-
Die
Erfindung betrifft Co-Kristalle aus Harnstoff mit einer weiteren
Komponente, die ein Synthon der allgemeinen Formel I, insbesondere
der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id enthält, im weiteren
als Amidderivate und/oder Harnstoffderivate bezeichnet, die insbesondere
eine pharmakologische Wirksamkeit aufweisen sowie ein Verfahren
zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung.
-
Es
ist bekannt, dass pharmakologisch wirksame Substanzen häufig Probleme
bei der Formulierung bereiten können,
dies resultiert unter anderem daraus, dass eine spezifische Substanz
sich während
der Herstellung der Formulierung in andere polymorphe Modifikationen
umwandeln kann bzw. sich während
einer Stabilitätsprüfung in
eine unter diesen Bedingungen stabilere polymorphe Modifikation
umwandeln kann. Geschieht dies, so hat dies einen wesentlichen Einfluss
auf die Freisetzungskinetik des formulierten Wirkstoffes. Um eine
Zulassung als Arzneimittel zu erhalten, müssen die Arzneimittelhersteller
den Zulassungsbehörden aber
beispielsweise über
Stabilitätsprüfungen und
Freisetzungstest nachweisen, dass die vorliegende Modifikation über den
Lagerzeitraum stabil bleibt und sich die Freisetzung nicht verändert.
-
Ein
weiteres Problem ist beispielsweise eine schlechte Wasserlöslichkeit
oder eine schlechte Löslichkeit
des Wirkstoffes unter physiologischen Bedingungen. Bei diesen Problemen
ist es bekannt, beispielsweise eine Base oder eine Carbonsäure in ein
wasserlösliches
Salz zu überführen. Häufig wird
jedoch gerade dadurch erst die Problematik von polymorphen Modifikationen,
die Bildung von stöchiometrischen
oder auch nicht-stöchiometrischen
Solvaten und/oder Hydraten gefördert.
Daher birgt die Salzbildung von Wirkstoffen auch immer die Gefahr,
die bessere Wasserlöslichkeit
der Wirkstoffe mit aufkommenden Problemen bei polymorphen Modifikationen,
insbesondere mit nicht stöchiometrischen
Solvaten und Hydraten einzutauschen. Andererseits wird wiederum
zur Vermeidung der Problematik der nicht-stöchiometrischen Solvate und
Hydrate, die große
Probleme bei der Formulierung der Wirkstoffe bereiten, beispielsweise
dann eine pharmakologisch wirksame Carbonsäure in ihr Calciumsalz überführt, die
meist eine deutlich geringere Löslichkeit
aufweist, als beispielsweise ein Natriumsalz.
-
Es
ist auch bekannt Basen oder Carbonsäuren in Salze zu überführen, um
die Stabilität
der Verbindung gegenüber
einer Zersetzung oder Weiterreaktion heraufzusetzen. In vielen dieser
Fälle ergibt
sich auch hier durch die Salzbildung erst die Problematik der stöchiometrischen
oder nicht-stöchiometrischen
Solvate und Hydrate.
-
Aufgabe
der Erfindung ist es daher Co-Kristalle von Amid- und/oder Harnstoffderivaten,
insbesondere von Harnstoff mit Harnstoffderivaten, bereitzustellen,
die eine verbesserte Löslichkeit
und/oder verbesserte Stabilität
aufweisen und/oder keine nicht-stöchiometrischen Solvate bilden.
-
Gelöst wird
die Aufgabe gemäß den Ansprüchen.
-
Die
erfindungsgemäßen Co-Kristalle
enthalten als Co-crystal Former Harnstoff. Als Co-crystal Former wird
ein Molekül
mit der Eignung zur Bildung von intramolekularen Wechselwirkungen
zu einer anderen molekularen Verbindung verstanden. Gemäß der Erfindung
weist die andere Verbindung, hier die zweite Komponente die mit
Harnstoff einen Co-Kristall bildet, ein Synthon mit der allgemeinen
Formel I auf. Als Synthon wird ein Molekülfragment bzw. ein Baustein
eines Moleküls
verstanden, der nicht eigenständig
existieren muss.
