Gerät zur Auswertung von die Feinstruktur eines Materials aufzeigenden Röntgenogrammen
Bei der Bestimmung der Phasen oder Struktur- anteile polykristallinischer Stoffe durch Röntgenstrahlung wird ein Röntgenogramm der Probe entweder nach der Debye-Scherrer-Methode oder nach der Rückstrahlmethode angefertigt und aus der Lage der Interferenzlinien am Röntgenogramm können die Gitterentfernungen bestimmt werden. Zur annähern- den Bestimmung dieser Abstände werden Verhältnis- lineale verwendet, die für verschiedene Wellenlängen der charakteristischen Strahlungen und für verschiedene Durchmesser der Diffraktionskammern, welche zur Anfertigung der Röntgenogramme verwendet werden, angefertigt werden.
Bei den nach der Debye Scherrer-Methode angefertigten Röntgenogrammen werden die genauen Werte d der Gitterentfernungen aus der Braggschen Gleichung berechnet, welche ihre Abhängigkeit von der Wellenlänge A der verwendeten charakteristischen Strahlung und von der Lage der Interferenzlinien angibt, welche durch den Glanzwinkel a ausgedrückt wird : .=--
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Die den Winkeln ss entsprechenden Interferenzlagen werden am Röntgenogramm mittels eines Durchleuchtkomperators mit einer Genauigkeit von 0, 05 bis 0, 10 mm gemessen. Durch Vergleich der errechneten Werte der Entfernungen d mit den in veröffentlichten Tafeln angeführten Werten werden die Strukturanteile im analysierten Muster ermittelt.
Der Vorgang bei der Messung des Winkels # und bei der Berechnung der Entfernungen d ist langwierig und kompliziert und daher ist ihr Ergebnis oft recht fehlerhaft. Auch die Auswertung der nach der Rück- strahlmethode angefertigten Röntgenogramme für die genaue Bestimmung der Gitterkonstanten oder inneren Spannungen des Materials erfordert eine grosse Messgenauigkeit und komplizierte Berechnungen.
In der schweizerischen Patentschrift Nr. 353552 wird ein Gerät beschrieben, mittels dessen sich die Gitterentfernungen d direkt aus dem nach der Debye Scherrer-Methode angefertigten Diffraktionsbild ermitteln lassen, ohne die Notwendigkeit der Messung des Winkels 0 und der komplizierten Berechnung nach der angeführten Formel oder des Aufsuchens für jeden gemessenen Winkel des Wertes d in den Diagrammen, welche seine Abhängigkeit vom Winkel 0 für die verschiedene Wellenlänge der verwendeten Röntgenstrahlung angeben. Das Diffraktionsbild (Röntgenogramm) wird in das Gerät so eingelegt, dass es an der inneren Wand der Durchleuchtkammer anliegt, deren Halbmesser gleich ist dem Durchmesser der für die Anfertigung des Bildes verwendeten Diffraktionskammer.
Auf dem in der Achse der Durchleuchtkammer vorgesehenen Zapfen ist drehbar ein Lineal angeordnet, welches in jeder Lage an die Fläche der Messplatte des Gerätes anliegt und dessen Massstab von der Drehachse des Lineals ausgeht.
Wird der Massstab auf eine beliebige im Visier sichtbare Interferenzlinie eingestellt, schliesst es mit seiner Grund- (Null-) Stellung den entsprechenden Winkel 0 ein und ermöglicht das direkte Ablesen des gewählten Vielfachen der entsprechenden Gitterentfernung d als Entfernung der Drehachse des Lineals vom Schnittpunkt des Massstabes mit der auf der Messplatte des Gerätes parallel mit der Grundstellung des Messstabes (# = 0) in einer Entfernung gleich demselben Vielfachen der Hälfte der Wellenlänge i der verwendeten charakteristischen Strahlung markierten Geraden.
Das Anwendungsfeld des bekannten Gerätes wurde nunmehr wesentlich erweitert durch die Verbesserung, welche den Gegenstand der vorliegenden Erfindung bildet. Mittels des erfindungsgemässen Ge rätes lassen sich vollkommen mechanisch, ohne langwierige und mühsame Berechnungen, die Gitterentfernungen d bestimmen durch Auswertung von Röntgenogrammen, welche nicht nur nach der Debye Scherrer-Methode, sondern auch nach der Rückstrahl- methode oder nach anderen Methoden aufgenommen wurden, welche bei der Strukturanalyse polykristallinischer Stoffe verwendet werden, wobei sich gleichzeitig die Korrektur an der Strahlungsabsorption in der Probe ausführen lässt.
