Verfahren zur Oberflächenhärtung von Titan oder Titanlegierungen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Oberflächenhärtung von Titan oder Titanlegierungen, bei dem Chrom auf Idie zu härtende Oberfläche plattiert und anschliessend durch Glühdiffusion oberflächlich in das Titan bzw. die Titanlegierung eindiffundiert wird.
Titan oder Titanlegierungen weisen grosse Festig- keit und geringes Gewicht auf, weshalb dieses Metall bzw. seine Legierungen vielfach in der Luft- und in der Raumfahrtindustrie, aber auch in mit hoher Geschwindigkeit arbeitenden Büromaschinen Anwendung finden.
Trotz der für manche Zwecke hervorragenden Eigenschaften des Titans und der Titanlegierungen erweisen sie sich wegen ihrer relativ geringen Verschliessfestigkeit dann als ungeeignet, wenn eine Ver schleisslbeanspruchung auftritt. Um dem entgegenzuwirken, hat man Titan und Titanverbindungen mit den verschiedensten Überzügen anderer Metalle versehen, um die Verschleissfestigkeit zu erhöhen. Versuche dieser Art führten jedoch bisher aus verschiedenen Gründen immer zu mehr oder weniger unbefriedigenden Ergebnissen. In manchen Fällen ergab sich durch den Überzug mcht die gewünschte Härte und in anderen Fällen haftete der Überzug nicht fest genug am Basismaterial, insbesondere dann, wenn das Material aus anderen Gründen vergütungsgeglüht und getempert wurde.
Das im Schweizer Patent 485 870 beschriebene Verfahren zu Oberflächenhärtung von Titan oder Titanlegierungen, bei dem Chrom auf die Oberfläche plattiert und dann durch Glühdiffusion oberflächlich in das Titan bzw. die Titanlegierung eindiffundiert wird, gestattet es, die Oberflächenhärte des Titans oder der Titanlegierung ganz beträchtlich zu erhöhen und somit eine erhöhte Schieissfestigkeit zu erzielen.
Die vorliegende Erfindung zielt darauf ab, die Ver schieissfestigkeit weiter zu verbeseern, und ist dadurch gekennzeichnet, dass im Anschluss an die Glühdiffusion eine Nitrierung vorgenommen wird, indem das Titan bzw. die Titanlegierung in einer Stickstoffatmosphäre erhitzt wird.
Beispiele des erfindungsgem äs sen Verfahrens werden im folgenden anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Fig. 1 zeigt ein Diagramm, in dem die Härtewerte von Probe stücken in Abhängigkeit vom Abstand von der Oberfläche dargestellt sind: die ausgezogene Kurve zeigt die Werte eines nitrierten Probestückes, die gestrichelte Kurve die eines nicht nitrierten Stückes.
Das Verfahren ist für metallisches Titan un!d Titanlegierungen anwendbar. Hier und im folgenden wird von Titanlegierung gesprochen. wenn die Legierung lindestens 50 Gewichtsprozente Titan enthält, zum Beispiel also eine Legierung Titan - 6 Aluminium - 4 Vanadium (Ti - 6 Al - 4 V).
Titan und Titanlegierungen sind für schnellaufende Teile in Maschinen von höchstem Interesse. Eine Ti 6 Al 4 V - Legierung ist leicht und kann durch Hitze behandlung auf eine Festigkeit der Grössenordnung 12 X 103 kg/cm2 gebracht werden. Die Verschleissfestigkeit von Titan und Titanverbindungen ist jedoch im allgemeinen unbefriedigend und unzureichend für Anwendungen, bei denen eine Verschleissbeanspruchung auftritt.
Am Beispiel der erwähnten Legierung Ti - 6 Al - 4 V wird im weiteren das Verfahren zur Oberflächenhärtung näher erläutert. Ausgegangen wird von Probestükken, die die Form eines Rundstabes mit einem Durchmesser von ungefähr 0,6 cm haben. Die verwendete Legierung hat folgende Zusammensetzung:
Material Legierungsbestandteile Gewichtsprozente
Aluminium 6,3
Vanadium 4,1
Eisen 0,14 Legierungsbestandteile Gewichtsprozente
Kohlenstoff 0,027
Sauerstoff 0,196
Stickstoff 0,016
Wasserstoff 0,006
Titan Rest
Es sei hier erwähnt, dass die Probestücke auch die Form von Drucktypen oder anderen Maschinenele- menten, die mit hoher Geschwindigkeit beansprucht werden und bei denen die Oberflächenhärte und die Verschleissfestigkeit kritisch sind, haben können.
