Verfahren zur Herstellung von stabilen Lösungen des Proscillaridins
Das Proscillaridin ist ein in der weissen Meerzwiebel vorkommendes bzw. durch fermentativen Abbau darin entstehendes Herzglykosid mit wertvollen therapeutischen Eigenschaften und guter oraler Resorption. Seine Struktur und seine Eigenschaften wurden durch den Arbeitskreis von A. Stoll, W. Kreis et al. in grundlegenden Arbeiten aufgeklärt (s. Helvetica Chimica Acta 16, Seite 703 ff; 34, Seite 1431 ff; 35, Seite 2495 ff, und 36, Seite 1744 ff).
Proscillaridin ist ein Herzmittel, das gegen alle Formen der Herzinsuffizienz mit Vorteilen gegenüber der bisher angewandten Digitalis- bzw. Strophantin-Therapie angewendet werden kann. Es besitzt jedoch wie alle herzwirksamen Glykoside bereits in der therapeutischen Dosis ziemlich nahestehenden Dosisbereichen erhebliche toxische Wirkungen, weshalb man bei der Dosierung sehr vorsichtig sein muss. Bei manchen Formen der Herz- und Koronarinsuffizienz ist zudem die Glykosidtherapie schwierig, da die gleiche Glykosidmenge von verschiedenen Patienten in sehr unterschiedlicher Weise vertragen wird; dies trifft insbesondere auf die sog.
latente oder trockene Herzinsuffizienz zu. Hierunter fallen vor allem Störungen der Herzenergetik ( energetische Insuffizienz ) deren Äthiologie sehr vielfältig sein kann: z. B. Myocarditis, Altersherz, toxische, mechanische, elektrische oder thermische Herzmuskelschäden sowie sekundär bedingte Erkrankungen des Herzmuskels bei hormonellen Schäden oder Stoffwechsel-Entgleisungen oder ähnlichem. Auch bei der Beseitigung der Beschwerden koronarer Durchblutungsstörungen zeigt Proscillaridin allein noch nicht den optimalen Effekt.
Proscillaridin ist bekanntlich nur sehr schlecht wasserlöslich (s. Helvetica Chimica Acta 34, Seite 1442).
Da gerade bei Herzglykosiden die Möglichkeit der parenteralen Anwendung grosse Bedeutung besitzt, bestand ein dringendes Bedürfnis für ein technisch brauchbares Verfahren zum Löslichmachen von Proscillaridin.
Es wurde nun gefunden, dass man Proscillaridin bequem in Lösung bringen kann, wenn man als Lösungsvermittler ein oxyalkyliertes Theophyllin oder Theobromin bzw. ein Gemisch mehrerer derartiger Substanzen verwendet. Die zugesetzte Menge dieser Verbindungen, die im Ermessungsbereich des Fachmanns liegt, hängt in erster Linie von deren Löslichkeitsverhältnissen ab und wird durch wirtschaftliche Gesichtspunkte bestimmt. Beispielsweise hat es sich als zweckmässig erwiesen, die besonders geeigneten, in 7-Stellung oxyalkylierten Theophylline bzw. in l-Stellung oxyalkylierten Theobromine mit 1 oder 2 Hydroxygruppen im Oxyalkylrest, wie beispielsweise 7-p-Oxypropyltheophyllin, in Mengen von 150-280 g pro 0,25 g Proscillaridin und 1500 ml Wasser zu verwenden.
Die erfindungsgemässen Lösungen sind stabil und sowohl für Injektionszwecke als auch zur oralen Anwendung gut geeignet. Sie können sogar ohne Beeinträchtigung ihrer Haltbarkeit noch weitere Wirkstoffe, beispielsweise kreislaufwirksame Sympathiocomimetica wie (-)-l-p-Hydroxyphenyl-2-methylamino - äthanol - (1), aufnehmen.
Es ist zwar bereits bekannt, dass oxyalkylierte Theophyllin- bzw. Theobrominverbindungen in manchen Fällen löslichkeitsvermittelnde Eigenschaften besitzen. Da aber über die Natur des löslichkeitsvermittelnden Effekts dieser Substanzklasse nichts Näheres bekannt ist, war ihre besondere Eignung im vorliegenden Fall nicht vorauszusehen. Aufgrund der derzeitigen Kenntnisse ist jedoch anzunehmen, dass es sich um einen einfachen chemischen Vorgang handelt. Es ist nämlich bekannt, dass Lactone ausserordentlich leicht durch Oxyalkyltheophylline bzw. -theobromine verestert werden. So reagiert z. B. Oxyalkyltheophyllin mit y-Butyrolacton in einfacher und übersichtlicher Weise zu y-Hydroxybuttersäure - (theophyllinylalkyl) - ester. Proscillaridin enthält nun gleichfalls einen (doppelt ungesättigten) Lactonring am C-17 des Steroid-Gerüstes.
