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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung des ribosomalen Protein
S19 (RPS19) zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen,
Immun- und Krebserkrankungen bei Mensch und Säugetieren.
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Beschreibung und Einleitung
des allgemeinen Gebietes der Erfindung
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Cytokine
steuern die Funktionen unseres Immunsystems und sind somit von großer
Bedeutung für die Immunabwehr.
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Das
pro-inflammatorische Cytokin Makrophagen-Migrations-Inhibitions-Faktor
(MIF) ist eines der am längsten bekannten Cytokine überhaupt.
MIF ist ein in Struktur und Funktion einzigartiger Mediator im Immunsystem,
dessen wichtige Funktionen bei entzündlichen Erkrankungen
wie dem septischen Schock, chronischen Entzündungen und
Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Glomerulonephritis,
Autoimmun-Encephalitis, Autoimmundiabetes durch Inhibition (anti-MIF-Antikörper,
synthetischer Inhibitor ISO-1) und Gendeletionsstudien
bekannt ist. Es besteht Konsens, dass die Wirkung von MIF über
Bindung an die Oberflächenmoleküle CD74 und CXCR2/CXCR4
vermittelt wird.
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Die
chemotaktische Wirkung von MIF auf Monocyten ist ein wichtiger Schritt
in der Entzündungskaskade, der durch Bindung von MIF an
die Chemokin-Rezeptoren CXCR2 und CXCR4 vermittelt wird. Die Interaktion
mit verschiedenen Oberflächenmolekülen kann das
breite Wirkspektrum von MIF auf zelluläre Signalwege erklären.
Dabei wird MIF nicht nur von den meisten Leukozyten, sondern nahezu
ubiquitär exprimiert. MIF hat ungewöhnliche Eigenschaften,
die es von anderen Cytokinen unterscheidet.
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In
Zellen liegt MIF bereits präformiert vor, anstatt nach
Stimulation erst de novo synthetisiert zu werden. Da MIF keine Signalsequenz
für den Transport in das endoplasmatische Retikulum (ER)
besitzt, findet sich der Faktor nach der Synthese im Cytoplasma
und nicht im ER, Golgi-Apparat sowie Sekretvesikeln. MIF wird folglich über
nicht-klassische Sekretionswege aus der Zelle entlassen.
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Außerdem
zeigt MIF enzymatische Funktionen als Tautomerase und Thiol-Protein-Oxidoreduktase, wobei
derzeit unklar ist, ob die katalytischen Eigenschaften von MIF einen
Teil seiner Wirkungen vermitteln oder nicht. Nach Behandlung von
T-Lymphozyten und Makrophagen mit niedrigen Glucocorticoidkonzentrationen
weist MIF die Eigenschaft auf, mit einer verstärkten, statt
inhibierten, Expression zu reagieren und anschließend die
supprimierenden Effekte der Steroide auf die Produktion von Tumor
Nekrose Faktor-α, Interleukin (IL)-1β, IL-6 und
IL-8 in Lipopolysaccharid-stimulierten Makrophagen aufzuheben.
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Im
Immunsystem scheint somit eine wesentliche Funktion von MIF darin
zu liegen, die Makrophagenfunktion zu regulieren und am Ort der
Entzündung der inhibitorischen Wirkung der Glucocorticoide
entgegen zu wirken und somit Beginn und Stärke einer entzündlichen
Reaktion zu modulieren. Darüber hinaus wurde MIF in den
letzten zehn Jahren als pluripotenter Mediator erkannt, dessen Funktion
weit über die klassische Immunmodulation hinausgeht. So
wird MIF durch seine proproliferativen und anti-apoptotischen Eigenschaften
auch mit Tumorentstehung und -progression in Verbindung gebracht.
Eine wirksame Blockade der MIF-Wirkung auf Zielzellen ist deshalb
ein wichtiger therapeutischer Ansatz, um ein Mittel zur Behandlung
akuter und chronisch entzündlicher Erkrankungen sowie Krebserkrankungen
bereitzustellen.
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Der
Stand der Technik kennt Möglichkeiten, die Wirkung von
MIF zu blockieren.
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DE 60 2004 008 889 offenbart
beispielsweise als Mittel, die Tautomeraseaktivität von
MIF zu hemmen, D- und L-Formen eines alpha-Methyl-dopachrommethylesters
und auch
DE 69731038 ,
die ein Screeningsystem beschreibt, nennt als Wirkstoffe ebenfalls
alpha-Methyl-dopachrom-methylester, sowie Gluthation und Typanothion.
