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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Überprüfung einer Überholmöglichkeitsbedingung, die erfüllt ist, wenn ein Überholvorgang eines Vorfahrzeugs durch ein Kraftfahrzeug voraussichtlich möglich ist, wobei den Fahrbetrieb des Kraftfahrzeugs betreffende Egodaten und durch wenigstens einen Umfeldsensor des Kraftfahrzeugs eine vorausliegende Strecke betreffende Umfelddaten erfasst werden, wonach in Abhängigkeit der Umfelddaten das Vorfahrzeug betreffende Vorfahrzeugdaten ermittelt werden, wonach in Abhängigkeit der Vorfahrzeugdaten und der Egodaten eine Überholinformation ermittelt wird, die eine unter vorgegebenen Randbedingungen minimale erforderliche Fahrstrecke des Kraftfahrzeugs entlang der Strecke beschreibt, die erforderlich ist, um das Vorfahrzeug zu überholen, wonach die Überholmöglichkeitsbedingung in Abhängigkeit der Überholinformation und, falls aus den Umfelddaten ein Vorhandensein eines Verkehrsteilnehmers auf einer im Rahmen des Überholvorgangs nutzbaren Überholspur ermittelt wird, einer diesen Verkehrsteilnehmer beschreibenden Verkehrsteilnehmerinformation ausgewertet wird. Daneben betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug.
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Es sind Fahrerassistenzsysteme bekannt, die einen Fahrer bei einer Beurteilung eines Überholvorgangs unterstützen. Beispielsweise lehrt die Druckschrift
DE 36 22 447 C1 eine Vorrichtung zum Anzeigen von Überholempfehlungen. Mittels eines Radargerätes werden zu überholende und entgegenkommende Fahrzeuge geortet und aus diesen Fahrzeugen und dem eigenen Fahrzeug zugeordneten Größen wird ermittelt, ob ein Überholvorgang ohne oder mit zusätzlicher Beschleunigung oder nicht möglich ist. Aus den Daten entgegenkommender Fahrzeuge wird ein maximal verfügbarer Überholweg ermittelt. Kommen keine Fahrzeuge entgegen, wird die Reichweite des Radargeräts als verfügbarer Überholweg angenommen.
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Problematisch ist hierbei, dass dem Fahrer in einigen Fahrsituationen ein mögliches Überholen angezeigt wird, wenn ein Überholvorgang tatsächlich nicht durchgeführt werden sollte.
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, die Robustheit einer Überholempfehlung demgegenüber zu verbessern.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass bei einem Verfahren der eingangs genannten Art, wenn kein Verkehrsteilnehmer auf der Überholspur erfasst wird, die Überholmöglichkeitsbedingung nur dann erfüllt ist, wenn die erforderliche Fahrstrecke um einen Verkürzungsbetrag kürzer ist als die Länge eines durch den Umfeldsensor erfassbaren Streckenabschnitts der Strecke.
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Es wird somit vorgesehen, ein Sicherheitsintervall mit der Länge des Verkürzungsbetrages zwischen jener Fahrstrecke, die zum Überholen voraussichtlich erforderlich ist, und der Länge des erfassbaren Streckenabschnitts vorzusehen. In dieses Sicherheitsintervall kann ein außerhalb des Erfassungsbereichs des Umfeldsensors befindlicher Verkehrsteilnehmer einfahren, ohne den Überholvorgang zu stören. Durch eine fahrsituationsabhängige Vorgabe des Verkürzungsbetrags, wie sie später detailliert erläutert wird, kann sichergestellt werden, dass die Überholmöglichkeitsbedingung nur dann erfüllt wird, wenn ein Überholen auch tatsächlich zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit möglich ist.
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Als Umfeldsensor wird vorzugsweise wenigstens ein Radarsensor genutzt. Ergänzend oder alternativ können beispielsweise Kameras, insbesondere Timeof-Flight-Kameras, Laserscanner oder Ähnliches genutzt werden. Als Verkehrsteilnehmer auf der Überholspur können im erfindungsgemäßen Verfahren insbesondere entgegenkommende Kraftfahrzeuge berücksichtigt werden. Es ist jedoch auch möglich, dass der Verkehrsteilnehmer in die gleiche Fahrrichtung fährt wie das Kraftfahrzeug, jedoch eine langsamere Geschwindigkeit aufweist.
