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Die vorliegende Erfindung betrifft eine textile Hebelvorrichtung mit aufblasbaren Kammern.
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Aus der
EP 1 596 778 B1 ist eine textile Mechanik als Vorrichtung zur Erzeugung einer linearen Kraft durch Kontraktion einer mit Fluid beaufschlagten Kammer bekannt. Beim Aufblasen bzw. Aufpumpen eines kammerförmigen Bauteils erfolgt eine Verkürzung eines Bauteils, hier der Kammer. Diese Funktion wird genutzt, um mechanisch eine Zugspannung aufzubauen und ein weiteres Element der Vorrichtung zu bewegen. Die Patentschrift
EP 1 596 778 B1 lehrt keine Ausführungen über das Fertigungsverfahren für das textile Bauteil.
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Pneumatisch-hydraulisch belastbare textile Bauteile als in einem Stück gewebte Luftsäcke mit einer gesteuerten Hebel-, bzw. Greiferbewegung sind weiterhin dem Stand der Technik nicht zu entnehmen. Im Automotive-Bereich sind lediglich Knieairbags und Kopfairbags bekannt, welche durch integrierte Tether die zeitlich-räumliche Entwicklung der Airbags beim Aufblasen beeinflussen. Mittels der dort beschriebenen als Zugfäden eingesetzten Tether werden keine Hebelbewegungen von Bauteilen gesteuert, da deren Einbindung, bzw. Anschlaufung nicht im Rahmen eines Mehrkammersystems erfolgt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine textile Hebelvorrichtung mit aufblasbaren Kammern vorzuschlagen, bei der die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile vermieden oder wenigstens stark vermindert werden.
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Die Aufgabe wird gelöst mit einer textilen Hebelvorrichtung mit aufblasbaren Kammern gemäß Anspruch 1 Hierbei wird eine textile Hebelvorrichtung, mit einem ein- und mehrlagige Bereiche aufweisenden, in einem Stück gewebten Luftsack (one-piece-woven- oder OPW-Luftsack), mit im Wesentlichen in einer Hauptzugrichtung linear nebeneinander liegenden aufblasbaren Kammern, nämlich einer Hauptkammer und wenigstens einer über einen einlagigen Bereich mit der Hauptkammer verbundenen ersten Seitenkammer derart gestaltet, dass
- – die Kammern eine obere Gewebelage und eine untere Gewebelage aufweisen,
- – in Hauptzugrichtung verlaufende Zugfäden
- a) in der oberen oder der unteren Gewebelage der ersten Seitenkammer fest verankert sind,
- b) durch den einlagigen Bereich verschiebbar durchgeschlauft sind, und
- c) in der Hauptkammer alternierend in der oberen Gewebelage und der unteren Gewebelage in vorbestimmten in Hauptzugrichtung orientierten Abständen verschiebbar angeschlauft sind, und
- d) in der Hauptkammer an wenigstens einem Punkt verankert sind.
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Die vorliegende Erfindung betrifft damit ein textiles Bauteil in der Form eines kommunizierenden Systems mehrerer pneumatisch/hydraulisch belastbarer Kammern mit zusätzlicher Hebelfunktion. Vorteilhaft hierbei ist, dass bei pneumatisch oder hydraulisch erhöhtem Innendruck der zunächst flachliegenden „fluidleeren” Hauptkammer deren Ausdehnung in die dritte Dimension – also quer zur Hauptzugrichtung – erfolgt und damit eine Zugwirkung in Hauptzugrichtung erzeugt wird, während der sich das Bauteil in Hauptzugrichtung verkürzt. Die dabei auf die Zugfäden wirkende Zugkraft führt zu einem „Herausziehen” der Zugfäden aus dem zwischen Hauptkammer und ersten Seitenkammer liegenden einlagigen Bereich in Richtung der Hauptkammer, mit der Folge, dass die beispielsweise in der oberen Gewebelage der ersten Seitenkammer verankerten Zugfäden die Seitenkammer in Richtung der oberen Gewebelage aus der durch die Hauptzugrichtung definierten Achse herausbewegen und diese schließlich über den hier gleichsam als Scharnier wirkenden einlagigen Bereich hin zur Hauptzugkammer geschwenkt wird. Davon ausgehend, dass die Hauptkammer als ein Hebel eines Gelenks betrachtet wird, dem über einen quasi als Scharnier dienenden einlagigen Bereich ein anderer Hebel, also die Seitenkammer angelenkt ist, erkennt man die fluidgesteuerte Hebelvorrichtung mit folgender Funktionsweise: Wird die Hauptkammer mit Fluid beaufschlagt, steigt der Innendruck der Hauptkammer und der durch die Seitenkammer gebildete Hebel wird geschwenkt. Würde dieser Hebel durch eine an der Seitenkammer angeordnete Federeinrichtung bei Druckablass in der Hauptkammer wieder in die Ausgangslage zurückbefördert, dann würde gleichsam ein hin- und -her bewegbarer Schalter entstehen, dessen Schaltfinger durch den Hebel gebildet wird.