Nachteilig ist an diesen beiden Offenbarungen, dass es für
die Tautomeraseaktivität von MIF keine bekannten natürlichen
Substrate gibt, nur synthetische Verbindungen. Zudem ist unklar,
ob die Tautomeraseaktivität für die proinflammatorischen
oder procarcinogenen Wirkungen von MIF überhaupt oder auch
nur teilweise wesentlich ist. Das in
DE 60 2004 008 889 offenbarte
Mittel ISO-1 [S,R-3-(4-hydroxyphenyl)-4,5-dihydro-5-isooxazolessigsäuremethylester]
hat eine mittlere inhibitorische Konzentration (IC50) die so hoch
ist, das ein klinischer Einsatz wenig erfolgversprechend erscheint.
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DE 10 2004 029 573 offenbart
als wirksame Möglichkeit die MIF-Wirkung z. B. auf Sepsis
zu unterbinden, ein Apheresematerial, mit dem MIF aus Blut oder
anderen Körperflüssigkeiten eines Patienten entfernt werden
kann. Dieses Mittel kann dem Patienten nicht direkt appliziert werden,
sondern es erfordert das extrakorporale Zusammenbringen von Serum
mit MIF-bindenden Apharesematerialien z. B. bei einer Dialyse. In
der Anwendung ist dieses Mittel sehr viel umständlicher
als die Applikation eines MIF-Inhibitors.
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DE 69737397 offenbart die
Verwendung von anti-MIF monoklonalen Antikörpern, MIF antisense RNA-Molekülen
oder einer Kombination davon als MIF-Antagonisten zur Krebstherapie.
Die Nachteile dieser Antisense-Strategie mit Antisense-Oligonuklotiden
bestehen darin, dass die antisense Moleküle zunächst
in den Patienten und dann auch in die Zielzellen gebracht werden
müssen.
DE 69737397 offenbart
dazu die Verwendung von Liposomen, was allerdings medizinisch als
nicht sehr praktikabel angesehen wird, da nicht sicher ist, dass
die Antisense-Oligonuklotiden in vivo ihre Zielzellen oder ihren
Wirkort auch mit großer Effizienz erreichen.
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Aufgabe
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es einen Stoff zur Herstellung eines
Mittels zur Behandlung akuter und chronisch entzündlicher
Erkrankungen sowie Krebserkrankungen bereitzustellen, der die Nachteile im
Stand der Technik überwindet.
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Lösung der Aufgabe
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Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
die Verwendung von Protein RPS19, das die proinflammatorische und
procarcinogene Wirkung von MIF inhibiert und als Stoff zur Herstellung
eines Mittels zur Behandlung akuter und chronisch entzündlicher
Erkrankungen sowie Krebserkrankungen geeignet ist, gemäß der
Ansprüche.
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Die
Erfindung hat den Vorteil, dass RPS19 die proinflammatorische und
procarcinogene Wirkung von MIF deutlich inhibiert und als Mittel
zur Behandlung akuter und chronisch entzündlicher Erkrankungen
sowie Krebserkrankungen wirksam ist. RPS19 ist als ribosomales Protein
sehr hoch konserviert und die Herstellung als humanes Protein ist
selbst in großen Mengen leicht möglich. Die Herstellung
als humanisiertes Protein erspart den zusätzlich Schritt
der Humanisierung den z. B. Anti-MIF Antikörper, die medizinisch
zur Behandlung von chronischen Erkrankungen oder Krebs eingesetzt
werden sollen, benötigen. Zusätzlich ist eine
standardisierte Applikation z. B. durch Injektion etc möglich,
was für den routinemäßigen Einsatz von
großer Bedeutung ist.
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Ein
weiterer Vorteil besteht darin, dass anders, als bei alpha-Methyl-dopachrommethylester,
sowie Gluthation und Typanothion, der Wirkmechanismus von RPS19
auf MIF durch eigene Arbeiten dargelegt wird. RPS19 bindet an MIF
und blockiert die MIF-Bindung an seine Rezeptoren.
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Es
ist bisher im Stand der Technik nicht bekannt, RPS19 als Stoff zur
Herstellung eines Mittels zur Behandlung akuter und chronisch entzündlicher
Erkrankungen sowie Krebserkrankungen einzusetzen, so dass die proinflammatorische
und procarcinogene Wirkung von MIF inhibiert wird.