Vorbereitung
1. Die Titanlegierungsstäbe werden in einer HF-HNO3-Lösung chemisch poliert, um metallische Verunreinigungen von der Oberfläche zu entfernen.
Durch dieses chemische Polierverfahren wird der Durchmesser der Probestücke geringfügig verringert.
2. Als nächstes werden die Stäbe in einem kommerziellen alkalischen Reinigungsmittel und in Leitungswasser entfettet und gespült.
3. Anschliessend werden die Stäbe bei 300 C in der nachstehend angegebenen Lösung, der sie zwanzig Minuten ausgesetzt werden, nachpoliert:
NH4F/HF 100 g/l
H2SiF6 (31 ío) 200 ml/l HNO3 (7a O/o) 400 ml/l
H2O (destilliert) auffüllen Nach dem Polieren werden die Probestücke in Leitungswasser gespült.
4. Weiterhin wenden die Probestücke in einer Aktivierungslösung (Eisessig 875 ml/l, Fluorwasserstoffsäure (48 elo) 125mull) bei etwa 50 C mittels eines Anodenstroms der Stromdichte 2Atm2 unter Verwendung einer Titankathode aktiviert. Mit einer Aktivierungszeit von etwa zwei Minuten erzielt man befriedi- gende Ergebnisse, insbesondere eine glatte Oberfläche.
Auch längere Aktivierungszeiten von z. B. 40 Minuten sind möglich, führen jedoch zu einer rauhen Oberfläche.
Nach dem Aktivieren werden die Probestücke wiederum in Leitungswasser gespült.
Plattierung mit Chrom
Im nächsten Verfahrensschritt werden die Titanlegierungsstäbe in einer Chromlösung elektrolytisch plattiert. Folgende Lösung hat sich als geeignet erwiesen:
Chromsäure (CrOs) 250 g/l
Schwefelsäure (H2SO4) 2,5 g/l destilliertes Wasser auffüllen
Die weiteren Bedingungen:
Temperatur 55 C
Stromdichte 30 A/m2
Anoden 93 o/o Pb - 7 Oio Sn
Plattierungsgeschwindigkeit 25,zm je 100 Minuten Anstelle dieser elektrolytischen Chromplattierung kann die Plattierung auch im Vakuum oder mittels anderer Verfahren vorgenommen werden.
Wesentlich ist nur, dass sich eine fest haftende Plattierung der erfor derlichen Stärke, die bis zu 12,5 u betragen kann, ergibt.
Glühdiffusion
Nach der Chromplattierung werden die Probestücke einer Glühdiffusion unterzogen, indem man sie in versiegelte Kapseln, die mit einem chemisch inaktiven Gas gefüllt sind, einbringt, und für eine bestimmte Zeit erhitzt und anschliessend abkühlt. Argon hat sich als Gasfüllung bewährt. Glühtemperaturen im Bereich von 870" C bis 1040" C sind bevorzugt.
Die Glühdiffusion wird über einen Zeitraum ausgeführt, der so lang ist, dass das aufgebrachte Chrom praktisch vollständig in das Basismaterial eindiffundieren kann. Dazu ist bei einer Glühtemperatur von 1036 C ein Zeitraum von etwa 24 Stunden normalerweise ausreichend.
Nitrierung
Anschliessend werden die Stäbe nitriert, indem sie für einen Zeitraum von etwa einer halben Stunde oder länger in einer Stickstoffatmosphäre auf eine Temperatur gebracht werden, die bei etwa 815" C oder darüber liegt. Beispiellsweise kann dies in einer Stickstoff gefüllten Kapsel erfolgen, in der die Proben für eine Stunde auf 9270 C gebracht werden. Ganz generell kann die nach der Glühdiffusion erfolgende Nitrierung auch nach anderen bekannten Method;en erfolgen.