-
-
In
der allgemeinen Formel I für
das Synthon steht ARn für
eine NR1R2-Gruppierung
oder für
eine CR1R2R6-Gruppierung, und B für X oder Y, wobei X für ein Sauerstoffatom
oder Schwefelatom und Y für
ein mit Wasserstoff substituiertes Stickstoffatom oder für ein mit
einem organischen Rest substituiertes Stickstoffatom steht, die
Reste R1, R2, R3, R4 und/oder R6 sind gleich oder verschieden und
entsprechen Wasserstoffatomen und/oder organischen Resten. Wobei
R3 oder R4 bevorzugt einem Wasserstoffatom entsprechen, besonders
bevorzugt weist das Synthon der allgemeinen Strukturformel I an
R3 und R4 ein Wasserstoffatom auf oder, wenn ARn einer NR1R2-Gruppierung
entspricht, entsprechen R3 oder R4 und R1 oder R2 einem Wasserstoffatom
(beispielsweise R3 + R1 = H, wobei R4 + R2 ≠ H oder reziprok) . In diesen
Fällen
ist es ferner besonders bevorzugt, dass B als X einem Sauerstoffatom
oder als Y einer NH-Gruppierung entspricht.
-
Als
Amidderivat mit dem Synthon der allgemeinen Formel I wird im weitesten
Sinne auch ein Thioamid und ein Derivat, bei dem der Sauerstoff
gegen eine NH- oder NR5-Gruppierung ausgetauscht wurde verstanden.
Die NH- oder NR5-Gruppierung kann ebenso Teil einer cyclischen-,
insbesondere einer cyclischen aromatischen Verbindung sein.
-
Als
Harnstoffderivat mit einem Synthon der allgemeinen Formel I wird
im weitesten Sinne auch ein Thioharnstoffderivat und ein Derivat
in dem der Sauerstoff gegen eine NH- oder NR5-Gruppierung ausgetauscht wurde
verstanden. Das Synthon der Formel I, insbesondere der Formel Ia,
kann beispielsweise über
die beiden NH-Gruppierungen, wenn X einem Sauerstoffatom entspricht,
oder unter anderem über
die NR5-Gruppierung ebenso Teil einer cyclischen-, insbesondere
einer cyclischen aromatischen Verbindung sein. Bevorzugt im Sinne
der Erfindung ist ein Harnstoffderivat mit einem Synthon der allgemeinen
Formel Ia, wobei X einem Sauerstoff entspricht, in diesem Fall ist
es ferner bevorzugt, dass R3 und R4 einem Wasserstoff entsprechen. Erfindungsgemäße Co-Kristalle
weisen neben Harnstoff als weitere Komponente im Co-Kristall mindestens eine
Verbindung mit dem Synthon der allgemeinen Formel Ia auf, wobei
X einem Sauerstoffatom und R3 und R4 einem Wasserstoffatom entsprechen,
insbesondere entspricht R1 ebenfalls einem Wasserstoff und R2 einem
organischen Rest, besonders bevorzugt entsprechen R1 und R2 einem
organischen Rest.
-
Explizit
ausgenommen von der Erfindung sollen Co-Kristalle sein, die neben
Harnstoff als weitere Komponente im Co-Kristall ein Barbiturat,
ein Barbituratderivat, insbesondere ein N-methyliertes Barbiturat oder
Thiobarbiturate, ein Uracil oder Uracilderivat aufweisen.
-
Somit
weisen erfindungsgemäße Co-Kristalle
neben Harnstoff als weitere Komponente im Co-Kristall mindestens
eine Verbindung mit dem Synthon der allgemeinen Formel Ia auf, wobei
X einem Sauerstoffatom und R3 und R4 einem Wasserstoffatom entsprechen,
wobei die weitere Komponente kein Barbiturat, kein Barbituratderivat,
insbesondere kein N-methyliertes Barbiturat oder Thiobarbiturat,
kein Uracil oder Uracilderivat ist.
