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Die Erfindung betrifft ein modifiziertes künstliches Gewebe, ein Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung gemäß den Patentansprüchen.
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Seit Jahrzehnten sind verschiedenste Gewebe und Gazen für unterschiedlichste Verwendungen bekannt.
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So werden bspw. künstliche Gewebe in Form von Implantatmaterial in der Medizin, bspw. für die Behandlung von Brüchen (Hernien), Sehnen und Organen sowie zur Stabilisierung von Nähten eingesetzt. Dabei können die künstliche Gewebe, insbesondere wenn sie eine netzartige Struktur aufweisen, mit chirurgischen Klammern oder s. g. Gewebenägeln (wie aus
DE 103 00 787 A1 bekannt) oder durch Vernähung fixiert werden. Auch sind Implantationstechniken ohne Fixierung bekannt, wobei hier das Netzgewicht entscheidend für die Haftung des Implantats am natürlichen Gewebe ist (hierzu
DE 102 21 320 A1 ).
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Die Schrift
DE 101 21 623 A1 offenbart ein künstliches Gewebe aus Glasfaser (Implantatmaterial) zum chirurgischen Verschluss von Hernien, dessen Oberfläche mit Silikon beschichtet ist, wobei auf die Silikonoberfläche eine oder mehrere biologisch aktive Substanzen ionogen oder kovalent gebunden sind.
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Als Silikone, die gemäß Eugene G. Rochow: Silicon and Silicones, Springer Verlag Berlin-Heidelberg 1987 auf Glas gut haften, werden nach
DE 101 21 623 A1 kondensations-vernetzende Silikone eingesetzt. Die Beschichtung des Gewebes erfolgt durch inniges-in-Kontakt-bringen des Gewebes mit Silikon, wobei angestrebt wird, dass das Silikon jeden einzelnen Spinnfaden vollständig umhüllt. Dies kann durch Verwendung von Silikonen mit niedriger, unter 10.000 mPa·s liegender, Viskosität erreicht werden oder aber dadurch, dass man höhere viskose Silikone mit geeigneten Lösemitteln, z. B. Heptan, verdünnt, das Gewebe (unter Verwendung von Überdruck) mit dieser Lösung vollständig durchtränkt und anschließend das Lösemittel vollständig abdampft. Anschließend erfolgt die Aushärtung des Silikons. Die Dicke der Silikonschicht auf dem Glasfasergewebe kann dabei durch mehrmalige Wiederholung des Vorgangs frei gewählt werden. Dabei wird aber darauf geachtet, dass die Maschen des Gewebes durch das Silikon nicht verschlossen werden, so dass lebende Zellen durch dieses künstliche Gewebe hindurch wachsen können. Durch geeignete Auswahl von Silikontypen mit unterschiedlicher Shore-Härte erhält man mit Silikon beschichtetes Glasfasergewebe unterschiedlicher Streifigkeit und Flexibilität. Zur Erhöhung der Biokompatibilität, insbesondere der Cytokompatibilität, werden auf die Oberfläche des Silikons ein oder mehrere biologisch aktive Substanzen ionogen und/oder kovalent gebunden. Als biologisch aktive Substanz offenbart
DE 101 21 623 A1 dabei Kollagen, da es Zelladhärenz und Zellvermehrung von Fibroblasten fördert, auf die Oberfläche ionogen gebunden.
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Der Nachteil dieser künstlichen Gewebe aus Glasfaser ist, genau wie bei anderen bekannten Herniennetzen, dass diese Gewebe/Netze bei ihrer Verwendung, bspw. bei chirurgischen Anwendungen oder in der Buchbinderei, vernäht oder geklammert werden müssen, dass sie kein bzw. nur ein ungenügendes Rückhaltevermögen für Flüssigkeiten, wie bspw. Kleber, aufweisen.
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Aus der Schrift
DE 103 05 811 A1 ist bekannt, dass das schnelle Einwachsen von Implantatmaterial in das natürliche Gewebe und die Verringerung der Narbenkontraktion durch die Freisetzung von Steroiden und einem Corticosteroid gewährleistet wird.
