäß den unabhängigen Ansprüchen.
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In der Straßenverkehrsordnung vieler Länder ist vorgesehen, dass im Falle eines Staus eine Rettungsgasse zwischen den Fahrzeugen zu bilden ist. Dazu weichen die Fahrzeuge von ihren Fahrspuren ab, um von hinten nahenden Rettungsfahrzeugen einen Korridor zu schaffen, durch den diese den Stau passieren und schnell an den Unfallort gelangen können. So kann beispielsweise vorgeschrieben sein, dass, sobald der Verkehr ins Stocken gerät und ein Stau droht, alle Verkehrsteilnehmer den Weg für Einsatzkräfte freihalten müssen, und zwar unabhängig davon, ob sie sich auf einer zwei- oder mehrspurigen Autobahn oder Schnellstraße befinden. Dazu haben alle Fahrzeuge auf der linken Spur so weit wie möglich nach links zu fahren und sich parallel zur Straße am Rand der Fahrbahn einzuordnen. Alle anderen Fahrzeuge fahren so weit wie möglich nach rechts, gegebenenfalls auf den Pannenstreifen. Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei können den so gebildeten Korridor zwischen den Fahrzeugen im Notfall ungehindert passieren.
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Aus
US 6,822,580 B2 ist ein System bekannt, bei welchem ein Fahrer eines Fahrzeugs anhand eines von einem nahenden Rettungsfahrzeug ausgesandten Warnsignals darüber informiert wird, aus welcher Richtung sich das Rettungsfahrzeug nähert und in welcher Richtung zur Seite gefahren werden soll, um dem Rettungsfahrzeug Vorfahrt zu gewähren. Hierbei wird jedoch meist erreicht, dass zunächst lediglich vom Stauende her eine Rettungsgasse gebildet wird, sobald dort das Rettungsfahrzeug erscheint, so dass sich dieses nur schrittweise und mit relativ großem Zeitaufwand einen Weg durch den Stau bahnen kann.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein System sowie ein entsprechendes Verfahren zur Unterstützung des Fahrers eines Kraftfahrzeugs anzugeben, bei welchem die Bildung von Rettungsgassen verbessert wird.
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Diese Aufgabe wird durch das System und das Verfahren gemäß den unabhängigen Ansprüchen gelöst.
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Das erfindungsgemäße System zur Unterstützung des Fahrers eines Kraftfahrzeugs bei der Bildung von Rettungsgassen weist auf: eine erste Einrichtung zur Erfassung eines oder mehrerer erster Parameter, welche die Verkehrssituation, in welcher sich das Kraftfahrzeug befindet, charakterisieren, eine zweite Einrichtung zur Erfassung eines oder mehrerer zweiter Parameter, welche die Umgebung des Fahrzeugs charakterisieren, und eine Steuerungseinrichtung zur Ermittlung der Notwendigkeit der Bildung einer Rettungsgasse anhand der erfassten ersten Parameter, zur Ermittlung einer oder mehrerer Aktionen des Kraftfahrzeugs zur Bildung einer Rettungsgasse anhand der erfassten zweiten Parameter und zur Ausgabe von Informationen, insbesondere Anweisungen, an den Fahrer und/oder zur teilautomatisierten oder vollautomatisierten Steuerung des Kraftfahrzeugs, wobei die Ausgabe der Informationen an den Fahrer bzw. die Steuerung des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der ermittelten Notwendigkeit der Bildung einer Rettungsgasse und den ermittelten Aktionen des Kraftfahrzeugs erfolgt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Unterstützung des Fahrers eines Kraftfahrzeugs bei der Bildung von Rettungsgassen weist folgende Schritte auf: Erfassung eines oder mehrerer erster Parameter, welche die Verkehrssituation, in der sich das Kraftfahrzeug befindet, charakterisieren, Erfassung eines oder mehrerer zweiter Parameter, welche die Umgebung des Fahrzeugs charakterisieren, Ermittlung der Notwendigkeit der Bildung einer Rettungsgasse anhand der erfassten ersten Parameter, Ermittlung einer oder mehrerer Aktionen des Kraftfahrzeugs zur Bildung einer Rettungsgasse anhand der erfassten zweiten Parameter und Ausgabe von Informationen, insbesondere Anweisungen, an den Fahrer und/oder teilautomatisierte oder vollautomatisierte Steuerung des Kraftfahrzeugs, wobei die Ausgabe der Informationen an den Fahrer bzw. die Steuerung des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit von der ermittelten Notwendigkeit der Bildung einer Rettungsgasse und den ermittelten Aktionen des Kraftfahrzeugs erfolgt.
