DD256760B5 - Verfahren zur Pruefung der dermalen Toxizitaet von Substanzen oder Substanzgemischen und zur Selektion hautvertraeglicher Wirkstoffe - Google Patents
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Description
Es ist bekannt, daß chemische Substanzen oder Substanzgemische, die mit der menschlichen Haut und den hautnahen Schleimhäuten in Kontakt kommen, Hauterkrankungen verursachen können. Häufig schädigen schwache Irritantien erst nach längerer Expositionszeit und bei wiederholter Einwirkung, wobei oft noch zusätzliche Faktoren hinzukommen. Dem in allen Industrieländern gewachsenen Umweltbewußtsein entspricht die Forderung nach einer dermato-toxikologischen Prüfung bei der Zulassung neuer Wirkstoffe in der agrochemischen Industrie, für Haushaltschemikalien, Farbstoffe, Kosmetika, Desinfektionsmittel sowie für alle chemisch-technischen Produkte, die mit menschlicher Haut in Berührung kommen können. Die Forderung nach Aussagen über die Hautwirksamkeit gilt bekanntlich für Fertigpräparate ebenso wie für im technologischen Prozeß anfallende Zwischenprodukte.
Es ist bekannt, daß es für die Prüfung der Haut- und Schleimhautverträglichkeit von Substanzen keine allgemeingültigen Prüfvorschriften gibt, die unter dem Aspekt des Exportes derartiger Produkte auch internationalen Ansprüchen gerecht werden. Die Prüfung der primären Reizwirkung von Substanzen auf die Haut ist bekanntlich sehr langwierig und aufwendig. Die toxikologischen Prüfungen erfolgen stufenweise an Versuchstieren niederer und höherer Gattungen, z. B. an Mäusen, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen und nachfolgend am Menschen selbst. Dabei bemüht man sich, die tierexperimentellen Untersuchungen so auszubauen, daß nachfolgende Prüfungen am Menschen bei größtmöglicher Sicherheit auf ein Mindestmaß beschränkt werden können.
Trotz des hohen Prüfaufwandes können die Ergebnisse der Tierversuche nicht in jedem Falle befriedigen. Es kommt vor, daß sich dermatologische Bedenken erst nach einer längeren Anwendung von Substanzen am Menschen selbst herausstellen. Bei der Übertragung tierexperimenteller Ergebnisse auf den Menschen bleibt ein gewisses Risiko.
Zudem muß jeweils eine größere Zahl von Tieren in entsprechende Versuche einbezogen werden, um den Unsicherheitsfaktor durch die Individualität der Versuchsobjekte auszuschließen. Da die Tiere nach Abschluß der dermatologischen Prüfungen zum Zwecke einer eingehenden Untersuchung getötet werden müssen, stehen derartige Methoden auch zunehmend unter Kritik von Tierschutzvereinigungen.
Ziel der Erfindung ist es, ein Verfahren zu entwickeln, das ohne Tierversuche eine schnelle, sichere und reproduzierbare Aussage hinsichtlich der Hautverträglichkeit von Substanzen ermöglicht.
Es bestand somit die Aufgabe, ein Verfahren zur Prüfung der dermalen Toxizität von Substanzen oder Substanzgemischen und zur Selektion hautverträglicher Wirkstoffe zu entwickeln, das die moderne histologisch-morphologische Untersuchungstechnik nutzt.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe dadurch gelöst, daß als Prüfkörper bei plastischen Operationen von Frauen im geschlechtsreifen Alter gesunde resezierte Scheidenhautabschnitte von mindestens zwei Patientinnen mit den jeweils zu prüfenden Substanzen in Kontakt gebracht und danach rasterelektronenmikroskopische Abbildungen angefertigt werden.
Operationen, deren Ziel eine vordere oder hintere Scheidenplastik ist, werden bekanntlich schon seit vielen Jahrzehnten in gynäkologischen Kliniken durchgeführt. Die dabei vorzugsweise anfallenden gesunden Hautpartien werden verworfen.
Es wurde gefunden, daß die bei den Operationen resezierte frische Scheidenhaut in besonderem Maße geeignet ist, um Aussagen über die Hautverträglichkeit von Substanzen zu gewinnen.
Unter Umgehung aufwendiger und langwieriger Tierversuche erlaubt es das erfindungsgemäße Verfahren, schnell und einfach derartige Aussagen zu gewinnen und gegebenenfalls Verträglichkeitsgrenzen für Substanzen festzulegen; hautverträgliche Substanzen können für bestimmte Anwendungsgebiete ausgewählt werden.
Ein mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zusätzlich verbundener Vorteil ist auch darin zu sehen, daß es die Möglichkeit eröffnet, die Wirksamkeit der untersuchten Substanzen gegen pathogene Erreger zu ermitteln. In besonderen Fällen kann man dann die Transmissionselektronenmikroskopie nutzen.
