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Die Erfindung betrifft eine selbstschärfende, schnitthaltige Schneidrotoranordnung (alternativ auch als Schneidwerkzeug oder Messer bezeichnet) für Mühlen, die im Wesentlichen nach dem Schneid- oder Scherprinzip funktioniert. Das Schneidwerkzeug kann daher beispielsweise in Rotorscheren, Granulatoren, Schneidmühlen und Feinschneidmühlen oder auch in Zahnkranzkolloidmühlen zur Zerkleinerung plastischer bis viskoelastischer Materialien eingesetzt werden.
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In zahlreichen industriellen Branchen und auch in der heimischen Küche werden unterschiedlichste Materialien zerkleinert, um in Form von Granulaten oder Pulvern verarbeitet bzw. weiterverarbeitet zu werden. Ziel der Zerkleinerung ist die Herstellung definierter Produkteigenschaften unter ökonomischen und ökologischen Randbedingungen. Insbesondere eine Zerkleinerung von zähen (visko-elastischen) Materialien stellt hierbei hohe Anforderungen an die eingesetzten Zerkleinerungstechnologien. Zur Zerkleinerung der genannten visko-elastischen Materialien (dies können beispielsweise Gewürze, Holz, Kunststoff, Gummi oder Naturfasern sein) werden auf dem Schneid- und Schermechanismus basierende Maschinen bzw. Vorrichtungen verwendet. Dem Schneid- und Schermechanismus sind dabei in vielen Fällen Druck-, Zug-, Biege- und Torsionsbeanspruchungen überlagert. Im Gegensatz hierzu werden mineralische Rohstoffe, die ein sprödes Bruchverhalten aufweisen, vor allem durch Prall oder Druck zerkleinert.
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Anders als bei der Prallbeanspruchung, bei der eine Erhöhung der Feinheit vor allem durch die Erhöhung der Zerkleinerungsenergie bzw. der Prallgeschwindigkeit erreicht wird, sind hohe Feinheiten beim Schneid- und Schervorgang nur durch exakte Werkzeuggeometrien in Form von geringen Abständen zwischen Rotor- und Statormessern und scharfen Schnittkanten realisierbar. Dem entgegen steht der Verschleiß an den zerkleinerungswirksamen Bereichen der Werkzeuge. Die Schnitthaltigkeit, d. h. das Beibehalten einer ausreichenden Schärfe der zerkleinerungswirksamen Werkzeugbestandteile, von Zerkleinerungswerkzeugen bei der Zerkleinerung visko-elastischer Materialien ist somit von zentraler Bedeutung für Maschinenbauer und Anwender.
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Der Kantenradius des Rotormessers (dies ist der Radius, der in der Regel durch zwei aufeinandertreffende Oberflächen des Schneidwerkzeugs gebildeten Schneidkante) bestimmt durch Spannungskonzentration an der Schneidkante die Keilwirkung bei der Zerkleinerung. Durch Verschleiß vergrößert sich dieser Kantenradius.
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Anstelle eines exakten Schnittes geht der Trennmechanismus dadurch eher zum Gleitbruch mit hoher Verformung über. Die erforderliche Schneidenergie steigt erheblich, die Trennebene im Zerkleinerungsgut wird undefiniert. Parallel zur Vergrößerung des Kantenradius erhöht sich bei konventionellen Maschinen, die auf dem Rotor-Stator-Prinzip basieren, auch der abstand zwischen Rotor und Stator. Mit steigendem Abstand wandelt sich der Zerkleinerungsvorgang von einem Schneidvorgang zu einem Quetsch- und Reißvorgang, bei dem das Zerkleinerungsgut in den größer werdenden Schneidspalt eingezogen wird. Eine über die Dauer des Produktionsprozesses konstante Messerschärfe und ein konstanter Rotor-Stator-Abstand sind daher wünschenswerte Voraussetzungen für gleichbleibend hohe Produktqualität und hohe Energieeffizienz des Zerkleinerungsprinzips.
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Bekannte Maßnahmen zur Erhöhung bzw. Beibehaltung der Schnitthaltigkeit von Zerkleinerungswerkzeugen beschränken sich in der Regel auf die Verlängerung der wartungsfreien Intervalle durch Werkstoff- oder Oberflächenhärtung. Das Messer muss hierbei aber dennoch häufig demontiert und nachgeschliffen werden und der Schneidspalt muss häufig nachjustiert werden.