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Die Erfindung basiert auf dem Ansatz, die aktuelle Verkehrssituation im Hinblick auf einen drohenden oder bereits bestehenden Stau und eine gegebenenfalls erforderlichen Rettungsgassenbildung automatisch zu erkennen und anhand der Gegebenheiten in der mittelbaren und/oder unmittelbaren Umgebung des Fahrzeugs die vom Fahrzeug auszuführenden Aktionen automatisch zu ermitteln, um dem Fahrer entsprechende Informationen, insbesondere Fahranweisungen, zur Notwendigkeit einer Rettungsgassenbildung und die dazu erforderlichen Fahreraktionen, wie z. B. Weiterfahrt auf dem Pannenstreifen bzw. auf der äußersten linken Spur, zu geben oder das Fahrzeug teil- oder vollautomatisch entsprechend zu steuern. Die automatische Erkennung der Verkehrssituation kann z. B. auf Verkehrsinformationen beruhen, die von einem Straßenbetreiber oder Verkehrsdienstleister gesendet und vom System empfangen werden. Alternativ oder zusätzlich kann die Verkehrssituation aber auch mit Hilfe einer am Fahrzeug vorgesehenen Sensorik, die das Fahrzeugumfeld erfasst, erkannt werden. Zu den Gegebenheiten in der mittelbaren Umgebung des Fahrzeugs gehört z. B. eine Information darüber, in welchem Land sich das Fahrzeug gerade befindet. Anhand dieser Länderinformation können dann, beispielsweise über das Internet oder von einem lokalen Speicher, die jeweiligen landesspezifischen Vorschriften zur Rettungsgassenbildung abgerufen werden. Zu den Gegebenheiten in der unmittelbaren Umgebung des Fahrzeugs gehören z. B. die Anzahl der Fahrstreifen oder die Befahrbarkeit des Pannenstreifens, welche ebenfalls mit Hilfe einer geeigneten Sensorik am Fahrzeug ermittelt werden können.
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Durch die erfindungsgemäße Erfassung relevanter Informationen zur Verkehrssituation und Fahrzeugumgebung in Verbindung mit einer automatisierten Auswertung der erfassten Informationen und Ausgabe entsprechender Fahranweisungen an den Fahrer bzw. Steuerungssignalen an das Fahrzeug werden eine Reihe von Vorteilen erzielt.
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So erhält der Fahrer bzw. das Fahrzeug durch die Erfindung alle relevanten Informationen dahingehend, ob, wann und wie eine Rettungsgasse zu bilden ist. Die bisherige Praxis auf Autobahnen dagegen sieht so aus, dass die wenigsten Personen die jeweils vorhandenen Verkehrsregeln bezüglich der Bildung einer Rettungsgasse kennen bzw. auch einhalten. Es wird dadurch in der Regel erst vom Stauende her eine Gasse gebildet, sobald das Einsatzfahrzeug erscheint.
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Darüber hinaus ermöglicht die Erfindung ein Fahrverhalten mit der jeweils erforderlichen Voraussicht, um ein zu nahes Auffahren rechtzeitig zu vermeiden. Da die Fahrzeuge typischerweise bei einem Stau nah auffahren, ist in der bisherigen Praxis dagegen in den wenigsten Fällen genug Platz für den Fahrzeugführer, um den herannahenden Einsatzfahrzeugen auszuweichen bzw. eine Rettungsgasse zu bilden.
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Der Aspekt der teil- oder vollautomatisierten Rettungsgassenbildung hat ferner den Vorteil, dass ein Fehlverhalten des Fahrers vermindert, korrigiert oder sogar ganz ausgeschlossen werden kann. Dies kann u. U. besonders vorteilhaft sein, wenn viele Fahrzeuge mit einem entsprechenden System ausgestattet sind.
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Ferner lässt es die Erfindung zu, dass eine an den Verkehrsfluss angepasste Rettungsgassenbildung erfolgen kann. Dies ist in der Praxis z. B. dann besonders vorteilhaft, wenn Rettungsgassen von den anderen Verkehrsteilnehmern in falscher Weise gebildet oder zu bilden begonnen werden, so dass in der Folge das eigene Fahrzeug – entgegen der eigentlich anzuwendenden Regelung – die Rettungsgasse in dieser Weise fortführt, um keine Behinderung des Einsatzfahrzeugs darzustellen.
