Verfahren zur Herstellung von Lactamen
Die zur Zeit gebräuchlichste und im grossen Ausmass technisch praktizierte Synthese von Lactamen, die als Ausgangsmaterial für Polyamide von hervorragender Bedeutung sind, besteht in der Beckmannschen Umlagerung von entsprechenden Oximen unter Verwendung von Schwefelsäure.
Die Herstellung der Oxime erfolgt in bekannter Weise durch Umsetzung cycloaliphatischer Ketone mit Hydroxylaminsalzen, üblicherweise in Form des Hydroxylaminsulfates. Dieses wird entweder nach dem Raschig-Verfahren oder aber durch katalytische NO-Reduktion in schwefelsaurer Lösung synthetisiert. In jede einzelne dieser Stufen wird in irgendeiner Form Schwefelsäure eingebracht. Diese muss zwangläufig durch Neutralisation in eine harmlose und verwertbare Form umgewandelt werden.
Bevorzugterweise erfolgt die Neutralisation in der Oximierung und nach der Beckmannschen Umlagerung mit Ammoniak, wobei es zur Bildung von Ammonsulfat kommt.
Ammonsulfat ist normalerweise auch Nebenprodukt der Raschig-Synthese.
In den letzten Jahren haben sich jedoch die Absatzmöglichkeiten für Ammonsulfat verringert, und von wirtschaftlichem Interesse sind Lactamsynthesen, die mit geringem oder keinem Anfall von Ammonsulfat verbunden sind. Dies gilt besonders für die Herstellung des technisch wichtigen Caprolactams und Dodecalactams, die bekanntlich jedes für sich oder aber gemeinsam durch Colactamisierung erzeugt werden können.
Um den Ammonsulfatanfall zu verhindern, wurde bereits vorgeschlagen, anstelle der Schwefelsäure zur Umlagerung Phosphor- bzw. Polyphosphorsäure einzusetzen. Phosphorsäure hat den Vorteil der Rückführbarkeit, d. h. der wiederholten Verwendbarkeit, da die Abtrennung von Lactam durch einfaches Verdünnen mit Wasser ohne Neutralisation, d. h.
ohne Salzbildung möglich ist. Die verdünnte Phosphorsäure kann durch Verdampfung des Wassers wieder so weit aufkonzentriert werden, dass sie erneut für die Umlagerung von Oxim verwendet werden kann (entsprechend EP Nummer 1 021197).
Es ist ferner schon vorgeschlagen worden, das Lactam aus Umlagerungsmischungen mit Phosphorsäure ohne Verdünnung mit Wasser durch Destillation unter vermindertem Druck abzutrennen (USP Nr. 3 016 376).
Ein anderes Verfahren beschreibt die Abtrennung des Lactams durch Extraktion aus dem unverdünnten Umlagerungsgemisch mittels geeigneter Lösungsmittel (USP Nummer 3 016 375).
Alle diese Verfahren sind mit spezifischen Nachteilen behaftet. Die Aufkonzentrierung der gesamten bei der Verdünnung des Umlagerungsproduktes anfallenden wässrigen Phosphorsäure ist, da ja nicht nur freies Wasser, sondern auch aus der Phosphorsäure durch Dehydratisierung unter partieller Anhydrierungsbildung gebundenes Wasser entfernt werden muss, kostspielig.
Die destillative Abtrennung ist nur mit hohen Lactamverlusten möglich und daher unwirtschaftlich. Das gleiche gilt für das Extraktionsverfahren aus nicht mit Wasser verdünntem Umlagerungsprodukt. Die Unzulänglichkeiten sind darauf zurückzuführen, dass Lactame in wasserfreien Mineralsäuren als Salze vorliegen.
Aufgabe des erfindungsgemässen Verfahrens ist es, diese Nachteile zu vermeiden. Das ist dadurch möglich, dass man auf an sich bekannte Weise Hydroxylamin in Form seines Dihydrogenphosphates durch katalytische NO-Reduktion in verdünnter Phosphorsäure herstellt. Die Hydroxylaminphosphatlösung wird dann in einer 2stufigen kontinuierlichen Reaktion mit einem cycloaliphatischen Keton wie Cyclohexanon oder Cyclododecanon bzw. mit einer Mischung von beidem in geeignetem Mengenverhältnis in das bzw. die entsprechenden Oxime umgesetzt.