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Bei den Egodaten des Kraftfahrzeugs kann es sich insbesondere um eine Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, eine momentane Beschleunigung und/oder um eine maximal mögliche Beschleunigung handeln. Die Vorfahrzeugdaten können eine Geschwindigkeit des Vorfahrzeugs bzw. eine Relativgeschwindigkeit des Vorfahrzeugs bezüglich dem Kraftfahrzeug und insbesondere eine Beschleunigung des Vorfahrzeugs beschreiben. Ergänzend können die Vorfahrzeugdaten eine Länge des Vorfahrzeugs beschreiben und/oder das Vorfahrzeug kann durch die Vorfahrzeugdaten klassifiziert werden, insbesondere um eine maximal mögliche Beschleunigung zu ermitteln.
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Als Überholinformation kann ausschließlich die erforderliche Fahrstrecke ermittelt werden, insbesondere eine Streckenlänge der Überholspur, die im Rahmen des Überholvorgangs voraussichtlich genutzt wird. Es ist jedoch auch möglich, dass als Überholinformation eine Trajektorie des Kraftfahrzeugs für den Überholvorgang ermittelt wird. Die entsprechenden Größen lassen sich derart ermitteln, dass davon ausgegangen wird, dass das Vorfahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit oder mit konstanter Beschleunigung oder mit einer prognostizierten Maximalbeschleunigung fährt. Aus diesen Größen lässt sich ermitteln, wann das Kraftfahrzeug bei gegebener Geschwindigkeit und möglicher oder aktueller Beschleunigung vor dem Vorfahrzeug wieder auf die momentane Fahrspur einscheren kann.
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Als Randbedingungen können beispielsweise minimale Abstände des Kraftfahrzeugs zu dem Vorfahrzeug, eine Länge des eigenen Kraftfahrzeugs und/oder maximal zulässige Fahrgeschwindigkeiten auf der Strecke, die im Rahmen des Überholvorgangs nicht oder maximal um einen vorgegebenen Betrag überschritten werden sollen, berücksichtigt werden.
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Prinzipiell ist es möglich, den Verkürzungsbetrag fest vorzugeben. Vorzugsweise wird der Verkürzungsbetrag jedoch in Abhängigkeit einer maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit vorgegeben. Eine maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit kann beispielsweise dadurch erfasst werden, dass in den aktuell oder vorangehend erfassten Umfelddaten Straßenschilder erkannt werden, die die maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit begrenzen. Alternativ oder ergänzend kann eine maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit aus Kartendaten entnommen werden. Hierzu kann eine Egoposition des Kraftfahrzeugs durch eine Positionserfassungseinrichtung, beispielsweise einen GPS-Sensor, erfasst werden und es können, beispielsweise im Kraftfahrzeug gespeicherte, Kartendaten ausgewertet werden, um die maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit an der Egoposition zu ermitteln. Ein von der maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit abhängiger Verkürzungsbetrag ist zweckmäßig, da davon ausgegangen werden kann, dass entgegenkommende Kraftfahrzeuge, die in den Erfassungsbereich des Umfeldsensors einfahren, sich voraussichtlich mit einer Fahrgeschwindigkeit bewegen, die die maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit nicht oder maximal um einen vorgegebenen Betrag überschreitet. Der Verkürzungsbetrag kann berechnet werden, indem ein Zeitbedarf für die für den Überholvorgang erforderliche Fahrstrecke ermittelt wird und dieser Zeitbedarf mit der zulässigen Fahrgeschwindigkeit oder der Summe aus der zulässigen Fahrgeschwindigkeit und dem vorgegebenen Betrag multipliziert wird.
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Im Rahmen der Auswertung der Überholmöglichkeitsbedingung kann eine Existenz eines virtuellen Verkehrsteilnehmers angenommen werden, der sich zu Beginn des Überholvorgangs außerhalb des erfassbaren Streckenabschnitts befindet und sich mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit oder einem vorgegebenen Geschwindigkeitsverlauf auf der Überholspur bewegt, wobei für den virtuellen Verkehrsteilnehmer eine virtuelle Verkehrsteilnehmertrajektorie berechnet wird, wonach die Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung und/oder der Verkürzungsbetrag von der virtuellen Verkehrsteilnehmertrajektorie abhängt. Es kann somit insbesondere eine Überholmöglichkeit auf eine Art überprüft werden, wie dies aus dem Stand der Technik bekannt ist, wobei jedoch als Verkehrsteilnehmer auf der Überholspur, insbesondere als entgegenkommender Verkehrsteilnehmer auf der Überholspur, zusätzlich ein virtueller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt wird. Hierbei kann der virtuelle Verkehrsteilnehmer nach Art eines Worst-Case-Szenarios parametrisiert werden, das heißt es werden die für den Überholvorgang ungünstigsten noch wahrscheinlichen Parameter für den virtuellen Verkehrsteilnehmer angenommen.
