Verfahren zur Herstellung von Q)-Cyancarbonsäuren
Es ist bekannt, dass w-Cyancarbonsäuren aus ali- phatischen w, w'-Dicarbonsäuren hergestellt werden können, indem die o,w'-Dicarbonsäuren mit Ammoniak oder Ammoniak abspaltenden Substanzen erhitzt und die so neben anderen Produkten erhaltenen w,rn'- Dicarbonsäureamide partiell thermisch dehydratisiert werden. Selbstverständlich ist es möglich, direkt von den w,w' - Dicarbonsäureamiden auszugehen. Dabei entstehen jedoch in beiden l : Fällen neben den gewünsch- ten Cyancarbonsäuren in erheblichen Mengen die entsprechenden Amide und Nitrile.
Die Isolierung der freien oo-Cyancarbonsäuren aus derartig zusammengesetzten Reaktionsgemischen ist schwierig und mit grossem Aufwand verbunden, ob man die Trennung nun durch fraktionierte Kristallisation durchführt oder das Gemisch der Reaktionsprodukte hydriert und die Hydrierungsprodukte trennt.
Es wurde nun gefunden, dass durch Einschränkung und genaue Dosierung der auf die Dicarbonsäuren einwirkenden Menge Ammoniak in der ersten Stufe ein dermassen zusammengesetztes Reaktionsgemisch erhalten wird, dass die anschliessende zweite Reaktionsstufe die partielle thermische Dehydratisierung bis zu 85 % Ausbeute an Cyancarbonsäuren ergibt, die überraschend leicht aus dem wenig verunreinigten Reaktionsgemisch abgetrennt werden können.
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung von-Cyancarbonsäuren ist dadurch gekennzeichnet, dass man das Monoammoniumsalz einer < o,oj'-Dicarbon- säure allein oder in Anwesenheit der freien Dicarbonsäure und/oder ihrem Dinitril auf 140-220 C erhitzt, bis die Gasentwicklung aufhört, anschliessend das Reaktionsgemisch auf 240-350 C erhitzt, bis die wieder eingesetzte Gasentwicklung erneut aufhört, das Reaktionsgemisch in verdünntem Ammoniak auflöst, daraus mit einem mit Wasser nicht mischbaren organischen Lösungsmittel die Neutralstoffe extrahiert,
die ammoniakalische Restlösung einer Wasserdampfdestillation unterwirft und hernach unter Extraktion mit einem mit Wasser nichtmischbaren organischen Lösungsmittel oder durch Ausfällen aus der nun neutralen bis schwach sauren Lösung durch Verdünnung derselben mit Wasser die o)-Cyancarbonsäure isoliert.
In der ersten Stufe wird ein Gemisch von Dicarbonsäuremonoamid, Dicarbonsäurediamid und Dicarbonsäure erhalten. Durch die weitere Temperatursteigerung in der zweiten Reaktionsstufe werden die Amide vorwiegend in Cyancarbonsäure umgewandelt, die man in 75-85 %iger Ausbeute erhält. Von der eingesetzten Dicarbonsäure werden 40-50 S zurückgewonnen. Als Nebenprodukt bekommt man 5-15 % Dinitril und ganz geringe Mengen Cyansäureamid.
Die Ausbeute an co-Cyancarbonsäuren lässt sich noch verbessern, wenn man die zweite Reaktionsstufe, die partielle thermische Dehydratisierung, durch Erhitzen auf 240-3500 C unter Vakuum mit gleichzeitiger Destillation der Reaktionsprodukte durchführt. Bei grösseren Ansätzen wird vorteilhafterweise die Erhitzung in den zwei ersten Reaktionsstufen unter Rühren durchgeführt. Eine Schutzgasatmosphäre ist nicht unbedingt notwendig, aber doch ratsam, wenn auf höchste Reinheit der Endprodukte Wert gelegt wird.