Die während der Oximierung freiwerdende Phosphorsäure wird durch laufenden Zusatz einer geeigneten Menge eines alkalischen Mittels, wie Ammoniak oder Kaliumhydroxyd, neutralisiert und in das geeignete gewünschte Salz der Phosphorsäure überführt.
Das Oxim bzw. Oximgemisch erfährt in der folgenden Stufe die Umlagerung mit Phosphorsäure zum entsprechenden Lactam bzw. Lactamgemisch. Das fertige Umlagerungsprodukt wird durch Zusatz von Wasser unter schonenden Bedingungen verdünnt und daraus durch Extraktion mit einem inerten, wasser- und säureunlöslichen Lösungsmittel das oder die entstandenen Lactame auf an sich bekannte Weise gewonnen.
Die Besonderheit des erfindungsgemässen Verfahrens besteht nun darin, dass die zur NO-Reduktion benötigte Menge verdünnte Phosphorsäure derjenigen entnommen wird, die nach der Verdünnung des Umlagerungsgemisches und Extraktion des oder der Lactame angefallen ist.
Zwecks Entfernung von aus der Umlagerung stammenden organischen Restprodukten wird dieser Teil der Phosphorsäure durch Behandlung mit Aktivkohle oder geeigneten anderen Adsorbentien wie Bleicherde gereinigt und erst dann in die NO-Reduktion eingespeist. Dieser Phosphorsäure-Anteil verlässt später den Prozess in der Oximierungsstufe als Ammon- oder Kaliumphosphat.
Die nicht für die Hydroxylaminherstellung benötigte aus der Umlagerung stammende verdünnte Phosphorsäure wird in einer geeigneten Vorrichtung durch Verdampfen des Wassers und partieller Anhydridbildung aufkonzentriert, bis sie wieder für die Umlagerung verwendbar ist. Der für die NO-Reduktion entnommene Anteil wird in der Umlagerungsstufe durch Zugabe einer entsprechenden Menge konzentrierter frischer Phosphorsäure ersetzt.
Daraus ergibt sich als Vorteil, dass Phosphorsäure handelsüblicher Konzentration, d. h. konzentrierte Phosphorsäure bzw. Polyphosphorsäure in der Umlagerungsstufe in das Verfahren eingesetzt wird. Die im Verfahren benötigte verdünnte Phosphorsäure zur Herstellung des Hydroxylamins fällt bei dem Verfahren an und hat als solche in der Umlagerung bereits eine Aufgabe erfüllt. Die Aufkonzentrierung und Rückführung hat daher nur mit einem Bruchteil der in der Umlagerung benötigten Phosphorsäuremenge zu erfolgen.
Die Reinigung der aufzukonzentrierenden Phosphorsäure entfällt, da die ursprüngliche Säure bereits nach wenigen Aufarbeitungszyklen restlos gegen Frischsäure ausgetauscht ist.
Das erfindungsgemässe Verfahren zeichnet sich demzufolge durch äusserst rationelle Verwendung von Phosphorsäure aus. In jedem Verfahrenszyklus wird ein Teil der Phosphorsäure sowohl zur Beckmannschen Umlagerung als auch zur Hydroxylamin-Synthese verwendet. Auf diese Weise wird der Anfall von Ammonsulfat völlig unterdrückt und der Verbrauch an Phosphorsäure auf ein Minimum reduziert.
Trotz des durch höhere Viskosität und geringerer Acidität der Phosphorsäure gegenüber der Schwefelsäure erforderlichen grösseren Phosphorsäureeinsatzes bei der Hydroxylamin-Synthese und der Beckmannschen Umlagerung, ist der Anfall von Diammonhydrogenphosphat je Gewichtseinheit Caprolactam mit 1,47 :1 weitaus geringer als bei den herkömmlichen Lactamverfahren unter Verwendung von Schwefelsäure (4,5 :1 mit Raschig-Verfahren bzw. 2,8 :1 mit NO Reduktion unter Verwendung von Schwefelsäure). Im Fall der gemeinsamen Herstellung von Caprolactam und Dodecalactam im Gewichtsverhältnis 1:1 durch Colactamisierung beträgt das Gewichtsverhältnis Diammonhydrogenphosphat: Lactamgemisch sogar nur 1,12:1. Dieser Wert variiert je nach dem Gewichtsverhältnis der Lactame nach oben oder unten; er wird kleiner mit sinkendem Caprolactamanteil und umgekehrt.