Vergütuzlgsglühen und Tempern
Eine Vergütuntgsglühlbehandlung kann beispielsweise durch eine eine halbe bis zu zwei Stunden dauernde Erhitzung auf eine Temperatur, die etwa 300 C unterhalb der des Beta-Übergangs liegt, und durch anschliessende Abschreckung im Wasserbad vorgenommen werden. Daran kann sich eine Temperung bei einer Temperatur von 482" C bis 5380 C für vier bis zwanzig Stunden anschliessen; sie ist jedoch nicht unbedingt erforderlich. Die Vergütungsglühbehandlung und die Temperung können nach Verfahren, die für die Behandlung von Titan oder Titanlegierungen allge- mein bekannt sind, vorgenommen werden.
Die Behandlungsvorgänge Diffusionsgiühe-n Nitrierung - Vergütungsgiühung - Temperung können sich hinsichtlich der Temperaturen überlappen. Eine Abkühlung zwischen diesen Behandlungsvorgängen ist nicht unbedingt erforderlich, es können vielmehr zwei oder mehrererdieser Vorgänge in einer Temperaturbe- handlung zusammengefasst werden, wie dies beim zweiten, nachfolgend beschriebenen Beispiel erfolgt, bei dem die Nitrierung und der Vergütungsglühvorgang kombiniert sind.
Beispiel 1
Das erste Probestück wird gemäss dem vorstehend beschriebenen Verfahren präpariert, wobei die Aktivierung über eine Zeitdauer von 40 Minuten erfolgt und eine Chromschicht mit einer Stärke von 1,27,um aufgebracht wird. Dieses Probestück wird dann den folgenden Behandlungen in der Reihenfolge der Aufzäh lung unterzogen: a) Glühdiffusion für 16 Stunden bei 9270 C mit an schliessender Luftabkühlung b) Nitrierung für 4 Stunden bei 9540 C mit anschliessender Luftabkühlung c) Vergütungsgiühung für 1 1/2 Stunden bei 9540 C mit anschliessenlder Wasserkühlung, und d3 Temperung für 6 Stunden bei 5380 C mit an schlies sender Luftkühlung.
Die Härtewerte für vier Traversen des so behandelten Probestückes sind in Tabelle 1 angegeben. Im Oberflächenbereich wurden Härtegrade in der Grössenordnung von 1200 Khn gemessen.
Tabelle 1
Härtewerte in Knoop-Härtegraden (Khn) Abstand von der 10 g Belastung 100 g Oberfläche Transverse Nr. Belastung in Rm (1) (2) (3) (4)
6,3 1247 - - --
12,7 1089 - - -
25,4 709 985 729 647
38,1 812 1019 -
50,8 77 924 770 562
63,5 673 1019 -
76,2 656 842 673 543
88,9 535 818 -
101,6 1161 656 622 522
114,3 749 - -
127,0 549 591 622 497
139,7 549 - -
152,4 503 - 549 483
165,1 467 - -
177,8 535 - 591 476
190,5 549 - -
203,2 549 - 511 455
228,6 535 - 623 448
254,0 591 - 511 448
279,4 591 - -
304,8 622
330,2 549 - -
355,6 591 - -
406,4 577 - - 420
457,2 549 - -
508,0 563 - - 389 1016,0 563 - - 1524,0 549 - - 2032,0 503 - -
Beispiel 2
Das zweite Probestück wird wie oben beschrieben <RTI
ID=3.16> vorbehandelt, indem es für 40 Minuten aktiviert und mit einer Chromschicht von 2,27 um Stärke versehen wird. Daraufhin wird es wie folgt behandelt: a) Glühdiffusion für 16 Stunden bei 9270 C mit an schliessender Luftabkühlung b) Nitrierung und Vergütungsglühung in einer Be handiungsstute durch Erhitzen auf 9540 C für eine halbe Stunde mit anschliessender Wasserabkühlung c) Temperung für 6 Stunden bei 5380 C mit anschliessender Luftabkühlung.