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Nicht zuletzt erlaubt die Erfindung eine an ein nahendes oder anwesendes Rettungsfahrzeug angepasste Rettungsgassenbildung. Je nach Situation ist es z. B. möglich, im Sinne einer effizienten Wirkkette vom üblichen Prozedere abzuweichen, beispielsweise wenn das Rettungsfahrzeug aus bestimmten Gründen gezwungen ist, einen anderen Weg zu nehmen. Die Erfindung ermöglicht in solchen Fällen, von der vorgeschriebenen Methode zur Bildung der Rettungsgasse temporär abzuweichen.
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Insgesamt wird durch die Erfindung die Bildung von Rettungsgassen in vielerlei Hinsicht verbessert und unterstützt.
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Im Kontext der vorliegenden Erfindung wird unter dem Begriff „Rettungsfahrzeug” jede Art von Einsatzfahrzeugen verstanden, wie z. B. ein Krankenwagen, Notarztfahrzeug, Polizeifahrzeug, Feuerwehrfahrzeug oder Bergungsfahrzeug. Dementsprechend wird unter dem Begriff „Rettungsgasse” jeder zwischen Fahrzeugen gebildete Korridor verstanden, entlang welchem ein Einsatzfahrzeug die Fahrzeuge passieren kann.
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Vorzugsweise ist eine dritte Einrichtung zur Erfassung von einem oder mehreren dritten Parametern vorgesehen, welche zumindest eine der folgenden Gegebenheiten charakterisieren: das Fahrverhalten des Fahrers des Kraftahrzeugs, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere anderer Fahrzeuge und/oder die Position zumindest eines Einsatzfahrzeugs. Hierbei ist die Steuerungseinrichtung dazu ausgebildet, den Zeitpunkt für den Beginn der ermittelten Aktionen des Kraftfahrzeugs zur Bildung der Rettungsgasse anhand der erfassten dritten Parametern zu ermitteln und die Ausgabe der Informationen an den Fahrer bzw. die Steuerung des Kraftfahrzeugs in Abhängigkeit vom ermittelten Zeitpunkt für den Beginn der Aktionen des Kraftfahrzeugs vorzunehmen. Durch Bestimmung des Zeitpunkts des Beginns der Rettungsgassenbildung wird eine rechtzeitige und gegebenenfalls automatisierte Rettungsgassenbildung ermöglicht.
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Bei einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist eine vierte Einrichtung zur Erfassung von einem oder mehreren vierten Parametern vorgesehen, welche zumindest eine der folgenden Gegebenheiten charakterisieren: die Position und/oder das Fahrverhalten anderer Fahrzeuge, die Position und/oder das Fahrverhalten eines Einsatzfahrzeugs. Hierbei ist die Steuerungseinrichtung dazu ausgebildet, die Aktionen des Kraftfahrzeugs anhand der erfassten vierten Parameter zu ermitteln. Vorzugsweise ist die Steuerungseinrichtung ferner dazu ausgebildet, das aus den ermittelten Aktionen des Kraftfahrzeugs resultierende Fahrverhalten des Fahrzeugs an das Fahrverhalten anderer Fahrzeuge und/oder des Einsatzfahrzeugs anzupassen. Auf diese Weise wird erreicht, das eigene Fahrverhalten bei der Rettungsgassenbildung an das der anderen Fahrzeuge und/oder des Einsatzfahrzeugs anzupassen, und zwar mit dem übergeordneten Ziel, das Einsatzfahrzeug in jedem Fall passieren zu lassen, auch wenn die Rettungsgassenbildung im konkreten Fall von der z. B. länderspezifischen Regel zur Rettungsgassenbildung abweicht. Dadurch wird in jedem Fall die Bildung einer Rettungsgasse gewährleistet.
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Es ist darüber hinaus bevorzugt, einer fünfte Einrichtung zur Erfassung von einem oder mehreren fünften Parametern vorzusehen, welche zumindest eine Ausnahmesituation, welche von einem für die Bildung einer Rettungsgasse angenommenen Regelfall abweicht, charakterisieren, wobei die Steuerungseinrichtung dazu ausgebildet ist, die Aktionen des Kraftfahrzeugs unter Berücksichtigung der erfassten fünften Parameter zu ermitteln. Vorzugsweise charakterisieren die fünften Parameter zumindest eine der folgenden Ausnahmesituationen: ein Einsatzfahrzeug kommt aus der entgegengesetzten Fahrtrichtung, das Fahrzeug befindet sich nahe bei, insbesondere unmittelbar an, der Unfallstelle, es befindet sich ein Hindernis auf dem aus den ermittelten Aktionen des Kraftfahrzeugs resultierenden Fahrweg des Fahrzeugs, es gibt keinen Pannenstreifen und/oder es werden Anweisungen durch autorisiertes Personal, insbesondere Rettungskräfte oder Polizei, gegeben. Hierdurch können bei der erfindungsgemäßen Unterstützung der Rettungsgassenbildung auch Sondersituationen, welche bei einer erforderlichen Rettungsgassenbildung besonders wahrscheinlich sind, berücksichtigt werden, so dass auch hierdurch die zuverlässige Bildung einer Rettungsgasse unterstützt wird.
