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Einrichtung zur Signalübertragung zwischen Fahrzeug und Strecke im
Eisenbahnsicherungswesen mittels radioaktiver Strahlen Es ist bekannt, im Eisenbahnsicherungswesen
zur Signalübertragung zwischen Fahrzeug und Strecke die Strahlung radioaktiver Stoffe
zu verwenden. Zum Empfang einer derartigen Strahlung können verschiedene Strahlungsindikatoren
in Betracht gezogen werden. Sie üben in einem elektrischen Stromkreis eine Wirkung
aus, die entweder, wie bei der Ionisationskarnmer, der ionisierenden Wirkung der
Strahlungsintensität proportional ist oder die, wie beim Auslösezählrohr nach Geiger-Müller,
der auf das Zählrohr auftreffenden Anzahl der Strahlungskorpuskeln oder Photonen
entspricht. Die vom Strahlungsindikator ausgehende Wirkung wird einer. Einrichtung
zugeführt, die z. B. ihren zeitlichen Mittelwert bildet und mit dieser Größe eine
elektromechanische Einrichtung, z. B. ein Relais, beaufschlagt. Ferner ist es bekannt,
zum Ausschluß von Falschmeldungen, die durch kosmische Strahlen oder die Eigenstrahlung
des Erdbodens ausgelöst werden könnten, zwei oder mehr gleichartige Strahlungsempfänger
anzuordnen und durch die von ihnen gesteuerten Relais das gewünschte Signal nur
auszulösen, wenn alle Empfänger gleichzeitig beaufschlagt werden. Die auf die Relais
ausgeübte Wirkung hängt jedoch nicht nur von der Aktivität der verwendeten Strahlungsquelle
oder von der Energie der ausgesandten Korpuskeln oder Photonen ab, sondern auch
vom Abstand zwischen Strahlenquelle und Indikator sowie von der Geschwindigkeit,
mit der sich beide aneinander vorbeibewegen. Da sich Abstand und Geschwindigkeit
in sehr weiten Grenzen verändern können, schwankt die Größe, auf die das Relais
zur Erzielung einer betriebssicheren Wirkung ansprechen muß, in starkem Maße. Somit
können mit der beschriebenen Einrichtung kaum unterschiedliche Signalbegriffe übertragen
werden, wie es z. B. bei bekannten optischen Signaleinrichtungen ähnlicher Art durch
die Verwendung von verschiedenfarbigem Licht möglich ist. Dort wird durch Verwendung
von Farbfiltern oder eines Prismas erreicht, daß von zwei lichtelektrischen Vorrichtungen
nur die dem jeweiligen Signalbegriff zugeordnete Vorrichtung beeinflußt wird.
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Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, bei Einrichtungen zur Übertragung
unterschiedlicher Signalbegriffe mittels radioaktiver Strahlen bestimmter Energie
und/oder Strahlungsart, die gleichzeitig auf zwei oder mehr gleichartige in der
Empfangsvorrichtung vorhandene Strahlungsindikatoren einwirken, mindestens einen
Strahlenindikator mit einem die Strahlen des Senders absorbierenden Schirm zu versehen
und eine das übertragene Signal auswertende Vorrichtung zu verwenden, die auf den
Quotienten der von den Indikatoren gelieferten Meßwerte ansprechempfindlich ist.
Grundsätzliche Wirkungsweise und Vorteile einer solchen. Einrichtung sollen im folgenden
erläutert werden: Es ist aus der Physik bekannt, daß der Absorptionskoeffizient
in starkem Maße mit der Energie der Korpuskeln oder Photonen veränderlich ist. Fig.
1 zeigt z. B. den Absorptionskoeffizienten von Blei für Gammastrahlen in Abhängigkeit
von der Energie der Photonen. Man erkennt, daß die Strahlung bei geringer Energie
sehr stark absorbiert wird und daß diese Absorption bei wachsender Energie immer
geringer wird. Bei einer Energie zwischen etwa 2 und 3 MeV erreicht der Absorptionskoeffizient
ein Minimum, um sodann wieder im geringen Maße anzusteigen. Es mögen nun zwei Strahler
vorhanden sein, von denen der eine Photonen großer Energie, der andere Photonen
kleiner Energie aussendet, und es möge dafür gesorgt sein, daß beide Strahler die
gleiche Wirkung auf den Indikator ausüben, indem man z. B. zwei Strahler gleicher
Aktivität und ein Auslösezählrohr als Indikator verwendet. Schirmt man dann den
Indikator ab, so wird dadurch die Wirkung der Strahlen großer Energie nur geringfügig,
die der Strahlen kleiner Energie jedoch in weit stärkerem Maße vermindert werden.