Die Härtewerte wurden in drei Traversen gemessen und sind in der nachfolgenden Tabelle 2 angegeben. In der Nähe der Oberfläche wurden Härtegrade von 1300 Khn gemessen.
Tabelle 2
Härtewerte in Knoop-Härtegraden (Khn) Abstand von der l0 g Belastung l00 g Oberfläche Transverse Nr. Belastung in um (1) (2) (3)
6,3 818 -
12,7 1344 --
25,4 709 656 571
38,1 691 -
50,8 673 622 556
63,5 691 -
76,2 673 489 534
88,9 638 -
101,6 606 523 522
114,3 563 -
127,0 549 478 472
139,7 591 -
152,4 656 563 452
165,1 563 -
177,8 638 535 472
190,5 549 -
Tabelle 2 (Fortsetzung)
Härtewerte in Knoop-Härtegraden (Khn) Abstand 10 g Belastung 100 g von der Transverse Nr.
Belastung Oberfläche (1) (2) (3) in am
203,2 770 511 448
228,6 S91 467 469
254,0 563 503 472
279,4 622
304,8 591 - 452
330,2 - -
355,6 535 - 462
406,4 535 - 452
457,2 511 - 444
508,0 549 .- 435 1016,0 577 - 441 1524,0 511 7032,0 511 - 389
Beispiel 3
Das dritte Probestück wird wiederum wie oben beschrieben vorbehandelt, wobei die Aktivierung sich über eine Zeitdauer von 2 Minuten erstreckt und die Chromschicht eine Stärke von 1,27 um erhält.
Dieses Probestück wurde wie folgt weiter behandelt: a) Glühdiffusion für 15 Stunden bei 927" C mit anschliessender Luftabkühlung b) Nitrierung für eine Stunde hei 9270 C mit anschliessender Luftabkühlung c) Vergütungsglühen für eine halbe Stunde bei 9270 C mit anschliessender Wasserabkühlung d) Temperung für 6 Stunden bei 5380 C mit anschliessender Luftabkühlung.
Die Härtedaten wurden in zwei Traversen gemessen und sind in der nachfolgenden Tabelle 3 angegeben.
Tabelle 3
Härtewerte in Knoop-Härtegraden (Khn) bei 10 g Belastung Abstand von der Oberfläche Transverse Nr.
indem (1) (2)
6,3 953 924
12,7 691 729
25,4 622 709
38,1 656 638
50,8 673 638
63,5 622 563
76,2 591 563
Tabelle 3 (Fortsetzung)
Härtewerte in Knoop-Härtegraden (Khn) bei 10 g Belastung Abstand von der Oberfläche Transverse Nr.
in um (1) (2)
88,9 638 489
101,6 606 622
114,3 577 478
127,0 563 447
139,7 535 535
152,4 535 511
165,1 535 489
177,8 523 437
190,5 549 489
203,2 523 467
228,6 523 489
254,0 503 489
279,4 511 457
304,8 489 489
330,2 503 489
355,6 523 467
431,8 535 418
508,0 489 489 1016,0 503 418 1524,0 489 437
Aus den in den vorstehenden Tabellen angegebenen Härtewerten ist ersichtlich, dass die Härte nahe der Oberfläche am höchsten ist und in die Tiefe hin abnimmt, bis sie den Wert des Basismetalls erreicht.
Der. Härteverlauf des dritten Probestücks ist im Diagramm der Fig. 1 durch die ausgezogene Kurve dargestellt. Die Härtewerte (in Khn bei 10 gr. Belastung) sind in Abhängigkeit vom Abstand von der Oberfläche aufgetragen. Zum Vergleich ist der Härteverlauf eines Probestückes gestrichelt dargestellt, das nicht nitriert, im übrigen aber genauso behandelt wurde, wieldas dritte Probestück.
Der Vergleich der beiden Kurven zeigt, dass das nicht nitrierte Probestück zwar einen Härteanstieg im Oberflächenbereich erfährt, dieser Anstieg jedoch nicht so gross ist, wie beim nitrierten Probestück. Im Oberflächenbereich des nitrierten Probestückes liegen die Härtewerte über 900 Khn, während sie beim nicht nitrierten Probestück nur in der Grössenordnung von 700 Khn liegen.