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Die
Erfindung bezieht sich auf die Gebiete der Chemie und der Medizin und
betrifft nukleierte Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden, die mittels verschiedener
Verfahren hergestellt beispielsweise als resorbierbare Implantate,
als Trägermaterialien
für Wirkstoffe
und Zellen, als Patch-Implantat für die Kopplung mit epithelialem
Gewebe, für
die Abdichtung gegenüber
Körperflüssigkeiten,
als Netze für
die Versorgung von Narbenhernien, oder für das Tissue-Engineering von
langen Röhrenknochen
auf der Basis biologisierter textiler Scaffolds eingesetzt werden können und
ein Verfahren zu ihrer Herstellung.
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Aus
der Fachliteratur ist bekannt, dass der aliphatische Polyester,
Poly-3-Hydroxybuttersäure, im
weiteren als PHB bezeichnet, ein besonders geeignetes Polymer für die Herstellung
von resorbierbaren Implantaten ist, die mittels verschiedener textiltechnologischer
Verfahren hergestellt werden können.
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Grundvoraussetzung
für resorbierbare
Implantate sind chemische Reinheit des Ausgangspolymers, der Ausschluss
von kritischen Konzentrationen an Katalysatoren, Weichmachern, Inhibitoren
bzw. Verunreinigungen, Möglichkeit
der Sterilisierbarkeit, die Resorbierbarkeit, die Metabolisierung
der Abbauprodukte durch den Körper
sowie der Nachweis, dass keine toxische, kanzerogene, allergische
oder entzündliche
Reaktionen durch die Implantate ausgelöst werden. Besonders biotechnologisch
hergestellte PHB ist auf Grund ihres bakteriologischen Ursprungs in äußerst reiner
Form ohne Katalysatorreste als stereoregulärer, optisch aktiver, isotaktischer
Polyester herstellbar. Unter diesen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung
ihrer thermoplastischen Verarbeitbarkeit sowie ihrer Eigenschaftskombination
von Biodegradabilität,
Biokompatibilität
und ihrer piezoelektrischen Eigenschaften ist die PHB für medizinische
Anwendungen gegenwärtig
von besonderem Interesse.
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Nachteile
der PHB, wie unzureichende textilphysikalische Eigenschaften der
Filamente, das niedrige Festigkeits- und Dehnungsniveau und besonders
die Sprödigkeit
konnten durch vorhergehende Arbeiten eliminiert werden. Es ist bekannt,
mittels eines einstufigen Spinnstreckprozesses PHB-Filamente herzustellen,
deren gewählte
Spinn- und Streckbedingungen, insbesondere die thermischen Bedingungen
und die Spinnspannung der Fadenbildungszone die Ausbildung der spannungsinduzierten Kristallisation
ermöglichten.
So konnten PHB-Filamente hoher Orientierung mit fibrillärer Struktur
und guten textilphysikalischen Eigenschaften, bezüglich des
Festigkeits- und Dehnungsniveaus, ersponnen werden (Schmack, G.,
u. a., J. Polymer Sci. Part B.: Polymer Physics, 38 (2000) 21, 2841–2850).
Es wurden E-Moduli
von 4 GPa und bezüglich
der physikalischen Bruchspannungen Werte von 400 MPa und Bruchdehnungswerte
von 45% erreicht, die im Rahmen der Fehlergrenze über einen
Zeitraum von drei Monaten stabil blieben.
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Röntgenstreuaufnahmen
zeigten, dass die PHB in zwei unterschiedlichen Kristallmodifikationen (α und β) kristallisieren
kann (Yamamoto, T., u. a., Intern. Polym. Proc. 12 (1997), 29–37; Orts,
W. J., u. a., Macromolecules 23 (1990) 5368–5370).
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Die
kristalline α-Modifikation
ist die für
PHB übliche
Kristallmodifikation, welche sich auch aus der ruhenden Schmelze
bildet. Die alleinige Ausbildung dieser Kristallmodifikation führt bei
geringer Orientierung zu sphärolithischen
Fadenstrukturen, die durch hohe Sprödigkeit und ein äußerst niedriges
Festigkeits- und
Dehnungsniveau (50 MPa und 2%) charakterisiert sind.