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Beispielsweise kann die Position des Verkehrsteilnehmers derart gewählt werden, dass er sich unmittelbar außerhalb des durch den Umfeldsensor erfassbaren Streckenabschnitts befindet.
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Die Geschwindigkeit oder das Geschwindigkeitsprofil des virtuellen Verkehrsteilnehmers kann in Abhängigkeit einer oder der maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit derart gewählt werden, dass sich der virtuelle Verkehrsteilnehmer dem Kraftfahrzeug auf der Stecke entgegen bewegt. Hierbei kann wiederum ein Worst-Case-Szenario angenommen werden, das heißt es kann angenommen werden, dass sich der virtuelle Verkehrsteilnehmer mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder einer gegenüber der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um einen vorgegebenen Betrag erhöhten Geschwindigkeit bewegt.
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Ein Überholvorgang kann auch dadurch gestört werden, dass Verkehrsteilnehmer auf die befahrene Strecke einbiegen. Hierbei ist es häufig nicht möglich, die einbiegenden Verkehrsteilnehmer vor dem Einbiegevorgang durch den Umfeldsensor zu erfassen, da entsprechende Einbiegungen zumindest teilweise verdeckt sein können oder da einbiegende Straßen bereits nach einer kurzen Distanz den Erfassungsbereich des Umfeldsensors verlassen können. Die Überholmöglichkeitsbedingung kann daher ausschließlich bei Nichterfüllung einer Einmündungsbedingung erfüllt sein, wobei die Einmündungsbedingung erfüllt ist, wenn die Umfelddaten und/oder vorgegebene Kartendaten das Vorhandensein einer Einmündung und/oder einer Kreuzung innerhalb der erforderlichen Fahrstrecke anzeigen. Anders ausgedrückt ist die Überholmöglichkeitsbedingung nicht erfüllt, wenn ermittelt wird, dass innerhalb der zum Überholen erforderlichen Fahrstrecke eine Einmündung oder eine Kreuzung liegt. Das Vorhandensein der Einmündung und/oder der Kreuzung kann aus den Umfelddaten direkt erkannt werden. Es ist jedoch auch möglich, den Umfelddaten andere, insbesondere vorgelagerte, Hinweise auf Einmündungen oder Kreuzungen zu entnehmen. Beispielsweise können Straßenschilder, die auf eine entsprechende Einmündung oder Kreuzung hinweisen erkannt werden.
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Es ist möglich, dass durch eine Objekterkennung in den Umfelddaten zumindest eine ein Straßenschild betreffende Straßenschildinformation ermittelt wird, wobei die Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung von der Straßenschildinformation abhängt. Der das Straßenschild betreffende Teil der Umfelddaten kann unmittelbar vor der Überprüfung der Überholmöglichkeitsbedingung erfasst werden, es ist jedoch auch möglich, Straßenschildinformationen zu nutzen, die durch eine Auswertung von zeitlich vorangehend erfassten Umfelddaten ermittelt wurden. Wie bereits erläutert kann eine Straßenschildinformation insbesondere eine maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit vorgeben oder auf eine vorausliegende Einmündung oder Kreuzung hinweisen.
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Der erfassbare Streckenabschnitt und/oder die Länge des Streckenabschnitts können in Abhängigkeit der Umfelddaten ermittelt werden. Erfasst der Umfeldsensor Entfernungen von Objekten, kann beispielsweise berücksichtigt werden, wie weit Objekte entfernt sind, die als Teil der Strecke, also beispielsweise als Teil der befahrenen Straße, klassifiziert werden. Im einfachsten Fall kann die Länge des erfassbaren Streckenabschnitts derart ermittelt werden, dass sie der Entfernung zu dem weitest entfernten Objekt, das als Teil der Strecke klassifiziert wird, entspricht. Alternativ wäre es möglich, den erfassbaren Streckenabschnitt bzw. die Länge des Streckenabschnitts fest vorzugeben. Eine dynamische Anpassung ist jedoch vorteilhaft, da der Streckenverlauf, also insbesondere Kurven der Strecke und Steigungen und Gefälle, sowie Einschränkungen des erfassbaren Streckenabschnitts aufgrund von Witterungsverhältnissen berücksichtigt werden können.
