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Plastifizierte Nitrocellulose für lacktechnische Zwecke Die für Lackzwecke
oder ähnliche Anwendungsgebiete benötigte Nitrocellulose wird bekanntlich in Form
von angefeuchteter Wolle oder in Form von dünnen plastifizierten Plättchen - auch
Chips genannt - oder in Form von Pasten bzw. Lösungen versandt. Das Anfeuchtungsmittel
bzw. das Plastifizierungsmittel erfüllt, hierbei den Zweck, die Nitrocellulose handhabungssicher
zu machen, d. h. ihr die explosiven Eigenschaften von trockener Nitrocell,ulose
zu nehmen.
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Alle ofengenannten,- Versandformen weisen Nachteile auf. Diese bestehen
hauptsächlich darin, daß bei angefeuchteter Wolle eine Abwanderung des A.nfeuchtungsmittels
nach dem Boden der Verpackungsgefäße stattfindet und dicht schließende verzinkte
Fässer für Aufbewahrung und Versand erforderlich sind. Bei den Plättchen ist die
Herstellung mit fünf aufeinanderfolgenden Arbeitsprozessen, nämlich Verdrängen,
Kneten, Walzen, Trocknen und Brechen, umständlich und das langsame Inlösunggehen
der Plättchen lästig. Für Herstellung und Versand der Pasten sind teure verzinnte
Versandgefäße und große Mengen von Lösemitteln erforderlich. Letztere sind zu mindestens
50 % in den Pasten bzw. Lösungen vorhanden und verursachenunnötige Frachtkosten.
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Die Erfindung beseitigt diese .und andere Nachteile. Gegenstand der
Erfindung ist eine plastifizierte Nitrocellulose für lacktechnische Zwecke, gekennzeichnet
durch aus faserförmiger Nitrocellulose in Kugeln oder Körnern übe@.rgeführte Nitrocellulose,
enthaltend noch gelatinierende, d. h. nitrocelluloselösende Weichmacher, wie Phthalsäureester,
und nicht gelatinierende Weichmacher, wie Rizinusöl, sowie Harz-Zusatzstoffe, wie
Alkydharz.
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Als gelatinierende Weichmacher kommen demnach z. B. Dibutylphthalat,
Trikresylphosphat, als nicht gelatinierende Weichmacher z. B. Rizinusöl in Betracht.
Auch Mischungen dieser beiden Weichmachergruppen sind gut verwendbar. Als Harze
können auch die bei der Nitrocellulöse-Lackherstell@ung verwendeten Typen, d. h.
neben den bereits erwähnten Alkydharzen auch Keto.nharze eingesetzt werden.
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Es ist zwar bekannt, Nitrocellulose in Form von Körnern herzustellen,
jedoch wird die in Wasser suspendierte Nitrocellulose mit einer in Wasser unlöslichen
oder nur wenig löslichen Lösungsmittel-Gelatinator-Mischung oder einer wäßrigen
Ernulsi.on eines Gelatinators unter kräftiger Rührung in Kontakt gebracht.
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Von der bekannten Arbeitsweise unterscheidet sieh d:?e Erfindung dadurch,
daß außer dem plastifizierend gelatinierenden Mittel auch nicht gelatinierende Stoffe,
d. h. solche, die keine Lösungsmittel für Nitrocellulose darstellen, Verwendung
finden, z. B. nicht gelatinierende Weichmacher, wie Rizinusöl, sowie Harze. Nach
der bekannten Arbeitsweise stellt das plastifizierend gelatinierende Mittel neben
Nitrocellulose den einzigen Inhaltstoff des fertigen Granulats dar. Demgegenüber
enthalten die verformten Nitrocellulosegebilde nach der Erfindung noch andere für
die Lackindustrie wichtige Rohstoffe, vor allen Dingen Harze.
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Die Möglichkeit der gleichmäßigen Einverleibung von Harzen in die
geformten Nitrocelfulosegebilde war nicht ohne weiteres zu erwarten, weil die Nitrocellulosefasern
in erster Linie selektiv die plastifizierenden Löser aufnehmen. Die Maßnahmen nach
der Erfindung sind neu, sie bringen den großen Vorteil, daß die auf diese Weise
hergestellten Nitrocell,ulose-Kügelchen bzw. Granulate durch die zusätzliche Einverleibung
von Harzen und anderen Lackrohstoffen in trockenem Zustand ungefährlicher sind als
die nach dem bekannten Verfahren hergestellten Produkte, weil der Sprengstoffcharakter
der Nitrocellulo.se durch die phlegmatisierend wirkenden Zusätze verringert wird.
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Die erfindungsgemäßen, aus plastifizierter Nitrocellulose bestehenden
Kugeln oder Körner bieten ferner den Vorteil, daß diese viel leichter und schneller
in Lösung gehen als plastifizierte Plättchen. Sie lösen sich leicht in den üblichen
Lösungsmitteln, wie Alkoholen, Estern, Äthern -und Ketonen, auf und sind zur Herstellung
von Nitrolacken besonders gut geeignet.