-
In
zweckmäßigen Ausführungsformen
ist als weitere Komponente im Co-Kristall mindestens ein Amid- oder
Harnstoffderivat mit dem Synthon der allgemeinen Formel Ia, Ib,
Ic und oder Id zugegen,
wobei
X für ein
Sauerstoffatom oder Schwefelatom und Y für ein mit Wasserstoff substituiertes
Stickstoffatom oder ein mit einem organischen Rest substituiertes
Stickstoffatom steht, die Reste R1, R2, R3, R4, R5 und/oder R6 gleich
oder verschieden sind und Wasserstoffatomen und/oder organischen
Resten entsprechen, insbesondere weisen die Komponenten mit dem
erfindungsgemäßen Synthon
der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id eine pharmakologische
Wirksamkeit auf, d. h. in der Regel sind es pharmazeutische Wirkstoffe mit
einem internationalen Freinamen (INN). Als Komponente mit einer
pharmakologischen Wirksamkeit werden auch Pflanzenschutzmittel,
wie Herbizide gegen Unkräuter
aufgefasst, Insektizide gegen Schadinsekten, Fungizide gegen pilzliche
Erreger, Rodentizide gegen Nagetiere, Nematizide gegen Nematoden
(Fadenwürmer),
Akarizide gegen Milben/Spinnentiere, Molluskizide gegen Schnecken,
Bakterizide gegen Bakterien, Mittel gegen Viroide, Mittel gegen
Viren, Mittel für
die Rebveredelung und Veredelung an Obst- und Ziergehölzen, Mittel
zur Verhütung
von Wildschäden,
Mittel zum Wundverschluß,
Wundbehandlung, Wachstumsregler oder Mittel zur Bodenentseuchung.
-
Neben
Harnstoff und der weiteren Komponente mit dem Synthon der allgemeinen
Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id kann noch Wasser und/oder ein Alkohol,
insbesondere Ethanol oder iso-Propanol zugegen sein, so dass der
Co-Kristall als
Solvat vorliegt.
-
Zudem
ist es bezweckt, dass im Co-Kristall mit Harnstoff ein leicht hydrolysierbares
Amid- oder Harnstoffderivat der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder
Id, insbesondere der allgemeinen Formel Ia, gegenüber einer
Hydrolyse stabilisiert ist. Als Maßstab dient die Hydrolyse des
isolierten Amid- oder
Harnstoffderivates der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id
in der festen Phase im Vergleich zum Co-Kristall in der festen Phasen.
-
Entsprechend
ist es bevorzugt, wenn im Co-Kristall mit Harnstoff eine Zersetzung
oder Weiterreaktion eines Amid- oder Harnstoffderivates der allgemeinen
Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id, insbesondere der allgemeinen Formel
Ia, vermindert ist. Als Maßstab
dient die Zersetzung oder Weiterreaktion des isolierten Amid- oder Harnstoffderivates
der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id in der festen Phase
im Vergleich zum Co-Kristall in der festen Phase. Zu den Bedingungen,
die eine Zersetzung bewirken zählen
insbesondere thermische Einflüsse,
UV-Strahlung und/oder oxidative Einflüsse.
-
Es
ist besonders bevorzugt, wenn der Co-Kristall mit Harnstoff im Vergleich
zum isolierten Amid- oder Harnstoffderivat der allgemeinen Formel
Ia, Ib, Ic und/oder Id, insbesondere der allgemeinen Formel Ia,
eine verbesserte Löslichkeit
aufweist. Die verbesserte Löslichkeit
des Co-Kristalls, im Vergleich zum Amid- oder Harnstoffderivat, resultiert beispielsweise
aus einer Komplexbildung von Harnstoff mit dem Amid- oder Harnstoffderivat
in Lösung.
Wobei erfindungsgemäße Harnstoffderivate
der allgemeinen Formel Ia als X ein Sauerstoffatom und als R3 und
R4 Wasserstoff aufweisen, insbesondere entspricht R1 ebenfalls einem
Wasserstoff und R2 einem organischen Rest, besonders bevorzugt entsprechen
R1 und R2 einem organischen Rest..
-
Ferner
ist es bevorzugt, dass der Co-Kristall aus Harnstoff und der weiteren
Komponente, dem Amid- oder Harnstoffderivat, mit dem Synthon der
allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id, insbesondere mit einem Harnstoffderivat
der allgemeinen Formel Ia, kein nicht-stöchiometrisches Solvat oder
Hydrat mit Wasser oder Alkoholen, wie Ethanol und/oder iso-Propanol,
bildet. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass
Harnstoff bislang nur als Verbindung bekannt war, die Interkalationsverbindungen,
Einschlussverbindungen oder feste Lösungen mit weiteren Komponenten
gebildet hat.
