Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen Pfropfcopolymeren
Die Pfropfcopolymeren bestehen bekanntlich aus einer polymeren oder copolymeren Grundkette, auf welche Seitenketten einer anderen Polymer- oder Copolymerart aufgepfropft sind. Die Pfropfpolymerisation ist für die Herstellung von Polymeren geeignet, die zur Ausschaltung von unerwünschten Eigenschaften und damit zur Verbesserung der Brauchbarkeit eines Produktes modifiziert sind. So kann man beispielsweise die Rissbildungsneigung unter Spannung bei Polycarbonaten dadurch vermindern, dass man Polycarbonatketten mittels funktioneller Gruppen auf eine Polymergrundkette aufpfropft. Die Zug-Wärmefestigkeit eines Polycarbonat-Pfropfcopolymeren steigt in vielen Fällen mit zunehmendem Gehalt der Grundkette auf ein Maximum und fällt dann wieder ab.
Dementsprechend bietet die Pfropfcopolymerisation ein Mittel zur Herstellung von Copolymeren mit bestimmten, auf einen gegebenen Verwendungszweck zugeschnittenen Eigenschaften.
Ein Ziel der vorliegenden Erfindung besteht in einem Verfahren zur Herstellung von thermoplastischen Pfropfcopolymeren, in welchen Polycarbonatgruppen auf eine Polymergrundkette aufgepfropft werden.
Erfindungsgemäss kann das obige Ziel dadurch erreicht werden, dass man eine Lösung eines Grundpolymeren, das anhängende funktionelle Gruppen aufweist, in einem organischen Lösungsmittel mit einem zweiwertigen Phenol und einem Carbonat-Präkursor in Gegenwart von Säureakzeptor und Monohydroxyverbindung als Kettenabbruchmittel umsetzt, wobei die funktionellen Gruppen mindestens zum Teil Hydroxylgruppen sind und wobei als Carbonat-Präkursor Carbonylhalogenid, HaIogenformiat oder eine Mischung dieser Stoffe verwendet wird.
Vorzugsweise enthält das Grundpolymer durchschnittlich weniger als etwa 50 funktionelle Gruppen pro Molekül des Grundpolymeren. Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet die Bezeichnung anhängend , dass die anwendbare Hydroxylgruppe nicht ein Teil der Grundkette des Grundpolymeren ist, sondern eine Seitenkette hiervon darstellt. Dementsprechend bietet die Hydroxylgruppe einen Angriffsort für die Ankondensation von aromatischen Polycarbonat-Seitenketten.
Erfindungsgemäss ist es kritisch, dass das Pfropfcopolymer thermoplastisch ist. Um dies sicherzustellen, darf die Zahl der an dem Grundpolymer hängenden funktionellen Ketten nicht übermässig hoch sein. An dernfalls geliert oder vernetzt das aus dem Grundpolymer und dem aromatischen Polycarbonat hergestellte Pfropfcopolymer und bleibt somit nicht thermoplastisch. Das erfindungsgemäss verwendete Grundpolymer kann entweder ein Homopolymer oder ein Copolymer aus zwei oder mehr Grundbausteinen sein. Ein copolymeres Grundpolymer kann aus zwei Monomeren hergestellt werden, die funktionelle Gruppen aufweisen. Es kann aber auch aus zwei Monomerarten hergestellt werden, von denen nur die eine Art funktionelle Gruppen aufweist.
Zur Bestimmung der Zahl der funktionellen Gruppen oder der Funktionalität wird die folgende Formel verwendet:
EMI1.1
= (Pn) (Molenbruch der funktionellen Gruppen im Polymer) Dabei ist
EMI1.2
die Funktionalität und ph der mittlere Polymerisationsgrad.
Zur Herstellung des Grundpolymeren können alle thermoplastischen Polymeren verwendet werden, die funktionelle Gruppen aufweisen, welche mindestens zum Teil Hydroxylgruppen sind. Beispiele für zur Herstellung des Grundpolymeren geeignete thermoplasti sche Polymere sind Homopolymere und Copolymere von Celluloseäthern und -estern, die freie Hydroxylgruppen aufweisen, z. B. Äthylcellulose, Celluloseace tat, Cellulosenitrat, Cellulosebutyrat, Glycolmonoester von Acrylsäure und Methacrylsäure und Allylalkohol.
Ferner können die thermoplastischen Polymeren
Copolymere aus den oben genannten Verbindungen mit anderen Monomerverbindungen sein, welche die Vinylidengruppe ohne funktionelle Gruppen enthalten.
Hierzu gehören monomere Verbindungen, wie Vinyl halogenide, z. B.
Vinylchlorid, Vinylbromid, Vinylidenchlorid; Olefine, z. B.