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Ferner ist bevorzugt, dass die erste Einrichtung zum drahtlosen Empfang von die Verkehrssituation betreffenden Informationen ausgebildet ist. Die Informationen, insbesondere Informationen zur Verkehrslage, wie z. B. stockender Verkehr, Stau oder Unfall, werden beispielsweise von einem Straßenbetreiber oder Verkehrsdienstleister gesendet und vom System empfangen. Die Erfassung der ersten Parameter, welche die Verkehrssituation insbesondere im Hinblick auf das mögliche Erfordernis einer Rettungsgassenbildung charakterisieren, wird dadurch auf besonders einfache und zuverlässige Weise realisiert.
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Alternativ oder zusätzlich weist die erste Einrichtung mindestens einen Detektor, insbesondere einen Sensor und/oder eine Kamera, zur Überwachung der Umgebung des Kraftfahrzeugs auf, wobei aus den hierbei erhaltenen Umgebungsparametern des Fahrzeugs die die Verkehrssituation charakterisierenden ersten Parameter abgeleitet werden können. Auch dieser Ansatz stellt eine zuverlässige und einfache Möglichkeit zur automatisierten Erfassung der ersten Parameter, welche die Verkehrssituation insbesondere im Hinblick auf das mögliche Erfordernis einer Rettungsgassenbildung charakterisieren, dar.
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Vorzugsweise charakterisieren die zweiten Parameter, aus welchen die auszuführenden Aktionen des Fahrers bzw. des Fahrzeugs zur Rettungsgassenbildung abgeleitet werden, zumindest eine der folgenden Gegebenheiten: vorgegebene, insbesondere landesspezifische, Regeln zur Bildung von Rettungsgassen, die aktuelle Position des Kraftfahrzeugs auf einem Fahrstreifen, die Anzahl der Fahrstreifen insgesamt, die Befahrbarkeit eines etwaigen Pannenstreifens und/oder Banketts, die Konstellation umliegender Fahrzeuge und/oder sonstiger Objekte, wie z. B. Hindernisse oder eine Unfallstelle. Auf diese Weise können die jeweils vorgegebenen allgemeinen Regeln zur Rettungsgassenbildung automatisch berücksichtigt und in der durch die Fahrzeugumgebung charakterisierten konkreten Fahrsituation angewandt werden, ohne dass der Fahrer die allgemeinen Regeln oder die konkrete Fahrzeugumgebung im Einzelnen zu kennen braucht. Hierdurch wird eine zuverlässige Bildung von Rettungsgassenbildung auf einfache Weise weiter unterstützt.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung in Zusammenhang mit den Figuren. Es zeigen:
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1 ein Beispiel für den schematischen Aufbau eines Fahrerassistenzsystems;
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2 ein Beispiel für den allgemeinen Ablauf eines Verfahrens beim Betrieb eines Fahrerassistenzsystems; und
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3 ein Beispiel für den Ablauf eines Verfahrens beim Betrieb eines Fahrerassistenzsystems zur teil- oder vollautomatisierten Steuerung eines Kraftfahrzeugs.
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1 zeigt ein Beispiel für den schematischen Aufbau eines Fahrerassistenzsystems mit einer zentralen Steuerungseinrichtung 1, durch welche ermittelt wird, ob die Bildung einer Rettungsgasse erforderlich ist und welche Aktionen des Fahrzeugs erforderlichenfalls auszuführen sind, um die Bildung einer solchen Rettungsgasse zu unterstützen.
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Die Steuerungseinrichtung 1 ist vorzugsweise so konfigurierbar, dass auf der Grundlage der erforderlichen Fahrzeugaktionen eine lediglich informierende Funktion ausgeübt wird, bei welcher der Fahrer Informationen und gegebenenfalls Fahranweisungen erhält, die für die Bildung einer Rettungsgasse erforderlich sind.
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Alternativ oder zusätzlich ist die Steuerungseinrichtung 1 aber auch so konfigurierbar, dass diese das Fahrverhalten des Fahrzeugs unter Berücksichtigung der ermittelten Aktionen des Fahrzeugs teilautomatisiert oder vollautomatisiert steuert.