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Zur Vermeidung von Verwachsungen mit dem natürlichen Gewebe sind aus
DE 203 06 635 U1 Netze, welche aus einem Verbund aus nichtresorbierbaren mit resorbierbaren Materialien bestehen, bekannt.
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Auch Hydrogel-beschichtete Netze können als medizinisches Implantatmaterial eingesetz werden (hierzu u. a.
DE 101 06 546 A1 ).
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Aus der Schrift
DE 103 18 801 A1 ist ein selbstklebendes Netz bekannt, dessen Klebeigenschaft durch ein aldehydgruppenhaltiges Polymer hervorgerufen wird. Dabei sollen die Aldehydgruppen des Implantatsmaterials mit nucleophilen Gruppen (bspw. Aminogruppen) des natürlichen Gewebes reagieren.
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Der Nachteil dieser Lösung ist, dass die Reaktion reversibel ist, wodurch zelltoxische Aldehydgruppen durch die Rückreaktion freigesetzt werden. Hinzu kommt, dass die Reaktion gemäß
DE 103 18 801 A1 die freie Zugänglichkeit von nucleophilen Gruppen auf dem natürlichen Gewebe voraussetzt. Da die Oberfläche des natürlichen Gewebes jedoch mit Proteinen, Fetten oder Blut belegt ist, wird die Klebekraft dieser kovalenten, reversibelen Verbindung (Verklebung) enorm eingeschränkt/herabgesetzt.
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Aus der Schrift
DE 198 45 923 A1 ist ein Herstellungsverfahren für ein Hardcover-Buch bekannt, bei dem Buchblockrücken mittels einer Breitrollen-Maschine einer Verbundmaterialbahn zugeführt werden, die aus einer papierkaschierten Gaze besteht. Gemäß dieser Schrift wird das Verbundmaterial durch ein Sanforisierungsverfahren nachbehandelt und weist eine flache Feinkreppung mit einer Dehnbarkeit in Längsrichtung zwischen 5% und 15% auf.
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Das Ende der Verbundmaterialbahn wird gemäß
DE 198 45 923 A1 dem Buchblock quer zur Längserstreckung des Buchblockrückens zugeführt und am Buchblockrücken angeleimt. Nach Abschneiden von der Verbundmaterialbahn wird durch Beschneiden und Anleimen der Überstände am Vor- und Nachsatzpapier das Fälzel gebildet, das eine Dehnbarkeit quer zum Buchblockrücken aufweist. Der Buchblockrücken kann anschließend gerundet werden, wobei sich das Fälzel dehnt, ohne an Stabilität zu verlieren oder gar zu reißen.
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Die Verbundmaterialbahn/das Hinterklebematerials für den Buchblock ist eine Baumwollgewebebahn, die durch Auswaschen, Entschlichten, Bleichen und Trocknen vorbehandelt ist und anschließend mit einer Papierbahn mittels eines Klebers kaschiert wird. Auf diese Art und Weise wird das Verbundmaterial zur Glättung und Verfestigung kalandriert, wobei die noch feuchte Verbundmaterialbahn in Längsrichtung feinstufig gestaucht wird, wodurch eine Feinkreppung, die durch Trocknung oder Verbundmaterialbahn fixiert ist, erhalten wird.
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Der Nachteil dieses Verfahrens ist, dass das Hinterklebematerial für Flüssigkeiten, wie bspw. den Klebstoff, nur ein unzureichendes Haltepotential besitzt, so dass die Flüssigkeit, wie bspw. den Klebstoff, aus dem Hinterklebematerial tropft.
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Die Schrift
DE 36 19 531 A1 offenbart eine anatomische, kosmetische Gaze zur kosmetische Behandlung von unästhetischen Hauterscheinungen des Gesichtes und des Körpers aus einem reinen, engmaschigen Baumwollgewebe, das nach anatomischen Formen zugeschnitten und mit kosmetischen Substanzen mit öligen oder fettigem Träger getränkt ist, wobei die genannte Gaze durch Oberflächenhaftung aufgebracht und dort für genügend lange Zeit belassen wird. Bei den verwendeten Träger handelt es sich gemäß
DE 36 19 531 A1 um Lanolin- oder Vaselinverbindungen.