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In
eigenen wissenschaftlichen Arbeiten wurde überraschenderweise
gefunden, dass das ribosomale Protein S19 (Symbol: RPS19, HGNC ID:
10402, Alias: DBA) die proinflammatorische Wirkung des zentralen Entzündungsmediators
Makrophagen-Migrations-Inhibitions-Faktor (MIF) rezeptorvermittelt
inhibiert.
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Verschiedene
eigene in vitro-Experimente der Erfinder belegen die Interaktion
von MIF mit RPS19.
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Ko-Immunpräzipitationsexperimente
mit Lysaten von NIH 3T3 Fibroblasten zeigen, dass ein polyklonales
gegen MIF gerichtetes Antiserum ein Protein kopräzipitiert,
das in SDS-Polyacrylamidgelen als 16 kDa große Bande migriert
(1A).
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Mittels
MALDI-ToF Massenspektrometrie wird dieses Protein als RPS19 identifiziert.
Ko-Immunpräzipitationen, die daraufhin mit einem RPS19
Antikörper durchgeführt werden, sind umgekehrt
in der Lage MIF kozupäzipitieren (1B).
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Darüber
hinaus wird RPS19 auch in einem Interaktom-Screen identifiziert,
in dem getagtes MIF, das intrazellulär biotinyliert wird,
als Target eingesetzt wird. In vitro Pull-down Experimente zeigen,
dass MIF direkt mit RPS19 interagiert (2A und 1B). So ist in vitro biotinyliertes und
auf Avidin-Beads immobilisiertes MIF in der Lage RPS19 konzentrationsabhängig
zu binden. Umgekehrt wird rekombinantes MIF von an Gluthation-Sepharose-Beads
immobilisiertem RPS19-GST gebunden. Die Verwendung verschiedener
MIF-Mutanten im in vitro Pull-down Experiment zeigt, dass das für
die Tautomerase-Aktivität erforderliche Prolin in Position
2 der Aminosäurekette für die Interaktion mit
RPS19 nicht erforderlich ist, wohl aber vermutlich das für
die Oxidoreduktase-Aktivität von MIF benötigte
Cystein 60 (2C).
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Ein
weiterer Beweis dafür, dass MIF mit RPS19 interagiert,
stammt aus Echtzeit-Bindungsexperimenten (Oberflächen-Plasmon-Resonanz).
Die Auswertung der kinetischen Daten zeigt, dass die Dissoziationskonstante
des MIF-RPS19 Komplexes K
D = 1,3 × 10
–6 M beträgt (
2D), ein typischer Wert für funktionelle Protein-Protein-Wechselwirkungen.
Die Konstanten für die Assoziations- und Dissoziationsraten
lassen den Schluss zu, dass bei wechselnden Konzentrationen von
MIF und/oder RPS19 das Bindungsgleichgewicht sehr schnell neu eingestellt
wird. Wie von den MIF-RPS19 Interaktionsstudien mit MIF-Mutanten
zu erwarten war, wird die Tautomeraseaktivität von MIF
durch Bindung von RPS19 kaum beeinträchtigt (
3).
Die funktionelle Bedeutung der Tautomeraseaktivität ist
unklar. Zwar besitzt MIF strukturelle Ähnlichkeit mit einigen
bakteriellen Tautomerasen ebenso wie mit Chorismatmutase, allerdings
sind keine endogenen Enzymsubstrate, sondern nur einige zufällig
entdeckte synthetische Substrate bekannt. Ein gut untersuchter Inhibitor
der Tautomeraseaktivität ist die in
DE 60 2004 008 889 offenbarte
Substanz
ISO-1 [S,R-3-(4-hydroxyphenyl)-4,5-dihydro-5-isooxazolessigsäuremethylester]
deren mittlere inhibitorische Konzentration (IC50) jedoch so hoch
ist, das ein klinischer Einsatz wenig erfolgversprechend erscheint.