Die Lage der Interferenzlinien auf dem Röntgenogramm wird durch den Komplementwinkel des Glanzwinkels #, nämlich durch 11 900- gekennzeichnet. Wird in die bekannte Braggsche Gleichung anstatt des Winkels # der Winkel # eingesetzt, erhält man die Gleichung in der Form
COS R
2d
Bei der Auswertung der nach der Rückstrahlmethode angefertigten Röntgenogramme wird der Winkel 2 ss aus der Beziehung tg 2 # = r/D ermittelt, worin r der Halbmesser des Interferenzkreises (kurz Interferenzradius) und D der Abstand des Films von der Probe M ist. Diese geometrischen Grössen sind auf Fig. 1 veranschaulicht.
Der Winkel # erscheint hier als Peripheriewinkel, dessen Scheitel auf der Kreislinie K liegt, welche vom Halbmesser
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aus einem Mittelpunkt M beschrieben wird, welcher durch die Lage der Probe bestimmt wird und gleichzeitig den Scheitel des entsprechenden Zentriwinkels 2 ? bildet. Sobald der Winkel g ermittelt ist, wird die Gitterentfernung d aus der Beziehung # d = #
2cosy bestimmt.
Auf dem nach der Rückstrahlmethode angefertigten Diagramm ist zugleich der Interferenzradius r des zu messenden Stoffes und der Interferenzradius rr eines Referenzstoffes aufzunehmen, z. B. von reinem Gold oder Silber. Für diese Interferenzradien gelten die aus Fig. 2 ersichtlichen Beziehungen : # rr cos #r = # tg 2 #r = #
2dr D cos M =--tg 2 =- tg28 = r tg 2 rr ru
Ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemässen Gerätes ist auf Fig. 3 veranschaulicht.
Diese Ausführungsform unterscheidet sich vom bekannten Gerät hauptsächlich dadurch, dass ausser dem um die Achse 0, drehbaren und von oben an die Gerätmessplatte anliegenden Lineal P noch drei Arme Pl, P2, P3 vorgesehen sind, welche unter der Messplatte drehbar um die Achse 02 gelagert sind, deren Schnittpunkt mit der Messebene des Gerätes auf der von der Achse O senkrecht zur Grundstellung des Lineals P ausgehenden Geraden im Abstand R liegt, so dass die Kreislinie K durch die Achse 0, hindurchgeht.
Die Bewegung der Arme Pi und P2 ist durch die Zugstangen Tj und T2 begrenzt, welche mit denselben gelenkig verbunden sind und deren andere Enden gelenkig an die Muffe M angeschlossen sind, welche auf einer Führungsstange T verschiebbar ist, deren Achse in der Ebene t 2 liegt, so dass die Zugstangen mit den beiden Armen ein Viereck (Deltoid) bilden. Beim Verschieben der Muffe M verschwenken sich gleichzeitig die Arme Pi und P2 derart, dass beide einen gleichen Winkel mit der Normalen zur Grundstellung des Lineals P einschliessen ; die Enden beider Arme bewegen sich dabei auf der Kreislinie K.
Ausser mehreren kreisförmigen Haltern D verschiedenen Durchmessers, in welche die in den zylindrischen Aufnahme-Kammern verschiedener Durchmesser (z. B. 57, 4 oder 114, 8 mm) angefertigten Röntgenogramme eingelegt werden, ist unter der Messplatte ein Halter Z für die Befestigung der nach der Rückstrahlmethode angefertigten Röntgenogramme angebracht. Dieser Halter Z hat stets dieselbe Form wie die Kammer, in welcher das Röntgenogramm angefertigt wurde und kann sich in Richtung senkrecht zur Achse 02 verschieben und gegebenenfalls in der mit dieser Achse parallelen Ebene senkrecht auf die Richtung 1 2 zentriert werden.
In den Achsen 01 und 2 sind kleine Durch- leuchtglühbirnen befestigt, welche die Röntgenogramme über eine nicht dargestellte bläuliche Mattscheibe gleichmässig beleuchten.