Die erfindungsgemässe Aufarbeitung des Reaktionsgemisches ist vor allem geeignet, wenn höher molekulare Cyancarbonsäuren hergestellt werden, d. h. solche mit 8 oder mehr C-Atomen. Als organische, mit Wasser nicht mischbare Lösungsmittel zur Extraktion der Neutralteile, unter welchen das Dinitril vorwiegt, bzw. der Cyancarbonsäure eignen sich sehr gut Äther bzw. Chloroform.
Bei der erfindungsgemässen Isolierung der Cyancarbonsäure wird durch die Wasserdampfdestillation der Ammoniak von der Cyancarbonsäure vollständig, von der Dicarbonsäure aber nur teilweise entfernt. Dadurch wird der Löslichkeitsunterschied so gross, dass man z. B. mit Chloroform die Cyancarbonsäure in ziemlich reiner Form herausextrahieren kann. Die nicht mehr wasserlöslichen Cyancarbonsäuren scheiden sich auch aus der mit Wasserdampf behandelten, noch warmen Lösung ölig ab und können so direkt abgetrennt werden. Aus der zurückbleibenden wässrigen Lösung kann entweder durch Ansäuern mit einer Mineralsäure die Dicarbonsäure zurückgewonnen werden, oder aber man erhält durch Entfernung des Wassers die Dicarbonsäure in einer Form, die etwa der des Monoammoniumsalzes entspricht.
Es ist von Vorteil des vorstehend beschriebenen Verfahrens, dass man die Dicarbonsäure in dieser Form direkt wieder für die Reaktion einsetzen kann.
Als Ammoniak abspaltende Substanz für die in der ersten Stufe durchgeführte Amidierung können z. B.
Harnstoff oder Ammoniumcarbonat eingesetzt werden.
Der Vorteil des erfindungsgemässen Verfahrens gegenüber dem Stande der Technik besteht nicht nur in der hohen Ausbeute, sondern vor allem in der Einfachheit der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches, welche durch die einfache Zusammensetzung des Reaktionsgemisches selber bedingt ist, d. h. durch die erfindungsgemässe Beschränkung der einwirkenden Ammoniakmenge wird in erster Stufe die Bildung vom w,w'- Dicarbonsäuremonoamid begünstigt, was dazu führt, dass in der zweiten Stufe vorwiegend das Hauptprodukt, die-Cyancarbonsäure, entsteht.
Es hat sich gezeigt, dass man die Bildung des Dinitrils als Nebenprodukt praktisch völlig ausschalten kann, wenn man das Dinitril von vornherein in die Reaktion einsetzt. Werden 5-10 % Dinitril, bezogen auf die Gesamtmenge der Dicarbonsäure in freier oder Salzform, dem Ausgangsreaktionsgemisch zugesetzt, so gewinnt man etwa die eingesetzte Menge Dinitril nach Aufarbeitung wieder zurück. Die Ausbeute an Cyancarbonsäure steigt auf etwa 90 %.
Beispiel 1
In einem Rundkolben werden 57,5 g Decandicarbonsäure und 5 g Harnstoff unter Rühren und N2-Begasung auf 160-1700 C erhitzt, bis nach etwa 11/2 Stunden die Gasentwicklung und die Abdestillation des Reaktionswassers beendet ist. Nun wird der Kolbeninhalt bei 10 > 20 mm Vakuum und 280-3000 C Blasentemperatur überdestilliert. Das Destillat wird in 10 einem Ammoniak gelöst und mit Äther extrahiert. Aus dem Ätherextrakt erhält man 1,4 g Decandicarbonsäuredinitril, das geringe Mengen Cyanundecansäureamid enthält. Die ammoniakalische Lösung wird 1/2 Stunde mit Wasserdampf destilliert und dann mit Chloroform extrahiert. Aus dem Extrakt werden 26 g co-Cyanundecan- säure gewonnen.
Aus der extrahierten wässrigen Lösung erhält man nach Abdestillation des Wassers 25,8 g Ammoniumsalz der Decandicarbonsäure, das 6 % NHs gebunden enthält. Das bedeutet einen Umsatz von 58 % und eine Ausbeute an Cyanundecansäure, berechnet auf umgesetzte Decandicarbonsäure, von 85 %.