Die Colactamisierung ist daher eine besonders bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemässen Verfahrens, da sie den Vorteil eines besonders geringen Phosphorsäureverbrauches mit dem der technologisch günstigsten Herstellung des Dodecalactams verbindet. Diese ist wegen der schmelzpunkterniedrigenden Wirkung der homologen C-6-Verbindung auf das entsprechende C- 12-Derivat, insbesondere bei Mischungen von C-6 : C-12 wie 35 :65 bis 70:30 Gewichtsteilen, von Interesse.
Das Verfahren gemäss vorliegender Erfindung zur Herstellung von Lactamen aus cycloaliphatischen Ketonen durch Oximierung mit Hydroxylaminphosphat und Beckmannsche Umlagerung der Oxime mit Phosphorsäure ist nun dadurch gekennzeichnet, dass man das Umlagerungsgemisch mit Wasser verdünnt, das Lactam durch Extraktion mit einem mit Wasser und Säure nicht mischbaren Lösungsmittel extrahiert, und die verdünnte Phosphorsäure zum Teil a) zur Herstellung des Hydroxylaminphosphats durch katalytische NO-Reduktion in phosphorsaurer Lösung und zum Teil b) durch Entwässerung und Dehydratisierung bis auf die für die Umlagerung benötigte Konzentration aufarbeitet und in die Umlagerungsstufe zurückführt.
Beispiel 1
Einem Reaktor werden bei 38 C und Normaldruck stündlich 890 kg einer 25 %igen wässrigen Phosphorsäure zugeleitet. Diese Phosphorsäure ist bei der Verdünnung von Umlagerungsprodukten cycloaliphatischer Oxime mittels Wasser nach Abtrennung des oder der Lactame angefallen.
Die Säure wird vor ihrem Einsatz in die Hydroxylamin Synthese durch Behandlung mit Aktivkohle von Resten organischer Anteile befreit.
Im Reaktor wird die Säure in Anwesenheit eines Edelmetallkatalysators (20 kg 2% Platin enthaltende Aktivkohle) unter Rühren stündlich mit einem Gemisch von 62400 Normallitern eines 96%gen Stickstoffmonoxyd-Gases und
110 000 Normallitern Wasserstoff begast.
Aus dem Reaktor wird über ein Filtersystem stündlich eine Lösung enthaltend 252 kg Hydroxylammoniumdihydrogenphosphat, 20 kg Phosphorsäure und 16 kg Ammoniumdihydrogenphosphat abgezogen. Den Reaktor verlässt ferner eine Abgasmenge von stündlich 51 200 Normallitern, worin 21 Vol. % Stickstoffmonoxyd enthalten sind. Die Ausbeute an Hydroxylammoniumdihydrogenphosphat beträgt demzufolge, bezogen auf eingesetztes Stickstoffmonoxyd, 72%.
Beispiel 2
In einer 2stufigen Oximierung werden stündlich die entsprechend Beispiel 1 hergestellten 252 kg Hydroxylammoniumdihydrogenphosphat, 20 kg Phosphorsäure sowie 16 kg Ammoniumdihydrogenphosphat in Form einer etwa 22%gen Hydroxylamin-Salz enthaltenden wässrigen Lösung bei pH 3,54 und 80-85 C mit 181 kg Cyclohexanon umgesetzt.
Die Neutralisation der freiwerdenden Phosphorsäure erfolgt durch Einspeisung von 36,9 kg Ammoniak. Zwecks Erzeugung des Diammonhydrogenphosphates werden der wässrigen Phase nach Abtrennung des entstandenen Oxims weitere 36,7 kg Ammoniak zugeführt.
Die Cyclohexanonoxim Ausbeute beträgt 207 kg pro Stunde, d. h. 99% der Theorie. Durch Eindampfen der Ammonsalzlösung zur Trockene werden 296 kg Diammonhydrogenphosphat erhalten.
Erfolgt die Neutralisation mit Kaliumhydroxyd bis zur Bildung des Dikaliumhydrogenphosphates, so werden für die Neutralisation 550 kg 45 pOige Kaliumhydroxydlösung benötigt, und es entstehen 394 kg Dikaliumhydrogenphosphat.
Beispiel 3
Ein Gemisch von 86 kg Cyclohexanon und 91 kg Cyclododecanon wird stündlich zusammen mit 182 kg Hydroxylamindihydrogenphosphat in eine 2stufige Oximierung eingespeist. Das Hydroxylaminsalz liegt als wässrige Lösung der gleichen Zusammensetzung wie im Beispiel 2 vor. Die Reaktion findet bei einer Verweilzeit von etwa 3 Stunden bei pH 5-5,5 statt, die Temperatur beträgt 100" C. Die freiwerdende Phosphorsäure wird durch laufende Zugabe von Ammoniak neutralisiert. Die stündlich anfallende Menge des Oximgemisches beträgt 200-201 kg, das Gewichtsverhältnis Cyclo hexanonoxim: Cyclododecanonoxim der Mischung ist 1: 1.