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Das Rückhaltevermögen dieser dickeren Baumwollgewebe ist, im Wechselspiel mit den höher viskosen Flüssigkeiten in Form der Lanolin- oder Vaselinverbindungen, für die kosmetische Behandlung ausreichend. Für bspw. chirurgische Anwendungen hingegen ist dieses dicke Baumwollgewebe mit ausreichenden Flüssigkeitsrückhaltevermögen für hochviskose Stoffe nicht geeignet.
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Aus der Schrift
DE 10 2004 046 019 A1 sind ein Verfahren zum Beschichten eines Netzes, insbesondere für den Sport und Freizeitbereich, sowie ein Netz, insbesondere ein Volleyballnetz, Fußballnetz, Tennisnetz oder ein Ballfangnetz bekannt. Dabei ist aus dieser Schrift bekannt, dass die Schwierigkeit besteht, dass das Material, insbesondere Polyester oder Polyamid, aus dem die Netzfäden hergestellt sind, nicht saugfähig ist und eine solche Oberflächenbeschaffenheit aufweist, dass die üblicherweise zum Bedrucken von Gegenständen verwendeten Druckfarben oder Sprühfarben darauf nur sehr schlecht haften.
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Gemäß
DE 10 2004 046 019 A1 zeichnet sich ein Verfahren zum Beschichten eines Netzes, insbesondere für den Sport und Freizeitbereich, welches einen Netzkörper mit einer Vielzahl von Maschen umfasst, die von Netzfäden begrenzt werden, und wobei auf die Netzfäden in einem das optisch sichtbare Zeichen definierenden Bereich des Netzkörpers Beschichtungsmaterial, insbesondere Flock (Kunststoffschaummaterial) bspw. durch Kleben, aufgebracht wird.
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Aus der Schrift
DE19746403A1 ist ein resorbierbarer Polyester bekannt, welcher in einer Vernetzungsreaktion mit einem Peroxid hergestellt ist, der einfach und kostengünstig herzustellen ist und Hydrolyse-Zeiten aufweist, aufgrund deren er insbesondere in der Implantat-Medizin eingesetzt werden kann, wobei der resorbierbare Polyester einen in siedendem Chloroform unlöslichen Anteil von etwa 10 Gew.-% oder mehr, bezogen auf die Gesamtmenge des Polyesters, aufweist.
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Aus der
DE 103 18 801 A1 sind Implantate mit einem flächigen Träger mit zwei Seiten, wobei auf mindestens einer Seite des Trägers eine resorbierbare Haftschicht vorgesehen ist, die an menschlichem und tierischem Gewebe zu haften vermag, bekannt. Die Haftschicht ist dabei selbsthaftend und kann ein Polymer, wie bspw. ein Polysaccarid sein.
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DE 101 06 546 A1 offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines medizinischen Implantats, das eine porige Grundstruktur, z. B. auf Polymerbasis, und mindestens ein Polyethylenoxid und/oder Polyethylenglykol enthaltendes Hydrogel-Element aufweist, bei dem eine wässrige Lösung, wässrige flüssige Mischung oder Schmelze, die Polyethylenoxid und/oder Polyethylenglykol enthält, zumindest in Teilbereichen auf die Grundstruktur aufgebracht. Durch Bestrahlung mit Gammastrahlen wird eine Vernetzung zu einem hydrophilen Hydrogel durchgeführt.
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Aus
DE 2 220 871 B2 ist ein Verfahren auf dem technischen Gebiet der Fensterleder- bzw. Reinigungslederherstellung bekannt, bei dem ein Trägerkörper aus Vliesstoff mit einer filmbildenden vulkanisierbarer Beschichtungsmasse beaufschlagt wird, wobei die Beschichtungsmasse im Anschluss daran verfestigt wird.