-
Die
weitere Komponente, die eine pharmakologische Wirksamkeit aufweist
und über
ein Strukturelement entsprechend dem Synthon der allgemeinen Formel
I, insbesondere der allgemeinen Formeln Ia, Ib, Ic und/oder Id verfügt, besonders
bevorzugt ist das Synthon ein Harnstoffderivat der allgemeinen Formel
Ia, kann insbesondere ausgewählt
sein aus der Gruppe der Antieleptika, Neuroleptika, Psychopharmaka,
Schildrüsenmittel,
Sulfonylharnstoffen, Phosphodiesterase-Hemmer, Prokinetika, Antikmykotika,
Virustatika, Antiretroviralen Virusstatika, Wirkstoffe zur Chemotherapie,
Thioharnstoffen, Vitaminen, β-Lactamantibiotika,
Chephalosporine, Tetracycline, Antituberkolotika, Anthelmika, Phospodiesterase-5
Hemmer (PDE-5), Zytostatika, Immunsupressiva, Cycloamidinderivate,
Symathikomimetika oder Antiprotozoenmittel aus der Gruppe der aromatischen
Diamidine.
-
Die
weitere Komponente, die eine pharmakologische Wirksamkeit aufweist
und über
ein Strukturelement entsprechend dem Synthon der allgemeinen Formel
I, insbesondere der allgemeinen Formeln Ia, Ib, Ic und/oder Id verfügt, besonders
bevorzugt ist das Synthon ein Harnstoffderivat der allgemeinen Formel
Ia, kann insbesondere ausgewählt
sein aus der Gruppe der Pflanzenschutzmittel, wie Herbizide gegen
Unkräuter,
Insektizide gegen Schadinsekten, Fungizide gegen pilzliche Erreger,
Rodentizide gegen Nagetiere, Nematizide gegen Nematoden (Fadenwürmer), Akarizide
gegen Milben/Spinnentiere, Molluskizide gegen Schnecken, Bakterizide
gegen Bakterien, Mittel gegen Viroide, Mittel gegen Viren, Mittel
für die
Rebveredelung und Veredelung an Obst- und Ziergehölzen, Mittel
zur Verhütung
von Wildschäden,
Mittel zum Wundverschluß,
Wundbehandlung, Wachstumsregler oder Mittel zur Bodenentseuchung.
-
Die
genannten pharmakologischen Indikationsgebiete oder auch die Anwendungsbereiche
der Pflanzenschutzmittel sind explizit nicht beschränkend gemeint,
d. h. sie sind nicht als eine abschließende Liste der möglichen
Indikationsgebiete zu verstehen. Erfindungswesentlich ist, dass
die weitere Komponente im Co-Kristall mit Harnstoff eine pharmakologische
Wirksamkeit aufweist und über
ein Strukturelement entsprechend dem Synthon der allgemeinen Formel
I, insbesondere der allgemeinen Formeln Ia, Ib, Ic und/oder Id, besonders
bevorzugt der allgemeinen Formel Ia, verfügt.
-
Zweckmäßige Wirkstoffe,
die zur Co-Kristallbildung mit Harnstoff geeignet sind, als Harnstoffderivat gelten
und über
ein Strukturelement entsprechend dem Synthon der allgemeinen Formel
Ia und/oder Ib verfügen,
sind Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenytoin, Benperidol, Pimozid,
Dantrolen, Thiamazol, Carbimazol, Carbutamind, Tolbutamid, Glibornurid,
Glibenclamid, Glimepriid, Gliquidon, Glisoxedid, Repaglinid, Pioglitazon,
Rosiglitazon, Amirinon, Milrinon, Enoximon, Domperidon, Antimykotika,
Brivudin, Idoxuridin, Trifluridin, Cidofovir, Zanamivir, Zidovudin,
Lamivudin, Zalcitabin, Suramin, Tolbutamid, Carbutamid, Itraconalzol,
Torasemid, Biotin (Vitamin H), Suramin, Clonidin, Moxonidin, Cimetidin,
Vitamin B2 (Riboflavin), Guanethidin, Methformin, Eptifibatid, Tegaserod,
Clorhexidin, Proguanil, Trimethroprim, Tetroxoprim, Zanamivir, Famiciclovir, Abacavir,
Pyrimethamin.
-
Erfindungsgemäß liegen
die Harnstoffderivate der allgemeinen Formel Ia mit X gleich Sauerstoff
und R3 und R4 gleich Wasserstoff vor, insbesondere entspricht R1
ebenfalls einem Wasserstoff und R2 einem organischen Rest, besonders
bevorzugt entsprechen R1 und R2 einem organischen Rest. Beispiele
dafür sind die
Antieleptika Carbamazepin und Oxacabamazepin, oder die Sulfonylharnstoffe
wie Carbutamind, Tolbutamid, Glibornurid, Glibenclamid, Glimepriid,
Gliquidon und Glisoxedid oder auch der Phospordiesterase-Hemmer
Amirinon.