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In einer vorteilhaften Ausbildung der Erfindung, ist die textile Hebelvorrichtung gekennzeichnet durch wenigstens eine, über einen einlagigen Bereich mit der Hauptkammer verbundene, der ersten Seitenkammer bezüglich der Hauptkammer gegenüber liegende zweite Seitenkammer. Diese Ausbildung ermöglicht die Bildung eines pneumatisch oder hydraulisch gebildeten Greifers. Die beiden gegenüber liegenden Seitenkammern werden bei einer pneumatischen oder hydraulischen Beaufschlagung der Hauptkammer um die, sie mit dieser verbindenden, einlagigen Bereiche schwenken und sich aufeinander zu bewegen. Es ergibt sich ein Greifer, dessen Greiferarme durch die beiden Seitenkammern gebildet sind. Mit der erfindungsgemäßen und sehr vorteilhaften Anordnung der Hebelvorrichtung lassen sich extrem fragile Gegenstände greifen. Hierbei ist bei symmetrischer Anordnung der Seitenkammern eine feste Verankerung der Zugfäden in der Hauptkammer nicht unbedingt erforderlich, da aufgrund der Symmetrie der lediglich ein- und durchgeschlauften Zugfäden eine gleichmäßige Bewegung der Seitenkammern stattfindet.
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In weiteren Ausbildungen der Erfindung können beiderseits der Hauptkammer, je nach Bedarf weitere Seitenkammern angeordnet werden, um schließlich ein regelrechtes Umgreifen eines zu greifenden Gegenstandes zu ermöglichen. Hierzu werden beispielhaft, jedoch nicht erschöpfend folgende Varianten genannt:
Textile Hebelvorrichtung, welche eine, über einen einlagigen Bereich mit der ersten Seitenkammer verbundene dritte Seitenkammer aufweist, wobei die in Hauptzugrichtung verlaufenden Zugfäden durch die jeweils vorgeschaltete Seitenkammer alternierend in der oberen Gewebelage und der unteren Gewebelage verschiebbar angeschlauft sind.
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Textile Hebelvorrichtung, welche eine, über einen einlagigen Bereich mit der zweiten Seitenkammer verbundene vierte Seitenkammer aufweist, wobei die in Hauptzugrichtung verlaufenden Zugfäden durch die jeweils vorgeschaltete Seitenkammer alternierend in der oberen Gewebelage und der unteren Gewebelage verschiebbar angeschlauft sind.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausbildung der Erfindung ist die textile Hebelvorrichtung dadurch gekennzeichnet, dass die Hauptkammer die obere Gewebelage und die untere Gewebelage verbindende und deren Entfernung voneinander einschränkende Einrichtungen, sog. Tether aufweist. Damit lässt sich vorteilhafterweise die Auslenkung der Seitenkammern sehr exakt steuern, da die Tether, welche beispielsweise als eine gewünschte Anzahl von die Gewebelage wechselnde Fäden gebildet sein können, sozusagen als Anschläge fungieren, welche den Maximalabstand zwischen der oberen und der unteren Gewebelage der Hauptkammer bestimmen. Weitere Ausbildungen und Anordnungen von Tethern in OPW-Luftsäcken sind dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannt.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausbildung der Erfindung ist die textile Hebelvorrichtung dadurch gekennzeichnet, dass die Außenflächen der Vorrichtung wenigstens teilweise eine reibungserhöhende Beschichtung aufweisen. Wahlweise angeordnete reibungserhöhende Beschichtungen steigern die Performance der erfindungsgemäßen Greifereinrichtung wesentlich und erhöhen die Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit. Darüber hinaus werden die Dichtigkeit und damit die Zuverlässigkeit der Vorrichtung erheblich erhöht.