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EP 1 216 717 A1 offenbart verstärkte, biokompatible Gewebeimplantate, die aus bioabsorbierbaren geschäumten Polymeren, welche Poren aufweisen, sowie einer verstärkenden Komponente in Form eines Geflechtes bestehen, wobei sich beide Bestandteile des Implantats ineinanderhaken. Die geschäumte Schicht ist dabei mehrlagig ausgeführt
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WO 94/15651 A1 offenbart pulverförmige, vernetzte, wässrige Flüssigkeiten sowie Blut absorbierende Polymere (Superabsorber), gebildet aus a) 55–99,9 Gew.-% polymerisierten ungesättigten, polymerisierbaren, säuregruppenenthaltenden Monomeren, die mindestens zu 25 Mol-% neutralisiert sind, b) 0–40 Gew.-% polymerisierten ungesättigten, mit a) copolymerisierbaren Monomeren, c) 0,1–5,0 Gew.-% eines Vernetzungsmittels, d) 0–30 Gew.-% eines wasserlöslichen Polymeren, wobei 100 TL der teilchenförmigen Polymeren mit einer wässrigen Lösung aus höchstens 10 TL einer mindestens 10%igen Phosphorsäure und a) 0,05–0,3 TL einer Verbindung, die mit mindestens zwei Carboxylgruppen reagieren kann und keine alkalisalzbildende Gruppe im Molekül enthält, und/oder b) 0,05–1 TL einer Verbindung, die mit mindestens zwei Carboxylgruppen reagieren kann und eine alkalisalzbildende Gruppe im Molekül enthält, vermischt und auf 150–250°C erhitzt worden sind.
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DE 195 40 656 C2 offenbart ein künstliches Gewebe, bestehend aus einer formbaren Mischung aus einem Hydrogel, einem Elektrolyten sowie brennbaren Fasern, wobei die Mischung zur Nachbildung von Organen, Organteilen oder Organsystemen verwendbar ist.
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Durch die vorliegende Erfindung sollen die aufgezeigten Mängel des Standes der Technik auf einfache Art und Weise behoben, in dem ein modifiziertes künstliches Gewebe bereitgestellt wird, das eine sehr geringe Dicke (ein geringes Flächengewicht) aufweist, flexibel und gleichzeitig zugstabil ist, wobei es ein gutes Rückhaltevermögen für verschiedenste Flüssigkeiten aufweist.
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Darüber hinaus ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren anzugeben, um dieses modifizierte künstliche Gewebe herzustellen, sowie verschiedene Verwendungsmöglichkeiten des modifizierten künstlichen Gewebes aufzuzeigen.
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Die vorstehend genannte Aufgabe wird durch die Merkmale des 1., 4. und 8. Patentanspruchs gelöst sowie durch die Merkmale der nachgeordneten Ansprüche vorteilhaft ausgestaltet.
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Das Wesen der Erfindung liegt in der Bereitstellung, Herstellung und dem Einsatz von modifizierten künstlichen Gewebe umfassend einen beschichteten Netzkörper oder eine beschichtete perforierte Folie, wobei der Netzkörper oder die perforierte Folie mit einer Oberflächenstruktur-bildenden Substanz beschichtet ist, in dem diese Substanz eine Aufsaugbeschichtung, besonders bevorzugt eine flauschige Oberflächenstruktur, ist.
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Durch die erfindungsgemäße Aufsaugbeschichtung wird ein besonders effektives Aufsaugen/Rückhalten verschiedenster Flüssigkeiten, insbesondere eines medizinischen Klebstoffs, bewirkt. Dies hat zur Folge, dass die aufgesaugten/rückgehaltenen Flüssigkeiten nicht von dem künstlichen Gewebe abtropfen.
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Dies führt im Fall des medizinischen Klebstoffs dazu, dass kein Abtropfen des Klebers auf nicht an der Operation beteiligtes natürliches Gewebe erfolgen kann, was Schädigungen vermeidet.