-
Geeignet
zur Bildung eines Co-Kristall sind auch die Harnstoffderivate der
allgemeinen Formel Ia mit X gleich Sauerstoff und R2 und R3 gleich
Wasserstoff. Beispiele dafür
sind: Phenytoin, die Phospordiesterase-Hemmer Amirinon oder Enoximon
sowie Torasemid, Biotin (Vitamin H), das Chemotherapeutikum Suramin oder
die Wirkstoffe Tolbutamid oder Carbutamid.
-
Entspricht
Y einer NH-Gruppe in dem Harnstoffderivat der allgemeinen Formel
Ib mit R2 und R3 gleich Wasserstoff, dann kommen als weitere Komponenten
beispielsweise die Wirkstoffe Methformin, Eptifibatid, Tegaserod,
Clorhexidin oder Proguanil in Betracht.
-
Liegt
Y als NH-Gruppe in dem Harnstoffderivat der allgemeinen Formel Ib
mit R3 und R4 gleich Wasserstoff vor, dann kann eine weitere Komponente
beispielsweise Guanethidin mit einer NH-CONH2-Gruppierung sein.
-
Zweckmäßige Wirkstoffe,
die zur Co-Kristallbildung mit Harnstoff geeignet sind, als Amidderivat
gelten und über
ein Strukturelement entsprechend dem Synthon der allgemeinen Formel
Ic und/oder Id verfügen,
sind beispielsweise: Felbamat, Dazepam, Prazepam, Hipursäure, Phenacetin,
2-Acetyl-aminofluoren, Sulpirid, Amisulpirid, Ziprasidon, Oxazepam,
Lorazepam, Temazepam, Nitrazepam, Melatonin, Prioxicam, Tenoxicam, Meloxicam,
Lornoxicam, Colchinin, Lidocain, Etidocain, Prilocain, Mepivacain,
Bupivacain, S-Ropivacain, Articain, Benserazid, Tiaprid, Alfuzosin,
Guafacin, Tiropamind, Sulproston, Ergometrin, Methylergometrin,
Finasterid, Mizolastin, Granisetroj, Sulproston, Vitamin B12, Folsäure, Acetylcystein,
Domperidon, Cisapride, Bromoprid, Methoclapramid, Pirenzepin, Xipamid,
Clopamid, Indapamid, Sildenafil, Tardalafil, Vardenafil, Isonicotinamid,
Nicotinamid (Niacin), Clavulansäure,
Sulbactam Tatobactam, Cefazolin, Cefamandol, Cefuroxim, Cefotiam,
Cefoxitin, Cefotaxim, Cefodizim, Ceftriaxon, Ceftazidim, Cefepim,
Cefsulodin, Cefalexin, Cefaclor, Cefadroxil, Cefuroximaxetil, Cefpodoximprotetil,
Cefetametpivoxil, Cefixim, Ceftibuten, Loracarbef, Doxycyclin, Minocyclin,
Chloramphenicol, Clindamycin, Isoniazid, Pyrazinamid, Rifampicin,
Rifabutin, Rifapentin, Praziquantantel, Niclosamid, Mebendazol,
Albendazol, Oseltamivir, Aciclovir, Valaciclovir, Penciclovir, Ganciclovir, Ribavirin,
Zanamivir, Delavirdin, Nevirapin, Indinavir, Nelfinavir, Ritonavir,
Saquinavir, Dacrabazin, Temozolomid, Flutamid, Bicalutamid, Ciclosporin,
Tacrolimus, Sirolimus, Triamteren, Amilorid, Apraclonidin, Brimonidin, Streptomycin,
Pentamidin.
-
Besonders
geeignet zur Bildung eines Co-Kristall können auch die Amidderivate
der allgemeinen Formel Ic mit X gleich Sauerstoff und R3 und R4
gleich Wasserstoff sein. Beispiele hierfür sind: Die Tetracycline Doxycyclin
oder Minocyclin, die Antituberkulotika Isoniazid oder Pyrazinamid,
sowie das Virustatikum Ribavirin, die Zytostatika Dacrabazin oder
Temozolomid als auch das Nicotinsäureamid (Nicotinamid, Niacin).
-
Ebenso
geeignet zur Bildung eines Co-Kristall können auch die Amidderivate
der allgemeinen Formel Id mit Y gleich NH und R3 und R4 gleich Wasserstoff
sein. Beispiele hierfür
sind: Die Cycloamidinderivate Triamteren oder Amilorid sowie die
Antiprotozoenmittel aus der Gruppe der aromatischen Diamidine (Pentamidin).