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Anders
als ISO-1 inhibiert RPS19 die Bindung von MIF an
dessen Rezeptor CD74, sowie den von MIF induzierten Arrest von Monozyten
vermittelt durch den Chemokinrezeptor CXCR2. So inhibiert in vitro
biotinyliertes MIF, das mit RPS19 vorinkubiert wird, bereits bei
einer sehr niedrigen RPS19 Konzentration die Bindung von biotinyliertem
MIF an aufgereinigtes, lösliches und auf einer Plastikmatrix
immobilisiertes CD74 zu fast 50% (4). Wenn
mononukleare MonoMac6 Zellen für zwei Minuten über
konfluent gewachsene humane Endothelzellen aus der Aorta (HAoECs),
die mit MIF und Kontrollantikörper vorinkubiert werden,
fließen, dann adhärieren zweimal mehr MonoMac6
Zellen auf dem HAoEC-Zellrasen, als wenn die HAoECs mit MIF und
anti-CXCR2 Antikörper vorinkubiert werden. Werden HAoECs
dagegen mit RPS19 und MIF präinkubiert, erniedrigt sich
die Zahl der adhärierenden MonoMac6 Zellen signifikant
um 39%. Dies bedeutet, dass die Arrestwirkung von MIF auf mononukleare
MonoMac6 Zellen durch RPS19 signifikant inhibiert und die Arrestwirkung
wie zuvor beschrieben durch den Chemokinrezeptor CXCR2 vermittelt
wird.
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RPS19
ist zwar primär als ein Protein der kleinen Untereinheit
des Ribosoms beschrieben, jedoch ist auch bekannt, dass es in extrazellulären
Flüssigkeiten vor kommt. So wird ein durch Transglutaminase
quervernetztes RPS19-Dimer bei Rheumatoider Arthritis als chemotaktischer
Faktor für Monozyten beschrieben, der von apoptotischen
Zellen freigesetzt wird. Auch ein anderes ribosomales Protein (L4)
wird bereits außerhalb der Zelle im Serum von Patienten
mit Eierstockkrebs gefunden.
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Daraus
ergibt sich unmittelbar die Anwendung von RPS19 als Mittel zur Herstellung
eines Arzneimittels zur Behandlung von Patienten mit Erkrankungsgruppen,
bei denen MIF eine wichtige ätiologische Rolle spielt.
Hierzu gehören insbesondere akute Entzündungen
wie Sepsis und SIRS, sowie chronische Entzündungen, wie
z. B. Autoimmunerkrankungen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
(Manifestationen an u. a. Haut, Lunge, Niere, Gefäßsystem,
Nervensystem, Bindegewebe, Bewegungsapparat, endokrinem System),
allergische Soforttypreaktionen und Asthma, chronisch-obstruktive
Lungenerkrankungen (COPD), Arteriosklerose, Psoriasis und Kontaktekzem,
chronische Abstoßungsreaktionen nach Organ- und Knochenmarktransplantation
aber auch Krebserkrankungen, insbesondere Colon-, Leber- und Prostatakarzinome,
Melanom, Adenokarzinome der Lunge sowie Glioblastome und Lymphome.
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Der
Begriff Patient bezieht sich dabei gleichermaßen auf Menschen
und Wirbeltiere. Damit kann das Mittel in der Human- und Veterinärmedizin
verwendet werden. Das therapeutisch wirksame RPS-umfassende Mittel
der vorliegenden Erfindung wird den Patienten als Teil einer pharmazeutisch
akzeptablen Komposition entweder oral, rektal, parenteral intravenös,
intramuskulär oder subkutan, intracisternal, intravaginal,
intraperitoneal, intravasculär, lokal (Puder, Salbe oder
Tropfen) oder in Sprayform verabreicht. Die pharmazeutisch akzeptable
Komposition ist dabei entsprechend der jeweiligen Verabreichungsform
auszuwählen und dem Fachmann bekannt. Pharmazeutisch akzeptable
Kompositionen können die Modifikationen als Salze, Ester, Amide
und ”Prodrugs” beinhalten, sofern sie nach zuverlässiger
medizinischer Beurteilung keine übermäßige Toxizität,
Irritationen oder allergische Reaktionen am Patienten auslösen.
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Der
Terminus ”Prodrug” bezieht sich auf Verbindungen,
die zur Verbesserung der Aufnahme transformiert werden, wie beispielsweise
durch Hydrolyse im Blut.
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Dosierungsformen
für die örtliche Administration des Impfstoffes
dieser Erfindung schließen Salben, Puder, Sprays oder Inhalationsmittel
ein.