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Aus dem Stand der Technik bekannte, selbstschärfende Vorrichtungen zur Zerkleinerung beziehen sich in der Regel auf Schleifmittel, in denen kontinuierlich harte Partikel durch Abtragen einer Matrix freigelegt werden.
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DE 69 225 498 beschreibt eine Methode zur Herstellung einer definierten Makrostruktur für Schleifscheiben durch Verwendung von Lochblenden und treibmittelgefüllten Pulverausgangsstoffen, welche einen Selbstschärfungseffekt zeigt. Die
DE 69 000 711 beschreibt eine Walzenmühle für die Süßwarenindustrie, die sich ebenfalls der Aufgabe eines selbstschärfenden Mechanismuses stellt. Hierfür wird jedoch kein werkstofflich basierter Lösungsansatz angegeben. Die
DE 36 07 907 beschreibt einen durch Ionenimplantation bei einer Messerschneide erzielten Selbstschärfungseffekt.
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Die genannte Patentanmeldung
DE 3 607 907 bezieht sich ausschließlich auf die Ionenimplantation zur Erzielung der Oberflächenhärtung der Schneidkante. Die gezeigte Messerform eignet sich nicht für Mühlen mit rotierenden Messern.
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Die gezeigte Messerschneide lässt sich also für Papierschneidemaschinen, nicht jedoch für Mühlen einsetzen. Die Druckschrift
DE 44 40 582 betrifft dasselbe Anwendungsgebiet. Hierbei wird der Begriff selbstschärfend zwar erwähnt, aber nicht durch werkstoffliche Vorrichtungen begründet.
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Aus der
EP 0 875 323 ist eine Hartstoffbeschichtung für Messer oder Schneiden mit Hartstoffpartikeln sowie mit einer solchen Hartstoffbeschichtung versehenen Messer und Schneiden bekannt.
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Die
DE 101 24 301 A1 beschreibt Messer für Fleischzerkleinerungsmaschinen, die zur Zerkleinerung von Fleisch verwendet werden.
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Aus der
DE 199 02 818 sind Metallmesser mit speziell angepasster Materialverhärtung für Zerkleinerungs- und Schneidmaschinen bekannt.
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Zudem betrifft die
DE 197 48 110 C2 ein Schneidmesser einer Längs- oder Querschneideinrichtung für einen Falzapparat einer Rollenrotationsdruckmaschine.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ausgehend vom Stand der Technik, ein Schneidwerkzeug bzw. eine Schneidrotoranordnung für Mühlen und ein Schneidwerkzeug-Konstruktionsprinzip zur Verfügung zu stellen, welche es ermöglichen, dass sich das Schneidwerkzeug bei Gebrauch durch gezielte Abrasion dauerhaft selbst schärft und somit langanhaltend schnitthaltig bleibt, ohne dass sich dabei der Rotor-Stator-Abstand vergrößert. Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es darüberhinaus, eine Anordnung aus mehreren solcher Schneidwerkzeuge und eine Zerkleinerungsmühle zur Verfügung zu stellen, welche erfindungsgemäße Schneidwerkzeuge aufweisen.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch ein Schneidwerkzeug bzw. eine Schneidrotoranordnung nach Anspruch 1, sowie durch eine Zerkleinerungsmühle nach Anspruch 20 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungsformen des Schneidwerkzeugs sind in den entsprechenden abhängigen Ansprüchen beschrieben.
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Für das Prinzip der Selbstschärfung spielen tribologische Eigenschaften und Verschleißeigenschaften die entscheidende Rolle. Die Selbstschärfung wird durch gezielte Abrasion des Rotormessers durch das Schnittgut erzielt; das Prinzip der Selbstschärfung basiert bei der erfindungsgemäßen Schneidrotoranordnung bzw. beim erfindungsgemäßen Schneidmesser auf der Kombination gezielter Oberflächenhärtung bzw. der Ausbildung einer harten Beschichtung, der nachstehend genauer beschriebenen geometrischen Ausbildung des Schneidmessers und die aufeinander abgestimmten Eigenschaften der Werkzeugwerkstoffe (hierbei sind insbesondere die Duktilität, die Härte und die tribologischen Eigenschaften der beim erfindungsgemäßen Schneidwerkzeug kombinierten Werkstoffe entscheidend). Entscheidend ist weiter, dass lediglich ein begrenzter Anteil bzw. eine dünne Schicht bzw. Beschichtung der Werkzeugoberfläche als gehärtete Komponente (harte Beschichtung) ausgebildet ist. Als hoch verschleißfeste Beschichtung kommen hierbei keramische Beschichtungen oder die Ausbildung einer Hartmetall-Hartschicht in Betracht, wenn das Schneidwerkzeug insgesamt als Gradienten-Hartmetall (bzw. Funktionsgradienten-Hartmetall) ausgebildet ist.