Äthylen, Propylen, Isobutylen; Acrylsäure- und Methacrylsäureester von Alkoholen, die 1-18 C-Atome aufweisen, wie Methyl- und Athylmethacrylat; Acrylamid, Methacrylamid; Methacrylnitril; Acrylnitril; Vinylester von Carbonsäuren, z. B.
Vinylacetat, Vinylpropionat, Vinylbenzoat; Vinyläther, z. B.
Vinylmethyläther, Vinylisobutyläther; vinylaromatische Verbindungen, z. B.
Styrol, a-Methylstyrol, Vinyltoluol, p-Äthylstyrol, 2,4-Dimethylstyrol, o-Chlorstyrol, 2,5-Dichlorstyrol.
Das bevorzugte Grundpolymer für das erfindungsgemässe Verfahren ist Butylmethacrylat Hydroxyäthylmethacrylat oder Styrol-Hydroxyläthylacrylat.
Praktisch erfolgt die Durchführung des Verfahrens der Erfindung zur Herstellung des Pfropfcopolymeren, indem das Grundpolymer mit einem zweiwertigen Phenol und einem Carbonat-Präkursor in Gegenwart eines Säureakzeptors und eines Kettenabbruchmittels umgesetzt wird. Das Grundpolymer wird zunächst in einem organischen Lösungsmittel gelöst. Hierzu wird dann das zweiwertige Phenol, das Kettenabbruchsmittel und der Säureakzeptor gegeben. Dann wird in das System eine stöchiometrische Menge des Carbonat-Präkursors für die Umsetzung mit dem zweiwertigen Phenol und zur Bildung eines aromatischen Polycarbonates eingespeist, welches mit den an dem Grundpolymer hängenden Hydroxylgruppen kondensiert. Die Umsetzung wird bei atmosphärischem Druck und vorzugsweise bei Temperaturen zwischen 20 und 130"C durchgeführt.
Diese Bedingungen sind jedoch für das Verfahren nicht kritisch.
Das für die Umsetzung verwendete Kettenabbruch mittel ist eine monofunktionelle Hydroxyverbindung, wie Phenol, Cyclohexanol, Methanol oder p-Bromphe nol vorzugweise jedoch Phenol. Die verwendete Menge beträgt mindestens 1 Mol des Kettenabbruchmittels pro Mol der im Grundpolymer enthaltenen fuStio- nellen Gruppen. Die Verwendung eines Kettenab bruchmittels ist für das Verfahren wesentlich, um die
Bildung eines gelierten oder vernetzten Produktes zu vermeiden. Phenol wird als Kettenabbruchmittel be vorzugt.
Für das erfindungsgemässe Verfahren kann jedes zweiwertige Phenol verwendet werden, das als einzige reaktionsfähige Gruppen zwei phenolische Hydroxyl gruppen aufweist. Beispiele hierfür sind die folgenden Verbindungen:
1,1-Bis(4-hydroxyphenyl)-methan,
2,2-Bis(4-hydroxyphenyl)¯propan, 4,4-Bis(4-hydroxyphenyl)-heptan, usw.; zweiwertige Phenoläther wie Bis(4-hydroxyphenyl)-äther, Bis (3 ,5-dichlor-4-hydroxyphenyl)-äther, usw.; Dihydroxy-diphenyle, wie p,p'-Dihydroxydiphenyl, 3,3'-Dichlor-4,4'-dihydroxydiphenyl, usw.; Dihydroxyaryl-sulfone, wie Bis(4hydroxyphenyl)-sulfon, Bis (3 ,5-dimethyl-4-hydroxyphenyl) -sulfon, Bis (3-methyl-5-äthyl-4-hydroxyphenyl)- sulfon, usw.; Dihydroxybenzole, Resorzin, Hydrochinon;
; Halogen- und Alkyl-substituierte Dihydroxybenzole, wie 1 ,4-Dihydroxy-2-chlorbenzol, 1,4-Dihydroxy-2,3-dichlorbenzol, 1 ,4-Dihydroxy-2-methylbenzol, usw.; und Dihydroxydiphenylsulfoxyde, wie Bis(4-hydroxyphenyl)-sulfoxyd, Bis(3, 5 -dibrom-4-hydroxyphenyl)- sulfoxyd usw.
Als Carbonat-Präkursor kann für das erfindungsgemässe Verfahren entweder ein Carbonylhalogenid oder ein Halogenformiat verwendet werden. Geeignete Carbonylhalogenide sind Carbonylbromide, -chloride, -fluoride, usw. und Mischungen dieser Stoffe. Geeignete Halogenformiate sind u. a. die Bis-halogenfor mitte von zweiwertigen Phenolen (Bis-chlorformiate von Hydrochinon usw.) oder Glycolen (Bis-halogenfor miate von Äthylenglycol, Neopentylglycol, Polyäthylenglycol, usw.) Von den anderen bekannten Carbonat-Präkursoren wird Phosgen, d. h. Carbonylchlorid bevorzugt.