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Die
aktive Komponente wird unter sterilen Bedingungen, mit einem physiologisch
akzeptablen Trägerstoff und möglichen Stoffen
zur Haltbarmachung, Puffern oder Treibmitteln, je nach Bedarf, vermischt.
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Die
Art der Dosierung wird vom behandelnden Arzt entsprechend den klinischen
Faktoren bestimmt. Es ist dem Fachmann bekannt, dass die Art der
Dosierung von verschiedenen Faktoren wie z. B. Körpergröße, Gewicht,
Körperoberfläche, Alter, Geschlecht oder der allgemeinen
Gesundheit des Patienten abhängig ist, aber auch von dem
speziell zu verabreichenden Mittel, der Dauer und Art der Verabreichung
und von anderen Medikamenten, die möglicherweise parallel
verabreicht werden.
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Nachfolgend
wird die Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert,
wobei diese Erfindung nicht diese Ausführungsformen allein
beschränkt ist. Der Inhalt aller in dieser Anmeldung genannten
Schriften, beinhaltend wissenschaftliche Abhandlungen, Patente und
Patentanmeldungen, sind als Teil des Inhalts dieser Anmeldung anzusehen,
da es nicht zweckdienlich ist, den Stand der Technik in Bezug auf
theoretische Erkenntnisse und hinsichtlich der praktischen Umsetzung
von dem Fachmann bestens bekannten Techniken, zu wiederholen.
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Ausführungsbeispiele
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1. Ko-Immunpräzipitation von
MIF und RPS19
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Dazu
werden Extrakte von Fibroblasten (z. B. NIH 3T3 Fibroblasten) vor
Zugabe von Protein G-Sepharose Beads mit einem polyklonalen Kaninchen
anti-Ratten MIF Antikörper oder einem polyklonalen IgG Kontrollantikörper
inkubiert. Ko-immunpräzipierte sowie Protein G Sepharose
gebundene Proteine werden auf Polyacrylamidgelen, z. B. 4–12%igen
Bis-Tris Polyacrylamidgelen (Novex, Fa. Invitrogen) aufgetrennt
und gefärbt (z. B. mit Coomassie). 1A zeigt
die MIF-Bande am unteren Gel-Ende der linken Spur (ca. 12 kDa).
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Die
Bande bei ca. 16 kDa wird ausgeschnitten, mit Trypsin behandelt
und durch MALDI-ToF Massenspektrometrie analysiert. 1B zeigt
NIH 3T3 Zelllysate nach Immunpräzipitation (IP) mit einem
anti-MIF Antikörper (links), einem anti-RPS19 Antikörper
(rechts) oder einem Kontrollantikörper (links und rechts).
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Die
präzipitierten Proteine werden aufgetrennt und RPS19 bzw.
MIF werden mittels Westernblot (WB) detektiert.
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2. Expression und Aufreinigung von MIF,
MIF Proteinmutanten und RPS19
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Wildtyp
MIF Protein wird exprimiert und aufgereinigt, wie beschrieben bei Berndt,
K. et al. (2008; Mol Cel.. Biochem 307, 265–271).
Die verwendeten MIF Protein Mutanten werden in Anlehnung an Protokolle
aus dem Stand der Technik aufgereinigt (Kleemann, R. et
al. (2000) Eur J Biochem 267, 7183–7193). Die
dem Fachmann bekannte RPS19 cDNA Sequenz z. B. von einem Säuger
wie der Maus wird mit geeigneten Primerpaaren mittels Standard-PCR
unter Verwendung von Polymerase aus einem Expressionsklon z. B.
dem Klon IRAKp961 E1430Q (www.imagenes-bio.de)
amplifiziert.
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Für
einen GST-RPS19 Klon mit den Primern:
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Für
einen RPS19-His Klon mit den Primern:
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Eingeführte
Restriktionsschnittstellen sind unterstrichen. EcoRI und XhoI geschnittene
PCR-Fragmente werden in pGEX-4T-2 (GE Healthcare, Freiburg) kloniert,
um den Klon pGST-RPS19 zu erhalten, der ein GST-RPS19 Fusionsprotein
in Bakterien exprimiert.
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Aufgrund
einer internen NdeI-Schnittstelle in der RPS19 cDNA wird pET21 a(+)
(Merck Biosciences, Bad Soden) zunächst mit NdeI geschnitten,
und nach Glättung der Enden mit HindIII nachgeschnitten.