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Im erstgenannten Fall gibt die Steuerungseinrichtung 1 entsprechende Informationen an eine optische und/oder akustische Wiedergabeeinrichtung, wie zum Beispiel ein Display 60 bzw. ein Lautsprecher 61, weiter. Typischerweise wird der Fahrer hierbei darüber informiert, ob und gegebenenfalls wann eine Rettungsgasse zu bilden ist, beispielsweise durch die Ausgabe von „Rettungsgasse bilden!” oder „In 500 Metern Rettungsgasse bilden!”.
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Falls die Steuerungseinrichtung 1 zur teil- oder vollautomatisierten Steuerung des Fahrzeugs konfiguriert ist, gibt diese entsprechende Steuerungssignale 62 an das Antriebs- und/oder Steuerungssystems des Fahrzeugs weiter.
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Das in 1 gezeigte Fahrerassistenzsystem weist ferner eine erste Einrichtung 10 auf, welche die jeweils aktuelle Verkehrssituation, in welcher sich das Fahrzeug befindet, erfassen oder ermitteln kann. Dazu kann beispielsweise eine Empfangseinheit 11 vorgesehen sein, mittels welcher Verkehrsinformationen, beispielsweise eines Straßenbetreibers oder Verkehrsdienstleisters, empfangen werden können. Vorzugsweise betreffen diese Informationen das Vorhandensein eines Verkehrsstaus auf der aktuell befahrenen Fahrstrecke. Alternativ oder zusätzlich ist es aber auch möglich, die erste Einrichtung 10 derart auszugestalten, dass entsprechende Stauinformationen über funkbasierte Verfahren, insbesondere durch sogenannte Ad-Hoc-Netzwerke, erhalten werden. Ferner ist es möglich, die erste Einrichtung 10 mit einer geeigneten Umfeldsensorik auszugestalten oder auf eine entsprechende am Fahrzeug vorgesehene Umfeldsensorik zugreifen zu lassen, durch welche z. B. mittels Radar-, Lidar-, Ultraschall- und/oder Kamerasystemen am Fahrzeug Informationen über das unmittelbare und/oder mittelbare Verkehrsgeschehen im Umfeld des Fahrzeugs ermittelt werden und damit die Verkehrssituation im Hinblick auf das Auftreten eines möglichen Staus charakterisiert werden kann.
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Vorzugsweise ist ferner eine zweite Einrichtung 20 vorgesehen, durch welche – außer der aktuellen Verkehrssituation – weitere Gegebenheiten in der Umgebung des Fahrzeugs erfasst werden können. Hierzu gehören unter anderen Informationen über die jeweiligen länderspezifischen Regeln zur Bildung von Rettungsgassen im Staufall. So kann die zweite Einrichtung 20 beispielsweise mittels GPS oder Mobilfunknetz ermitteln, in welchem Land sich das Fahrzeug gerade befindet und anhand dieser Information länderspezifische Straßenverkehrsordnungen und die zugehörigen Regeln zum Bilden von Rettungsgassen abfragen, beispielweise über einen mobilen Internetanschluss und/oder durch Zugriff auf einen lokalen Speicher 21.
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Alternativ oder zusätzlich kann die zweite Einrichtung aber auch zur Erfassung weiterer Gegebenheiten im unmittelbaren Umfeld des Fahrzeugs ausgebildet sein, wie zum Beispiel der Anzahl der vorhandenen Fahrstreifen sowie den vom Fahrzeug aktuell befahrenen Fahrstreifen. Ferner kann die zweite Einrichtung 20 mit einer geeigneten Sensorik ausgestattet sein oder auf eine entsprechende am Fahrzeug vorgesehene Sensorik zugreifen, um Informationen über die mögliche Befahrbarkeit des Banketts und/oder des Pannenstreifens zu gewinnen. Die zweite Einrichtung 20 kann ferner auch so ausgestaltet sein, dass diese die jeweils aktuelle Konstellation umliegender Fahrzeuge, Objekte, Hindernisse sowie der Unfallstelle selbst erfassen kann; die zweite Einrichtung 20 kann auch zu diesen Zwecken mit entsprechenden Sensoren oder Kameras ausgestattet sein. Grundsätzlich ist es auch möglich, dass die zweite Einrichtung 20 hierbei auch auf Sensoren oder Kameras der ersten Einrichtung 10 zurückgreift und umgekehrt.
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Vorzugsweise stellen die jeweiligen Sensoren und Kameras selbst keinen Bestandteil der jeweiligen Einrichtung 10 bzw. 20 dar, sondern bilden eine eigenständige Sensorik- bzw. Kameraeinrichtung, auf deren jeweils erzeugten Signale und Daten die einzelnen Einrichtungen 10 bzw. 20 zugreifen und daraus entsprechende Parameter ableiten, welche die jeweilige Gegebenheit charakterisieren.