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Unter Keramik bzw. keramischer Beschichtung wird hierbei ein nicht metallischer anorganischer, vollständig oder teilweise kristalliner Werkstoff, welcher bei der Herstellung auf hohe Temperaturen erhitzt wird, verstanden. Geeignet sind hierbei vor allen Dingen Hochleistungskeramiken aus der Gruppe der Silikatkeramiken, der Oxidkeramiken oder der Nichtoxidkeramiken. Als Hartmetalle werden Legierungen bezeichnet, die auf pulvermetallurgischem Wege aus metallischen Hartstoffen und aus zähen Metallen der Eisengruppe, sog. Bindemetallen, hergestellt werden. Die Hartstoffphase besteht meistens aus Karbiden bzw. weist Karbide auf. Insbesondere für den Einsatz im Rahmen der erfindungsgemäßen Schneidwerkzeuge ist das Wolframkarbid (WC) geeignet. Die Bindemetallphase wird vorzugsweise durch Kobalt (Co) gebildet. Da an der Grenzfläche von der Hartmetall-Hartbeschichtung und dem eine geringere Härte aufweisenden Substrat unter Umständen Probleme auftreten können (Lösung der Beschichtung unter Belastung) werden bevorzugt Funktionsgradienten-Hartmetalle eingesetzt. Hierbei existiert anstelle einer scharf definierten Grenzfläche zwischen harter Beschichtung und Hartmetall innerhalb des Substrats bzw. Substratkörpers ein kontinuierlicher Übergang der Härte von der Außenschicht bzw. Beschichtung ins Innere des Substrats. Funktionsgradienten-Hartmetalle können vor allen Dingen durch Vakuumsintern oder Mikrowellensintern hergestellt werden.
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Die Beschichtung und der Substratkörper unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Werkstoffeigenschaften derart, dass der Substratkörper eine höhere Biegefestigkeit gegenüber der Beschichtung aufweist. Das Härteverhältnis von Substrat- und Beschichtungswerkstoff beträgt vorteilhafterweise etwa 1:1.5. Das Abrasionsverhalten des Substratkörpers soll zudem im Vergleich zur Beschichtung erhöht sein, um die selbstständige Ausbildung einer scharfen Schnittkante zu ermöglichen. Dies wird erfindungsgemäß durch einen höheren Gleitreibungskoeffizienten (auch als Reibbeiwert, Reibungszahl oder Reibungskoeffizient bezeichnet) der Paarung Substratkörper/Zerkleinerungsgut im Vergleich zum Gleitreibungskoeffizienten der Paarung Beschichtung/Zerkleinerungsgut erreicht.
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Ergänzend zum Verbundaufbau des Werkzeuges ist zur Beibehaltung des Spaltabstandes eine bestimmte Messerform erforderlich, die ebenfalls Gegenstand dieser Erfindung ist. Die dem Stator zugewandte Seite des Messers ist gekrümmt. Der Krümmungsradius entspricht dem Radius bzw. dem Abstand von der Rotormitte bis zur Messeraußenkante.
