Thermoplastische Formmasse zur Herstellung von steifen Stützverbänden
Es ist bekannt, nach dem Einrichten von Knochenbrüchen und zum Schienen bei Verrenkungen die für den Heilungsprozess günstigste Lage durch einen Gipsverband zu fixieren. Dabei wird eine mit Gips beschichtete Mullbinde mit Wasser getränkt, ausgedrückt und dann in mehreren Lagen so angebracht, dass die gewünschte Ruhigstellung des verletzten Körperteils erreicht wird. Diese Gipsverbände sind jedoch mit gewissen Nachteilen behaftet. Beim Anlegen ist eine unangenehme Beschmutzung nicht zu vermeiden. Es dauert etwa 1 bis 11/2 Stunden, bis der Verband soweit erstarrt, dass z. B. keine Verschiebung von Bruchenden mehr erfolgen kann. Die höchste Festigkeit erreicht der Verband erst nach mehreren Tagen. Während des Trocknungsvorganges ist der betreffende Körperteil kalt und feucht.
Um die gewünschte Stabilität des Verbandes zu garantieren, müssen Gewicht und Umfang so ausgelegt sein, dass eine grosse Belastung und Behinderung für den Patienten entsteht. Schliesslich haben Gipsverbände insbesondere den Nachteil, dass sie für Röntgenstrahlung schwer durchlässig sind.
In der deutschen Auslegeschrift Nr. 1 674 wird die Herstellung von imprägnierten Binden beschrieben, bei denen ein durch Emulsionspolymerisation gewonnener harter Kunststoff, beispielsweise Polymethylmethacrylat oder Polystyrol, auf ein Gewebe aufgebracht wird und die Polymerteilchen dann durch ein Bindemittel so fixiert werden, dass kein durchgehender Kunststoffilm entsteht und damit die ursprüngliche Weichheit und Biegsamkeit des textilen Gewebes erhalten bleibt. Die Herstellung des Stützverbandes aus diesem Material geschieht durch Anlegen der imprägnierten Binde unter Anlösen des harten Kunststoffes mit einem geeigneten Lösungsmittel, wodurch nach Abdampfen des Lösungsmittels ein steifer Film gebildet wird.
Das Verfahren hat den Nachteil, dass durch die Verwendung von Lösungsmitteln eine Reizung der Haut besonders beim Vorliegen von offenen Wunden auftritt, und dass ausserdem lange Trocknungszeiten in Anspruch genommen werden müssen.
In der deutschen Auslegeschrift Nr. 1 165810 wird das Härten von einem mit Kunststoff beschichteten Gewebe durch Tränken mit einer Emulsion aus einer polymerisierbaren Verbindung und Wasser bei gleichzeitiger Anwesenheit eines schnell wirkenden Polymerisationsbeschleunigers beansprucht. Dieses Verfahren hat neben der komplizierten Anwendungsform den Nachteil, dass ein Restanteil an nicht polymerisiertem Monomeren verbleibt, der zu Hautreizungen und Allergien Anlass geben kann.
Gegenstand der Erfindung ist eine thermoplastische Formmasse zur Herstellung von steifen Stützverbänden, bestehend aus Copolymerisaten aus 1 Mol 1,3,5-Trioxan und 0,7 bis 2,8 Mol eines cyclischen Formals der Formel
EMI1.1
in der die Summe aus x und y Null oder 1 ist, mit Schmelzpunkten zwischen 40 und 800 C.
Die erfindungsgemäss verwendeten Copolymerisate von Trioxan mit den cyclischen Formalen 1,3-Dioxolan, 1,3-Dioxepan und 1,3,6-Trioxocan haben Schmelzpunkte zwischen 40 und 800 C, wobei bei Schmelzpunkten zwischen 60 und 750 C die besten Ergebnisse erhalten werden. Der Schmelzpunkt kann durch Veränderung des Kokomponentenanteils leicht eingestellt werden und liegt für den Schmelzbereich zwischen 40 und 800 C bei 0,7 bis 2,8 Mol Formal pro Mol Trioxan. Die reduzierte spezifische Viskosität (gemessen in Butyrolacton bei 1400 C in einer Konzentration von 0,5 g/ 100 ml) der verwendeten Trioxancopolymeren liegt günstigerweise zwischen 0,3 und 1,5, wobei im Bereich zwischen 0,6 und 1,0 besonders gut geeignete Produkte vorliegen.
Zur Herstellung von steifen Stützverbänden werden die erfindungsgemässen Formmassen zunächst auf Textilgewebe aufgebracht und dann auf 60 bis 800 C erwärmt, z. B. im heissen Wasserbad, auf einer geheizten Metallplatte, durch Wärmestrahlung oder durch Heissluft, um das Trioxancopolymerisat in den plastischen Zustand zu überführen. Das beschichtete Gewebe wird dann an den ruhig zu stellenden Körperteil angelegt, wo es innerhalb von 15 bis 20 Minuten zu einem steifen Verband erstarrt. Je nach der gewünschten Festigkeit müssen mehrere Lagen des Gewebes aufgebracht werden. Die thermoplastische Formmasse bleibt dabei so lange im plastischen Zustand, dass eine gute Verbindung zwischen dem bereits angelegten und dem frisch aufgebrachten Gewebe erfolgen kann.