Das mit HindIII geschnittene PCR-Fragment für den RPS19-His
Klon, das auf der 5'-Seite ein glattes Ende aufweist, wird in den
vorbereiteten Vektor ligiert, und es wird pRPS19-His erhalten, der
ein His-getagtes RPS19 Protein in Bakterien exprimiert. pGST-RPS19
und pRPS19-His werden durch DNA-Sequenzierung validiert.
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GST-RPS19
und RPS19-His werden in E. coli BL21(DE3) durch Induktion mit 0,5
mM IPTG bei 37°C über 3 h exprimiert. Im Falle
des GST-Fusionsproteins werden die in PBS resuspendierten Zellen
durch Ultraschallbehandlung lysiert und mit 1% (v/v) Triton X-100
für 30 min behandelt. Nach Zentrifugation bei 12.000 G für
15 min wird der Überstand mit gelöstem GST-RPS19
durch Glutathion-Sepharose 4B Chromatographie aufgereinigt. Die
Reinheit des Proteins beträgt SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese
etwa 95%. RPS19 ist ein hoch konserviertes Protein: Maus und Ratten
RPS19 sind identisch und die Nagersequenz unterscheidet sich in
nur einer Aminosäure von humanem RPS19. Neben der Interaktion
von humanes RPS19 mit humanem MIF, wird gezeigt, dass auch Maus
RPS19 mit humanem MIF interagiert und zudem mit Ratten MIF. Daher
wird vorgeschlagen, als Mittel zur Herstellung eines Arzneimittels
zur Behandlung von Patienten mit Erkrankungsgruppen, bei denen MIF
eine wichtige ätiologische Rolle spielt, humanes RPS oder
alternativ RPS einer anderen Säugerspezies, z. B. Maus
einzusetzen.
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Alternativ
wird das RPS-19 Protein nach der Überexpression über
zusätzliche Reinigungsschritte z. B. Chromatografieverfahren,
insbesondere mit Gel- und Ionenaustauschchromatografien, bis zur
Homogenität oder gewünschten Reinheit aufgereinigt.
Diese Schritte und Verfahren sind dem Fachmann bekannt.
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Da
für die Interaktion und Inhibition von MIF durch RPS19
nicht unbedingt das gesamte RPS19 Protein benötigt wird,
ist es möglich auch ein verkürztes oder mutiertes
RPS19 Protein herzustellen und erfindungsgemäß als
Arzneimittel einzusetzen.
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Vorzugsweise
wird eine RPS19 Peptid verwendet, dessen Elemente gegenüber
der Wildtyp-Form von Säugern eine Homologie der Aminosäurensequenz
von mindestens 99%, 98%, 95%, 90% oder 80% aufweisen, wobei alle
umfassten RPS19 Peptide eine inhibitorische Wirkung auf MIF der
Wildtyp-Form besitzen.
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Weiterhin
sind für RPS19 Protein, dem Fachmann bekannte, gängige
posttranslationale Polypeptid-Modifikationen mit einzubeziehen,
welche wiederum vom Organismus, in dem das Polypeptid hergestellt wird,
abhängen. Dies ist besonders relevant bei der biotechnologischen
Herstellung von Polypeptiden.
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Diese
Herstellungsverfahren, z. B. rein chemisch synthetisiert oder in
einer Vielzahl von eukaryotischen oder prokaryotischen Wirtszellen
exprimiert und dann isoliert sind dem Fachmann bekannt. Auch ist dem
Fachmann bekannt, wie Fusionsproteine herzustellen sind z. B. um
einen Transport des Polypeptids in ein bestimmtes Zellorganell sicherzustellen
oder zwecks späterer Isolation durch Affinitätschromatographie. Dem
Fachmann stehen verschiedenste Expressionssysteme, von Mikroorganismen
wie E. coli K12 und Bacillus subtilis oder filamentöse Pilze
(Aspergillus, Pichia pastoris, Saccharomyces cerevisiae) bis zu
Insekten-, Pflanzen- oder Säugerzellen (tierische Tumorzelllinien,
wie z. B. CHO-Zelllinien (chinese hamster ovarian) oder MausMyelomzellen
[NSO-GS]), zur Verfügung, welche je nach Bedarf verwendet
werden.