Es liegt somit die Vermutung nahe, dass sich bei der Löslichkeitsvermittlung mit Hilfe von Oxyalkyltheophyllinen oder -theobrominen ein ähnlicher Vorgang abspielt.
Als weiterer, nicht vorauszusehender Vorteil ist die Tatsache zu werten, dass dieser Effekt durch den Zusatz weiterer Substanzen nicht wieder aufgehoben wird.
Man kann den erfindungsgemässen Kombinationen von Proscillaridin mit einem oxyalkylierten Theophyllin bzw. Theobromin zusätzlich noch ein kreislaufwirksames Sympathicomimeticum hinzufügen, wodurch ein synergistischer Effekt bezüglich der positiv inotropen Herzwirkung und der Förderung der Herzdurchblutung erreicht wird. Vor allem kann man auf diese Weise die im vorhergehenden genannten Nachteile des Proscillaridins beseitigen, wenn man es in Kombination mit einem Sympathicomimeticum mit positiv inotroper Herzwirkung und ähnlicher Wirkungsdauer wie Proscillaridin anwendet. Dadurch kann eine Einsparung an Glykosid erreicht werden; ohne dass die kompensierende Wirkung des betreffenden Proscillaridin-Präparats herabgemindert wird. Dies führt zu einer bedeutenden Erhöhung der therapeutischen Breite und damit zu einer leichteren Steuerbarkeit der Glykosidtherapie.
Es ist schwierig, die für die Kombination mit Proscillaridin in Frage kommenden Sympathicomimetica durch eine allgemeine chemische Strukturformel exakt abzugrenzen. da entscheidend für die Eignung in einer Kombination mit Proscillaridin die obenerwähnten medizinischen Kriterien sind. Die meisten von ihnen fallen jedoch unter folgende allgemeine Formel
EMI2.1
in der R1 und R" die gleich oder verschieden sein können, Wasserstoff, niedere Alkylgruppen oder Hydroxylgruppen, Rn Wasserstoff oder eine Hydroxylgruppe, R1 Wasserstoff oder eine Methylgruppe und R5 Wasserstoff, eine niedere Alkylgruppe oder eine Aralkylgruppe sein kann, deren Arylteil gegebenenfalls mit Hydroxylgruppen substituiert ist und deren Alkylteil 1-3 C-Atome aufweist.
Die in Frage kommenden Sympathicomimetica besitzen zumeist ein oder mehrere asymmetrische C-Atome und kommen daher in verschiedenen stereoisomeren Formen vor. Sie werden zumeist in Form von physiologisch verträglichen Säureadditionssalzen, z. B. als Hydrochloride, Sulfate, Tartrate, Maleinate, Succinate, Chlortheophyllinate oder Methansulfonate, eingesetzt.
Für die Kombination mit Proscillaridin geeignete Sympathicomimetica sind beispielsweise das 1 -(3',4'-Dihydroxy)-phenyl-2-aminoäthanol( 1) (Noradrenalin), das
1 -(3',4'-Dihydroxy)-phenyl-2-methylamino äthanol(l) (Adrenalin); 1 -(3'-Hydroxy)-phenyl-2-methylaminoäthanol( 1) (Phenylepherine, Neosynepherine, Adrianol);
1 -(4'-Hydroxy)-phenyl-2-methylaminopropan (Paredrinol); 1 -(3'-Hydroxy)-phenyl-2-aminoäthanol(l) (Nor-Adrianol);
1 -(4'-Hydroxy)-phenyl-2-methylaminopropanol(l) (p-Hydroxy-Ephedrin) und 1 -(4'-Hydroxy)-phenyl-2-aminopropanol( 1) (Metaraminol);
ferner auch 1 -(3',4'-Dihydroxy)-phenyl-2-isopropylamino- äthanol(l) (Isoproterenol, Aludrin@); 1 -(3',5'-Dihydroxy)-phenyl-2-isopropylamino- äthanol(l) (Metaproterenol, Alupent@); und das 1(3 ,5'-Dihydroxy)-phenyl-2-[rn(4-hydwxyphenyl) isopropylamino]-äthanol( 1).