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Ein erfindungsgemäßes Schneidwerkzeug weist gegenüber Schneidewerkzeugen nach dem Stand der Technik eine Reihe von Vorteilen auf: Durch den Einsatz eines erfindungsgemäßen, selbstschärfenden, schnitthaltigen Schneidwerkzeugs in Schneidmühlen kann der Wartungsaufwand der Schneidmühle minimiert und somit die Verfügbarkeit der Mühle deutlich erhöht werden. Hierdurch wird die Wirtschaftlichkeit eines mit einer Schneidmühle durchgeführten Zerkleinerungsprozesses deutlich verbessert. Schneidwerkzeuge in Schneidmühlen werden heute bei Erreichen eines gewissen Kantenradiuses der Messerschneide (stumpfe Messer) bzw. beim Überschreiten eines festgelegten Spaltabstandes demontiert, außerhalb der Mühle nachgeschliffen und wieder montiert und aufwendig justiert. Diese regelmäßigen Wartungsvorgänge entfallen durch den Einsatz von erfindungsgemäßen Schneidrotoranordnungen bzw. Messern, die sich während des Schneidprozesses kontinuierlich selbst schärfen und so bis zum vollständigen Abtragen des Messers schnitthaltig bleiben. Zudem bewirkt der Einsatz selbstschärfender erfindungsgemäßer Messer eine über die gesamte Nutzungsdauer der Messer konstante Produktqualität und Durchsatzleistung bei Schneidmühlen. Die heutige Technik verursacht Qualitätsschwankungen auf der Produktseite, da es sich bei der Zerkleinerung mit stumpfen Messern um einen Trennprozess handelt, der sich grundsätzlich von dem des scharfen Messers unterscheidet: Anstelle eines definierten Schnittes mit Konzentration der Spannungen an der Schneidkante wird das Material bei der Zerkleinerung mit stumpfen Messern „abgequetscht” und beginnt unter der Druckbelastung zu fließen, woraus der größere Schneidweg resultiert. Das Material versagt schließlich schlagartig, was sich auch akustisch durch ein lautes Geräusch äußert. Die bei stumpfen Messern auftretenden hohen Schneidkräfte und der große Schneidweg verursachen auch eine deutlich größere Zerkleinerungsarbeit (Zerkleinerungsarbeit = Kraft·Weg) als sie bei erfindungsgemäßen selbstschärfenden Messern bzw. bei scharfen Messern aufgebracht werden muss. Der Einsatz schnitthaltiger, selbstschärfender Messer ermöglicht daher eine konstant niedrige Stromaufnahme des Mühlenantriebs über die gesamte Nutzungsdauer der Messer.
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Erfindungsgemäße Schneidwerkzeuge bzw. Schneidrotoranordnungen können, wie in dem nachfolgend beschriebenen Beispiel mit dazugehörigen 1a und 1b dargestellt, aufgebaut sein und verwendet werden. Zunächst wird anhand der 2 die Rotor-Stator-Anordnung einer Mühle nach dem Stand der Technik genauer beschrieben. Gleiche oder sich entsprechende Bestandteile der Vorrichtung nach dem Stand der Technik bzw. der erfindungsgemäßen Schneidrotoranordnung weisen hierbei identische Bezugszeichen auf.
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2 zeigt die Geometrie eines konventionellen Rotormessers 5 als Bestandteil einer konventionellen Schneidrotoranordnung sowie die konventionelle Anordnung des Rotormessers 5 und des Statormessers 6. 2a zeigt einen Schnitt in einer Ebene senkrecht zu den Schneidflächen. 2b zeigt eine dreidimensionale Skizze des Rotormessers 5. βR bezeichnet den Keilwinkel, unter dem die beiden nicht gekrümmten, ebenen Schneidflächen 5a und 5b des Rotormessers 5 an der Schneidkante 4 aufeinander treffen. rad bezeichnet den Schneidkantenradius, der in hohem Maße die Schneidenergie beeinflusst. Wie 2b zeigt, ist die Schneidkante 4 im vorliegenden Fall durch den Gebrauch abgestumpft, sodass die reale Schneidkante 4 von der gestrichelt eingezeichneten idealen Schneidkante 4a deutlich abweicht. Durch die Rotationsbewegung (Drehrichtung D) bewegt sich die Schneidkante 4 des konventionellen Rotormessers 5 auf dem Umfangskreis U um das Drehzentrum bzw. Rotationszentrum R der Schneidrotoranordnung. r ist der Abstand von dem Drehzentrum bzw. der Rotormitte zur Messeraußenkante bzw. zur Schneidkante 4. Der Winkel zwischen der ebenen Schneidfläche 5b und der Tangente T am durch die Rotation der Schneidkante 4 gebildeten Umfangskreis bzw. an die entsprechende Umfangsfläche U (T ist die Tangente an den Punkt des Umfangskreises, bei dem die Schneidkante 4 des Rotors und die Schneidkante 6c des Stators den kleinsten Abstand haben) beträgt αR. Der Winkel, unter dem die beiden ebenen Schneidflächen 6a und 6b des Statormessers 6 an der Schneidkante 6c des Statormessers zusammen treffen, beträgt βS. Die Schneidfläche 6a ist um den Winkel γS gegen die Radialrichtung geneigt. Die Schneidfläche 6b ist gegen die Tangentialrichtung um den Winkel αS geneigt. Die Neigung der ebenen, nicht gekrümmten Schneidfläche 5a des Rotormessers 5 gegen die Radialrichtung bzw. die Verbindungslinie von Schneidkante 4 des Rotormessers 5 und Drehzentrum beträgt γR . Die Größe des Schneidspaltes bzw. des minimalen Abstandes der Schneidkante 4 des Rotormessers 5 und der Schneidkante 6c des Statormessers 6 ist mit s bezeichnet. Aufgrund der geometrischen Ausgestaltung des Rotormessers 5 und des Statormessers 6 sowie der relativen Anordnung der beiden Messer zueinander verbreitert sich der Schneidspalt s mit zunehmender Abnutzung an der Schneidkante 4 des Rotormessers.