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Durch Auswertung der Umfelddaten können Objektinformationen wenigstens eines Objekts ermittelt werden, das die Strecke für den Umfeldsensor teilweise verdeckt, wonach der erfassbare Streckenabschnitt und/oder die Länge des Streckenabschnitts in Abhängigkeit der Objektinformation ermittelt werden. Es kann somit berücksichtigt werden, dass Teile des Vorfelds des Kraftfahrzeugs durch Umfeldobjekte, insbesondere durch das Vorfahrzeug, verdeckt sein können.
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Die Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung kann zusätzlich von einer ermittelten Breite und/oder Spurenzahl der Strecke abhängen. Beispielsweise kann es auf sehr schmalen Strecken möglich sein, dass auch in Fällen, in denen kein Gegenverkehr vorliegt, ein Überholen aufgrund der Streckenbreite nicht möglich ist. Andererseits kann es, beispielsweise wenn mehrere Fahrspuren in beide Richtungen vorhanden sind, auch bei Gegenverkehr möglich sein, zu überholen. Die Spurenzahl, eine jeweilige Fahrrichtung für die Spuren, die Breite der Spuren bzw. der Strecke und Ähnliches können durch Auswertung der Umfelddaten ermittelt werden und/oder sie können Kartendaten entnommen werden.
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In Abhängigkeit der Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung kann eine Fahrzeugeinrichtung zur Ausgabe eines Fahrerhinweises an einen Fahrer des Kraftfahrzeugs und/oder zur Durchführung eines Fahreingriffs angesteuert werden. Der Fahrerhinweis kann ein optischer, ein haptischer und/oder ein akustischer Hinweis sein. Hierbei kann insbesondere ermittelt werden, ob ein Fahrer voraussichtlich einen Überholvorgang durchführen wird und es kann eine Warnung erfolgen, wenn die Überholmöglichkeitsbedingung in diesem Fall nicht erfüllt ist. Eine Überholabsicht kann beispielsweise dadurch erkannt werden, dass eine Blinkerbetätigung durch den Fahrer und/oder ein aufgebrachtes Drehmoment am Lenkrad erfasst und ausgewertet werden. Als Warnung kann beispielsweise ein Warnton über einen Lautsprecher des Kraftfahrzeugs ausgegeben werden oder es kann ein Aktor angesteuert werden, um ein Drehmoment auf das Lenkrad zu übertragen, das einem Ausscheren des Kraftfahrzeugs zum Überholen gegenwirkt. Das erfindungsgemäße Verfahren ist jedoch auch in Situationen nutzbar, in denen das Kraftfahrzeug assistiert, teilautomatisiert oder hoch- bzw. vollautomatisiert fährt. In diesem Fall kann durch das erfindungsgemäße Verfahren insbesondere entschieden werden, ob automatische Fahreingriffe zum Überholen durchgeführt werden sollen oder nicht.
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Neben dem erfindungsgemäßen Verfahren betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug mit einem Umfeldsensor und einer Steuereinrichtung, das zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens eingerichtet ist. Die Steuereinrichtung kann dazu eingerichtet sein, die Egodaten und über den Umfeldsensor die Umfelddaten zu erfassen, in Abhängigkeit der Umfelddaten die Vorfahrzeugdaten zu ermitteln und in Abhängigkeit der Vorfahrzeugdaten und der Egodaten die Überholinformation zu ermitteln. Zudem kann durch die Steuereinrichtung wie erläutert die Überholmöglichkeitsbedingung auswertbar sein.
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Das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug lässt sich mit den zum erfindungsgemäßen Verfahren genannten Merkmalen mit den dort genannten Vorteilen weiterbilden und umgekehrt.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten zeigen die folgenden Ausführungsbeispiele sowie die zugehörigen Zeichnungen. Hierbei zeigen
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1 zeigt eine Fahrsituation, in der sich ein Kraftfahrzeug 2 auf gerader Strecke einem Vorfahrzeug 1 nähert, wobei das Vorfahrzeug 1 potentiell überholt werden soll. Um dem Fahrer zu assistieren ist vorgesehen, dass durch einen Umfeldsensor 3 des Kraftfahrzeugs die vorausliegende Strecke betreffende Umfelddaten erfasst werden. In Abhängigkeit dieser Umfelddaten soll ermittelt werden, ob es in der gegebenen Verkehrssituation voraussichtlich möglich ist, das Vorfahrzeug 1 zu überholen, also ob eine Überholmöglichkeitsbedingung erfüllt ist.