Die Umsetzung wird in Gegenwart eines Säureakzeptors durchgeführt, der eine organische oder anorganische Verbindung sein kann. Geeignete organische Säureakzeptoren sind die tertiären Amine einschliess, lich von Pyridin, Triäthylamin, Dimethylanilin, Tributylamin, usw.
Geeignete anorganische Säureakzeptoren sind die Hydroxyde, Carbonate, Bicarbonate oder Phosphate von Alkali- oder Erdalkalimetallen.
Die erfindungsgemäss erhältlichen Produkte können für viele Zwecke der Herstellung von Formteilen oder für die Herstellung von Blattmaterial oder Folien bzw. Filmen verwendet werden. Der Vorteil der vorliegenden Produkte besteht darin, dass sie gegen organische Lösungsmittel beständig sind, bessere Rissbeständigkeitseigenschaften unter Spannung als die geradkettigen aromatischen Polycarbonate und eine ausgezeichnete Wärmefestigkeit besitzen.
In den folgenden Beispielen beziehen sich alle Angaben in Teilen, wenn nicht anders erwähnt, auf das Gewicht.
Beispiel 1
Eine Lösung aus 200 g Butylmethacrylat, 1,86 g Hydroxäthylmethacrylat, 1 g Benzoylperoxyd und 1 g Pyridin in 300 Methylenchlorid wurde 22 Stunden auf Rückfluss erhitzt. Das Polymer wurde mit Methanol ausgefällt und gewaschen. Das so erhaltene Material wurde noch mit Wasser gewaschen und unter vermindertem Druck getrocknet. Man erhielt 110 g Polymer, das in Chloroform bei 250 C eine Viskosität (intrinsic) von 1,14 dl/g entsprechend einem Molekulargewicht von 331 000 aufwies.
Beispiel 2
Eine Lösung aus Poly (Butylmethacrylat/Hydroxyäthylmethacrylat) (PBMHEM), hergestellt wie in Beispiel 1, Bisphenol-A und Phenol in 96 g Pyridin und 800 g Methylenchlorid wurde in einem Masse von 0,86 g/min bis zum Temperaturabfall phosgeniert. Nach Zugabe von verdünnter Salzsäure wurde das Polymer ausgefällt und mit Methanol gewaschen. Die Viskositätswerte (intrinsic) sind in Dioxan bei 300 C gemessen.
Anteile und Ausbeuten der einzelnen Ansätze sind in der folgenden Tabelle I zusammengestellt:
Tabelle I PBHEM BPA PBHEM Phenol Polymer Polymer Olo g g g Ausbeute (n) dl/g g
5 114 6 0,08 112 0,91 10 108 12 0,16 120 0,81 15 102 18 0,25 126 0,75 25 90 30 0,40 119 0,71
Beispiel 3
Eine Lösung von Hydroxyäthylmethacrylat (HEM) und Benzoylperoxyd (Bz2O2) in Styrol wurde zu einer Lösung von Polyacrylsäure (PAA) in Wasser gegeben.
Die Mischung wurde 16 Stunden unter Stickstoff gerührt und auf 800 C erwärmt. Die Polymerperlen wurden abfiltriert und in Wasser gewaschen. Die Viskositätswerte (intrinsic) wurden in Toluol bei 25 C gemessen. Die Anteile der einzelnen Ansätze und die Ausbeuten sind in Tabelle II zusammengestellt:
Tabelle II Styrol HEM BzO2 PAA H20 Polymer (11) dl/g Molekularg g g g g Ausbeute gewicht g 208 2,60 0,50 2,50 750 170 1,08 405 000 416 5,20 1,00 4,50 1500 385 0,71 223 000
Beispiel 4
Eine Lösung aus
Copoly (Styrol/Hydroxyäthylmethacrylat) (PSHEM), hergestellt wie in Beispiel 3, Bisphenol-A und Phenol in Methylenchlorid (MeCl2) und und Pyridin wurde in einem Mass von 0,5 g/min bis zum Temperaturabfall phosgeniert. Nach Zugabe von verdünnter Salzsäure wurde das Polymer ausgefällt und mit Methanol gewaschen.
Die Viskositätswerte (intrinsic) wurden in Dioxan bei 300 C gemessen. Anteile und Ausbeuten der einzelnen Ansätze sind in der folgenden Tabelle III zusammengestellt:
Die Erfahrung zeigt, dass die Pfropftechnik des Verfahrens der Erfindung auf alle Vinylpolymeren oder Copolymeren angewendet werden kann, für die es ein Lösungsmittel gibt. Durch Auswahl des Grundpolymeren sowie durch die Steuerung der Kettenlänge des Grundpolymeren und der Länge der Pfropfpolymerketten können Vinylcopolymere mit maximalen Eigenschaften der für ein bestimmtes Endprodukt gewünschten Art hergestellt werden.