-
Geeignet
zur Bildung eines Co-Kristall können
auch die Amidderivate der allgemeinen Formel Id mit Y gleich NH
und R2 und R3 gleich Wasserstoff sein. Beispiele hierfür sind die
Sympathikomimetka Apraclonidin oder Brimonidin sowie der Wirkstoff
Streptomycin.
-
Die
Synthese der Co-Kristalle kann über
dem Fachmann übliche
Methoden, wie die Kristallisation aus geeigneten Lösungsmitteln
erfolgen. Bevorzugte Lösungsmittel
sind Ethanol, Essigsäureethylester,
iso-Propanol, Wasser oder jegliche Mischungen dieser Lösungsmittel.
Die verbesserte Löslichkeit
der Co-Kristalle
aus Harnstoff und einem Amid- oder Harnstoffderivat gegenüber dem
einzelnen Amid- oder Harnstoffderivat wird hingegen in physiologischen
Lösungen
bestimmt.
-
Aus ökonomischen
Gründen
und Gründen
des Umweltschutzes ist es jedoch bevorzugt die Co-Kristalle durch
einfaches Vermahlen der entsprechenden stöchiometrischen Mengen des Harnstoffes
mit der weiteren Komponente mit dem Synthon der allgemeinen Formel
I, insbesondere der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id herzustellen,
besonders bevorzugt der allgemeinen Formel Ia und erfindungsgemäß der allgemeinen
Formel Ia mit X gleich Sauerstoff und R3 und R4 gleich Wasserstoff,
insbesondere entspricht R1 ebenfalls einem Wasserstoff und R2 einem
organischen Rest, besonders bevorzugt entsprechen R1 und R2 einem
organischen Rest. Ein Vorteil dieser Methode ist, neben dem Verzicht
auf den Einsatz von Lösungsmitteln,
die schnelle Verfügbarkeit
des Ergebnisses. Das Vermahlen benötigt im Vergleich zur üblichen
Kristallisation nur einen sehr kurzen Zeitraum von 1 Minute bis
zu 5 Stunden, bevorzugt wird der Co-Kristall bereits innerhalb der ersten
15 Minuten, besonders bevorzugt innerhalb der ersten 10 Minuten
vollständig
gebildet. Es kann zweckmäßig sein,
zusätzlich
einige Tropfen eines Lösungsmittels
vor oder während
des Vermahlens zuzugeben, dies hängt
insbesondere davon ab, ob man Solvate oder Hydrate ausbilden möchte. Die
Zugabe von Lösungsmitteln
zur Bildung des Co-Kristalls ist in der Regel nicht notwendig.
-
Besonders
bevorzugt ist die Vermahlung der Komponenten in einer high-energy
Kugelmühle,
wie die Pulverrisette P7, insbesondere die Pulverisette 7 premiumline,
von Fritsch oder high-energy Mühlen,
die vergleichbar hohe Schlagenergie, wie unten angegeben übertragen
können.
Als Mahlbecher und Kugeln kommen bevorzugt Achatbecher und Achatkugeln
oder Stahlbecher und Stahlkugeln zum Einsatz. Die high-energy Kugelmühlen sind
bevorzugt, weil hohe Schlagenergien auf das Mahlgut einwirken, d.
h. auf Harnstoff und das Amid- oder Harnstoffderivat als weitere
Komponente zur Bildung des Co-Kristalls
werden hohe Schlagenergien übertragen.
Dies geschieht, indem die Mahlkörper,
die Kugeln, eine Erdbeschleunigung von 60 g bis 100 g erreichen
können,
bevorzugt ist eine Erdbeschleunigung der Mahlkörper von 70 bis 100 g, besonders
bevorzugt von 80 bis 100 g. Diese Art der Energieübertragung
ist gegenüber
der Reibung bevorzugt. Erfindungsgemäße Verfahren übertragen
hohe Schlagenergien auf Harnstoff und das Amid- oder Harnstoffderivat
als weitere Komponente, indem die Mahlkörper zwischen 60 bis 100 g
aufweisen, bevorzugt 70 bis 100 g, besonders bevorzugt 80 bis 100
g, wobei die Mahldauer bis 30 Minuten, bevorzugt bis 15 Minuten
beträgt.