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Derzeit
sind im Stand der Technik Autoantikörper gegen ribosomale
Proteine der kleinen und großen Untereinheit des Ribosoms
für einen therapeutischen Einsatz beim Menschen nicht bekannt
sind. Da diese Proteine sehr stark konserviert sind, ist es äußerst
schwierig hochaffine Antikörper gegen z. B. Maus oder Ratten
RPS19 in einer vergleichsweise nahe verwandten Spezies wie dem Kaninchen
herzustellen. Es ist daher davon auszugehen, dass RPS19 oder ein
wirksames RPS19-Peptid bei einem therapeutischen Einsatz kaum oder
keine immunogene Wirkung ausübt.
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3. Herstellung von Antikörpern
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Antikörper
gegen His-getagtes RPS19 sowie Wildtyp Ratten MIF werden in weißen
Neuseeländerkaninchen nach Standardprotokoll hergestellt.
Das RPS19 Antiserum wird über His-getagtes auf Ni-NTA-Agarose
immobilisiertes RPS19 Protein affinitätsgereinigt, wie
z. B. beschrieben Gu, J. et al. (1994) Biotechniques 17;
257, 260, 262. Die gereinigten Anti-RPS19 Immunglobuline
werden für 1 h gegen Wasser dialysiert und anschließend
gegen PBS über Nacht bei 4°C. Der MIF Antikörper
ist kommerziell z. B. bei Invitrogen (#36-7401) erhältlich.
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4. Pull-Down- und Oberflächen-Plasmonresonanz-Versuche
zeigen eine direkte Interaktion zwischen MIF und RPS19 in vitro
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Dazu
wird biotinyliertes MIF (Biot-rMIF) auf Avidin Beads immobilisiert
und mit steigenden Mengen RPS19-GST (2A,
Spuren 4–6) inkubiert. Als Kontrolle werden unbeladene
Avidin Beads mit den gleichen Mengen RPS19-GST (2A,
Spuren 1–3) inkubiert. Die Beads werden nach Herstellerangaben
gewaschen, in SDS-Auftragspuffer gekocht und die gebundenen Proteine
in einem SDS-Polyacrylamidgel aufgetrennt. Gebundenes RPS19-GST
wird z. B. mit einem anti-GST Western Blot nachgewiesen.
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In
Gegenwart eines 10-fachen molaren Überschusses an unmarkiertem
MIF wird kein RPS19 mehr gebunden (2A,
Spur 7), wogegen das Kontrollprotein z. B. β-Lactoglobulin
nicht mit RPS19 kompetitiert (2A,
Spur 8).
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2B zeigt His-getagtes RPS19, das auf Ni-NTA-Agarose
Beads immobilisiert und mit verschiedenen Mengen rekombinanten Ratten
MIF (2B Spur 1–3) oder humanem
MIF inkubiert (s. 2B Spur 4) wird.
Als Kontrolle wird Ratten MIF mit unbeladenen Beads inkubiert (2B, Spuren 5–7). Die gewaschenen Beads
werden in SDS-Auftragspuffer gekocht, und gebundene Proteine werden
durch SDS-Gelelektrophorese aufgetrennt und angefärbt (z.
B. mit Coomassie). 2C zeigt gleiche
Mengen von His-getagtem RPS19, das auf Ni-NTA-Agarose Beads immobilisiert
und mit 2 μg rekombinantem humanem MIF oder den MIF-Mutanten P2A
MIF, C60S MIF und Δ4 MIF inkubiert werden (2C,
Spuren 5–8). Als Kontrolle werden alle MIF-Proteine mit
unbeladenen Ni-NTA-Agarose Beads inkubiert. Die Beads werden gewaschen,
in SDS-Auftragspuffer gekocht, und die gebundenen Proteine in einem
SDS-Polyacrylamidgel aufgetrennt. MIF und RPS19 werden anschließend
per Western Blot nachgewiesen.
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2C zeigt die Interaktion zwischen RPS19
und rekombinantem MIF, diese wird in Echtzeit durch Biosensor-Analyse
verfolgt. Steigende Konzentrationen von RPS19 (62–1000
nM) werden für 120 Sekunden über einen Sensor-Chip
mit immobilisiertem MIF geleitet (Assoziationsphase). Anschließend
wird der Fluss für 120 Sekunden auf Puffer umgeschaltet
(Dissoziationsphase). Die Konstanten für die Assoziations-
und Dissoziationsraten (ka und kd) werden mit der BIAevaluation 4.1. Software
und einem 1:1 Kurvenanpassungsmodell errechnet. Die Tabelle in 2 zeigt
die Mittelwerte für ka und kd, sowie den Mittelwert der Gleichgewichts-Dissoziationskonstante
KD aus drei Biosensor-Experimenten.