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Anstelle einer konfektionstechnischen Lösung wird die als textiles Bauteil gestaltete Hebelvorrichtung vorteilhafterweise nach der OPW-Technologie mit integrierten Zugfäden, Tether, Webnähten sowie Verbindungsstellen von Kammer zu Kammer hergestellt. Mit dem erfindungsgemäßen Mehrkammersystem wird das OPW-Bauteil nicht nur kontrahiert, sondern räumlich geformt. Das Design kann je nach Funktion die Kammerbildung mit der Tubativtechnik und der Ziehfadenabbindung, bzw. -Anschlaufung kombinieren.
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Wird die erfindungsgemäße Vorrichtung z. B. zur korrigierenden Positionierung eines sich „out-of-position” (OOP) befindlichen Passagiers in einem KFZ verwendet, so erlaubt deren universelle Einsatzmöglichkeit es, OPW-Luftsäcke mit möglicher Anpassung ihrer Form in aufgeblasenem bzw. befülltem Zustand an eine KFZ-Karosserie, bzw. an den Insassen zu schaffen.
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Die Erfindung wird zum leichteren Verständnis im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen, unter Zuhilfenahme einer Zeichnung kurz beschrieben.
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1a zeigt eine schematische Darstellung der erfindungsgemäßen Hebelvorrichtung als OPW-Luftsack im Schnitt, bestehend aus einer Hauptkammer mit angeschlauften Zugfäden und einer ersten Seitenkammer mit eingewebten Zugfäden.
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1b zeigt die Anordnung von 1a im Schnitt in aufgeblasenem bzw. befülltem formverändertem Zustand.
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2a zeigt eine schematische Darstellung der erfindungsgemäßen Hebelvorrichtung als OPW-Luftsack im Schnitt, bestehend aus einer Hauptkammer mit angeschlauften Zugfäden und einer ersten sowie einer zweiten Seitenkammer mit eingewebten Zugfäden.
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2b zeigt die Anordnung von 2a im Schnitt in aufgeblasenem bzw. befülltem formverändertem Zustand.
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3a, 3b, und 4a, 4b zeigen Darstellungen analoger Abwandlungen zu den vorgenannten Ausführungen mit zusätzlichen Seitenkammern.
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5 zeigt schematisch beispielhaft die beim Aufblasen einer erfindungsgemäßen Anordnung gemäß 1a und 1b ablaufenden Vorgänge.
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6 zeigt schematisch im Grundriss ein Beispiel einer – nicht aufgeblasenen – textilen Hebelvorrichtung mit einer zentralen runden Hauptkammer und vier kreuzförmig am Umfang angeordneten Seitenkammern.
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7 zeigt schematisch die Vorrichtung nach 6 im Schnitt gemäß Linie A-A von 6, hier nun im aufgeblasenen Zustand.
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8 zeigt schematisch eine Schnittdarstellung einer schlauchförmigen Seitenkammer (Tube), a) nicht befüllt und b) befüllt.
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9a und b zeigen schematische Darstellungen einer erfindungsgemäßen Variante einer Hebelvorrichtung mit einer Webnaht als einlagigen Bereich, welcher eine vorzugsweise durch Tether begrenzte, Entwicklung in die dritte Dimension zulässt.
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10a, b und c zeigen schematische Darstellungen einer weiteren Einzelheit einer erfindungsgemäßen Variante einer Hebelvorrichtung in Draufsicht (10a), Seitenansicht im Schnitt, in Ruhe (10b) und befüllt (10c), mit einer Webnaht als einlagigen Bereich, welcher eine Seitenkammer angegliedert ist.
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11 zeigt schematisch eine im Prinzip der Darstellung gemäß 10 analoge Schnittdarstellung mit sich beim Füllprozess in eine runde Form entwickelnder Hauptkammer und Darstellung der sich dabei ergebenden Lage der Zugfäden in der Hauptkammer sowie der Hebelwirkung der sich gegenüber liegenden Kammern.
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12 zeigt schematisch eine im Prinzip der Darstellung gemäß 11 bzw. 3a und 3b und 4a und 4b ähnliche Ausgestaltung der Erfindung mit hintereinander geschalteten Seitenkammern zur Erläuterung des Stafettenzug der Zugfäden.