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Die
kristalline β-Modifikation
entsteht als Ergebnis einer spannungsinitiierten Kristallisation
und führt
zu fibrillären
Fadenstrukturen. Deren Entstehung ist an eine definierte Fadenspannung
im Fadenbildungsprozess und damit an hohe Streckgrade gebunden und
geht konform mit wesentlich höheren Festigkeitswerten
verbunden mit ausreichenden Dehnungswerten, die für eine textile
Weiterverarbeitung unerlässlich
sind und diese zum Beispiel auf einem Stickautomaten erst ermöglichen.
Auf diesem Weg konnten zuerst in geringen Mengen PHB-Filamente ersponnen
werden, die im Kleinstmaßstab mittels
textiltechnologischer Verfahren zu Testmustern für den medizinischen Einsatz
verarbeitet wurden (Schmack, G. u. a., BIOmaterialien 3 (2002) 1, 21–25).
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Bei
der Herstellung größerer Mengen
an PHB-Filamenten, das heißt
beim Schmelzspinnen mit längeren
Spulenlaufzeiten von 2 min mit ca. 6000 m Filamenten zeigen sich
jedoch erhebliche Probleme bei der textilen Weiterverarbeitung.
Die Einzellagen der Filamente auf der Spule verkleben und lassen
sich nur teilweise für
die Weiterverarbeitung wieder abwickeln. Das Problem des Verklebens
der Filamente lässt
sich auch nicht durch den Einsatz verschiedener Spinnpräparationen
beheben. Ursache des Verklebens ist die zu langsame Kristallisation
der α-Kristallmodifikation
beim Schmelzspinnen (He, Y., Inoue, Y., Biomacromolecules 4 (2003),
1865–1867) aufgrund
der extrem hohen Reinheit der bakteriellen PHB, die durch einen
Batch-Fermentationsprozess hergestellt wird. Die Dichte an Kristallisationskeimen ist
ungewöhnlich
niedrig. Dementsprechend erfolgt die Kristallisation bei verhältnismäßig niedrigen
Temperaturen; anschließend
erfolgt eine sekundäre
Kristallisation während
der Lagerung. Dies geschieht, obwohl die PHB komplett stereoregulär ist und üblicherweise
einen hohen Kristallisationsgrad besitzt. Der Kristallisationsgrad
steigt logarithmisch mit der Lagerzeit. Die intermolekulare Diffusion
der PHB-Moleküle
aus den noch vorhandenen amorphen Anteilen führt beim Schmelzspinnen zum
Verkleben der Fadenlagen.
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Es
sind verschiedene Möglichkeiten
zur Behebung dieses Problems bekannt.
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Gordeyev
et al., J. Appl. Polym. Sci., 81 (2001), 2260–2264, lösen die PHB in 1,2-Dichlorethan und
führen
einen Gelspinnprozess mit anschließender Temperung der Monofilamente
durch. Dieses Verfahren vermeidet den thermischen Abbau während der
Extrusion und liefert damit günstige
mechanische Eigenschaften der Fäden.
Der Einsatz von organischen Lösungsmitteln
schließt
jedoch einen medizinischen Einsatz dieser Fäden im Kontakt mit Humangewebe
aus.
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Noda
et al., Macromol. Biosci. 4 (2004) 269–275, verwenden einen Bikomponentenspinnprozess.
Das Polymer für
den Kern ist ein PHB-Copolymer. Die Ummantelung erfolgt durch ein
Polylaktid, welches sehr zügig
kristallisiert und damit günstige mechanische
Eigenschaften des Bikomponentenfadens erbringt. Polylaktid kann
aber im menschlichen Körpergewebe
nicht metabolisiert werden und stellt damit eine zusätzliche
Belastung dar.
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Liu
et al. J. Appl. Polym. Sci. 86 (2002), 2145–2152, untersuchten die Möglichkeiten
der Nukleierung der α-Kristallmodifikation
von PHB-Copolymeren mit gängigen
Nukleierungsmitteln wie Talkum, BN, Tb2O3, La2O3 und
deren Mischungen bei statischer Abkühlung. Sie konnten eine Erhöhung der Kristallisationstemperatur
und der Kristallisationsgeschwindigkeit nachweisen.
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Der
allgemeine Nachteil all dieser Lösungen ist,
dass alle verwendeten Nukleierungsmittel für medizinische Zwecke nicht
geeignet sind.