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Hierzu werden durch eine Steuereinrichtung 4 des Kraftfahrzeugs 2 Egodaten erfasst, die den Fahrbetrieb des Kraftfahrzeugs 2 betreffen. Als Egodaten werden eine momentane Fahrgeschwindigkeit und eine momentane Beschleunigung des Kraftfahrzeugs 2 erfasst. Zusätzlich wird eine maximal mögliche Beschleunigung prognostiziert, um einen Geschwindigkeitsverlauf des Kraftfahrzeugs 2 bei maximaler Beschleunigung zu ermitteln. Die Steuereinrichtung 4 ermittelt aus den Umfelddaten zudem das Vorfahrzeug 1 betreffende Vorfahrzeugdaten. Als Vorfahrzeugdaten werden eine Geschwindigkeit und eine Beschleunigung des Vorfahrzeugs 1 ermittelt. Als Geschwindigkeit können eine Absolutgeschwindigkeit und/oder eine Relativgeschwindigkeit bezüglich des Kraftfahrzeugs 2 ermittelt werden.
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In Abhängigkeit der Vorfahrzeugdaten und der Egodaten wird eine Überholinformation ermittelt, die eine unter vorgegebenen Randbedingungen minimale erforderliche Fahrstrecke 6 des Kraftfahrzeugs entlang der Strecke beschreibt, die erforderlich ist, um das Vorfahrzeug zu überholen. Als Überholinformation kann beispielsweise eine nicht gezeigte Trajektorie für den Überholvorgang ermittelt werden. Alternativ oder ergänzend ist es jedoch auch möglich, beispielsweise nur eine Position 5 zu bestimmen, an der der Überholvorgang abgeschlossen ist oder eine Fahrstrecke 6, während der sich das Kraftfahrzeug 2 im Rahmen des Überholvorgangs auf einer Überholspur aufhalten muss.
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Als Randbedingungen können beispielsweise minimale Abstände des Kraftfahrzeugs 2 zu dem Vorfahrzeug 1 und/oder zu einem Rand des befahrbaren Bereichs berücksichtigt werden. Ergänzend kann als Randbedingung eine maximal zulässige Fahrgeschwindigkeit berücksichtigt werden. Diese kann beispielsweise dadurch ermittelt werden, dass im Rahmen einer Objekterkennung in den Umfelddaten Straßenschilder 7 erkannt werden und eine jeweilige das Straßenschild betreffende Straßenschildinformation ermittelt wird, in diesem Fall die durch das Straßenschild 7 angegebene zulässige Fahrgeschwindigkeit. Hierbei können selbstverständlich auch Schilder 7 berücksichtigt werden, die zu einem vorangehenden Zeitpunkt erfasst wurden. Alternativ oder ergänzend ist es möglich, dass das Kraftfahrzeug 2 eine nicht gezeigte Positionserfassungseinrichtung, beispielsweise ein GPS-Sensor, aufweist. In Abhängigkeit der erfassten Position können Informationen über die aktuell befahrene Strecke, beispielsweise auch eine vorgegebene Maximalgeschwindigkeit, Kartendaten entnommen werden, die im Kraftfahrzeug 2 gespeichert sind oder auf die das Kraftfahrzeug 2 über eine Kommunikationseinrichtung zugreift.
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In Fällen, in denen in dem Erfassungsbereich 8 des Umfeldsensors 3 ein entgegenkommendes Kraftfahrzeuge erfasst wird, werden aus den Umfelddaten ein Abstand und eine Relativgeschwindigkeit des entgegenkommenden Kraftfahrzeugs ermittelt. Aus diesen kann bestimmt werden, ob das entgegenkommende Kraftfahrzeug die Trajektorie des Kraftfahrzeugs 2 während des Überholvorgangs kreuzt bzw. ob das entgegenkommende Kraftfahrzeug in die zum Überholen erforderliche Fahrstrecke 6 eintritt, während das Kraftfahrzeug 2 das Vorfahrzeug 1 überholt. Ist dies der Fall, ist die Überholmöglichkeitsbedingung nicht erfüllt. Im Rahmen dieser Ermittlung kann eine mögliche Beschleunigung des entgegenkommenden Kraftfahrzeugs berücksichtigt werden. Es kann hierbei angenommen werden, dass das entgegenkommende Kraftfahrzeug höchstens auf eine bestimmte Maximalgeschwindigkeit beschleunigt, die in Abhängigkeit der auf der Strecke zulässigen Fahrgeschwindigkeit ermittelt werden kann.
