Verfahren zur Herstellung neuer Antibiotiea Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Antibioticums, das im fol genden Anguidin genannt wird. Das Antibioticum An- guidin entsteht bei der Züchtigung von Stämmen der Pilzspecies Fusarium anguioides Sherb. in einer Nähr lösung. Es wird aus letzterer isoliert.
Stämme der Pilzspecies Fusarium anguioides Sherb. wurden aus Bodenproben verschiedenster Herkunft iso liert. Morphologisch entsprechen sie den Umschrei bungen der Species, wie sie in Gilman, J. C. 1957: A Manual of Soil Fungi, 2nd ed., The Iowa State College Press, Ames. Iowa, USA, 450 S, vergleiche auch von Wollenweber, H. W. und O.
A. Reinking, 1935, Die Fusarien, Berlin, S. 355, gegeben worden sind. Kulturen eines Stammes der Pilzspecies Fusarium anguioides wurden bei der Fermentation Division of the Northern Regional Research Laboratory in Peoria, Illinois/USA, unter der Bezeichnung NRRL 3020 depo niert.
Für die Herstellung der neuen, antibiotisch wirk samen Verbindung können auch Stämme verwendet werden, wie sie z. B. durch Selektion oder Mutation unter der Einwirkung von Ultraviolett- oder Röntgen strahlen oder durch Anwendung anderer Massnahmen, wie z. B. durch Behandlung von Laboratoriumskul turen mit geeigneten Chemikalien, leicht gewonnen wer den können.
Die Züchtung erfolgt beispielsweise in ruhender Oberflächenkultur oder aber submers unter Schütteln oder in Fermentern mit Begasung durch Luft oder Sauerstoff unter Rühren. Als Temperatur eignet sich eine solche zwischen 12 und 30 C. Stämme der ange führten Pilzspecies von Fusarium anguioides Sherb. lassen sich auf vielerlei Nährböden, die die üblichen Nährstoffe enthalten, züchten.
So verwenden solche Stämme die für Kohlenstoff-heterotrophe Organismen üblicherweise benutzten Nährstoffe, beispielsweise Glu cose, Stärke, Dextrin, Lactose, Rohrzucker usw., als Kohlenstoffquelle, organische und anorganische stick- stoffhaltige Verbindungen, wie Pepton, Hefe oder Fleischextrakte, Ammoniumsulfat, Ammoniumnitrat, Aminosäuren usw., als Stickstoffquelle sowie die übli chen Mineralsalze und Spurenelemente.
Es wurde nun gefunden, dass sich aus Kulturlösungen einer Reihe von Stämmen der Pilzspecies Fusarium anguioides Sherb. die neue antibiotische wirksame Ver bindung Anguidin in reiner und kristallisierter Form isolieren lässt.
Eine Durchführungsform der Erfindung zur Her stellung von Anguidin besteht darin, dass ein flüssiges Nährmedium mit einer Kultur eines Stammes von Fusarium anguioides Sherb. beimpft und 2 bis 25 Tage inkubiert wird. Sobald eine maximale Menge an Angui- din produziert ist, wird filtriert. Der gewünschte Stoff kann nach verschiedenen Methoden aus dem Filtrat isoliert werden.
Die antibiotisch wirksamen Stoffe kön nen aus dem Kulturmedium durch extraktive oder adsorptive Arbeitsmethoden gewonnen werden. Für die technische Produktion werden erstere bevorzugt, da sie weniger zeitraubend und weniger kostspielig sind. Zur Extraktion eignen sich vorzugsweise mit Wasser nicht mischbare organische Lösungsmittel, wie chlorierte Kohlenwasserstoffe, z.
B. Methylenchlorid, Äthylenchlo- rid, Chloroform und dergleichen, ferner Alkohole mit geringer Wasserlöslichkeit, wie Butanol, Amylalkohol und dergleichen, Alkylester von Fettsäuren wie Äthyl- acetat, Propylacetat, Butylacetat, Amylacetat und der gleichen, wenig wasserlösliche Ketone, wie Methyliso- butylketon, Methylamylketon und dergleichen.
Andere Lösungsmittel mit ähnlichem Charakter können eben falls verwendet werden. Der Extrakt aus der Kultur flüssigkeit kann vorzugsweise im Vakuum zur Trockne eingedampft werden, wobei man das Antibioticum in roher Form erhält. ' Zur Reinigung auf chromatographischem Wege eignen sich adsorbierende Mittel, wie aktivierte Ton erde, Silikagel, Magnesiumsilikat und dergleichen.