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Da
aber der Einsatz eines Nukleierungsmittels für die Erhöhung der Kristallisationstemperatur und
der Kristallisationsgeschwindigkeit unumgänglich ist, kann für den Einsatz
im Blut- und Gewebekontakt nur ein medizinisch verträgliches
Additiv verwendet werden.
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Shuai
et al., Macromolecules 35 (2002), 3778–3780, und He, Y., Inoue, Y.,
Biomacromolecules 4 (2003), 1865–1867; He, Y., Inoue, Y., J.
Polymer Sci. Part B.: Polymer Physics, 42 (2004), 3461–3469, setzten
deshalb α-Cylodextrin,
eine ringförmige
Verbindung aus sechs Glukose-Einheiten, ein.
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Cyclodextrine
werden bereits als Träger
für Pharmaka
im menschlichen Gewebe verwendet (Born, A. u. a., Angew. Chemie
114 (2002) 2, 114, 278–280).
Es ist möglich
mit dem α-Cylodextrin
eine Wirt-Gast-Verbindung (inclusion complex) mit einem einzelnen
PHB-Molekül
herzustellen. Hierzu wird die PHB in Chloroform und das α-Cylodextrin
in DMSO gelöst,
die Polymerlösung
tropfenweise zur α-Cylodextrinlösung zugegeben,
3 Stunden gerührt
und filtriert. Das Filtrat wird anschließend in Azeton und Wasser gewaschen,
um freies Polymer und nicht im Komplex gebundenes α-Cylodextrin
zu entfernen. Die dann erhaltene Komplexverbindung wirkt sehr gut
als Nukleierungsmittel für
die α-Kristallmodifikation
bei Abkühlung
der statischen Schmelze. Es werden sowohl Kristallisationstemperatur
als auch Kristallisationsgeschwindigkeit erhöht. Es ist auch bekannt α-Cylodextrin
direkt, d. h. ohne Komplexbildung als Nukleierungsmittel einzusetzen
(He, Y., Inoue, Y., J. Polymer Sci. Part B.: Polymer Physics, 42 (2004),
3461–3469).
Der Effekt der Nukleierung der α-Kristallmodifikation
konnte auch hier nachgewiesen werden. Er ist aber geringer als bei
dem α-Cylodextrin/PHB-Komplex.
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Vogel
et al., Macromolecular Bioscience 6 (2006) 9, 730–736, haben
gezeigt, dass die Kristallisation der PHB in Verbindung mit der
spannungsinduzierten Kristallisation, wie sie bei der starken Verstreckung
während
der Abkühlung
beim Schmelzspinnen auftritt, durch Nukleierung mit α-Cylodextrin/Poly-3-Hydroxybuttersäure-Komplex
erheblich verbessert werden kann. Die Herstellung der α-Cylodextrin/Poly-3-Hydroxybuttersäure-Komplexe
ist allerdings sehr aufwändig.
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D'Haene et al., Macromolecules
32 (1999) 16, 5229–5235,
beschreiben ein Verfahren zur Modifikation von Poly-3-Hydroxybuttersäure mit
Peroxid zur Erzeugung von Langkettenverzweigungen. Eine Veränderung
der Kristallisationsstruktur durch Nukleierung wird nicht beschrieben.
Außerdem
wurde kein Schmelzspinnen durchgeführt.
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Vogel
et al., Macromolecular Bioscience 7 (2007) 6, 820–828 beschreiben
ein Verfahren, bei dem das Schmelzspinnen von Poly-3-Hydroxybuttersäure mit
einem Peroxid durchgeführt
wird. Durch das Spalten des Peroxids entstehen durch die freigesetzten
Radikale Langkettenverzweigungen und Mikrogele. Diese führen zu
einer deutlich verbesserten Kristallisation im Schmelzspinnprozess.
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Die
Bestrahlung von Poly-3-Hydroxybuttersäure zur Veränderung der übermolekularen
Struktur und damit der mechanischen Eigenschaften ist von mehreren
Arbeitsgruppen untersucht worden.
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Carswell
et al., ACS Symposium Series number 620; American Chemical Society,
Washington DC, 11 (1996), beobachteten einen Abbau des Molekulargewichtes
durch Trennung der Esterbindung.