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Im Folgenden werden der Klarheit halber gleich- und analog gebildete Bauteile mit gleichen Bezugszeichen benannt.
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1a zeigt eine nach dem OPW-Verfahren hergestellte textile Hebelvorrichtung TH mit einer Hauptkammer HK und einer, über einen einlagigen Bereich EB, quasi als Scharnier, mit der Hauptkammer HK verbundenen, ersten Seitenkammer SK1. Das in einem Stück gewebte (one-piece-woven oder OPW)-Bauteil TH hat eine obere Gewebelage O und eine untere Gewebelage U. Die Kammern HK und SK1 sind zweilagige Bereiche des OPW-Luftsacks. Mit einem in Längsrichtung der Hauptkammer HK weisenden Pfeil wird die Hauptzugrichtung HZR der in dem Luftsack integral verwebten Zugfäden – hier wird aus Gründen der Übersichtlichkeit nur ein gestrichelter Zugfaden gezeigt – ZF markiert.
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1b zeigt die Anordnung von 1a im Schnitt in aufgeblasenem bzw. befülltem formverändertem Zustand. Die quer zur Hauptzugrichtung HZR infolge einer Druckbeaufschlagung verdickte und gleichzeitig parallel zur Hauptzugrichtung HZR verkürzte – durchsichtig dargestellte – Hauptkammer HK zeigt im Inneren liegende gestrichelte Zugfäden ZF, deren Gesamtlauflänge im Inneren der Hauptkammer HK gemäß Zustand nach 1b länger ist als die Gesamtlauflänge im Inneren der Hauptkammer HK gemäß Zustand nach 1a. Die zusätzlich gewonnene Lauflänge der Zugfäden ZF wurden zwischen den Zuständen 1a und 1b aus dem einlagigen Bereich EB herausgezogen, mit der Folge, dass die Seitenkammer SK1 in Richtung des bogenförmigen Pfeils SB in 1b nach oben geschwenkt ist. Die Zugfäden ZF sind in den Gewebelagen O und U in Anschlaufungsstellen AS gegenüber den Gewebelagen beweglich angeschlauft. In der oberen Gewebelage O der Seitenkammer SK1 sind diese jedoch fest eingewebt und sozusagen verankert.
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Im einlagigen Bereich EB (OPW-Webnaht) werden die Zugfäden ZF in Richtung der Fadenachse beweglich durch einen – nicht gezeigten – bindungstechnisch angelegten Kanal durchgeführt.
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Die Druckbeaufschlagung der Hebelvorrichtung TH (pneumatisch oder hydraulisch) erfolgt über die Hauptkammer HK. Über Durchschlaufungstunnel im einlagigen Bereich EB wird die Seitenkammer SK1 in einer zeitlich nachgelagerten Stufe mit Druck beaufschlagt. Die Verkürzung der Ausdehnung der Hauptkammer HK wirkt sich als Zug auf den Körper der Hauptkammer HK sowie als Zug auf die Zugfäden ZF aus. Über die Einbindung der Zugfäden ZF in der Wandung O der Seitenkammer SK1 wird die Zugkraft in eine hebelartige räumliche Formveränderung des OPW-Bauteils TH umgesetzt. Dabei leistet der geringere Druck in der Seitenkammer SK1 weniger Widerstand. Positiv wirkt sich auch die Zeitverzögerung in der Druckbeaufschlagung aus.
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2a und 2b zeigen eine Abwandlung der nach dem OPW-Verfahren hergestellten textilen Hebelvorrichtung TH nach 1a, mit einer Hauptkammer HK und einer, über einen einlagigen Bereich EB, quasi als Scharnier, mit der Hauptkammer HK verbundenen, ersten Seitenkammer SK1 und einer über einen einlagigen Bereich EB, quasi als Scharnier, mit der Hauptkammer HK verbundenen, der ersten gegenüber liegenden zweiten Seitenkammer SK2.
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Aufbau und Funktionsweise dieser abgewandelten Hebelvorrichtung entsprechen derjenigen aus 1a und 1b, mit dem Zusatz, dass hier durch das Zusammenwirken der beiden Seitenkammern SK1 und SK2 ein Greifer gebildet wird, bei dem sich die Seitenkammern gemäß der bogenförmigen Pfeile SB zueinander bewegen und eine Greiferbewegung vollziehen. D. h. zwischen den Seitenkammern SK1 und SK2 lässt sich – wie oben bereits ausgeführt – ein Gegenstand greifen. Die Hauptzugrichtung HZR ist in der jeweiligen Fadenrichtung gegenläufig.