Am Lineal P und auf den drehbaren Armen Pl, P2 und P3 sind Visiere V, V1, V2 und V3 befestigt, welche zwei-bis fünffach vergrössern und es ermög- lichen, die gewählte Interferenzlinie zu beobachten, auf welche das Lineal oder einer der beiden Dreharme P3, P2 mittels einer Schraube T fein eingestellt werden. Die Lage dieser Interferenzlinien wird durch den Winkel # bestimmt, der auf der an die Achse 01 angefügten Winkelskala S gemessen wird ; der genaue Wert wird auf dem am Lineal P befestigten Nonius Ni abgelesen.
Auf der Messplatte, auf der sich oben das Lineal P und unten die Lineale P3, P2 und P3 bewegen, sind zwei Systeme Si und S., von Geraden parallel zur Grundstellung des Lineals P markiert, und zwar in Abständen, welche den Wellenlängen # der charakteristischen Strahlung Kas, Ka2 und K der verschiedenen Anoden (z. B. Mo, Cu, C, Fe, Cr) proportional sind.
Die Abstände der Geraden in den Systemen Si und SO von der Grundstellung der gedachten Mess- geraden des Lineals P stehen im gleichen Verhältnis zu den halben Werten der entsprechenden Wellenlängen der Strahlung wie ein bestimmter Teil des Massstabes zur Einheit für die Messung der Gitterentfernung d, die am Massstab als Abstand des Schnittpunktes der am Nonius N markierten Messgeraden mit einer bestimmten Geraden des Systems S, oder S. von der Achse l abgelesen wird ; auf diese Gerade wird der Nullpunkt des Nonius eingestellt. Entspricht eine Teilung des Massstabes der Einheit für die Messung der Gitterentfernungen d im System Sl, dann entsprechen dieser Einheit z.
B. fünf Teilungen desselben Massstabes bei der Messung im System S."falls die Abstände der Geraden in diesem System µ, von der Grundstellung der Messgeraden des Lineals P z. B. fünfmal grösser sind als die Ab stände der analogen Geraden S1 welche denselben Wellenlängen angehören ; für jedes der Systeme Sl und S., kann am Lineal ein besonderer Massstab vorgesehen werden.
Das System Si wird zum Messen grosser Gitterentfernungen d verwendet, die kleinen Winkeln tu entsprechen ; ihre Werte werden am Massstab des Lineals P abgelesen, dessen Nonius N mit seinem Nullpunkt auf jene Gerade im System S, eingestellt wird, welche der verwendeten charakteristischen Strahlung zugehört. Die den Wellenlängen der Strahlungen Kl und Ka2 im System Si zugehörenden Geraden decken sich beinahe und sind daher durch eine einzige gemeinsame Gerade markiert, wogegen im System S2 jede derselben selbständig in dem der halben Differenz der Wellenlängen entsprechenden Abstand markiert sind.
Die Genauigkeit der Bestimmung der Gitterentfernungen am beschriebenen Gerät ist in der Grössenordnung um eine Stufe höher als die Genauigkeit der in den Tafeln der American Society for Festing Materials angeführten Parameter ; kleine Werte 0 lassen sich mit einer Genauigkeit von 1 /o messen, grosse mit einer Genauigkeit von 0, 1 /o.
Das Verfahren zur Auswertung von nach der Methode Debye-Scherrer angefertigten Röntgengrammen ist in der schweizerischen Patentschrift Nr. 353552 beschrieben.
Nach der asymmetrischen Methode angefertigte Röntgenogramme werden in den Halter D eingesetzt, der einen zweimal so grossen Durchmesser aufweist als die Kammer, in der das Röntgenogramm aufgenommen wurde. Durch Feinverschub des Halters D in Richtung P = 45 von der Achse 01 und Schwenken um dieselbe Achse wird das Röntgenogramm derart genau eingestellt, dass sich die Mitte der symmetrischen Reflexe AA' (Fig. 4) mit der Grundstellung der Messgeraden des Lineals P (@ = O) und die Mitte der Reflexe BB'mit der Normalen 1 2 (vq = 90 ) deckt ; die Lage der symmetrischen Reflexe wird auf der Skala S durch den Nonius (N,, Fig. 3) abgelesen.
Das Lineal P wird so geschwenkt, dass sich die Marke des Visiers V mit der Interferenzlinie deckt, die Einstellung des Lineals wird gesichert, und der Nonius N wird so eingestellt, dass sein Nullpunkt auf der Geraden liegt, welche im System Si oder S2 der Wellenlänge der die Interferenz bewirkten Strahlung zugehört ; auf dem entsprechenden Massstab des Lineals P wird sodann die gesuchte Gitterentfernung d abgelesen.