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Yang
und Liu, J., Polym. Int. 53 (2004) 1677–1681, beobachteten in ihren
vorwiegend thermischen Analysen an γ-bestrahltem Poly-3-Hydroxybuttersäure/Hydroxyvalerat
im Vakuum den Kettenbruch als dominierenden Prozess.
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Mitomo
et al. Polym. Deg. Stab. 45 (1994) 11–17, untersuchten ebenfalls
den Abbau von Poly-3-Hydroxybuttersäure/Hydroxyvalerat durch γ-Bestrahlung
an Luft und im Vakuum.
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Huglin
et al., Polymer 39 (1998) 10, 2073–2075, zeigten, dass bei Bestrahlung
mit höheren
Dosen zusätzlich
Verzweigungen und Vernetzungen der Poly-3-Hydroxybuttersäure auftreten.
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Nachteile
des Standes der Technik sind die noch nicht ausreichende Biokompatibilität der bekannten
PHB-Fäden
durch die bekannten Zusätze und/oder
ihre praktisch schwierige Anwendung aufgrund der weiteren Kristallisation
nach dem Herstellungsprozess.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, nukleierte Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden anzugeben, die keine Nachkristallisation
und somit verbesserte mechanische Eigenschaften aufweisen, sowie
ein Verfahren zu ihrer Herstellung, bei dem auf biounverträgliche Zusätze verzichtet
werden kann.
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Die
Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung gelöst. Vorteilhafte
Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die
erfindungsgemäßen nukleierten
Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden bestehen
aus einer Mischung aus einem Anteil von 0,1 bis 10,0 Masse-% an
bakteriell hergestellter Poly-3-Hydroxybuttersäure mit einer gewichtsmittleren
Molmasse bis 8000 g/mol und aus einem Anteil von 99,9 bis 90,0 Ma.-%
an bakteriell hergestellter Poly-3-Hydroxybuttersäure mit einer Molmasse von
mindestens 100000 g/mol, wobei die Fäden vollständig in Anteilen an α- und β-Modifikation
auskristallisiert vorliegen.
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Vorteilhafterweise
sind 0,1 bis 5,0 Ma.-%, noch vorteilhafterweise 0,2 bis 1,0 Ma.-%
Poly-3-Hydroxybuttersäure
mit einer gewichtsmittleren Molmasse bis 8000 g/mol vorhanden.
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Ebenfalls
vorteilhafterweise sind 0,1 bis 10,0 Ma.-% einer bakteriell hergestellten
Poly-3-Hydroxybuttersäure
mit einer gewichtsmittleren Molmasse im Bereich von 200 bis 5000
g/mol, noch vorteilhafterweise im Bereich von 1000 bis 3000 g/mol
vorhanden.
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Weiterhin
vorteilhafterweise sind 99,9 bis 90,0 Ma.-% einer bakteriell hergestellten
Poly-3-Hydroxybuttersäure
mit einer Molmasse im Bereich von 100000 bis 1000000 g/mol, noch
vorteilhafterweise im Bereich von 100000 bis 500000 g/mol vorhanden. Und
auch vorteilhafterweise liegen die nukleierten Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden entsprechende dem
unbeeinflussten Kristallisationsprozess in Anteilen an α- und β-Modifikation vor.
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Vorteilhaft
ist es auch, wenn die Kristallisation der nukleierten Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden zu mindestens
95%, vorteilhafterweise zu mindestens 99% und noch vorteilhafterweise
zu 100% erfolgt ist.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
zur Herstellung von nukleierten Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden wird bakteriell hergestellte
Poly-3-Hydroxybuttersäure
einer Elektronenbestrahlung mit einer Dosis von 200–1500 kGy
oder einer γ-Strahlung mit einer
Dosis von 600–4500
kGy ausgesetzt und nachfolgend ein Anteil x = 0,1 bis 10,0 Ma.-%
dieser bestrahlten Poly-3-Hydroxybuttersäure zu (100–x) Ma.-% an unbestrahlter
bakteriell hergestellte Poly-3-Hydroxybuttersäure als Mischungsanteil zugegeben
und nachfolgend werden aus diesem Gemisch Fäden hergestellt, wobei ein
hohes Streckverhältnis von ≥ 1:4 während der
Herstellung realisiert wird.