Der Quotient der Wirkung auf den unabgeschirmten Indikator zur Wirkung auf den abgeschirmten
Indikator ist also von der Energie der auftreffenden Photonen oder Korpuskapseln
abhängig. Bei der Einrichtung gemäß der Erfindung werden nun durch die Strahlenquelle
ein unabgeschirmter und ein abgeschirmter Indikator gleichzeitig beeinflußt. Die
Indikatoren wirken auf eine Auswerteeinrichtung, die auf den Quotienten der von
den
Indikatoren ausgehenden Wirkungen empfindlich ist. Das Verhalten dieser Auswerteeinrichtung
ist nur von der Energie der empfangenen Korpuskeln oder Photonen abhängig, da Abstands-
und Geschwindigkeitsänderungen auf beide Indikatoren in gleicher Weise wirken. Auf
diese Weise wird also ein Ansprechkriterium für die Empfangseinrichtung gewonnen,
das von zufälligen Betriebseinflüssen, wie Geschwindigkeit und Abstand, unabhängig
ist. Dies bedeutet nicht nur eine wesentliche Erhöhung der Betriebssicherheit, sondern
gewährt auch die Möglichkeit, unterschiedliche Signalbegriffe zu übertragen, indem
jedem Signalbegriff eine Strahlung von Korpuskeln oder Photonen bestimmter Energie
zugeordnet wird. Es ist hierbei besonders zweckmäßig, den Stoff für den absorbierenden
Schirm in der Empfangseinrichtung und die radioaktiven Isotope, welche die Signalübertragungen
bewirken, so zu wählen, daß der Absorptionskoeffizient des Schirmmaterials im Energiebereich
der zur Signalübertragung benutzten Strahlungen mit zunehmender Energie abfällt.
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Fig. 2 zeigt ein einfaches Beispiel der Erfindung, das sich auf eine
Einrichtung zur Zugbeeinflussung erstreckt. 1 ist der an der Strecke angeordnete
radioaktive Strahler. Alle übrigen dargestellten Teile befinden sich auf dem Fahrzeug,
und zwar die Auslösezählrohre 2 und 3, von denen 3 durch den Bleischirm 4 abgeschirmt
ist, die Einrichtungen zur Mittelwertsbildung 5 und 6, das polarisierte Relais 7
mit den Wicklungen 71, 72 und den Kontakten 73, 74 und die Empfangsrelais 8 und
9. An der Strecke sind zwei verschiedene Arten von Gammastrahlern angeordnet. Es
sei angenommen, daß die eine Art Photonen geringer Energie, z. B. in der Größenordnung
von 1 MeV, die andere Art Photonen einer größeren Energie von z. B. etwa 2 MeV aussendet.
Das Zählrohr 2 liefert dann bei der Vorbeifahrt der Empfangseinrichtung an einem
Strahler eine Anzahl von Impulsen, die abhängig ist von der Aktivität des Strahlers,
von dem erfaßten Raumwinkel und von der Zeitdauer, die das Zählrohr dem Strahler
ausgesetzt ist, d. h. von der Geschwindigkeit. Das Zählrohr 3 ist auf dem Fahrzeug
so dicht neben dem Zählrohr 2 angeordnet, daß beide Zählrohre auch bei seitlichen
Schwankungen des Fahrzeuges stets annähernd den gleichen Raumwinkel der Strahlung
erfassen. Wäre der absorbierende Schirm 4 nicht vorhanden, so würde das Zählrohr
3 ebenso viele Photonen registrieren wie das Zählrohr 2. Der Schirm setzt die Zahl
der Auslösestöße in einem Verhältnis herab, das, wie oben erläutert, von der Energie
der auftreffenden Photonen abhängt. Empfängt nun .das Fahrzeug Strahlen großer Energie,
die z. B. den Signalbegriff A übertragen sollen, so wird das Verhältnis der Zahl
der Auslösestöße im Zählrohr 3 zu der Zahl der Aus:-lösestöße im Zählrohr 2 sich
erheblich weniger von 1 unterscheiden als beim Passieren einer Strahlenquelle mit
kleiner Energie, die z. B. dem Signalbegriff B zugeordnet sein möge.