Bei der Auswertung von Röntgenogrammen von Metalldrähten oder von in einem Röhrchen gelagerten, pulverartigen Proben muss die Verzerrung der Lage der Interferenzlinien unter dem Einfluss der Strahlungsabsorption in der Probe berücksichtigt werden.
Um den richtigen Wert der Gitterentfernung d zu ermitteln, muss der gemessene Wert W des Winkels auf den wirklichen Wert r korrigiert werden oder es muss in die Braggsche Gleichung anstatt der wirklichen Wellenlänge i der korrigierte Wert urge- setzt werden. Die erforderliche Korrektion ist um so grösser, je kleiner der Winkel , das ist je grösser die Gitterentfernung d ist und hängt vom Halbmesser der zu untersuchenden Probe ab.
Am Gerät lässt sich der richtige Wert der Gitterentfernungen d nach den gemessenen Winkeln ss bestimmen, wenn die Wellen längen i durch Andrehen der Geraden in den Systemen Si und S2 um ihre Schnittpunkte mit der lotrechten Geraden für 0 = 90 korrigiert werden.
Der Winkel ihrer Neigung zur horizontalen Geraden für 0 = O, der die erforderliche Korrektur für den bekannten Halbmesser des verwendeten Musters angibt, lässt sich am Gerät im voraus einstellen.
Nach der Rückstrahlmethode angefertigte Rönt- genogramme, auf denen gleichzeitig der Interferenzradius r des zu messenden Stoffes und der Interferenzradius rr des Referenzstoffes aufgenommen sind, werden in den Halter Z eingelegt. Der Wert der bekannten Gitterentfernung D, des gewählten Referenzstoffes wird auf dem Lineal P mittels des Nonius N eingestellt und das Lineal wird so angedreht, dass der Nullpunkt des Nonius auf jener Geraden liegt, die im System S2 der Wellenlänge der verwendeten Strahlung entspricht, z. B. Kawi. Nach Sicherstellung des Lineals P gegen Drehung wird der Nonius N so verschoben, dass sein Nullpunkt auf der Kreislinie K liegt.
Durch den Verschub der Führungs- mutter M werden die Arme Pi und P2 so angedreht, dass die Mitte des Visiers V2 am Arm P2 sich mit dem Nullpunkt des Nonius N auf der Kreislinie K deckt. Damit wurde der Winkel 2 gr bestimmt, der konstant bleibt für die ganze Serie von Röntgengrammen, die bei Verwendung desselben Referenzstoffes und derselben charakteristischen Strahlung aufgenommen wurden.
Der Halter Z mit dem eingelegten Röntgengramm wird nun durch Verschub in der Richtung 0102 so eingestellt, dass die Interferenzlinie rr des Referenzstoffes in den Visieren Vi und V2 mit dem Fadenkreuz zusammenfällt. Eine allfällige Exzentri zität wird durch Verschub des Halters in der zur Richtung 0102 senkrechten Ebene beseitigt.
Der Arm P3 wird so eingestellt, dass das Fadenkreuz in seinem Visier Vs die Interferenzlinie r des unbekannten Stoffes oder des zu ermittelnden Strukturanteils deckt und das Lineal P wird alsdann so geschwenkt, dass seine Messgerade, welche auf dem Nonius kenntlich gemacht ist, durch den Schnittpunkt der Achse des Armes P und der Kreislinie K hindurchgeht, das heisst durch die Mitte des Visiers V3. Wird sodann der Nullpunkt des Nonius N auf die der Wellenlänge der verwendeten Strahlung Ks, im System S2 entsprechende Gerade eingestellt, kann am Massstab des Lineals P die der Interferenzlinie r zugehörige Gitterentfernung d abgelesen werden.
Die Genauigkeit der Bestimmung dieses Wertes hängt von der Schärfe der Interferenzlinie am durchzumessenden Röntgenogramm und von der Vergrösserung des Gerätes ab.
Das beschriebene Gerät eignet sich auch zur Auswertung von nach anderen Modifikationen der Rück- strahlmethode angefertigten Röntgenogrammen, falls ein entsprechend angepasster Halter Z vorgesehen wird. So z. B. hat der Halter für Röntgenogramme aus einer kegelförmigen Kassette die Form eines analogen'durchsichtigen Kegels.