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Vorteilhafterweise
wird ein Anteil x = 0,1 bis 5,0 Ma.-% an bestrahlter Poly-3-Hydroxybuttersäure, noch
vorteilhafterweise ein Anteil x = 0,2 bis 1,0 Ma.-% an bestrahlter
Poly-3-Hydroxybuttersäure
eingesetzt.
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Weiterhin
vorteilhafterweise wird die Elektronenbestrahlung mit einer Dosis
von 500 bis 1000 kGy, noch vorteilhafterweise mit einer Dosis von
700 bis 800 kGy, durchgeführt.
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Ebenfalls
vorteilhafterweise wird die γ-Strahlung
mit einer Dosis von 1500 bis 3000 kGy, noch vorteilhafterweise mit
einer Dosis von 2100 bis 2400 kGy durchgeführt.
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Und
auch vorteilhafterweise wird die Herstellung der Fäden mittels
Schmelzspinnverfahren durchgeführt,
wobei die Verfahrensbedingungen mit Ausnahme des Streckverhältnisses
den bekannten und üblichen
Bedingungen zur Herstellung von PHB-Fäden mittels Schmelzspinnverfahren
entsprechen.
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Von
Vorteil ist es auch, wenn ein Streckverhältnis bei der Herstellung der
Fäden von
1:5 bis 1:8, noch vorteilhafterweise ein Streckverhältnis von
1:6 bis 1.8 realisiert wird.
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Ebenfalls
von Vorteil ist es, wenn die Fäden mittels
Spinnvlies- oder melt-blown-Verfahren
zu einem Vlies verarbeitet werden.
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Bei
der erfindungsgemäßen Verwendung werden
erfindungsgemäße nukleierten
Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden, die
erfindungsgemäß hergestellt
worden sind, als mechanisch, thermisch oder chemisch verfestigte
Vliese verwendet.
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Durch
die erfindungsgemäße Lösung wird überraschenderweise
ein deutlich verbesserter Nukleierungsgrad der nukleierten Poly-3-Hydroxybuttersäure-Fäden erreicht.
Durch eine verbesserte Nukleierung der Fäden wird eine im Wesentlichen
vollständige
Kristallisation der Fäden
bereits im Herstellungsprozess erreicht, wodurch eine Nachkristallisation
vermieden wird. Dies hat wiederum zur Folge, dass keinerlei Verklebungserscheinungen
zwischen den Fäden
auf den Spulen nach der Fadenherstellung mehr auftreten.
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Außerdem können durch
diese schnelle und im Wesentlichen vollständige Kristallisation höhere Streckverhältnisse
während
des Herstellungsprozesses erreicht werden, wodurch sich die mechanischen Eigenschaften
der Fäden
stark verbessern.
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Durch
die erfindungsgemäße Elektronenbestrahlung
von PHB mit einer Dosis von 200–1500 kGy
oder durch die erfindungsgemäße γ-Strahlung von
PHB mit einer Dosis von 600–4500
kGy werden die ursprünglich
langkettigen PHB-Moleküle
in kurzkettige Anteile aufgespalten. Diese kurzkettigen PHB-Moleküle weisen
eine durchschnittliche gewichtsmittlere Molmasse bis 8000 g/mol
auf.
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Diese
durch Elektronbestrahlung oder durch γ-Strahlung modifizierte PHB
wird im Rahmen dieser Erfindung als Nukleierungsmittel für PHB definiert und
eingesetzt.
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Erfindungsgemäß wird dann
ein Anteil von x = 0,1–10,0
Masse-% an bestrahlter, modifizierter PHB zu einer Matrix von unbestrahlter
PHB mit einem Anteil von (100–x)
Ma.-% zugegeben und gemeinsam gemischt. Diese Mischung wird dann
einem Schmelzspinnprozess unterworfen, wobei die Prozessparameter
denen der bekannten Herstellung von PHB-Fäden ohne Zusätze mittels
Schmelzspinnen entsprechen.
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Während des
Herstellungsprozesses der erfindungsgemäßen nukleierten PHB-Fäden wirken die kürzerkettigen
PHB-Moleküle
als Kristallisationszentren, so dass bereits zu einem früheren Stadium
im Herstellungsverfahren der PHB-Fäden die Kristallisation beginnt
und auch schneller abläuft.