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Die Einrichtungen 5 und 6 bilden in bekannter Weise den zeitlichen
Mittelwert der von den Zählrohren registrierten Anzahl der Aus,lösestöße. Sie leiten
den Wicklungen 71 und 72 des Relais 7 einen Strom zu, der diesem Mittelwert proportional
ist. Die Wicklungen 71 und 72 sind gegeneinandergeschaltet und haben verschiedene
Wind,ungszahlen. Es sei nun angenommen, -daß das Verhältnis der Zahl der Auslösestöße
im Zählrohr 3 zur Zahl der Stöße im Zählrohr 2 bei der übertragung des Begriffs
A mit großer Energie gleich 0,7, bei der Übertragung des Begriffs, B mit kleiner
Energie hingegen 0,3 ist. Neun möge ferner die Wicklung 72 doppelt so viele Windungen
haben wie die Wicklung 71, dann würden sich die Wirkungen beider Wicklungen aufheben,
wenn das Verhältnis dier Anzahl der Auslösestöße im Zählrohr 3 zu der Zahl der Stöße
im Zählrohr 2 gleich 0,5 ist. Da bei der Übertragung des Begriffs A das Verhältnis
größer als 0,5 ist, überwiegt hierbei die Wicklung 72 und legt den Anker des Relais
an den Kontakt 74, während bei der Übertragung des Begriffs B die Wicklung 71 überwiegt
und den Anker an den Kontakt 73 legt. Der Anker des Relais wird durch eine Richtkraft,
die klein im Verhältnis zu den magnetisch von den Wicklungen 71 und 72 ausgeübten
Kräften ist, in der Mittelstellung gehalten, wenn die Wicklungen unerregt sind.
Die von dem Anker geschalteten Kontakte 73 und 74 schalten die Empfangsrelais 8
und 9 an, die die weitere Verarbeitung des übertragenden Signalbegriffs bewirken.
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Während in dem beschriebenen Beispiel nur mit der Anwendung von Gammastrahlern
gerechnet wurde, ist es auch möglich, Gamma- und Betastrahler zur übertragung verschiedener
Signalbegriffe zu benutzen, wenn nicht die Gefahr besteht, daß infolge Eisbildung,
Verschmutzung der Strahler od. dgl. die Betastrahlung in zu starkem Maße abgeschirmt
wird. Ein besonderer Vorteil der Anwendung von Betastrahlen liegt darin, daß sie
in weit stärkerem Maße absorbiert werden als Gammastrahlen. Es kann somit durch
die zusätzliche Anwendung von Betastrahlen die Zahl der übertragbaren Signalbegriffe
leicht erweitert werden.
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Statt der Auslösezählrohre kann man auch andere Indikatoren, wie z.
B. Ionisationskammern, verwenden, die nicht nur die Anzahl der auftreffenden Strahlungskorpuskeln
oder Photonen zählen, sondern auch das Maß ihrer ionisierenden Wirkung berücksichtigen.
Man muß dann nur dafür sorgen, daß die für die einzelnen Signalbegriffe gewählten
Strahlungsquellen sich in dem Quotienten der auf die Indikatoren ausgeübten Wirkungen
genügend unterscheiden.
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Statt den zeitlichen Mittelwert der von den Strahlungsindikatoren
ausgeübten Wirkungen zu bilden, ist es auch möglich, hinter die Indikatoren Einrichtungen
zu schalten, die das Zeitintegral dieser Wirkungen bilden und der Auswerteeinrichtung
zuleiten.
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Als Auswerteeinrichtung sind außer den genannten polarisierten Relais
auch alle Einrichtungen geeignet, die den Quotienten zweier elektrischer Größen
erfassen, also z. B. Quotientenmeßwerke, deren drehbares System Kontaktanordnungen
betätigt.
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Zur Übertragung von mehr als zwei unterschiedlichen Signalen kann
man entweder zwei Strahlungsindikatoren benutzen und zwei oder mehr polarisierte
Relais oder Quotientenmeßwerke von ihnen derart speisen, daß jeweils die eine Wicklung
dieser Geräte von dem einen nicht abgeschirmten Indikator, die andere Wicklung von
dem abgeschirmten Indikator beaufschlagt wird, oder man kann auch mehr als zwei
Strahlungsindikatoren anwenden, von denen der eine unabgeschirmt, die beiden anderen
mit verschieden stark absorbierenden Schirmen versehen sind.