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3a, 3b und 4a, 4b zeigen analoge Abwandlungen zu den im Vorhergehenden beschriebenen Ausführungen mit zusätzlichen Seitenkammern SK3 bzw. SK4 und deren analoge Ausbildung sowie analoge Funktion. Die hintereinander liegenden Seitenkammern SK1 und SK3 bzw. SK2 und SK4 schwenken bogenförmig aus und bilden bei Druckbeaufschlagung eine Hebelvorrichtung mit unterschiedlichen Auslenkungswinkeln.
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5 zeigt schematisch beispielhaft die beim Aufblasen einer erfindungsgemäßen Abwandlung der Anordnung gemäß 1a und 1b – mit zwei auf einer Seite angeordneten Seitenkammern SK1 und SK3 – ablaufenden Vorgänge. Es handelt sich um ein kommunizierendes Mehrkammersystem mit unterschiedlicher Druckbeaufschlagung, mit der Möglichkeit, Zugfäden einzuweben (in Kette- und/oder Schussrichtung), und zwar in dem Bauteil individuell angepasster Festigkeit. Die Ausrichtung der Hebelwirkung lässt sich über die Bindungstechnik (Anschlaufen, Durchschlaufen, Einweben) bestimmen. Durch die Abstände der Anschlaufungen AS in der Hauptkammer HK wird die Zuglänge, welche auf die Seitenkammer(n) wirkt, bestimmt. Das Delta h1 – h2 gibt die Hubbewegung nach Druckbeaufschlagung der Hauptkammer HK an. Das Delta z1 – z2 gibt die Zugbewegung nach Druckbeaufschlagung der Hauptkammer HK an. SB bezeichnet die durch die Zugfäden ZF nach der Druckbeaufschlagung der Hauptkammer und der Seitenkammern veranlasste Hebelbewegung der Seitenkammern SK1 und SK3 an.
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Die in 6 im nicht aufgeblasenen Zustand in der Draufsicht dargestellte Hebelvorrichtung hat eine zentrale runde Hauptkammer HK und vier kreuzförmig am Umfang angeordnete Seitenkammern SK. Im kreisförmigen einlagigen Bereich EB um die Hauptkammer HK, also der Webnaht um die Hauptkammer werden die Zugfäden ZF in Kanälen DS durchgeschlauft und münden in die Seitenkammern SK. Dort werden sie im Ober- oder Untergewebe der wie die Hauptkammer HK zweilagigen Seitenkammern eingebunden wie bei ECU. Kreisförmig angeordnete Anschlaufungspunkte der Zugfäden ZF in der Hauptkammer werden mit AS bezeichnet. Wird nun die Hauptkammer mit Druck beaufschlagt, so dehnt sie sich in die dritte Dimension – senkrecht zur Zeichenebene – aus und zieht dabei an den Zugfäden, welche, durch die einlagige Webnaht EB geführt, in den Seitenkammern SK befestigt sind, was dazu führt, dass die Seitenkammern SK geschwenkt werden. Dies ist gestrichelt gezeichnet – beispielhaft in 7, welche die Vorrichtung nach 6 im Schnitt gemäß Linie A-A zeigt, angedeutet. Die Schwenkrichtung hierbei hängt davon ab, ob die Zugfäden ZF in der jeweiligen Seitenkammer SK oben ZOE oder unten ZUE eingewebt, bzw. befestigt sind. Das Bezugszeichen ZFF bezeichnet die flott liegenden Zugfäden in der Hauptkammer.
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In der Praxis führt der Aufblasprozess nicht bis zur Kugelform. Das Ellipsoid in der dargestellten Dimension kann – abhängig vom Innendruck – als maximal möglich angenommen werden.
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In 8 wird im Schnitt eine schlauchförmige Seitenkammer (Tube), a) nicht befüllt (also wie gewebt) und b) befüllt gezeigt.