Dadurch reicht die Zeit zur Herstellung der PHB-Fäden aus, um
das Material im Wesentlichen vollständig auskristallisieren zu
lassen. Überraschenderweise
hat sich gezeigt, dass sowohl relativ geringe Bestrahlungsdosen
ausreichen und ebenso der Anteil x relativ gering gehalten werden
kann, um einen deutlich verbesserten Nukleierungsgrad zu erreichen.
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Ein
weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung besteht in der Vermeidung
des Einsatzes von artfremden Nukleierungsmitteln, die zu einer Verschlechterung
der Bioverträglichkeit
führen.
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Als
Nukleierung soll im Rahmen dieser Erfindung verstanden werden, dass
schwerer kristallisierbare Materialien mittels eines Nukleierungsmittels leichter,
schneller und/oder vollständiger
kristallisieren. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist es durch
Einsatz der modifizierten PHB als Nukleierungsmittel möglich, eine
so vollständige
Kristallisation der erfindungsgemäßen PHB-Fäden schon während des Herstellungsprozesses
zu erreichen, dass bei einer nachfolgenden Lagerung und Weiterverarbeitung
keine negativen Nachkristallisationserscheinungen, wie beispielsweise
Verkleben der Fäden
auf der Spule, mehr auftreten.
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Die
erfindungsgemäßen nukleierten PHB-Fäden lassen
sich nachfolgend gut mittels verschiedener textiltechnischer Verfahren,
beispielsweise Stickverfahren Spinnvlies- oder melt-blown-Verfahren zu einem
Vlies oder einem anderen textilen Gebilde verarbeiten, die dann
beispielsweise als resorbierbare Implantate, Trägermaterialien für Wirkstoffe
und Zellen, als Patch-Implantat für die Kopplung mit epithelialem
Gewebe, für
die Abdichtung gegenüber
Körperflüssigkeiten,
als Netze für
die Versorgung von Narbenhernien, oder für das Tissue-Engineering von
langen Röhrenknochen
auf der Basis biologisierter textiler Scaffolds eingesetzt werden können.
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Der
Effekt der Nukleierung lässt
sich an den erfindungsgemäß nukleierten
PHB-Fäden mit
einem direkten Messverfahren der Polymeranalytik durch Messung der
Molekulargewichtsverteilung mit chromatografischen Methoden (GPC)
nachweisen. Ein indirekter Nachweis der Nukleierung an den erfindungsgemäß nukleierten
PHB-Fäden kann
durch eine Bestimmung des Kristallisationsgrades und der mittleren
Kristallitgröße mittels
Röntgenstreuung (WAXS)
oder Thermoanalyse (DSC) erfolgen. Durch die erfindungsgemäße Nukleierung
steigt der Kristallinitätsgrad
der PHB-Fäden
und ihre mittlere Kristallitgröße wird
kleiner.
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Weiterhin
ist es mit den erfindungsgemäßen Verfahren
möglich
und notwendig, ein deutlich höheres
Streckverhältnis
der erfindungsgemäßen PHB-Fäden zu realisieren.
Das Zusammenspiel von hohem Streckverhältnis und arteigenem Nukleierungsmittel
führen
zu dem erfindungsgemäßen Effekt der
schnellen und im Wesentlichen vollständigen Kristallisation der
PHB-Fäden
im Herstellungsprozess.
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Nachfolgend
wird die Erfindung an zwei Ausführungsbeispielen
näher erläutert.
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Beispiel 1:
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980
Gramm bakteriell hergestellte pulverförmiger Poly-3-Hydroxybuttersäure (Biocycle
1000) wurden 20 Gramm bakteriell hergestellter pulverförmiger Poly-3-Hydroxybuttersäure zugefügt, wobei die
20 g bakteriell hergestellter pulverförmiger Poly-3-Hydroxybuttersäure vorher
einer Elektronenbestrahlung mit einer Gesamtdosis von 750 kGy unter normaler
Atmosphäre
ausgesetzt worden sind. Die Bestrahlung erfolgte in mehreren Stufen.
In einem geschlossenen Behälter
werden beide Anteile intensiv vermischt.