Als besonders geeignet haben sich die beiden Sympathicomimetica 1-(3'-Hydroxy)-phenyl-2-äthylaminoäthanol( 1) (EffortiloR) und 1 -(4'-Hydroxy) -phenyl-2-methylaminoäthanol( 1) (Synephrin, Sympatol erwiesen.
Diese Substanzen werden vorzugsweise in der zumeist physiologisch wirksameren und besser verträglichen linksdrehenden Form eingesetzt, können aber auch als Racemate oder in der rechtsdrehenden Form verwendet werden.
Die für die Kombination geeignete Menge an positiv inotrop wirkenden Sympathicomimeticum liegt nach Art der gerade verwendeten speziellen Substanz zwischen 15 und 200, vorzugsweise zwischen 25 und 75 mg pro Einzeldosis. Die für die Einzeldosis erforderliche Proscillaridin-Menge kann dadurch gegenüber der üblichen Dosis von 0,5 mg auf etwa die Hälfte, d. h. 0,15 bis 0,35 mg herabgesetzt werden. Höhere Dosierungen an Proscillaridin sind nur in schweren Fällen von Herzinsuffizienz erforderlich. Die als günstig gefundene Menge an oxyalkyliertem Theophyllin- oder Theobrominderivat liegt zwischen 40 und 350 mg, vorzugsweise zwischen 70 und 220 mg pro Einzeldosis. In diesem Bereich zeigen die oxyalkylierten Theophylline auch in wässrigen Prosclllaridinlösungen bereits gute löslichkeitsvermittelnde Eigenschaften auf das Proscillaridin.
Die Anwendung der erfindungsgemäss erhaltenen Lösungen kann in den für orale oder parenterale Applikation üblichen Anwendungsformen erfolgen.
Beispiel 1 (Tropfen für orale Anwendung)
Proscillaridin 0,32 g 1-fi-Oxypropyltheobromin 220,00 g
Sorbinsäure 1,50 g Athanol 75,00 ml aqua demin. ad 1500,00 ml
Das Proscillaridin wird in Äthanol gelöst. Die Sorbinsäure sowie das l-ss-Oxypropyltheobromin werden unter Erwärmen in der Gesamtmenge Wasser gelöst und die Lösung nach dem Erkalten mit der Lösung des Proscillaridins vereinigt.
Beispiel 2 (Injektionslösung)
Proscillaridin 0,25 g 7-(ss-y-Dioxypropyl)-theophyllin 200,00 g Äthanol 100,00 ml aqua demin. ad 1000,00 ml
Die Lösung wird analog Beispiel 1 hergestellt.
Beispiel 3 (Tropfen für orale Anwendung) (-)- 1 -p-Hydroxyphenyl-2-methyl- amino-äthanol-(l) 50,00 g Proscillaridin 0,25 g 7-ss-Oxypropyltheophyllin 200,00 g Na2S2O 1,50 g
Na-Salz der < 2ithylendiamintetra- essigsäure 1,50 g
Weinsäure 0,50 g
Saccharin-Natrium 3,75 g p-Hydroxybenzoesäure-methylester 1,00 g p-Hydroxybenzoes äure-propylester 0,45 g Äthanol 75,00 g aqua demin. ad 1500,00 ml
Das Proscillaridin wird in dem Äthanol gelöst. Die Ester der p-Hydroxybenzoesäure werden sodann in der Gesamtmenge heissem Wasser gelöst. Nach dem Erkalten werden die übrigen Substanzen gelöst.
Die wässrige und die äthanolische Lösung werden anschliessend vereinigt. 20 Tropfen sollen 1,5 ml Lösung entsprechen. Der pH-Wert der Lösung ist 5,0; er kann gegebenenfalls mit Puffer fest eingestellt werden.
Beispiel 4 (Tropfen für orale Anwendung)
Proscillaridin 0,20 mg 1 -p-Oxypropyltheobromin 220,00 mg racem. 1 -(4'-Hydroxy)-phenyl-2-n- butylamin-äthanol(l) - 50,00 mg
Sorbinsäure 1,50 mg Äthanol 15,00 mg aqua demin. ad 1500,00 ml
Beispiel 5 (Injektionslösung)
Proscillaridin (lnjektionslösung) 0,20 mg 7-(ss,y-Dioxypropyl)-theophyllin 200,00 mg 1 -(-)-(4'-Hydroxy)-phenyl-2-methyl- amino-propanol(l) 60,00 mg Athanol 100,00 mg aqua demin. ad 1000,00 ml
Die Herstellung der Lösung erfolgt analog Beispiel 4.