Beispiel 2
61,1 g Decandicarbonsäureammonsalz, das 5, 8 % gebundenes NH enthält und welches bei Versuchen gemäss Beispiel 1 zurückgewonnen wurde, werden zunächst auf 160/1700 C erhitzt und dann bei 10/20 mm Vakuum und 280-3000 C destilliert. Nach Aufarbeitung gemäss Beispiel 1 erhält man 2,9 g Dinitril, 23,5 g oo-Cyanundecansäure und gewinnt 25,1 g Decandicarbonsäure zurück. Das entspricht einem Umsatz von 56,3 % und einer Ausbeute an Cyanundecansäure auf umgesetzte Decandicarbonsäure von 79 %.
Beispiel 3
50,5 g Sebacinsäure und 5 g Harnstoff werden gemäss der im Beispiel 1 beschriebenen Methode auf 160/1700 C erhitzt und dann bei 80/100 mm Vakuum und 280-3000 C destilliert. Nach Aufarbeitung gemäss Beispiel 1 erhält man 2,7 g Sebaconitril, 20,2 g w-Cyanpelargonsäure und gewinnt 23 g Sebacinsäure zurück. Das bedeutet einen Umsatz von 54,5 % und eine Ausbeute an Cyanpelargonsäure, berechnet auf umgesetzte Sebacinsäure, von 81 %.
Beispiel 4
100,5 g Monoammoniumsalz der Korksäure werden nach der in Beispiel 1 beschriebenen Methode auf 160/1700 C erhitzt und dann bei 100/120 mm Vakuum und 280-3000 C destilliert.
Nach Aufarbeitung erhält man 4,4 g Korksäuredinitril, 36,1 g w-Cyanönanthsäure und bekommt 36,2 g Korksäure zurück. Das entspricht einem Umsatz von 58, 4 % und einer Ausbeute an Cyanönanthsäure, berechnet auf umgesetzte Korksäure, von 79,6 %.
Beispiel 5
80 g Pimelinsäure und 10 g Harnstoff werden wie im Beispiel 1 angegeben auf 160/1700 C erhitzt und dann bei 140/150 mm Vakuum und 280-3000 C destilliert. Nach Aufarbeitung gemäss Beispiel 1 erhält man 3 g Pimelinsäuredinitril, 30,6 g e-Cyancapronsäure und bekommt 34,4 g Pimelinsäure zurück. Das entspricht einem Umsatz von 57 % und einer Ausbeute an Cyancapronsäure, berechnet auf umgesetzte Pimelinsäure, von 76,2%.
Beispiel 6
73 g Adipinsäure und 10 g Harnstoff werden gemäss Beispiel 1 erhitzt auf 160/1700 C und bei 180/ 200 mm Vakuum und 280-300 C destilliert. Das Destillat wird möglichst konzentriert in 10 %igem Ammoniak gelöst und mehrmals mit Äther extrahiert. Aus dem Ätherextrakt erhält man 2,6 g Adiponitril. Durch Ansäuern der ammonalkalischen Lösung erhält man 31,1 g Adipinsäure zurück. Das Filtrat wird eingeengt und mehrmals mit Chloroform extrahiert. Aus dem Chloroformextrakt bekommt man 29 g d-Cyan- valeriansäure. Das bedeutet einen Umsatz von 57,5 % und eine Ausbeute an Cyanvaleriansäure, berechnet auf umgesetzte Adipinsäure, von 79,5 %.
Beispiel 7
62 g Monoammoniumsalz der Decandicarbonsäure werden zusammen mit 3 g Decandicarbonsäuredinitril 11/2 Stunden auf 150-1600 C erhitzt und dann bei 10 bis 20 mm und 270-2800 C Blasentemperatur destilliert.
Nach Aufarbeitung gemäss Beispiel 1 erhält man 3,1 g Dinitril, 27,2 g Cyanundecansäure und 24,9 g Decandicarbonsäure. Das entspricht einem Umsatz von 56,7 % und einer Ausbeute an Cyanundecansäure von 91 %, berechnet auf umgesetzte Decandicarbonsäure.