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Die
Pulvermischung wird anschließend
in einem Zweischneckenextruder mit 25 mm Schneckendurchmesser (Firma
Collin, Ebersberg) aufgeschmolzen. Der Extruder ist mit einer Spinninstallation
versehen, die aus Spinnpumpe, Spinnpaket mit Spinndüse, Galetten
und einem Wickler besteht. Der Massendurchsatz des Extruders beträgt 18 g/min.
Die Zonentemperaturen des Extruders betragen 150, 170, 192, 178,
179 und 175°C.
Das Spinnpaket hat eine Temperatur von 178°C. Der Spinndruck beträgt 9 MPa.
Die Spinndüse
besitzt 12 Düsenbohrungen
mit einem Durchmesser von 0,3 mm. Als Spinnpräparation wurde Silastol der
Firma Schill & Seilacher
verwendet.
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Die
so hergestellte Schmelze ließ sich
sehr gut verspinnen und nachfolgend mittels des Wicklers auf Spulen
aufwickeln.
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Die
Faden können
für den
nachfolgenden Weiterverarbeitungsprozess ohne Verklebungserscheinungen
von den Spulen abgewickelt werden.
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Der
Faden wurde zwischen den ersten beiden Galettenduos mit einem Streckverhältnis (DR) von
7,5 und 8 verstreckt und mit 1750 m/min aufgewickelt. Ein solch
hohes Streckverhältnis
ist nur mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
möglich.
Die reine Poly-3-Hydroxybuttersäure
ist nur bis zu einem Streckverhältnis
von 4 spinnbar.
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Die
Zugprüfung
der so ersponnenen Fäden erfolgte
mit einer Einspannlänge
von 100 mm und mit einer Prüfgeschwindigkeit
von 100 mm/min. Die Ergebnisse sind grafisch in 1 dargestellt.
Durch die Zumischung von elektronenbestrahlter PHB ergeben sich
deutlich höhere
mechanische Kennwerte für
die erfindungsgemäßen Fäden aus
Poly-3-Hydroxybuttersäure.
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Beispiel 2:
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1960
Gramm bakteriell hergestellte pulverförmiger Poly-3-Hydroxybuttersäure (Biopol,
Monsanto, USA) wurden 40 Gramm bakteriell hergestellter pulverförmiger Poly-3-Hydroxybuttersäure zugefügt, wobei
die 40 g bakteriell hergestellter pulverförmiger Poly-3-Hydroxybuttersäure vorher
einer γ-Strahlung mit
einer Gesamtdosis von 2400 kGy unter normaler Atmosphäre ausgesetzt
worden sind. In einem geschlossenen Behälter werden beide Anteile intensiv vermischt.
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Die
Pulvermischung wird anschließend
in einem Zweischneckenextruder mit 25 mm Schneckendurchmesser (Firma
Collin, Ebersberg) aufgeschmolzen. Der Extruder ist mit einer Spinninstallation
versehen, die aus Spinnpumpe, Spinnpaket mit Spinndüse, Galetten
und einem Wickler besteht. Der Massendurchsatz des Extruders beträgt 36 g/min.
Die Zonentemperaturen des Extruders betragen 150, 170, 192, 178,
179 und 175°C.
Das Spinnpaket hat eine Temperatur von 178°C. Der Spinndruck beträgt 10 MPa.
Die Spinndüse
besitzt 24 Düsenbohrungen
mit einem Durchmesser von 0,3 mm. Als Spinnpräparation wurde Silastol der
Firma Schill & Seilacher
verwendet.
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Die
so hergestellte Schmelze ließ sich
sehr gut verspinnen und nachfolgend mittels des Wicklers auf Spulen
aufwickeln.
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Die
Faden können
für den
nachfolgenden Weiterverarbeitungsprozess ohne Verklebungserscheinungen
von den Spulen abgewickelt werden.
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Der
Faden wurde zwischen den ersten beiden Galettenduos mit einem Streckverhältnis (DR) von
7,5 und 8 verstreckt und mit 1750 m/min aufgewickelt. Ein solch
hohes Streckverhältnis
ist nur mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
möglich.
Die reine Poly-3-Hydroxybuttersäure
ist nur bis zu einem Streckverhältnis
von 4 spinnbar. Durch die Zumischung von γ-bestrahlter PHB ergeben sich
deutlich höhere
mechanische Kennwerte für
die erfindungsgemäßen Fäden aus
Poly-3-Hydroxybuttersäure.