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Ein Überholen des Vorfahrzeugs 1 ist jedoch nicht in allen Fällen möglich, in denen kein entgegenkommendes Kraftfahrzeug erfasst wird. Dies resultiert in der gezeigten Fahrsituation insbesondere daraus, dass die Länge eines durch den Umfeldsensor 3 erfassbaren Streckenabschnitts 9 der Strecke begrenzt ist. Diese Begrenzung ist durch technische Merkmale des Umfeldsensors 3 bestimmt. Zusätzlich kann der erfassbare Streckenabschnitt 9 beispielsweise durch Witterungsbedingungen oder einen welligen oder kurvigen Streckenverlauf eingeschränkt sein. Um dies zu verdeutlichen ist ein virtueller Verkehrsteilnehmer 11 unmittelbar außerhalb des Erfassungsbereichs 8 dargestellt.
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Die Möglichkeit, dass noch nicht erfassbare Verkehrsteilnehmer in den Erfassungsbereich 8 einfahren können, wird im erläuterten Verfahren dadurch berücksichtigt, dass die Überholmöglichkeitsbedingung nur dann erfüllt ist, wenn die zum Überholen erforderliche Fahrstrecke 6 um einen Verkürzungsbetrag 10 kürzer ist als die Länge eines durch den Umfeldsensor erfassbaren Streckenabschnitts 9 der Strecke. Dieser Grenzwert für die erforderliche Fahrstrecke 6 ist durch die geschweifte Klammer 12 visualisiert. Im gezeigten Ausführungsbeispiel wird ausschließlich die erforderliche Fahrstrecke 6 auf der Gegen- bzw. Überholspur berücksichtigt, da nur auf dieser eine Interaktion mit entgegenkommenden Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Alternativ wäre es selbstverständlich möglich, die gesamte Fahrstrecke, die für den Überholvorgang erforderlich ist, beispielsweise die Fahrstrecke von der momentanen IstPosition des Kraftfahrzeugs 2 bis zu der Position 5, an der der Überholvorgang abgeschlossen ist, zu berücksichtigen.
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Der Verkürzungsbetrag 10 kann fest vorgegeben sein. Vorzugsweise wird er jedoch fahrsituationsabhängig vorgegeben. Im einfachsten Fall kann dies erreicht werden, in dem der Verkürzungsbetrag 10 in Abhängigkeit einer maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit in dem Streckenabschnitt, die wie vorangehend erläutert ermittelt werden kann, vorgegeben wird. Beispielsweise kann eine Dauer des Überholvorgangs ermittelt werden, indem prognostiziert wird, wann das Kraftfahrzeug die erforderliche Fahrstrecke 6 durchfahren hat bzw. die Position 5 erreicht hat. Diese Dauer kann mit der maximal zulässigen Fahrgeschwindigkeit oder einer demgegenüber um einen festen Betrag oder einen Proportionalitätsfaktor erhöhten angenommenen Geschwindigkeit für den virtuellen Verkehrsteilnehmer 11 multipliziert werden. Dies entspricht einem Worst-Case-Szenario, in dem angenommen wird, dass sich unmittelbar jenseits des Erfassungsbereichs 8 ein Verkehrsteilnehmer befindet, der dem Kraftfahrzeug 2 mit hoher Geschwindigkeit entgegenfährt.
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In einer Weiterbildung des Verfahrens ist es möglich, dass im Rahmen der Auswertung der Überholmöglichkeitsbedingung eine Existenz eines virtuellen Verkehrsteilnehmers 11 angenommen wird, der sich zu Beginn des Überholvorgangs außerhalb des erfassten Streckenabschnitts befindet und sich mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit oder einem vorgegebenen Geschwindigkeitsverlauf auf der Überholspur bewegt. In diesem Fall kann die Überholmöglichkeitsbedingung auf genau die gleiche Weise ausgewertet werden, wie für einen realen Verkehrsteilnehmer, der die Überholmöglichkeit einschränken kann. Beispielsweise kann für den virtuellen Verkehrsteilnehmer 11 eine virtuelle Verkehrsteilnehmertrajektorie berechnet werden. In Abhängigkeit dieser Verkehrsteilnehmertrajektorie kann der Verkürzungsbetrag ermittelt werden, in dem ausgewertet wird, welcher Abschnitt der Strecke während des Überholvorgangs durch den virtuellen Verkehrsteilnehmer 11 befahren wird.