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1 zeigt einen Schnitt durch ein erfindungsgemäßes Schneidwerkzeug bzw. eine erfindungsgemäße Schneidrotoranordnung (Schnitt in einer Ebene senkrecht zu den Schneidflächen). 1a zeigt die Anordnung einer erfindungsgemäßen Schneidrotoranordnung sowie eines Statormessers in einer Mühle. 1b zeigt die Schneidflächen sowie den Verbundaufbau und die Wirkungsweise des Messers im Detail. Die Krümmung des Messers, die zu einem konstanten Spaltabstand des Spaltes zwischen Rotor und Stator während der Abnutzung führt, ist in 1a sichtbar, in der Detaildarstellung in 1b aufgrund des kleinen Maßstabes jedoch nicht.
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Das Schneidwerkzeug weist einen Schneidkörper 1, 2 auf, welcher zwei an einer Schneidkante 4 unter einem Keilwinkel β aufeinandertreffende Schneidflächen 1a, 2a aufweist. Der Schneidkörper 1, 2 besteht aus einem Substrat bzw. Substratkörper 2, welches bzw. welcher eine erste Härte (Substrathärte) aufweist. Der Substratkörper 2 weist auf einer Seite eine Beschichtung auf, deren Härte deutlich größer als die Härte des Substratkörpers ist. Die mittlere Dicke d der Beschichtung 1 ist hierbei wesentlich kleiner als die mittlere Dicke D des Substratkörpers senkrecht zur Beschichtung 1. Die Beschichtung 1 wird alternativ auch als Beschichtungslamelle bezeichnet. Substratkörper 2 und Beschichtung 1 sind nun so gestaltet, dass die erste Schneidfläche 1a des Schneidwerkzeugs durch die (substratkörperabgewandte) Oberfläche der Beschichtung 1 gebildet wird. Die zweite Schneidfläche 2a des Schneidwerkzeugs wird durch die an der Schneidkante 4 auf die erste Schneidfläche 1a treffende zweite Schneidfläche 2a des Substratkörpers 2 gebildet. Der Keilwinkel β beträgt im vorliegenden Fall 45°.
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Die gehärtete Oberfläche 1a bzw. die Beschichtung 1 besitzt einen geringen Reibbeiwert bzw. eine geringe Reibungszahl μ. Der Schneidkörper bzw. Messergrundkörper 2 besteht, wie bereits beschrieben, aus einem deutlich weicheren Werkstoff und besitzt im Vergleich zu der Beschichtung 1 einen höheren Reibbeiwert.
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In 1b skizziert sind die Kräfteverhältnisse beim Einführen des Messers 1, 2 in den zu zerschneidenden Gegenstand 3: Fv ist die Einführ-Vorschubkraft. Mit N ist die Normalkraft bzw. sind die Normalkräfte (diese wirken senkrecht zu den Schneidflächen 1a, 2a auf die Schneidflächen) bezeichnet. Die gezeigten Reibekräfte ergeben sich dementsprechend als Produkt von Reibbeiwert μ und Normalkraft N.