Der Gehalt der Nitrocellulose
an Weichmachern und Harz erbringt den bedeutsamen Vorzug; daß die zum Versand kommende
Nitrocellulose weitgehend, d. h. bis zu den strengsten Anforderungen auf Sicherheit,
phlegmatisiert werden kann., ohne den Weichmacher-Behalt so weit erhöhen zu müssen,
daß dadurch. die Bewegungsfreiheit des Lackfabrikanten bei der Aufstellung seiner
Rezepte begrenzt wird. Weiterhin wird der häufig langwierige Lösungsprozeß für das
Harz abgekürzt.
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Wenn auch die iNkengenverhältnis.se der Komponenten der aus plastifizierter
Nitrocellulo se bestehenden Kugeln .oder Körner in weiten Grenzen schwanken können,
so wird man jedoch unter Berücksichtigung der Belange der weiterverarbeitenden Lackindustrie
sowie der Eisenbahnbeförderungs-Vorschriften den Nitrocellu.losegehalt vorteilhaft
zwischen 60 und 92% und den Gehalt an Weichmachern zwischen 40 und 5'% halten, wozu
dann noch Harze und Öle in Mengen von 3 bis 20% kommen.
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Zur Darstellung der plastifizier ten Nitrocellulose gemäß der Erfindung
geht man vorteilhaft wie folgt vor: -In einen Bottich mit Nitrocellulosepülpe, die
durch einen schnell laufenden Rührer aufgewirbelt wird, läßt man die gewünschte
Menge Plastifizie rungsmittel langsam einlaufen. Die Zugabe des Plastifizierungsmittels
kann sowohl in Form einer einfachen, durch schnelles Rühren in Wasser bewirkten
Suspension, wie auch in Form einer echten Emulsion vom Typ 01 in Wasser und schließlich
auch in Form einer in einem organischen Lösungsmittel-`hergestellten Lösung durchgeführt
werden. In jedem Falle nimmt die Nitrocellu:lose hierbei den Weichmacher schnell
und gleichmäßig auf, wobei die vorher faserige Ni;trocellulose in eine lockere,
gegen nachfolgende mechanische Beanspruchungen sehr beständige Kugel- oder Körnerform
übergeht. Das überschüssige Wasser, das, wie Analysen gezeigt haben., nur Spuren
von gelöstem oder suspendiertem Weichmacher enthält, wird in üblicher Weise durch
Abtropfenlassen bzw. Abschleudern entfernt und die feuchten, lockeren, plastifizierten
Kugeln durch Warmluft ;getrocknet.
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Zur Darstellung der erfindungsgemäß plastifizierten Nitrocellulose
kann auch umgekehrt feuchte Nitrocellulose in die lebhaft gerührte Suspension oder
Emulsion des Weichmachers eingetragen und die nach dem Rühren erhaltenen Kugeln
oder Körner können vom Wasser befreit werden.
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In beiden Fällen ist es möglich, nicht nur die Weichmacher, sondern
auch gleichzeitig Harze verschiedenster Sorten, wie sie zur Herstellung von Nitrocelluloselacken
verwendet werden, in die Nitrocellulose einzuarbeiten, so daß jedes Kügelchen oder
Korn aus Nitrocellulose, Weichmacher und Harz besteht. Die Zugabe des Harzes kann
hierbei in Form einer Suspension oder einer »ÖI-in-Wasser«-Emulsion oder auch in
Form einer mit einem organischen Lösungsmittel hergestellten Lösung erfolgen.
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Die Suspension oder »Öl-in-Wasser«-Emulsion oder auch die Lösung des
Harzes kann gleichzeitig auch den Weichmacher enthalten. Als Lösungsmittel kommen
sowohl mit Wasser mischbare als auch in Wasser unlösliche organische Flüssigkeiten
in Betracht.
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In der so dargestellten gekörnten Nitrocellulose sind Weichmacher
und Harz vollkommen gleichmäßig verteilt.
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Das Verfahren bietet den Vorteil, daß es nicht nur einfach und billig
ist, sondern auch nur höchstens drei Arbeitsgänge gegenüber den bisher üblichen
fünf aufeinanderfol:genden Arbeitsprozessen bei der Herstellung der plastifizierten
Nitrocelluloseplättchen erfordert.
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Beispiel 89,2 kg wasserfeuchte, alkohollösliche Nitrocellulosc (Trockengewicht
62,5 kg) werden in Wasser durch starkes Rühren fein verteilt. Die verwendete Collodiumwolle
entspricht der Wasag-Type A 3 K 24, d. h. einer alkohollöslichen Collodiumwolle
mit einem N-Gehalt von 10,4 bis 11,2%, welche, bei einer Konzentration von 24% in
einem Gemisch von Beiizol-Alkohol (1 : 1) gelöst, eine Viskosität von etwa 5000
cP hat. Gleichzeitig hat man eine alkoholische Lösung von 6,25 kg Dibutylphthalat,
6,25 kg Rizinusöl und 25 kg entwachstem Schellack angesetzt, aus der man in einem
besonderen Rührwerksgefäß durch intensives Rühren mit Wasser eine feinverteilte
Suspension herstellt: Man läßt nunmehr letztere in die stark gerührte Nitröt cellu.Iosepülpe
einfließen. Die nach kurzer Zeit gebildeten Kügelchen haben folgende Zusammensetzwig.:
62,50% Collodiumwolle, 6,25% Dibutylphthalat, 6,25 % geblasenes Rizinusöl, 25 %
entwachsten Schellack.