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Vorzugsweise ist ferner eine dritte Einrichtung 30 vorgesehen, mittels welcher insbesondere das Fahrverhalten des Fahrers des Fahrzeugs, beispielsweise Beschleunigungs-, Brems- oder Lenkverhalten, erfasst wird. Alternativ oder zusätzlich kann die dritte Einrichtung 30 dazu ausgebildet sein, auch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere anderer Fahrzeuge, sowie die Position und/oder Entfernung eines nahenden Rettungsfahrzeugs zu ermitteln.
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Ferner kann eine vierte Einrichtung vorgesehen sein, die dazu ausgebildet ist, situationsabhängige Informationen zu erfassen, die es dem Fahrer des Fahrzeugs bzw. der automatischen Steuerung des Fahrzeugs ermöglichen, gegebenenfalls in Abweichung von den vorgegebenen Regeln zur Rettungsgassenbildung zu handeln, um in jedem Falle das Rettungsfahrzeug passieren lassen zu können. Hierzu kann es erforderlich sein, das eigene Fahrverhalten an das Fahrverhalten der anderen Fahrzeuge, insbesondere auch des Rettungsfahrzeugs, anzupassen. Entsprechend greift die vierte Einrichtung auf Signale oder Daten einer Sensorik oder Kamera zurück, welche die umliegenden Fahrzeuge, einschließlich des Rettungsfahrzeugs, und deren Fahrverhalten überwacht.
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Darüber hinaus kann vorzugsweise eine fünfte Einrichtung 50 vorgesehen sein, welche zur Erkennung einer Ausnahmesituation, die eine Abweichung von einem für die Bildung von Rettungsgassen angenommenen Regelfall darstellt, erfassen kann. Dazu gehören beispielsweise Situationen, in denen das Rettungsfahrzeug aus der entgegengesetzten Fahrtrichtung kommt, sich das Fahrzeug direkt an der Unfallstelle befindet, kein Pannenstreifen existiert oder Anweisungen von Rettungskräften oder der Polizei gegeben werden. Die fünfte Einrichtung 50 greift hierbei ebenfalls auf Signale oder Daten zurück, welche von geeigneten Sensoren bzw. Kameras gewonnen werden.
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Bei der Erfassung der unterschiedlichen Gegebenheiten mittels der ersten bis fünften Einrichtung 10 bis 50 werden entsprechende Parameter, Funktionen oder Signale erzeugt, welche der zentralen Steuerungseinheit 1 zugeführt werden und dort ausgewertet werden. Die Steuerungseinrichtung 1 ist hierbei vorzugsweise so ausgestaltet, dass die von der ersten Einrichtung erzeugten Parameter insbesondere dahingehend ausgewertet werden, ob überhaupt ein Stau vorliegt bzw. eine Rettungsgasse zu bilden ist. Die mittels der zweiten Einrichtung 20 erfassten Parameter werden dagegen vorzugsweise dahingehend ausgewertet, wie in der vorliegenden Situation im Regelfall eine Rettungsgasse zu bilden ist, wohingegen anhand der von der dritten Einrichtung erfassten Parameter primär der Zeitpunkt für den Beginn der Bildung der Rettungsgasse bestimmt wird. Entsprechend werden die durch die vierte und fünfte Einrichtung 40 bzw. 50 erfassten Parameter vorzugsweise dahingehend ausgewertet, ob gegebenenfalls unter Abweichung von den Regeln zur Rettungsgassenbildung das Fahrverhalten des eigenen Fahrzeugs an das Fahrverhalten der anderen Fahrzeuge einschließlich des Rettungsfahrzeugs angepasst werden soll bzw. inwieweit einer Ausnahmesituation Rechnung zu tragen ist. Dies wird nachfolgend im Zusammenhang mit den 2 und 3 näher erläutert.
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In einem ersten Schritt erfolgt die automatische Erkennung einer Verkehrssituation, in der es möglicherweise erforderlich ist, eine Rettungsgasse zu bilden. In einem Stau kann diese Information beispielsweise von einer Infrastruktur, wie z. B. Straßenbetreiber, Verkehrsdienstleister oder RTTI (Real-Time Traffic Information) kommen. Alternativ oder zusätzlich ist es möglich, die Verkehrssituation mit Hilfe einer Umfeldsensorik, wie bereits im Zusammenhang mit der ersten Erfassungseinrichtung 10 beschrieben, oder mit Hilfe funkbasierter Verfahren, insbesondere in Ad-Hoc-Netzwerken, zu erkennen. Anhand der erfassten Verkehrssituation ist die Notwendigkeit einer Rettungsgasse bekannt, der Auslösezeitpunkt zum Beginn der Bildung der Rettungsgasse sowie die Methodik, d. h. die Art und Weise, einer Gassenbildung sind jedoch noch zu bestimmen.