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9a und 9b zeigen eine der Darstellung nach 1a und 1b ähnliche Konfiguration, jedoch mit der Abwandlung, dass der einlagige Bereich EB in die dritte Dimension entwickelt dargestellt ist, d. h. – im Schnitt – nicht ein- sondern zweidimensional erscheint. Hierbei ist eine Mittelinie ML, sozusagen als neutrale Faser des einlagigen Bereichs EB zu erkennen. Die Besonderheit dieser Ausführungsform besteht darin, dass der hier gezeigte Zugfaden ZF, in und um den Bereich EB neben der Mittellinie, und immer in der oberen Gewebelage O verläuft, was zur Folge hat, dass er die Seitenkammer SK zwangsläufig in Richtung des Pfeils SB bewegt. Eine alternative Anordnung des Zugfadens ZF in der unteren Gewebelage U von Haupt- und Seitenkammer würde eine Bewegung der Seitenkammer entgegen dem Pfeil SB bedeuten. Tether T begrenzen die maximal mögliche räumliche Entwicklung des einlagigen Bereichs EB.
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10a, b und c zeigen Darstellungen einer weiteren Einzelheit einer erfindungsgemäßen Variante einer Hebelvorrichtung in Draufsicht (10a), Seitenansicht im Schnitt, in Ruhe (10b) und befüllt (10c), mit einer Webnaht EB als einlagigem Bereich, welcher eine Seitenkammer SK angegliedert ist. Die sich durch die Hauptkammer wie oben beschrieben erstreckenden Zugfäden ZF passieren den einlagigen Bereich und sind in der Seitenkammerwandung fest verankert. Im befüllten Zustand der Vorrichtung (10c) bläht sich die Hauptkammer hier schematisch als Kreis gezeigt und zieht die Zugfäden ZF zum Teil aus der Seitenkammer SK. Diese bewegt sich in die gestrichelt gezeichnete „ausgelenkte” Position SKA.
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11 zeigt eine im Prinzip der Darstellung gemäß 10 ähnliche Ausgestaltung der Erfindung mit sich in Bezug auf die Hauptkammer gegenüber liegenden Seitenkammern mit in den Seitenkammerwandungen fest eingewebten und verankerten Zugfäden. Der Funktionsablauf entspricht analog dem der Vorrichtung gemäß 10a bis c.
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12 zeigt eine im Prinzip der Darstellung gemäß 11, bzw. 3a und 3b sowie 4a und 4b ähnliche Ausgestaltung der Erfindung mit hintereinander geschalteten Seitenkammern SK3 und SK1. Hierbei sei auf die Durchschlaufung des Zugfadens ZF durch die der Hauptkammer HK benachbarte Seitenkammer SK3 hingewiesen. Die Seitenkammern SK3 und SK1 nehmen infolge der Befüllung der Haupt- und der Seitenkammern die gestrichelt gezeichneten Positionen SK3A und SK1A ein. In Anschlaufstellen AS der Hauptkammer HK sowie der Seitenkammer SK3 wird der Zugfaden umgelenkt (Stafettenzug).
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Im Folgenden sei eine Reihe der wichtigsten Konstruktionsmerkmale der erfindungsgemäßen Vorrichtung genannt:
- – Die Hauptkammerform kann als Kugel/Ellipsoid, Schlauch (Tube) oder beliebige Kissenform als individuelles Design ausgeführt sein.
- – Der Füllprozess der Hauptkammer steuert neben der Verkürzung die Zugwirkung der Zugfäden.
Bei Konstruktion eines jeweiligen Systems kommunizierender Kammern sind die Dimensionierung von Haupt- und Seitenkammern, die Verkürzung der Kammern bei Druckbeaufschlagung sowie die „Scharnierfunktion” der Webnaht entlang der Hauptkammer zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit der Druckberaufschlagung handelt es sich um ein Systemteil, welches gleichzeitig mehrere mechanische Funktionen hat.
- – Die Hebelwirkung ergibt sich aus der Zugfadenverkürzung in der Hauptkammer.
- a) vollumfänglich je Fadenrichtung bei Zugfadeneinbindung ohne Gegenzug,
- b) vollumfänglich bei Gegenzug je Fadenrichtung bei parallel liegender Zugfadeneinbindung,
- c) reduziert bei Gegenzug je Fadenrichtung mit einem eingeschlauften Zugfaden in Kett- oder Schussrichtung.
- – Innendruck der Hauptkammer > Innendruck der Seitenkammern.
- – Die pneumatische Verbindung zwischen Haupt- und Seitenkammern erfolgt über die Webnaht („horizontaler” Druckausgleich). Demzufolge kommt deren Konstruktion hinsichtlich LD, Durchschlaufung der Zugfäden und Scharnierfunktion funktionelle Bedeutung zu.