-
Das
Vermahlen kann unter einer normalen Atmosphäre, unter einer Schutzgasatmosphäre, beispielsweise
unter Argon oder Stickstoff erfolgen. Unter bestimmten Voraussetzungen
kann es besonders vorteilhaft sein, die Co-Kristalle in Gegenwart von überkritischem
Kohlendioxid (CO2) zu vermahlen, beispielsweise um deren Löslichkeit
zu verbessern.
-
Gemäß einem
weiteren Aspekt betrifft die Erfindung auch pharmazeutische Formulierungen
enthaltend einen Co-Kristall aus Harnstoff und einer weiteren Komponente
mit einem Synthon der allgemeinen Formel I, insbesondere der allgemeinen
Formel Ia, Ib, Ic und/oder Id, insbesondere der allgemeinen Formel
Ia. Als pharmazeutische Formulierungen kommen Tabletten, wie schnellfreisetzende,
retardiert freisetzende, OROs, sustained release, als auch Trinktabletten,
Infusionen, Injektionen, Suspensionen oder Mischungen zur Zubereitung
einer Suspension etc. in Betracht. Dazu können übliche Hilfsstoffe wie Hydroxypropylmethylcellulose,
Stärke,
Lactose-Monohydrat, wasserfreie Lactose, Titandioxid, Magnesiumsterat,
Povidon und viele andere eingesetzt werden, deren Zusammensetzung
und Verhältnis
in jedem Einzelfall auf den jeweiligen Co-Kristall abgestimmt werden
kann.
-
Ferner
betrifft die Erfindung die Verwendung eines Co-Kristalls enthaltend
Harnstoff und eine weitere Komponente mit einem Synthon der allgemeinen
Formel I, insbesondere der allgemeinen Formel Ia, Ib, Ic und/oder
Id, insbesondere der allgemeinen Formel Ia, zur Herstellung einer
pharmazeutischen Formulierung zur Behandlung von oder zur Verwendung
als Phosphodiesterase-Hemmer, Psychosen, neurologischen Erkankungen,
Erkrankung der Schildrüse,
Antikmykotika, Virustatika, Antiretroviralen Virusstatika, Chemotherapeutika,
Vitamin-Komplex, Antieleptika, Prokinetika, β-Lactamantibiotika, Antibiotika, Antituberkolotika,
Anthelmika, Phospodiesterase-5
Hemmer (PDE-5), Zytostatika, Immunsupressiva, Symathikomimetika
oder Antiprotozoenmittel oder als Herbizid, Insektizid, Fungizid,
Rodentizid, Nematizid, Akarizid, Molluskizid, Bakterizid, Mittel
gegen Viroide, Mittel gegen Viren, Mittel für die Rebveredelung, Mittel
für die
Veredelung an Obst- und Ziergehölzen,
Mittel zur Verhütung
von Wildschäden,
Mittel zum Wundverschluß,
Wundbehandlung, Wachstumsregler oder Mittel zur Bodenentseuchung.
-
Beispiele:
-
Beispiel 1a:
-
Äquimolare
Mengen an Harnstoff und Carbamazepin wurden 3 Stunden in einem Stahlbecher
mit Stahlkugeln in einer Pulverisette P7 von Fritsch vermahlen.
-
Das
IR-Spektrum des Harnstoffs weist charakteristische Banden bei 3448,
3346, 1683, 1626, 1600 1466 und 1155 cm-1 auf.
-
Das
IR-Spektrum von Carbamazepin weist charakteristische Banden bei
3466, 3161, 1677, 1489 cm-1 auf.
-
Im
IR-Spektrum des Co-Kristalls aus Harnstoff und Carbamazepin werden,
neben weiteren weniger charakteristischen Banden bei 1684, 1595,
1492 und 1407, die folgenden charakteristische Banden bei 3465, 3191
beobachtet.
-
Zudem
sind die intensiven Banden bei 1466 und 1155 cm-1 des Harnstoffs
weitgehend verschwunden.
-
Beispiel 1b:
-
Äquimolare
Mengen an Harnstoff und Carbamazepin wurden 15 Minuten in einem
Stahlbecher mit Stahlkugeln in einer Pulverisette P7 von Fritsch
vermahlen. Es wird ein dem Beispiel 1a entsprechendes IR-Spektrum
des Co-Kristalls
erhalten.
-
Beispiel 2a:
-
Äquimolare
Mengen an Harnstoff und Carbamazepin wurden bei Raumtemperatur in
Essigsäureethylester
gelöst.