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Entscheidend ist somit, dass lediglich eine Seite bzw. eine Schneidflächen-Oberfläche des Messers oberflächlich gehärtet ist (Beschichtung). Die Härtung bzw. Beschichtung ist hierbei im Vergleich zum Grundkörper bzw. Schneidkörper sehr dünn ausgeführt. Dadurch, dass der Messergrundkörper aus einem deutlich weicheren Werkstoff wie die Beschichtung besteht und im Vergleich zur Beschichtung einen höheren Reibbeiwert besitzt, sowie durch die gezeigte Geometrie des Messers verursacht der Kontakt des Schnittguts 3 mit dem weicheren Werkstoff des Messergrundkörpers 2 definierte Abrasion an der unbeschichteten Oberfläche 2a des Messers. Die dünne Beschichtungslamelle 1 nutzt entsprechend des Härteverhältnisses zwischen Beschichtung und Grundkörperwerkstoff derart ab, dass sich permanent eine messerscharfe Schneidkante 4 unter Beibehaltung des Messerkanten-Stator-Abstandes ausbildet.
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Entscheidend bei der erfindungsgemäßen Schneidrotoranordnung ist weiterhin die relative Anordnung der Schneidrotoranordnung (mit dem Schneidkörper 1, 2) und des Statormessers 6 (mit seinen ebenen Schneidflächen 6a und 6b sowie seiner Schneidkante 6c) zueinander sowie insbesondere die spezielle geometrische Ausgestaltungsform des Schneidkörpers der Schneidrotoranordnung. Dies ist in 1a gezeigt. R ist das Rotationszentrum der Schneidrotoranordnung. r ist der Abstand von dem Rotationszentrum bzw. der Rotormitte bis zur Messeraußenkante (Schneidkante 4) bzw. zum am Weitesten vom Rotationszentrum entfernten Punkt der in Bezug auf das Rotationszentrum R außenliegenden Schneidfläche 1a. U kennzeichnet den Umfangskreis bzw. genauer gesagt die Umfangsfläche, welcher bzw. welche durch die Rotation der Schneidkante 4 der Schneidrotoranordnung ausgebildet wird. D zeigt die Drehrichtung der Schneidrotoranordnung. Der Schneidkörper der Schneidrotoranordnung (mit seinem Substratkörper 2 und seiner Beschichtung 1) ist mit einer Schraube 8 an einem tragenden Grundkörper 7 der Schneidrotoranordnung (der nicht vollständig gezeigt ist) befestigt. Die dem Stator 6 zugewandte Seite des Schneidkörpers bzw. die dem Rotationszentrum R abgewandte Seite des Schneidkörpers (also die Schneidfläche 1a der Beschichtung 1) ist nicht eben, sondern gekrümmt ausgebildet. Der Krümmungsradius entspricht hierbei dem Radius r von der Rotormitte R bis zur Messeraußenkante bzw. bis zur durch die dem Substratkörper abgewandte Oberfläche der Beschichtung 1 ausgebildete erste Schneidfläche 1a. Darüber hinaus ist die Schneidfläche 1a vollständig auf einem Teil einer Zylinderoberfläche eines Zylinders mit Radius r und Zentralachse senkrecht zur gezeigten Schnittebene durch R angeordnet bzw. ist die Schneidfläche 1a auf der durch die Rotation der Schneidkante 4 definierten Zylinderumfangsfläche (die in der gezeigten Ebene dem Umfangskreis U entspricht) angeordnet. Eine Tangente an die Schnittfläche 1a ist somit über die gesamte Schnittfläche 1a ebenfalls eine Tangente des Umfangskreises U. Es kommt somit zu einem Abschneiden des Schnittgutes in Tangentialrichtung. Darüber hinaus ändert sich aus diesem Grund auch bei zunehmender Abrasion der Schneidkante 4 der Spaltabstand s bzw. der Minimalabstand zwischen Rotorschneidkante 4 und Statorschneidkante 6c nicht. Der Rotormesserkanten-Stator-Abstand wird daher auch bei zunehmendem Betrieb beibehalten.
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Das Schneidwerkzeug ist als Funktionsgradienten-Hartmetall-Werkzeug ausgeführt wie nachfolgend beschrieben. Alternativ hierzu ist es jedoch auch möglich, das Messer als Keramik-Metall-Verbund auszuführen (die dünne Beschichtungslamelle 1 ist dann als Keramik ausgeführt, der Messergrundkörper 2 aus Metall, insbesondere aus Werkzeugstahl). Im vorliegenden Fall weisen der Substratkörper 2 und die Beschichtung 1 jedoch eine Wolframkarbid-Kobalt-Hartmetalllegierung auf (Kobaltanteil hier 10 Massen-%).