Anguidin kann wie folgt charakterisiert werden: Anguidin hat einen Schmelzpunkt von 162-164 C (aus Benzol oder einem Gemisch von Benzol und Hep- tan). Der spezifische Drehungswert ist [a}D' c - -27o (c = 1,28 in Chloroform). Die Analyse ergab für C19H2607, Mol.-Gew. 366,41:
EMI0002.0009
Ber.: <SEP> C <SEP> 62,28 <SEP> % <SEP> H <SEP> <B>7,15 <SEP> /wo</B> <SEP> O <SEP> 30,57
<tb> Gef.: <SEP> C <SEP> 62,1 <SEP> % <SEP> H <SEP> 7,1 <SEP> % <SEP> O <SEP> 30,3 <SEP> %.
Die Molekulargewichtsbestimmung nach Rast (Cam- pher) hat das Molekulargewicht 359 ergeben. Das Anti- bioticum enthält weder N noch S noch Halogen. Das UV-Absorptionsspektrum in Alkohol zeigt Endadsorp- tion bei 192,5 mu (log a = 4,02).
Das IR-Spektrum zeigt Banden bei 3420, 2960, 1735, 1680, 1450-1438, 1370, 1250, 1170, 1110, 1090-1078, 1048-1026, 990, 960, 920, 700 cm-' (in KBr). (Fig. 1) Chemische Untersuchungen, die mit dem kristallisierten Antibio- ticum angestellt wurden, ergaben, dass Anguid'in bei der Mikrohydrierung (Palladium-Kohle-Katalysator in Äthanol) 1,18 Mol Wasserstoff aufnimmt.
Die O-Me- thyl-Bestimmung nach Zeissel ergab 0,0%, die O Acetyl- Bestimmung (saure Verseifung) ergab 27,3 %. Die Test reaktionen nach Benedict Fehling, Tollens, Millon, so wie mit Eisenchlorid und Kaliumpermanganat in Aceton sind negativ.
Brom wird in Tetrachlorkohlenstoff lang sam entfärbt. Anguidin ist löslich in Aceton, Äthanol, Dioxan, Chloroform, Methylenchlorid, Pyridin, Benzol, Toluol, schwer löslich in Wasser. Diäthyläther, Diisopro- pyläther, Pentan, Hexan und Heptan.
Die antibiotische Wirksamkeit von Anguidin wurde mittels Verdünnungstests (2 % Malzbrühe, Ablesung nach 20stündiger Inkubation bei 37 C) geprüft. Durch Anguidin wird das Wachstum von Candida albicans (Stamm S 5) bei einer Konzentration 1 : 1000 total und das von Saccharomyces cerevisiae (Stamm S 8) partiell gehemmt.
Die Wirksamkeit von Anguidin gegen tierische Tu more wurde an experimentellen Impftumoren der Maus nachgewiesen. Zu den tierischen Tumoren, die sich als beeinflussbar erwiesen haben, zählen Sarkom 37 und Sarkom 180 der Maus.
Die folgende Tabelle zeigt die Wirkung von Anguidin bei den genannten Tumoren:
EMI0002.0071
Art <SEP> Dosis <SEP> Dauer <SEP> Verträglichkeit
<tb> 1 <SEP> X <SEP> pro <SEP> Tag <SEP> % <SEP> Hemmung <SEP> eingesetzte <SEP> Tiere <SEP> gestorbene <SEP> Tiere
<tb> Sarkom <SEP> 37 <SEP> 4,0 <SEP> mg/kg <SEP> 7 <SEP> Tage <SEP> 70 <SEP> 6 <SEP> 1
<tb> Sarkom <SEP> 180 <SEP> l,
33 <SEP> mg/kg <SEP> 7 <SEP> Tage <SEP> 50 <SEP> 6 <SEP> 1 Anguidin besitzt auch eine ausgeprägte Wirkung in der Zellkultur. Die Wirkung auf Kulturen von embryo nalen Fibroblasten vom Huhn ergab bei Anguidin einen totalen Mitosestop bis zur Konzentration von<B>10-75</B> (0,03 ug/ml). Auch in zehnfach höheren Konzentratio- nen sind keine Ruhezellschäden zu beobachten.
Bei einer Konzentration von 10-s,0 ist noch eine partielle Störung des Mitoseablaufs festzustellen.
Die Hemmung der Vermehrung von Tumorzellen in vitro (Zellen des Mäuse-Mastocytoms P-815) ergab folgende Resultate: In geeigneter Nährlösung vermehren sich diese Tumorzellen innert 40 Stunden auf das 4- bis 5fache der Ausgangszellzahl. Die DE-50 (Konzentration, welche diese Vermehrung um 50 % hemmt) von Angui- din gegenüber diesen Zellen ist 0,002 yg/ml. Die akute Toxizität von Anguidin bei der weissen Maus beträgt DL-50 10 mg/kg i. v.
Anguidin kann als Heilmittel, z: B. in Form pharma zeutischer Präparate, Verwendung finden. Diese ent halten die genannte Verbindung in Mischung mit einem für die enterale, parenterale oder lokale Applikation geeigneten organischen oder anorganischen Trägerma terial. Für dasselbe kommen solche Stoffe in Frage, die mit der neuen Verbindung nicht reagieren, wie z. B.