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In einem zweiten Schritt erfolgt die Bestimmung der Methodik der Rettungsgassenbildung. Hierfür ist die Bestimmung eines oder mehrerer der folgenden Parameter erforderlich:
- a. Straßenverkehrsordnung des jeweiligen Landes: Korrekte Einordnung des Fahrzeugs nach länderspezifischer Rettungsgassen-Regel, vorzugsweise unter der Vorgabe, dass andere Fahrzeuge nicht zu gefährden sind.
- b. Kenntnisse über Fahrstreifen, insbesondere Anzahl und momentane Position des Fahrzeugs.
- c. Erkennung der möglichen Befahrbarkeit des Banketts/Pannenstreifen.
- d. Vorrausschauende Planung der Trajektorie, um genügend Abstand und/oder Ausweichmöglichkeiten zu haben. Dazu wird vorzugsweise die Konstellation der umliegenden Fahrzeuge/Objekte/Unfallstelle/Hindernisse erfasst.
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In einem dritten Schritt wird der Zeitpunkt für den Beginn der Bildung der Rettungsgasse bestimmt. Dies geschieht vorzugsweise durch mindestens eine der folgenden Maßnahmen:
- a. Es werden Rückschlüsse aus dem Fahrerverhalten des Fahrers des Fahrzeugs im Kontext der Verkehrssituation gezogen.
- b. Das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer (konformes Verhalten) auf Grundlage der Umfelderfassung des Fahrzeugs wird berücksichtigt.
- c. Die Position von Rettungsfahrzeugen wird berücksichtigt.
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In einem vierten Schritt erfolgt gegebenenfalls eine Situationsanpassung der ursprünglich gewählten Methodik. Da der genaue Ablauf einer Rettungsgassenbildung für eine konkrete Situation im Allgemeinen nicht präzise vorgeschrieben werden kann, gibt es einen großen Spielraum für das regelkonforme Verhalten anderer Fahrzeuge. Weiterhin ist es möglich, dass sich andere Fahrzeuge nicht regelkonform verhalten können. Dennoch ist es erforderlich, das höhere Ziel zu verfolgen, nämlich das Rettungsfahrzeug passieren zu lassen, auch wenn hierzu in nicht regelkonformer Weise eine Rettungsgasse gebildet wird. Dies wird vorzugsweise durch folgende Maßnahmen erreicht:
- a. Das eigene Fahrverhalten wird an das der anderen Fahrzeuge angepasst, z. B. wird die Rettungsgasse zwischen der 1. und 2. Spur oder zwischen der 2. und 3. Spur gebildet, oder es wird eine nicht freigegebene Spur durch andere Fahrzeuge genutzt.
- b. Es wird ermittelt, woher das Einsatzfahrzeug kommt und insbesondere, ob
i. das eigene Fahrzeug ein Hindernis für das Einsatzfahrzeug darstellt und/oder
ii. ein kooperatives Verhalten dabei hilft, dass andere Fahrzeuge kein Hindernis mehr darstellen.
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In einem fünften Schritt werden eventuelle Sonder- oder Ausnahmesituationen erkannt und bei der Bestimmung oder Korrektur der Methodik der Rettungsgassenbildung berücksichtigt. Im Falle einer Rettungsgassenbildung ist das Auftreten von Sondersituationen besonders wahrscheinlich, so dass diese vorzugsweise bei der Ermittlung der auszuführenden Aktionen des Fahrzeugs berücksichtigt werden. Bei den Sondersituationen kann es sich beispielsweise um eine oder mehrere der folgenden Situationen handeln:
- a. Das Rettungsfahrzeug kommt anders (z. B. entgegen der Fahrtrichtung).
- b. Das eigene Fahrzeug befindet sich direkt an der Unfallstelle.
- c. Der gewünschte Pfad kann nicht verfolgt werden aufgrund von Objekten (z. B. Steinen).
- d. Es gibt keinen Standstreifen.
- e. Interaktion: Polizist weist ein oder gibt Anweisungen.
