Verfahren zur Herstellung von oral wirksamen Antidiabetika
Der menschliche Diabetes wird heute üblicherweise mit strengen Diätvorschriften und Insulin Injektionen behandelt. Es hat aber in den letzten Jahrzehnten nicht an Versuchen gefehlt, das Insulin durch ein peroral wirksames Antidiabeticum zu ersetzen. Die bisherigen Präparate, z. B. die Bisguanidine mit einem höhermolekularen Alkylenrest, haben wegen ihrer Toxizität auf die Dauer nicht befriedigt.
Andere derartige Substanzen (Glucokinine) erwiesen sich als unzuverlässig in der Wirkung. Weitere Verbindungen sind im Tierexperiment als wirksam befunden worden, sind aber wegen ihrer Nebenwirkungen, z. B. ihrer Toxizität, gar nicht bis in den klinischen Versuch gelangt. Zu der letzten Gruppe gehören heterocyclische Derivate des Sulfanilamids, nämlich Sulfanilylthiodiazole mit einem Athyl-Isopropyl- oder Butylrest. Man wird also von einem Antidiabeticum geringe Toxizität, insbesondere an Leber, Nebennieren und ZNS, und zuverlässige Wirkung verlangen müssen. Ausserdem ist es notwendig, dass die betreffende Substanz nicht stossartig, son dem kontinuierlich wirkt, damit bedrohliche Hypoglykämien vermieden werden.
Es wurde nun eine neue Gruppe von Sulfonamiden gefunden, die diesen Ansprüchen weitgehend entsprechen. Während die Sulfanilylthiodiazole nur tierexperimentell eingesetzt werden konnten und' unter den zahlreichen übrigen Sulfanilamiden keine blutzuckersenkenden Wirkungen bekanntgeworden sind, haben die neuen, erfindungsgemäss erhältlichen Sulfonamide eine zuverlässige und gleichmässige Wirkung auf den Kohlenhydrathaushalt des Menschen ohne wesentliche toxische Nebenerscheinungen.
Es handelt sich bei den neuen Verbindungen um spezielle Glieder aus der Gruppe der Sulfanilylcarbamide, der Formel
EMI1.1
in welcher R den 2-n-Pentyl-, Cyclopentyl- oder Cyclohexylrest bedeutet
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung dieser Verbindungen ist dadurch gekennzeichnet, dass man eine Verbindung der Formel
EMI1.2
mit einer Verbindung der Formel B-R, wobei eine der beiden Reste A und B eine Aminogruppe und der andere eine Gruppe, welche mit der Aminogruppe durch Anlagerung oder Kondensation die Harnstoffbrücke ergibt, bedeutet, und R1 einen in die Aminogruppe überführbaren Rest darstellt, umsetzt und anschliessend Ri in die Aminogruppe überführt.
Die blutzuckersenkende Wirkung der Sulfonylharnstoffe mit einem Substituenten am Stickstoffatom 1 der Harnstoffgruppe ist an sich nicht auf den Gegenstand der vorliegenden Verbindungen mit dem wie oben definierten Rest R beschränkt. Jedoch entsprechen die von der obigen Formel nicht umfassten Verbindungen, welche am N,-Atom einen Substituenten von 5-6 C-Atomen tragen, nicht den an ein orales Antidiabeticum zu stellenden hohen Anforderungen. So ist etwa die hier nicht mitbeanspruchte Isoamylverbindung praktisch nicht brauchbar, weil sie zu stossartig wirkt. Andere Verbindungen dieser Reihe wirken zu schwach, so dass die erforderlichen Dosen unerträglich hoch werden. Bei den höheren Gliedern der Reihe wird die Toxizität zu stark.
Durch geringe Änderungen der Konstitu tion ändern sich die Eigenschaften der Substanzen erheblich, so dass die durch die obige Definition getroffene Auswahl unter der oben angeführten Formel pharmakologisch berechtigt ist.
Man kann z. B. nach einer Ausführungsform des erfindungsgemässen Verfahrens ein substituiertes Carbaminsäurechlorid und ein Sulfonamidsalz gemäss folgender Gleichung umsetzen:
EMI2.1
wobei W einen in die Aminogruppe überführbaren Rest, z. B. -NH-Acyl, bedeutet.
Ferner kann man z. B. ein Acylsulfanilamid mit einem Ester der Isocyansäure
EMI2.2
zur Umsetzung bringen, auch hier am besten in Form des Natrium- oder Kaliumsalzes.