Gelatine, Milchzucker, Stärke, Magnesiumstearat, Talk, pflanzliche Öle, Benzylalkohole, Gummi arabicum, Polyalkylenglykole, Vaseline, Cholesterin oder andere bekannte Arzneimittelträger. Die pharmazeutischen Prä parate können z.
B. als Tabletten, Drag6es, Pulver, Cremes, Suppositorien oder in flüssiger Form als Lösun gen, Suspensionen oder Emulsionen. vorliegen. Gegebe- nenfalls sind sie sterilisiert und bzw. oder enthalten Hilfsstoffe, wie Konservierungs=, Stabilisierungs-, Netz- oder Emulgiermittel: Sie können auch noch andere thera peutisch wertvolle Stoffe enthalten.
Die Erfindung wird in den nachfolgenden Beispei- len beschrieben, ohne dass damit eine Einschränkung des Erfindungsgegenstandes beabsichtigt ist. Die Tempe raturen sind in Celsiusgraden angegeben. Die Verhält niszahlen bei Lösungsmitteln beziehen sich immer auf Volumina.
<I>Beispiel 1</I> Anguidin 100 500-m1 Erlenmeyer-Kolben mit je<B>100</B> ml Nährlösung (pro Liter 8,5 g NaN03, 2,72 g KH2P04, 1,23 g M9S04 7H20, 28 mg FeS04 - 7H20,
3 mg ZnS04 - 7H20 - alles in analysenreiner Quali tät sowie 30 g Glucose puriss. PhHV - 1 g Bacto yeast extract Difco und entmineralisiertes Wasser enthaltend) werden mit Konidiensuspension des Stammes der Pilz- species Fusarium anguioides Sherb.,
NRRL 3020 (iso liert aus einer Bodenprobe aus der Gegend von Mar seille) beimpft und 25 Tage lang unbewegt bei ?J7 C bebrütet und danach bei Raumtemperatur (etwa 20 C) durch Baumwollgewebe filtriert. Das sofort bei -22 C eingefrorene Filtrat wird 6 Wochen später bei 50 C Badtemperatur aufgetaut. Etwa 8 1 der gelblich-trüben Lösung (pH 7,2) werden sukzessive mehrmals mit Ben zin, Essigester und wassergesättigtem N-Butanol extra hiert. Die Extrakte werden zweimal mit je 1,51 Wasser nachgewaschen und dann am Vakuum bei 50 einge dampft.
Der Rückstand des Essigester-Extraktes wiegt 0,60_g; er wird an 30 g Kieselgel chromatographiert. Die mit Benzol und Chloroform eluierten Teile werden verworfen. Die Fraktionen, die mit Chloroform-Me- thanol <B>(99:</B> 1) eluiert wurden, können nach Wegdamp- fen dieses Lösungsmittelgemisches und Zugabe von wenig Benzol kristallisiert werden; in den Mutterlaugen verbleiben grössere Mengen eines gelben Öls.
Durch Umkristallisieren aller kristallinen Fraktionen aus Ben- zol-Hexan werden 45 mg Anguidin gewonnen. Smp. 162-163 C.
Die Substanz lässt sich am Hochvakuum (0,01 mm Hg) bei 120 C Badtemperatur sublimieren; das Subli- mat zeigt den gleichen Smp. und Rf-Wert im Dünn- schicht-Chromatogramm wie das Kristallisat.
Beispiel <I>2</I> Anguidin Der gleiche Stanzen wie im Beispiel 1 wird in einem Fermenter (New Brunswick Co., New Brunswick USA, Typ FS 314), ebenfalls von einer Konidiensuspension ausgehend, in 10 Litern einer Nährlösung, welche von der in Beispiel 1 erwähnten nur dadurch abweicht, dass das Natriumnitrat durch 4 g NH4N03 p. a.
pro Liter ersetzt worden ist, 113 Stunden lang unter Rühren (450 Umdrehungen pro Minute) und Belüftung (5 Liter Luft pro Minute bei 27 C) inkubiert. Das Mycel wird durch Filtration abgetrennt und das klare gelbe Filtrat (pH 5,0) mit Essigester mehrmals extrahiert. Die Ex trakte werden zweimal mit 1 1 Wasser nachgewaschen und gemeinsam in einem Umlaufverdampfer stark ein geengt. Das Konzentrat wird in einem Rotationsver dampfer zur Trockne eingedampft.
Der Rückstand (1,94 g) wird zwischen gleichen Volumina Petroläther und 90 igem wässrigem Methanol verteilt; in der Metha- nol-Wasser-Phase verbleiben 1,68 g Material, welches an 85 g Kieselgel chromatographiert wird.
Mit Chloro- form-Methanol <B>(99:</B> 1) werden 0,72 g Material eluiert. Kristallisation aus Benzol-Heptan ergibt 0,39 g Angui- din vom Smp. 162-164 .