— 2 — Ausführungsbeispiele
Durch das Beispiel soll das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutert und dessen Aussagefähigkeit veranschaulicht werden. Die bei plastischen Operationen resezierten Scheidenhautabschnitte werden jeweils in bis zu vier gleichgroße Stücke geteilt. Um die dermale Toxizität bestimmter Substanzen zu prüfen, läßt man diese in definierter Konzentration 24 Stunden auf mindestens zwei verschiedene Hautproben einwirken. Diese, mit der zu prüfenden Substanz behandelten Hautproben sowie jeweils zwei unbehandelte Kontrollen aus den gleichen Hautabschnitten werden dann elektronenmikroskopisch abgebildet, miteinander verglichen und der Grad der Hautschädigung bonitiert
Die Präparation der Prüfmuster für die Elektronenmikroskopie erfolgt in bekannter Weise:
a) Präparation für die Rasterelektronenmikroskopie
Die in Ethanol liegenden Hautabschnitte von ca. 8 mm2 Größe werden 45 Minuten bei 2O0C und einem Enddruck von ca. 5Pa getrocknet. Danach werden sie mit Klebstoff auf dem Objekthalter des Rasterelektronenmikroskops befestigt und in einer Hochvakuum-Bedampfungsanlage mit Kohlenstoff und Gold als ableitende Schichten bedampft. Die Probenoberflächen werden im Rasterelektronenmikroskop 10OOfach vergrößert abgebildet.
b) Präparation für die Transmissionselektronenmikroskopie
Die Trocknung der für die Transmissionselektronenmikroskopie vorgesehenen Hautabschnitte von etwa 2 χ 2 mm Größe erfolgt in der gleichen Art und Weise wie für die Untersuchung im Rasterelektronenmikroskop. Nach der Trocknung werden die Gewebeproben in ein Einbettmittel eingebracht, das innerhalb von 3 bis 4 Tagen bei 480C polymerisiert. Dabei erfolgt die Einbettung so, daß Schnitte parallel zur Oberfläche erfolgen können.
Die Ultradünnschnitte (Dicke 150-200nm, Abschnittsfläche etwa 0,2 χ 0,4mm) werden mit einem Ultramikrotom angefertigt.
Die auf Trägernetze übertragenen Schnitte werden 2 Stunden in gesättigter Uranylacetatlösung nachkontrastiert und in einem Transmissionselektronenmikroskop 22000fach vergrößert abgebildet.
Eine Auswahl der in die Prüfung der dermalen Toxizität einbezogenen Wirkstoffe bzw. Wirkstoffzubereitungen gibt Tabelle I wieder.
Tabelle I: Zusammenstellung der in die Prüfung der dermalen Toxizität einbezogenen Wirkstoffe
Prüfmuster Nr. Wirkstoff
1 2-Hydroxybutyraldehyd
2 !,'U-Trichlor^-methyl^-penten^-ol
3 Trinatriumphosphonoformiat-hexahydrat
4 Poly-(dimethyl-diallylammonium)chlorid
5 Peressigsäure
6 Ujosan (Jod/Peressigsäure)
7 Camposan (2-Chlorethylphosphonsäure 50%ig)
Die Bonitur der rasterelektronenmikroskopischen Abbildungen erfolgt nach folgendem Schlüssel:
Boniturnote Befund
0 = keine Schädigung der Zellen gegenüber unbehandelter Probe
1 = Schädigung der Zellen gering
2 = Schädigung der Zellen stark
3 = Ablösung mehrerer Zellschichten
4 & schwere Schädigung und Zerstörung des Gewebes
Die den Boniturnoten entsprechenden rasterelektronenmikroskopischen Abbildungen (Anlage) lassen erkennen:
Boniturnote Befund
0 die Oberfläche wurde nicht verändert; die aufgelagerten Zellen gehören zur physiologischen Zytolyse und sind auch am unbehandelten Präparat nachweisbar;
1 die oberflächlichen Zellen zeigen eine deutliche morphologische Veränderung, die auf die Einwirkung der Prüfsubstanz zurückzuführen ist.
Die einzelnen Zellen zeigen zum Teil Schrumpfungen und auch eine gewisse Zytolyse;
2 die oberflächlichen Zellschichten fehlen oder sind noch als Trümmer vorhanden.
Man erkennt deutlich Strukturen, die nicht mehr zur oberflächlichen Zellschicht gehören;
3 die oberen und mittleren Zellschichten fehlen zum Teil. Man findet reichlich Zelltrümmerung, obwohl noch Zellfragmente deutlich erkennbar sind;
4 die Zellabschnitte sind bis auf Reste völlig abgebaut. Man erkennt bereits das Gefäßsystem und Bindegewebe. DieZerstörung des vielschichtigen Gewebes ist fast vollständig gelungen.