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Erfindungsgemäß weist die erfindungsgemäße Oberflächenstruktur-bildenden Substanz funktionelle Gruppen auf, vermittels derer der medizinische Klebstoff chemisch unter Ausbildung kovalenter Bindungen reagiert.
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Die Erfindung wird nachstehend näher erläutert.
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Das erfindungsgemäße modifizierte künstliche Gewebe umfasst einen beschichteten Netzkörper oder eine beschichtete perforierte Folie, wobei der Netzkörper oder die perforierte Folie mit einer Oberflächenstruktur-bildenden Substanz beschichtet ist.
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Durch die Oberflächenstruktur-bildenden Substanz ist eine Aufsaugbeschichtung ausgebildet, die gel-, schaum- oder folienartig ist und keine Aldehydgruppen aufweist, wobei die Substanz ein abbaubares bzw. nicht abbaubares Polysaccharid ist.
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Besonders vorteilhaft ist die Aufsaugbeschichtung eine flauschige Oberfächenstruktur, die aus Polysacchariden besteht, die natürlichen Charakters bzw. chemisch modifiziert sein können, wobei auch Mischungen der Polysaccharide, die untereinander und/oder miteinander gegeben sind, im Rahmen der Erfindung liegen.
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Erfindungsgemäß ist außerdem, dass die Oberflächenstruktur-bildende Substanz durch kovalente Bindungen oder ionische sowie adhäsive Wechselwirkungen auf dem Netzkörper oder der perforierten Folie haften.
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Der Netzkörper oder die perforierte Folie an sich bestehen aus einem reißfesten Polymer, vorzugsweise aus Polytetraflourethylen, Polyester Polyamid, Polypropylen oder Polyaramid.
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Das erfindungsgemäße modifizierte künstliche Gewebe wird hergestellt, indem ein Netzkörper, der eine Vielzahl von Maschen umfasst, die von Netzfäden begrenzt werden, erzeugt wird, wobei auf die Netzfäden ein Oberflächenstruktur-bildender Stoff, aufgebracht wird. Dazu werden, die folgenden Verfahrensschritte durchlaufen:
- 1. Anordnen der Netzfäden auf einer Oberfläche,
- 2. Ausrichten der Netzfäden auf der Oberfläche in der Art und Weise, dass die von den Netzfäden einer Masche begrenzte Maschenfläche bezogen auf die Maschenfläche des Netzes im aufgespannten Zustand verkleinert ist,
- 3. Verbinden der Netzfäden und
- 4. Aufbringen des Oberflächenstruktur-bildenden Stoffes auf den Netzkörper.
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Das Verbinden der Netzfäden in Schritt 3 erfolgt dabei durch Verkleben, Verschweißen oder Verknüpfen.
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Alternativ dazu kann das erfindungsgemäße Gewebe durch Weben oder Stricken der Netzfäden gemäß dem Stand der Technik hergestellt und im Anschluss daran mit der Aufsaugbeschichtung versehen werden.
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Eine weitere Möglichkeit, das erfindungsgemäße modifizierten künstlichen Gewebe herzustellen besteht darin, dass der Netzkörper aus einer Folie, die eine Vielzahl von Löchern umfasst, die diese regelmäßig oder unregelmäßig vollständig durchsetzen, hergestellt wird, indem auf die Folie ein Oberflächenstruktur-bildender Stoff, aufgebracht wird. Dazu werden, die folgenden Verfahrensschritte durchlaufen:
- 1. Anordnen der Folie in einer Ebene,
- 2. Durchlöchern der Folie,
- 3. Aufbringen des Oberflächenstruktur-bildender Stoffes auf die perforierte (durchlöcherte) Folie.
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Das Durchlöchern der Folie in Schritt 2 erfolgt durch Durchstechen, Durchlasern, Durchbohren oder Durchätzen.
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Alternativ zum Durchlöchern besteht auch die Möglichkeit, das Foliengrundmaterial mit Zuschlagstoffen zu versehen, welche nach dem Fertigen des Foliengrundkörpers aus diesem herausgelöst werden. Zuschlagstoffe können dabei bspw. Salze sein.