- – Bei abknickender Hebelwirkung sind Seitenkammern hintereinander angeordnet über Webnähe scharnierförmig verbunden. Der oder die Zugfäden sind in der letzten Seitenkammerwandung fest eingebunden und sind in den davor liegenden Seitenkammern entweder flottierend oder angeschlauft angeordnet.
- – Im Falle der Anschlaufung entsteht in der vorgelagerten Seitenkammer eine zusätzliche Zugfadenverkürzung, welche sich auf die Ankathete und damit auf den Hebelwinkel der nachgelagerten Seitenkammer auswirkt.
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Aufbau und Funktion der erfindungsgemäßen OPW-Mehrkammer-Hebelvorrichtung: Über die Steuerung des Innendrucks wird die Hauptkammer HK in ihre dritte Dimension gebracht (vertikal), sie wird verkürzt in ihrer Längsausdehnung HZR, und der dadurch aufgebaute Zug (horizontal) bewirkt über die Zugfäden ZF eine Hebel- oder Greiferwirkung.
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Das bei den oben beschriebenen Ausführungsbeispielen eingesetzte Zugfadensystem ist durch folgende Funktionsprinzipien gekennzeichnet.
- – Die Zugstrecke wird von der Dimension der Hauptkammer in Verbindung mit der Anzahl gegenüberliegender Anschlaufungspunkte bestimmt. Die Länge der Zugstrecke ist die Differenz von Flottierungslänge des Zugfadens und Länge nach Füllprozess.
- – Die Zugwirkung erfolgt in Kett- und/oder Schussfadenrichtung in Abhängigkeit von Einbindung des Zugfadens oder der Zugfäden.
- – Bei einseitigem Zug ist der Zugfaden an der der Seitenkammer gegenüberliegenden Seite fest eingebunden. Die Zugstrecke (Verkürzung der Kathete des Hebelwinkels) wirkt sich in voller Höhe als Hebelwirkung aus.
- – Bei Gegenzug flottiert der Zugfaden durchgehend im Bereich der Hauptkammer und zieht in Fadenrichtung sich gegenüberliegende Seitenkammern in die Position der Hebelwirkung.
- – Die Wandungen der Seitenkammern nehmen durch festes Einbinden des Gegenzugfadens dessen Verankerung auf.
- – Die Verkürzung der Kathete des Hebelwinkels verteilt sich auf zwei Seiten.
- – Eine abknickende Hebelwirkung mit unterschiedlichen Hebelwinkeln wird durch hintereinander angeordnete Seitenkammern erreicht. Der Zugfaden, der auf die nachgeschaltete Seitenkammer wirkt, flottiert durch die jeweils vorgeschaltete Seitenkammer. Die Zugfäden liegen parallel (Stafettenzug).
- – Die Auslenkrichtung der Hebelwirkung wird gesteuert durch Druckbeaufschlagung der Seitenkammern und das Einbinden des Zugfadens bzw. der Zugfäden in die Wandung der Seitenkammern entweder des Ober- oder des Untergewebes.
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Das bei den oben beschriebenen Ausführungsbeispielen eingesetzte Webnahtsystem sei anhand der folgenden Erläuterung verdeutlicht.
- – Die Webnaht bildet die Verbindungnaht zwischen den kommunizierenden Kammern des Mehrkammersystems und grenzt (dichtet) durch die Umfangswebnaht das Bauteil nach außen ab.
An den Verbindungsstellen von Kammer zu Kammer erfüllt die Webnaht durch spezielle Bindungen nachstehende Funktionen:
- – Durch das Durchschlaufen, d. h. nicht fest Einbinden der Zugfäden wird deren Zugbewegung – auch reversibel – möglich.
- – Der horizontale Durchlass DS für Gas, Luft oder Fluid von Kammer zu Kammer beeinflusst die Bindung im einlagigen Bereich.
- – Die Hebelbewegung der Seitenkammer wird durch die erfindungsgemäß vorgesehene Scharnierwirkung der Webnaht unterstützt.
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Für die Zugfäden sind Multi- oder Monofilfäden mit funktionsgerechter Zugfestigkeit vorgesehen, wobei Polymerfilamente, aber auch Carbon, Aramid und Keramik eingesetzt werden können.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 1596778 B1 [0002, 0002]