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Es ist jedoch auch möglich, dass ein entsprechender Verkürzungsbetrag nur implizit im Verfahren berücksichtigt wird. Beispielsweise kann eine Trajektorie für das Kraftfahrzeug 2 für den geplanten Überholvorgang ermittelt werden und es kann überprüft werden, ob die Verkehrsteilnehmertrajektorie und die Trajektorie des Kraftfahrzeugs 2 im Rahmen dieses Überholvorgangs einen vorgegebenen Mindestabstand aufweisen. In diesem Fall kann die Überholmöglichkeitsbedingung erfüllt sein. Wird dieser Mindestabstand nicht eingehalten, so ist die Überholmöglichkeitsbedingung nicht erfüllt. Auch dieses Vorgehen führt notwendig dazu, dass die Überholmöglichkeitsbedingung nur dann erfüllt ist, wenn die erforderliche Fahrstrecke 6 zum Überholen um einen Verkürzungsbetrag kürzer ist als die Länge des durch den Umfeldsensor 3 erfassbaren Streckenabschnitts 9. Ist dies nicht der Fall, so würde ein Schneiden der Trajektorien resultieren.
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Im gezeigten Ausführungsbeispiel wurde ein einzelner Umfeldsensor 3 genutzt, um die vorausliegende Strecke betreffende Umfelddaten zu erfassen. Selbstverständlich können mehrere gleich- und/oder verschiedenartige Umfeldsensoren genutzt werden. Beispielsweise kann die vorausliegende Strecke durch einen oder mehrere Radarsensoren und ergänzend durch eine Kamera erfasst werden.
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Die Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung kann von weiteren als den erläuterten Teilbedingungen abhängen. Beispielsweise kann die Überholmöglichkeitsbedingung dann nicht erfüllt sein, wenn das Vorhandensein einer Einmündung in der zum Überholen erforderlichen Fahrstrecke 6 ermittelt wird. Eine entsprechende Einmündung kann dazu führen, dass weitere Verkehrsteilnehmer während des Überholvorgangs auf die zum Überholen genutzte Fahrspur einbiegen. Diese können, je nach konkreter Einbiegesituation, durch den Umfeldsensor 3 häufig nicht frühzeitig erkannt werden, weshalb ein Überholen in diesen Situationen nicht durchgeführt werden sollte. Einmündungen oder Kreuzungen können durch Auswertung der Umfelddaten erkannt werden. Hierbei ist es möglich, dass die Einmündung bzw. Kreuzung direkt erfasst wird oder dass ein Hinweisschild, das auf eine entsprechende Einmündung oder Kreuzung hinweist, erkannt wird. Es ist auch möglich, dass die Positionen von Einmündungen bzw. Kreuzungen Kartendaten entnommen werden.
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Die Überholmöglichkeitsbedingung kann zudem von einer Breite der befahrenen Strecke bzw. von einer Spurenzahl abhängen. Auf sehr schmalen Strecken kann ein Überholen auch in Fällen nicht zweckmäßig sein, in denen kein Gegenverkehr existiert. Andererseits kann in Fällen, in denen beispielsweise in beide Fahrtrichtungen mehrere Fahrspuren vorhanden sind, ein Überholen auch bei vorhandenem Gegenverkehr möglich sein.
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Das Ergebnis der Überholmöglichkeitsbedingung kann auf verschiedene Weisen genutzt werden. Beispielsweise kann in Abhängigkeit der Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung eine Fahrzeugeinrichtung 16, beispielsweise eine Anzeigeeinrichtung, zur Ausgabe eines Fahrerhinweises an einen Fahrer des Kraftfahrzeugs 2 angesteuert werden. Hierbei kann einem Fahrer stets angezeigt werden, ob ein Überholen zweckmäßig ist, oder dies kann nur in bestimmten Fahrsituationen folgen. In einer geringfügigen Abwandlung dieses Vorgehens kann durch die Steuereinrichtung 4 ausgewertet werden, ob voraussichtlich ein Überholvorgang geplant ist. Dies kann beispielsweise in Abhängigkeit einer Relativgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 2 zu dem Vorfahrzeug 1, dem Setzen eines Blinkers und/oder von Lenkmomenten oder Lenkwinkeln ermittelt werden. Wird eine entsprechende Überholabsicht ermittelt und die Überholmöglichkeitsbedingung ist nicht erfüllt, kann ein optischer, akustischer oder haptischer Warnhinweis an den Fahrer gegeben werden. Beispielsweise kann ein Warnton ausgegeben werden oder ein einer Lenkrichtung zum Ausscheren entgegenwirkendes Lenkmoment kann auf das Lenkrad übertragen werden. Das beschriebene Vorgehen kann jedoch auch im Rahmen einer assistierten oder automatisierten Führung des Kraftfahrzeugs 2 genutzt werden. In Abhängigkeit der Erfüllung der Überholmöglichkeitsbedingung können in diesem Fall beispielsweise Aktoren zur Durchführung eines Fahreingriffs angesteuert werden.