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Alternativ dazu kann die erfindungsgemäße Folie gemäß dem Stand der Technik hergestellt und im Anschluss daran mit der Aufsaugbeschichtung versehen werden.
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Das erfindungsgemäße Gewebe hat den Vorteil, dass es eine sehr geringe Dicke aufweist, flexibel und gleichzeitig zugstabil ist, wobei es ein gutes Rückhaltevermögen für verschiedenste Flüssigkeiten aufgrund der modifizierten (flauschigen) Oberfläche besitzt, so dass es sehr vielfältig einsetzbar ist, wie bspw. als Hinterklebematerial:
- – zum Verkleben von biologischem, tierischem oder menschlichem Gewebe,
- – zum Verkleben eines Buchblockes eines Buches
oder bspw. als Trägermaterial für kosmetische Stoffe und Flüssigkeiten.
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Über die Eigenschaften der vermittels der Oberflächenstruktur-bildenden Substanz ausgebildeten Aufsaugbeschichtung, wie bspw. deren Dicke, Porosität, Hydrophilie oder Lipophilie, wird ist die Saugfähigkeit des erfindungsgemäßen künstlichen Gewebes einstellbar.
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Als medizinische Kleber zum Verkleben der erfindungsgemäßen Implantatnetze/-folien können vorzugsweise Kleber auf Basis von Isocyanaten bzw. Cyanacrylaten verwendet werden.
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Zur besseren Handhabbarkeit kann das erfindungsgemäße Gewebe einseitig oder beidseitig mit einer Schutzfolie versehen sein, wobei sich die Oberflächenstruktur-bildenden Substanz einseitig oder beidseitig auf dem Netz/der perforierten Folie befinden kann.
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Gemäß der Erfindung kann das erfindungsgemäße Gewebe auch mit Röntgen-detektierbare Markierungen versehen sein und/oder für die speziellen Verwendungen über eine definiert vorgegebene geometrische Form und/oder spezielle Verstärkungspunkte/-flächen zum Verkleben/Vernähen verfügen.
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Vorteilhaft an dem erfindungsgemäßen modifizierten künstlichen Gewebe ist, dass ein Aufsaugen von Flüssigkeiten, wie bspw. medizinischen Kleber, sowohl durch die Beschichtung aus Oberflächenstruktur-bildenden Substanz als auch durch die Maschenzwischenräume des Netzes bzw. die Ausnehmungen der porösen Folie erfolgt. Dabei kann das modifizierte künstliche Gewebe kurz vor seinem Einsatz mit der Flüssigkeit, bspw. einem Kleber, getränkt werden oder bereits geraume Zeit vor seinem Einsatz die Flüssigkeit, bspw. einen Kleber, tragen.
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1. Ausführungsbeispiel
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Ein Netz aus Polyester wird in einer alkoholischen Lösung mit heterobifunktionellen Kopplungsreagenzes, das eine photochemisch aktivierbare Azidgruppe und eine Aminogruppe enthält, getaucht und anschließend getrocknet. Durch Belichtung mit UV-Licht reagiert das Kopplungsreagenz mit dem Polyesternetzwerk. Die so mit Aminogruppen versehene Netzoberfläche wird anschließend mit oxidierter Stärke unter Bildung von Iminogruppen umgesetzt. Der Aufbau der Beschichtung wird durch abwechselndes Tauchen des Netzes in einer Diaminlösung und in einer Lösung mit oxidierter Stärke fortgesetzt. Anschließend werden die Iminogruppen und überschüssigen Aldehydgruppen der oxidierten Stärke in der Beschichtung mittels einer Lösung von Natriumborhydrid reduziert, so dass eine Rückreaktion verhindert wird. Am Ende dieses Reaktionsschrittes liegen weder Aldehyd- noch Iminogruppen vor. Vor der Verklebung wird das beschichtete Netzwerk mit Cyanomethylacrylat getränkt.