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5. Tautomerisierung
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RPS19
hat nur eine moderate Wirkung auf die Tautomerase-Aktivität
von MIF. MIF katalysiert die Tautomerisierung von L-Dopachrommethylester
(DCME, Farbe orange) zu 5,6-Dihydroxyindol-2-carbonsäure (farblos).
Der Tautomerase Assay wird durchgeführt, wie von Bendrat
et al. beschrieben (Bendrat, K. et al. (1997) Biochemistry
36, 15356–15362). Die Reaktionskinetiken werden
spektrophotometrisch bei 475 nm über eine Minute aufgezeichnet.
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Die
Reaktionsrate für die ersten vier Sekunden wird errechnet
und als Tautomeraseaktivität definiert. Die Aktivität
von MIF in Abwesenheit von RPS19 wird auf 100% gesetzt. Der Assay
wird in Gegenwart von 1 μM MIF sowie nach einstündiger
Vorinkubation von MIF mit einem ein-, drei- oder fünffachen
(1:1, 1:3, 1:5) molaren Überschuß von His-getagtem
RPS19 oder His-getagtem Kontrollprotein SCGB 2A1 durchgeführt.
Das Kontrollprotein hat eine ähnliche Größe
wie MIF und hat keine enzymatische Aktivität. 3 zeigt
die Daten als Mittelwerte +/– Standardabweichung. Unterschiede
mit einem P-Wert < 0,05
werden als statistisch signifikant betrachtet und sind mit einem
Stern markiert.
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6. Bindung von MIF an den Rezeptor CD74
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Humanes
lösliches CD74 z. B. von Firma Santa Cruz wird an einer
Plastikmatrix immobilisiert. Die Bindung von biotinyliertem MIF
an den immobilisierten Rezeptor CD74 wird nach Vorinkubation mit
steigenden Mengen nativem MIF, denaturiertem MIF und RPS19 mit einem
ELISA gemessen.
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Die
Daten in 4 zeigen die Mittelwerte +/– Standardweichung
aus drei unabhängigen Experimenten. RPS19 inhibiert die
Bindung von MIF an den Rezeptor CD74.
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7. MIF-abhängiger Arrest von
mononukleären Zellen
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Ein
Adhäsionsassay wie z. B. beschrieben bei Bernhagen,
J. et al. (2007; Nat. Med 13, 587–596) wird mit
mononukleären MonoMac6 Zellen auf humanen Aortenendothelzellen
durchgeführt. Humane Endothelzellen aus der Aorta (HAoECs)
werden mit MIF und Kontroll-IgG, RPS19 und/oder kommerziell erhältlichem CXCR2
Antikörper vorinkubiert. Nach der Vorinkubation werden
HAoECs mit Calcein-AM markierten mononukleären MonoMac6
Zellen perfundiert, und die Zahl der an Endothelzellen adhärenten
MonoMac6 Zellen wird bestimmt.
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Die
Daten in 5 sind dargestellt als relative
Steigerung im Vergleich zur Vorinkubation mit MIF und CXCR2 Antikörper,
die gleich 1 gesetzt wird. Die Daten sind Mittelwerte +/– Standardabweichung
aus der angegebenen Zahl von Experimenten. Unterschiede mit einem
P-Wert < 0,05 werden
als statistisch signifikant erachtet. RPS19 inhibiert den MIF-abhängigen
Arrest mononukleärer Zellen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 602004008889 [0009, 0009, 0022]
- - DE 69731038 [0009]
- - DE 102004029573 [0010]
- - DE 69737397 [0011, 0011]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - ISO-1 [0003]
- - ISO-1 [0022]
- - ISO-1 [0023]
- - Berndt, K. et al. (2008; Mol Cel.. Biochem 307, 265–271) [0035]
- - Kleemann, R. et al. (2000) Eur J Biochem 267, 7183–7193 [0035]
- - www.imagenes-bio.de [0035]
- - Gu, J. et al. (1994) Biotechniques 17; 257, 260, 262 [0047]
- - Bendrat, K. et al. (1997) Biochemistry 36, 15356–15362 [0052]
- - Bernhagen, J. et al. (2007; Nat. Med 13, 587–596) [0056]