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Wie bereits erwähnt kann der durch den Umfeldsensor 3 erfassbare Streckenabschnitt der Strecke auch durch eine Geometrie der Strecke eingeschränkt sein. Zusätzlich ist es möglich, dass der erfassbare Streckenabschnitt durch Objekte, insbesondere auch durch das Vorfahrzeug 1, weiter eingeschränkt ist, die Teile der Strecke verdecken. Ein Beispiel hierfür ist in 2 dargestellt. Hierbei werden die gleichen Bezugszeichen wie in 1 verwendet und die Erläuterung wird auf die Unterschiede zur 1 eingeschränkt.
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In der in 2 gezeigten Verkehrssituation befindet sich das Kraftfahrzeug 2 vor einer Kurve der Strecke in relativ kurzem Abstand hinter dem Vorfahrzeug 1. Somit ist ein großer Teil des Erfassungsbereichs 8 des Umfeldsensors 3 nicht nutzbar, da das Vorfahrzeug 1 diesen Erfassungsbereich blockiert. Somit ist ausschließlich der Streckenabschnitt 14 links der gestrichelten Linie 13 durch den Umfeldsensor 3 erfassbar. Verkehrsteilnehmer, die sich in dem Streckenabschnitt 15 rechts der gestrichelten Linie 13 befinden, können somit nicht durch den Umfeldsensor 3 erfasst werden.
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Um ein Vorgehen wie zur 1 erläutert zu ermöglichen, bei dem der erfassbare Streckenabschnitt 9 um einen Verkürzungsbetrag 10 verkürzt wird bzw. bei dem die Existenz des virtuellen Verkehrsteilnehmers 11 unmittelbar außerhalb des erfassbaren Streckenabschnitts 14 angenommen wird, wird zunächst ermittelt, welcher Streckenabschnitt 14 überhaupt erfassbar ist. Die Abmessungen des Erfassungsbereichs 8 können beispielsweise bereits in der Steuereinrichtung 4 gespeichert sei, da sie bereits bei der Herstellung des Kraftfahrzeugs 2 ermittelt werden können. Alternativ wäre es möglich, diese Abmessungen im Rahmen des normalen Fahrbetriebs zu bestimmen, beispielsweise indem jeweils maximale Entfernungen zu erfassten Objekten erkannt werden oder Ähnliches.
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Die Verdeckung des Streckenabschnitts 15 kann dadurch erkannt werden, dass für wenigstens ein Objekt, in diesem Fall für das Vorfahrzeug 1, Objektinformationen ermittelt werden, nämlich insbesondere seine Abmessungen bzw. die durch das Objekt abgedeckten Raumwinkel des Erfassungsbereichs 8. Zudem wird die Geometrie der Strecke erfasst. Die Geometrie der Strecke kann aus den Umfelddaten selbst ermittelt werden, beispielsweise indem bestimmte Abschnitte in den Erfassungsdaten als Streckenteile klassifiziert werden, oder sie kann digitalen Kartendaten entnommen werden. Unter Berücksichtigung der Streckengeometrie und der durch das Objekt, also das Vorfahrzeug 1, blockierten Raumwinkel des Erfassungsbereichs 8 kann der erfassbare Streckenabschnitt 14 ermittelt werden. Aus diesen Informationen kann der durch den Umfeldsensor erfassbare Streckenabschnitt 9 ermittelt werden bzw. es kann eine Position für einen virtuellen Verkehrsteilnehmer 11 vorgegeben werden, der sich unmittelbar außerhalb des erfassbaren Streckenabschnitts 9 befindet.
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Wird der erfassbare Streckenabschnitt 9, wie zur 1 erläutert, um einen Verkürzungsbetrag 10 verkürzt, so ist die Länge des verbleibenden Streckenabschnitts, die durch die geschweifte Klammer 12 gezeigt ist, in der in 2 gezeigten Fahrsituation offensichtlich nicht ausreichend lang, um ein Überholen des Vorfahrzeugs 1 zu ermöglichen. Die Überholmöglichkeitsbedingung ist somit nicht erfüllt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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