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2. Ausführungsbeispiel
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Ein Netz aus Polyamid wird in eine alkoholische Lösung heterobifunktionellen Kopplungsreagenzes, das eine photochemisch aktivierbare Azidgruppe und eine Aldehydgruppe enthält, getaucht und anschließend getrocknet. Durch Belichtung mit UV-Licht reagiert das Kopplungsreagenz mit dem Netzwerk. Die so mit Aldehydgruppen versehene Netzoberfläche wird anschließend mit deacetyliertem Chitosan unter Bildung von Iminogruppen umgesetzt. Der Aufbau der Beschichtung wird durch abwechselndes Tauchen des Netzes in einer wässrigen Glutaraldehyd-Lösung und in einer Lösung mit deacetyliertem Chitosan fortgesetzt.
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Anschließend erfolgt eine Reaktion der überschüssigen Aldehydgruppen mit Amino-Styrol. (Die durch diesen Reaktionsschritt auf die Beschichtung gekoppelte Styroleinheit stellt die ungesättigten Kohlenstoffdoppelbindungen für die anionische Polymerisation mit dem Cyanomethylacrylat zur Verfügung.) Nach Umsetzung mit einer wässrigen Lösung aus Natriumborhydrid zur chemischen Reduzierung überschüssiger Aldehyd- und/oder Iminogruppen wird das Implantat gespült und getrocknet. Vor der Verklebung wird das beschichtete Netzwerk mit Cyanomethylacrylat getränkt.
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3. Ausführungsbeispiel
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Ein Netz aus Polypropylen wird in eine alkoholische Lösung heterobifunktionellen Kopplungsreagenzes, das eine photochemisch aktivierbare Azidgruppe und eine Aminogruppe enthält, getaucht und anschließend getrocknet. Durch Belichtung mit UV-Licht reagiert das Kopplungsreagenz mit dem Polyesternetzwerk. Die so mit Aminogruppen versehene Netzoberfläche wird anschließend mit oxidierter Stärke unter Bildung von Iminogruppen umgesetzt. Der Aufbau der Beschichtung wird durch abwechselndes Tauchen des Netzes in einer Diaminlösung und einer Lösung mit oxidierter Stärke fortgesetzt. Anschließend werden die Iminogruppen und überschüssigen Aldehydgruppen der oxidierten Stärke in der Beschichtung mittels einer Lösung von Natriumborhydrid reduziert. Das beschichtete Netz wird gefriergetrocknet. Vor der Verklebung wird das beschichtete Netzwerk mit Hexamethylendiisocyanat getränkt.
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4. Ausführungsbeispiel
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Ein Netz aus Polymerpropylen wird mittels radikalischer Propfpolymerisation mit Methacrylsäure unter Beteiligung von Fenton's-Reaganz umgesetzt. Die an der Oberfläche entstandenen Carboxylgruppen werden mit einem wasserlöslichen Carbodiimid aktiviert und mit Chitosanlösung umgesetzt. Das so modifizierte Netz wird in eine frisch zubereitete Lösung aus Chitosan und oxidiertem Dextran gelegt. Durch Zugabe eines Amins mit Doppelbindung (para-Aminostyrol) werden die freien Aldehydgruppen der oxidierten Dextran-Komponente abgesättigt. Anschließend erfolgt eine Reduktion mit Natriumborhydrid. Nach Gefriertrocknung erhält man ein Netz, welches kovalent mit dem Polysaccharid beschichtet und umgeben ist. Vor dem Verkleben wird auf das Netz der Isocyanat-Kleber getropft. Das Polysaccharidgewebe saugt den Kleber auf und bildet zusätzlich eine kovalente Bindung mit den vorhandenen Doppelbindungen aus.
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Mit den Ausführungsbeispielen 1–4 hergestellten, flächigen Implantaten konnten im Labortest Bauchfelle, Muskelgewebe, Leberrisse als Beispiel für Organgewebe, Sehnen und Blutgefäße geklebt werden.
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Alle in der Beschreibung, den Ausführungsbeispielen und den nachfolgenden Ansprüchen dargestellten Merkmale können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination miteinander erfindungswesentlich sein.