Die Vergleichsabbildung zeigt unbehandelte Scheidenhaut (lediglich Fixationsprozeß). Die Oberfläche läßt keinerlei morphologische Veränderungen erkennen.
Aus Tabelle Il ist der Grad der Schädigung der Haut durch verschiedene Substanzen bzw. Substanzgemische in Abhängigkeit von der Konzentration ersichtlich. Damit ermöglicht es das erfindungsgemäße Verfahren, hautverträgliche Substanzen auszuwählen bzw. maximale Anwendungskonzentrationen dieser Wirkstoffe festzulegen, wenn jegliche Hautschädigung ausgeschlossen werden soll.
Tabelle II: Prüfung der dermalen Toxizität verschiedener Substanzen bzw. Substanzgemische nach dem erfindungsgemäßen Verfahren*
Prüfmuster Nr. | Konzentration | Dem Grad der Schädigung entsprechende Boniturnote |
1 | 1 5 10 25 | 1 2 3 4 |
2 | 50 100 | 2(K) 3 |
3 | 2 4 4 (Salbe) | 2 3(K) 0 |
4 | 1 5 25 | 0 0 2 |
5 | 0,5 5 100 | 2 2 4 |
6 | 1 5 50 | 1 1 |
7 | 0,5 5 100 | 1 2 3-4 |
* Die Nummern der Prüfmuster entsprechen den Angaben in Tabelle I; K bedeutet Kristallausscheidung
In Tabelle III wird das erfindungsgemäße Verfahren dem bekannten Kaninchentest gegenübergestellt.
Die Untersuchung der primären Reizwirkung einer Substanz beinhaltet die Bestimmung des Reizungsgrades der unverletzten und der verletzten Haut mit Hilfe des Index der primären Hautreizung nach der Methode von Draize [Dermal toxicity, Publ. in Appraisol of the safety of chemicals in foods, drugs and cosmetics, Wyd. Assoc. of Food and Drug Officials of the United States, 1959] auf die Kaninchenhaut.
Pro Substanz und Konzentration wurden 6 Albinokaninchen eingesetzt. Nach 1,3 und 7 Tagen wurden alle Veränderungen der Haut bonitiert (Erytheme, Schwellungen und Verkrustungen).
Dabei benutzt Draize folgende Klassifizierung:
0 = nicht hautreizend
0-2 = schwach hautreizend
2-5 = mäßig hautreizend
5 = stark hautreizend
Diese Klassifizierungszahlen resultieren aus dem Mittelwert aller Punkte, die aus den Bonituren nach 1,3 und 7 Tagen für die verletzte und unverletzte Haut ermittelt wurden. Die Methode gestattet es allerdings nicht, Präparate mit einer schwachen Reizung exakt zu klassifizieren.
Tabelle III: Bonitur der dermalen Toxizität verschiedener Substanzen*
a) nach dem erfindungsgemäßen Verfahren und
b) nach dem Kaninchentest nach Draize
Prüfmuster Nr. | Konzentration [Ma.-%] | Boniturnoten erfindungsgemäß | nach Draize |
1 | «- CM | 1 2 3 4 | 1-2 3 3 |
2 | 50 100 | 2 3 | CO CO |
3 | 2 4 4 (Salbe) | 2 3 0 | 0 0 1-2 |
Prüfmuster Nr. | Konzentration •[Ma.-%] | Boniturnoten erfindungsgemäß | nach Draize |
4 | 1 5 25 | 0 0 2 | 0 0 1-2 |
6 | 1 5 50 | 1 1 | 0 0 0 |
7 | 0,5 5 100 | 2 2 3-4 | 0 2 3-4 |
* Die Nummern der Prüfmuster entsprechen den Angaben in Tabelle I.
Claims (1)
- Patentanspruch:Verfahren zur Prüfung der dermalen Toxizität von Substanzen oder Substanzgemischen und zur Selektion hautverträglicher Wirkstoffe, insbesondere für Produkte der agrochemischen Industrie, der Pharmazie, für Farbstoffe, Desinfektionsmittel, Gesundheitspflegemittel und Haushaltschemikalien, gekennzeichnet dadurch, daß als Prüfkörper bei plastischen Operationen von Frauen im geschlechtsreifen Alter anfallende gesunde resezierte Vaginalhautpartien von mindestens zwei Patientinnen eingesetzt und mit den jeweils zu prüfenden Substanzen in Kontakt gebracht werden, und daß zur Auswertung rasterelektronenmikroskopische Abbildungen angefertigt werden.Anwendungsgebiet der ErfindungDas erfindungsgemäße Verfahren kann genutzt werden, um aus einer Vielzahl von Wirkstoffen, insbesondere für Produkte der agrochemischen Industrie, der Pharmazie, für Desinfektionsmittel, Farbstoffe, Gesundheitspflegemittel und Haushaltschemikalien schnell diejenigen auszuwählen, die hautverträglich sind.
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