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In einem sechsten Schritt wird die eigentliche Aktion zur Unterstützung der Rettungsgassenbildung ausgeführt. Hierbei gibt es folgende Optionen:
- a. Der Fahrer des Fahrzeugs bekommt durch das System eine Information bzw. Handlungshinweise, wie vorzugehen ist, und führt entsprechende Fahrmanöverschritte selbst durch.
- b. Das Fahrzeug führt teilautomatisierte Fahrmanöverschritte durch.
- c. Das Fahrzeug führt vollautomatisierte Fahrmanöverschritte durch.
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Im vorstehend genannten Fall a. (informierende Funktion) hat das System eine im Wesentlichen informierende Funktion durch Ausgabe von Informationen abhängig von der aktuellen Verkehrssituation an den Fahrer. Bei den ausgegebenen Informationen handelt es sich vorzugsweise um mindestens eine der folgenden Informationen:
- a) Information, dass eine Rettungsgasse zu bilden ist (länderspezifisch).
- b) Information, dass wahrscheinlich bald eine Rettungsgasse zu bilden sein wird. Entsprechend wird der Fahrer im Vorfeld unterstützt, genügend Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug zu lassen, um – falls der Fall tatsächlich Eintritt – dann auch eine Rettungsgasse bilden zu können.
- c) Information, wie grundsätzlich Rettungsgassen zu bilden sind (länderspezifisch). Dies erfolgt vorzugsweise mittels beschreibender Bilder.
- d) Information, wie in der aktuellen Situation unter Berücksichtigung der Anzahl von Fahrspuren die Rettungsgasse zu bilden ist (länderspezifisch). Dies erfolgt vorzugsweise mittels eines konkreten beschreibenden Bildes.
- e) Information, wie in der aktuellen Situation unter Berücksichtigung der Aktionen der umliegenden Fahrzeuge und ggf. abweichend von der eigentlichen Regel die Rettungsgasse weiter gebildet werden soll.
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Im vorstehend genannten Fall b. (teilautomatisierte Funktion) übernimmt das System die Steuerung entweder der Längs- oder der Querführung des Fahrzeugs. Die jeweils andere Führung des Fahrzeugs erfolgt durch den Fahrer selbst. Dabei deaktiviert das System vorzugsweise weitere Assistenzsysteme, wie z. B. ACC oder LCA, die die Interaktion des Fahrzeuges im teilautomatisierten Betrieb stören könnten. Dieser Schritt entspricht dem sechsten Schritt des in 3 dargestellten Ablaufs. Um den Ausweichvorgang auf den Pannenstreifen im Falle einer Rettungsgasse sicher teilautomatisiert ausführen zu können, ist vorzugsweise eine zuverlässige Erkennung von stehenden Hindernissen vorhanden. Gleichzeitig müssen genügend Informationen über das Umfeld des Fahrzeuges bekannt sein, um die Hysterese der Trajektorie unter Berücksichtigung des umliegenden Verkehrs richtig berechnen zu können. Dieser Schritt stellt den fünften Schritt des in 3 dargestellten Ablaufs dar, wobei für den ersten bis vierten Schritt und siebten Schritt des in 3 dargestellten Ablaufs die Ausführungen im Zusammenhang mit dem in 2 gezeigten Ablauf entsprechend gelten.
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Der vorstehend genannte Fall c. (hoch- oder vollautomatisierte Funktion) stellt eine Variante für das hochautomatisierte Fahren dar. Im Gegensatz zur teilautomatisierten Funktion übernimmt das System hier die Steuerung sowohl der Längs- als auch der Querführung des Fahrzeugs.
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Durch die vorstehend beschriebenen Funktionen werden drei Optionen für das korrekte Bilden der Rettungsgasse zur Verfügung gestellt. Funktion a. (informierende Funktion) informiert den Fahrer lediglich über Situation und die Regeln, wie die Rettungsgasse zu bilden ist. Dadurch wird sichergestellt, dass er auch die länderspezifischen Regeln kennt und sich entsprechend einordnet. Funktion b. (teilautomatisierte Funktion) und c. (hoch- oder vollautomatisierte Funktion) führen diese Aktionen größtenteils selbstständig aus, so dass der Fahrer des Fahrzeuges wenig falsch machen kann. Alle Funktionen erlauben damit die Unterstützung der korrekten Bildung einer Rettungsgasse, die bei einem Unfall auf einer Autobahn Leben retten kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Steuerungseinrichtung
- 10
- erste Einrichtung
- 20
- zweite Einrichtung
- 21
- Speicher
- 30
- dritte Einrichtung
- 40
- vierte Einrichtung
- 50
- fünfte Einrichtung
- 60
- Display
- 61
- Lautsprecher
- 62
- Steuerungssignale
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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