Anschießend
konnte Essigsäureethylester
verdampfen. Es wurden Co-Kristalle aus Harnstoff und Carbamazepin
mit einem Verhältnis
der beiden Verbindungen von 1 zu 1 isoliert. Die Zusammensetzung
von 1:1 wurde mittels 1H-NMR-Analyse ermittelt.
-
Beispiel 2b:
-
Äquimolare
Mengen an Harnstoff und Carbamazepin wurden bei etwa 40°C in Essigsäureethylester gelöst. Anschießend konnte
die Kristallisationsmischung abkühlen.
Es konnten Co-Kristalle aus Harnstoff und Carbamazepin mit einem
Verhältnis
der beiden Verbindungen von 1 zu 1 isoliert werden. Die Zusammensetzung
von 1:1 wurde mittels 1H-NMR-Analyse ermittelt.
-
Beispiel 2c:
-
Äquimolare
Mengen an Harnstoff und Carbamazepin wurden in der Siedehitze in
Essigsäureethylester gelöst. Anschießend konnte
die Kristallisationsmischung abkühlen.
Es wurden Co-Kristalle aus Harnstoff und Carbamazepin mit einem
Verhältnis
der beiden Verbindungen von 1 zu 1 isoliert. Die Zusammensetzung
von 1:1 wurde mittels 1H-NMR-Analyse ermittelt.
-
Beispiel 3:
-
200
g Co-Kristall aus Harnstoff und Carbamazepin wurden mit 40 g Lactose
(Lactose Extra Fine Crystals HMS®),
154 g Getreidestärke
(Starch®)
und mit einem Teil des Mg-Stearat nach üblichen Verfahren gemischt.
Die Mischung wurde kompaktiert, gesiebt, um die gewünschte Partikelgrößenverteilung
des Granulates zu erhalten (Granulat 1). 4 g kolloidales SiO2 und Mg-Stearat gemischt und gesiebt. Dan
wurde die Mischung zum Granulat 1 zugemischt. Anschließend wurde
nach üblichen
Verfahren tablettiert.
-
Beispiel 4:
-
Tablettenformulierung
aus: 200 g Co-Kristall aus Harnstoff und Carbamazepin, 290 g Lactose
Anhydrous NF, 80 g Crosspovidone NF, 20 g Povidone USP (PVP K-30),
200 g Microcrystalline Cellulose NF (Avicel PH 112), 330 g Alcohole
Euro. Pharmacopeija, 8 g Magnesium Stearate NF. Der Alkohol wurde
zur Herstellung des Ganulates verwendet, anschließend wurde
in der Wirbelschicht auf eine Restfeuchte von 0,5% getrocknet und
nachüblichen
Verfahren tablettiert.
-
Bei
der Herstellung der Tablettenformulierungen konnten keine Umwandlungen
in polymorphe Modifikationen und keine Solvatbildung beobachtet
werden.
-
Die
Erfindung wird im Folgenden anhand des in der Figur dargestellten
Ausführungsbeispiels
näher erläutert. Die
Einkristalluntersuchung erfolgte mit einem automatisierten Vierkreisdiffraktometer
(Siemens P4) und Molybdän-Röntgenröhre (λ (Kα) = 71.069 pm). Zelldaten: a
= 19.86, b = 5.07, c = 26.62, α =
90°, β = 90°, γ = 90°, Volumen
2683.27(11), Moleküle
in der Elementarzelle 8; R = 0,0711. Die XRPDs wurde mit einem Röntgenpulverdiffraktometer:
SToe STADT P Transmissionsdiffraktometer, CuKα1: 1.540600 Å, linearer ortsempfindlicher
Detektor, Messbereich 5–40° 2Theta,
Schrittweite 0.01° 2Theta,
Messzeit 960 sec/Stepp aufgenommen. Die IR-Spektren wurden in KBr-Preßlingen
aufgenommen.
-
Es
stellen dar:
-
1 Ausschnitt
der Kristallpackung des Co-Kristalls aus Harnstoff und Carbamazepin.
-
2 XRPD
des aus Lösung
kristallisierten Co-Kristalls
aus Harnstoff mit Carbamazepin
-
3 XRPD
des durch Vermahlen hergestellten Co-Kristalls aus Harnstoff mit
Carbamazepin.
-
4a IR-Spektrum
des Co-Kristalls aus Harnstoff und Carbamazepin.
-
4b IR-Spektrum
Carbamazepin.
-
4c IR-Spektrum
Harnstoff.