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Durch die Konzentration von Hartstoffen (alternativ auch als Härtungsmaterialien bezeichnet) an der dem Stator zugewandten Oberfläche bzw. Schneidfläche (Außenseite des Schneidkörpers) des Substrate bzw. in einem entsprechenden dieser Schneidfläche nahen Oberflächenbereich des Substrate entsteht eine hier 10 μm dicke Hartschicht, es liegt also ein Schneidkörper mit einer 10 μm dicken Beschichtung 1 vor. Diese Hartschicht ist als Gradientenschicht ausgebildet, sodass die Härte zur Außenseite bzw. zur ersten Schneidfläche 1a hin ansteigt. Diese Hartschicht besitzt somit keine definierte Grenzfläche zum Substratkörper 2, sondern der relative Massenanteil der Hartstoffe nimmt innerhalb einer Diffusionszone in Richtung zur Außenseite hin von einem Minimalwert auf einen Maximalwert zu. Die unterschiedlichen Härteverhältnisse und Reibbeiwerte ermöglichen in Kombination mit der Werkzeuggeometrie die beschriebene Selbstschärfung der Schneidrotoranordnung. Die dem Stator zugewandte Seite der Schneidrotoranordnung bzw. des Werkzeugs, also die mit der Hartschicht bzw. einer harten Beschichtung versehene Seite, ist wie beschrieben gekrümmt. Der Krümmungsradius entspricht hierbei dem Radius von der Rotormitte bis zur Messeraußenkante. Das Werkzeug wird im Betrieb durch Abrasion beansprucht. Die unbeschichtete Innenseite bzw. dem Drehzentrum zugewandte Seite nutzt aufgrund der geringeren Härte und aufgrund des höheren Reibbeiwerts deutlich stärker ab als die beschichtete Seite 1a, sodass sich die Hartschicht bzw. Beschichtungslamelle als scharfe Kante ausbildet und sich so ein Selbstschärfungseffekt ohne Verbreiterung des Schneidspaltes s ergibt. Das Härteverhältnis von Substrat- und Beschichtungswerkstoff beträgt vorteilhafterweise mindestens 1:1.5. Die genauen Werte der Reibungskoeffizienten sind abhängig von Schneidgeschwindigkeit und Zerkleinerungsmaterial.
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In Richtung von der beschichtungsabgewandten Seite des Substrats zur Oberfläche 1a hin gesehen nimmt somit innerhalb einer dünnen Diffusionszone der relative Massenanteil des Hartstoffs Ti(C, N) von 0% bis hin zu einem Maximalwert in der Beschichtungslamelle 1 zu. Hierdurch wird eine Gradierung der Härte des Bauteils (zunehmende Härte des Schneidkörpers in Richtung auf die Außenfläche 1a) erreicht. Die Beschichtungslamelle 1 weist dann außenflächeseitig einen Bereich aus einem WC-Co-Hartmetall mit einem konstant eingebrachten Anteil von Ti(C, N) auf. Durch das beschriebene Funktionsgradientenhartmetall-Prinzip wird somit eine sehr hohe Härte der Beschichtungslamelle 1 erreicht. Darüberhinaus wird eine hohe Substratanhaftung der Beschichtung 1 auf dem Substratkörper 2 erreicht. Die Diffusionsschicht, in der der Ti(C, N)-Anteil zunimmt, weist im vorliegenden Fall eine Dicke von einigen μm auf.
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Durch diese unterschiedlichen Werkstoffeigenschaften und durch die angepasste Geometrie des Messers 1, 2 werden tribologische Effekte erzielt, welche die gezielte Abrasion des Messers und damit dessen Selbstschärfung ermöglichen. Durch die unterschiedlichen Reibbeiwerte von Beschichtungswerkstoff 1 und Messergrundwerkstoff 2 können unterschiedliche Abnützungsraten realisiert werden.
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Mit Hilfe der dargestellten Geometrie können die Normalkräfte N derart verteilt werden, dass die Reibkräfte (Produkt von Normalkraft und Reibbeiwert), welche auf die Beschichtung und auf den Substratkörper wirken, entsprechend eingestellt und verteilt werden und somit eine gezielte Abrasion ermöglichen.