Beim Anlegen des Verbandes kann auch so vorgegangen werden, dass das mit dem Copolymerisat aus Trioxan und einem der genannten Formale beschichtete Gewebe zusammen mit einer Folie aufgewickelt wird, auf der das Polyacetal im plastischen Zustand nicht haftet, und dass dann das gesamte Gewebe auf 60 bis 800 C erwärmt wird. Es ist dann möglich, das plastische Gewebe um den ruhig zu stellenden Körperteil zu legen und die Folie, die die einzelnen Lagen des beschichteten Gewebes trennt, zu entfernen.
Als Trägermaterial für die erfindungsgemäss verwendeten Copolymerisate eignen sich textile Gewebe aus beispielsweise Baumwolle, Wolle, Celluloseacetat, Polyester oder Polyacrylnitril. Das Gewicht dieser Gewebe liegt zwischen 1 und 100 g pro Quadratmeter, vorzugsweise zwischen 10 und 50 g pro Quadratmeter. Die Verwendung von Baumwollgewebe, z. B. in Form von Mullbinden, ist bevorzugt. Die Beschichtung des textilen Gewebes mit den erfindungsgemäss verwendeten Copolymerisaten erfolgt nach üblichen Verfahren durch Aufextrudieren und anschliessendes Kalandrieren.
Es ist jedoch auch möglich, die erfindungsgemässe thermoplastische Formmasse ohne Träger auf 40 bis 800 C zu erwärmen und die erhaltene plastische Masse zur Herstellung des Verbandes einzusetzen.
Die Vorteile der erfindungsgemässen Formmasse gegenüber bekannten Stützverbänden liegen in der Vermeidung einer Beschmutzung beim Anlegen, in dem schnelleren Erstarren, in dem geringeren Gewicht und in der Durchlässigkeit für Röntgenstrahlen. Diese Durchlässigkeit für Röntgenstrahlen bietet die Möglichkeit, nach Anlegen des Stützverbandes zu prüfen, ob beispielsweise bei einem Knochenbruch die beiden Knochenenden richtig zueinander orientiert sind. Ergibt sich die Notwendigkeit einer Korrektur, dann kann man leicht mit Hilfe eines Heisslufttrockners oder einer Infrarotlampe den Verband wieder plastifizieren, die gewünschte Korrektur durchführen und den Verband wieder erstarren lassen.
Schliesslich ist auch das Abnehmen des Verbandes einfacher und sauberer, da man auf dem geschilderten Wege den Verband in den plastisch verformbaren Zustand überführen kann, und dann seine Entfernung leicht und ohne unangenehme Beanspruchung des gestützten Körperteils möglich ist.
Beispiel 1
Auf ein Baumwollgewebe (Gewicht 35 g/m2) mit 15 Fäden/cm in Schussrichtung und 10 Fäden/cm in Kettenrichtung wird ein Copolymerisat aus 45 Gewichtsprozent Trioxan und 55 Gewichtsprozent 1,3Die oxolan (reduzierte Viskosität ored = 0,50; gemessen in Butyrolacton bei 1400 C in einer Konzentration c = 0,5 g/100 ml) so aufextrudiert und anschliessend kalandriert, dass ein beschichtetes Gewebe mit einem Gewicht von 530 g pro Quadratmeter erhalten wird.
Das behandelte Gewebe enthält 93 Gewichtsprozent Trioxancopolymerisat.
Durch Erwärmen dieses Verbandes auf 800 C auf einer beheizten Metallplatte wird der enthaltende Kunststoff plastisch verformbar, und das Gewebe kann nach Abkühlung auf 40 bis 500 C an einen ruhig zu stellenden Körperteil angelegt werden. Nach 15 bis 20 Minuten ist der Verband erstarrt. Die Entfernung erfolgt durch Wiederplastifizieren des Kunststoffes mit Hilfe einer Infrarotlampe und anschliessendes Aufschneiden des weichen Verbandes.
Beispiel 2
Ein Copolymerisat aus 45 Gewichtsprozent Trioxan und 55 Gewichtsprozent 1,3-Dioxolan (red= 1,10; Bedingungen wie in Beispiel 1) wird in einem 800 C heissen Wasserbad plastifiziert. Nach Abkühlen auf eine Temperatur von 40 bis 500 C wird das Material um einen ruhig zu stellenden Körperteil gelegt. Nach 20 bis 30 Minuten ist das Trioxancopolyrnerisat zu einem steifen Stützverband erstarrt. Die Entfernung des Verbandes erfolgt wie in Beispiel 1 beschrieben.