Das Produkt enthält 1,8-2 % Wasser. In der wässrigen Phase finden sich 213 kg Diammonhydrogenphosphat.
Beispiel 4
In einer Umlagerungsapparatur werden stündlich in ein vorliegendes Umlagerungsgemisch 216,5 kg Cyclohexanonoxim mit einem Wassergehalt von 4,5 % und 436 kg Phosphor säure mit einer Konzentration entsprechend 75,5% P2O5 eingespeist. Die Umlagerung erfolgt bei 105-107 C, die Verweilzeit beträgt 1 Stunde. Die stündlich abgenommene Menge von 652 kg Umlagerungsprodukt wird durch Zugabe von
1310 Liter Wasser unter intensiver Kühlung auf eine Säurekonzentration von 25 % verdünnt und sofort anschliessend bei Raumtemperatur mit Methylenchlorid extrahiert.
Die Aufarbeitung der Methylenchlorid-Caprolactamlösung erfolgt durch Destillation. Die Caprolactamausbeute beträgt 202 kg, d. h. 97,6% bezogen auf eingesetztes Oxim.
Von den etwa 1745 kg 25 %iger Phosphorsäure werden stündlich 892 kg abgenommen und diese durch Überleiten über einen mit Aktivkohle gefüllten Absorptionsturm bei 35-40" C von Resten organischer Verunreinigungen befreit.
Danach gelangt die raffinierte verdünnte Säure in der Hydroxylamin-Synthese entsprechend Beispiel 1 zum Einsatz.
Die restlichen 853 kg Phosphorsäure werden durch Erhitzen bis auf 200 C bei einem Vakuum von 2 Torr. wieder auf die ursprüngliche Konzentration von 77-78 %, berechnet als P2O5, gebracht. Es werden 210 kg konzentrierte aufgearbeitete Phosphorsäure erhalten, die gemeinsam mit 226 kg frischer konzentrierter Phosphorsäure in den Umlagerungsprozess rückgeführt werden.
Beispiel 5
In gleicher Weise wie in Beispiel 3 beschrieben, werden stündlich 216,5 kg feuchtes (4,5% Wasser) Cyclohexanonoxim mit 436 kg Phosphorsäure zur Reaktion gebracht. Die Phosphorsäure setzt sich aus 210 kg durch Aufkonzentrierung zurückgewonnener und 226 kg frischer Säure zusammen.
Nach gleicher Aufarbeitung beträgt die Caprolactam-Ausbeute 97,5 % bezogen auf eingesetztes Oxim.
Beispiel 6
Die entsprechend Beispiel 3 stündlich erzeugten 200 kg
Cyclohexanonoxim/Cyclododecanoximgemisch (Gewichts verhältnis 1:1) werden mit 400 kg Phosphorsäure (Kon zentration entsprechend 77,5% P2O5) bei einer Verweilzeit von 70 Min. bei 115 C umgelagert. Durch Zugabe von 1200 Liter Wasser wird das stündlich abgenommene Umlagerungsprodukt unter intensiver Kühlung und gleichzeitiger Zugabe von Methylenchlorid bei 60 C extrahiert.
Nach Aufarbeitung der Methylenchlorid-Lösung werden 190 kg Lactamgemisch, bestehend zu 49,4% aus Caprolactam und 50,6 % Dodecalactam erhalten. Das bedeutet eine Ausbeute von 95,3% Caprolactam und 97,5% Dodecalactam.
Nach der Extraktion fallen pro Stunde etwa 1605 Liter 25 %ige Phosphorsäure an, wovon der für die Herstellung der im Beispiel 3 genannte Menge Hydroxylamindihydrogenphosphat benötigte Anteil abgezweigt wird. Dieser Teilstrom wird vor der Hydroxylamin-Synthese einer Aktivkohlebehandlung unterzogen und damit auf die erwünschte Reinheit gebracht.
Die verbleibende Menge verdünnter Phosphorsäure, d. h.
990 kg 25 %ige Lösung, werden entsprechend Beispiel 4 aufkonzentriert und sind danach erneut zur Umlagerung verwendbar.