Man kann auch in umgekehrter Weise aus einem geeigneten Derivat eines Acylsulfanilamids das Acylaminophenylsulfonylisocyanat erzeugen und dieses mit einem geeigneten Amin reagieren lassen gemäss der Formel
EMI2.3
Das Sulfonylisocyanat lässt sich z. B. durch thermische Zersetzung eines geeigneten Sulfonylderivates der Carbaminsäure gewinnen:
EMI2.4
Hierbei kann z. B. der Rest R' unter anderem ein substituierter oder unsubstituierter Alkoxy-, Phenoxy-, Alkylamino- oder Phenylamino-, Dialkylamino-, Diphenylamino- oder schliesslich Sulfonylaminorest sein. Wegen der hohen Reaktionsfähigkeit derartiger Sulfonylisocyanate ist die thermische Abspaltung zweckmässig in Gegenwart des zur Reaktion vorgesehenen Amins durchzuführen, das in dem Masse sich mit dem entstehenden Sulfonylisocyanat kondensiert, wie dieses frei wird.
Aus diesem Grunde muss der Rest R' so gewählt werden, dass das aus ihm entstehende Produkt H-R', das z. B. ein Alkohol oder ein Amin oder Sulfonamid sein kann, sich leicht von dem entstehenden Sulfonylharnstoff abtrennen lässt und nicht mit dem Aminrest R-NH2, den man einführen will, konkurriert.
Beispiel 1 2-n-Pentyl-sulfanilyl-harnstojf a) 153 g 2-Pentylaminsalz des Di-(Acetylsulfanilyl)-harnstoffes werden 1 Stunde auf 1000 C und 3 Stunden auf 1420 C erhitzt. Das Reaktionsprodukt wird pulverisiert und 2 Stunden mit 700 cm3 Wasser verrührt; hierauf wird mit 50 cm3 10n NaOH verrührt. In die alkalische Lösung wird CO2 bis zum Umschlagpunkt von Phenolphthalein eingeleitet. Das hierdurch ausgefüllte Acetylsulfanilamid wird abgesaugt und mit Wasser gewaschen. Ausbeute: 58 g, F. 171770 177 C. Das Acetylprodukt wird mit 240 cm3 70 /oigem Methanol 1 Stunde verrührt.
Das Unlösliche wird abgesaugt. Ausbeute: 52 g, F. 180-183"C b) 52 g 2-Pentyl-acetylsulfanilyl-harnstoff werden mit 96 cm3 5n KOH 70 Minuten im Wasserbad von 92O C unter Rühren erhitzt. Es entsteht ein steifer Kristallkuchen. Dieser wird mit 200 cm3 Wasser unter Erwärmen gelöst. Die Lösung wird mit Aktivkohle geschüttelt und filtriert. Das Filtrat wird bei 500C mit Salzsäure auf pH 5,2 gebracht. Man erhält eine kristalline Fällung von 2-Pentyl-sulfanilylharnstoff vom F. 152-154" C; Ausbeute: 41 g.
Beispiel 2 Cyclohexyl-sulfanilyI-harnstoff a) 545 g Cyclohexylaminsalz des Di-(Acetyl sulfanilyl)-harnstoffes (= 1,04 Mol) werden im Trockenschrank 1 Stunde auf 100 (C und 3 Stunden auf 1430 C erhitzt. Der harte Reaktionskuchen wird mit 450 cm3 Wasser versetzt. Nach 16stündigem Stehen bei Zimmertemperatur wird die Masse fein pulverisiert und mit 1 Liter Wasser und 100 cm3 10n NaOH 3i Stunden verrührt. Vom Unlöslichen wird abgesaugt und das Filtrat unter Rühren mit Salzsäure auf pH 8,8 gebracht. Das ausgefällte Acetylsulfanilamid wird abgesaugt und mit 200 cm Wasser gewaschen.
Das Filtrat wird bei 500 C mit Schwefelsäure auf pH 5,2 gebracht, worauf der Cyclohexyl-acetylsulfanilyl-harnstoff auskristallisiert.
Nach 1 stündigem Rühren wird dieser abgesaugt und mit Wasser und Alkohol gewaschen. Ausbeute: 268 g, d. s. 75 ovo d. Th., F. 200-203" C. b) 268 g Cyclohexyl- acetylsulfanilyl- harnstoff werden mit 470 cm3 5n KOH 2 Stunden unter Rühren im Wasserbad von 920C erhitzt. Das bei der Verseifung ausgefallene K-Salz des Cyclohexylsulfanilyl-harnstoffes wird nach 16stündigem Stehen bei Zimmertemperatur abgesaugt. Die Kristalle werden in 1100 cm3 Wasser gelöst und bei 700 C mit Salzsäure auf pH 5,2 gebracht, wobei der Cyclohexylsulfanilyl-harnstoff auskristallisiert. Er wird abgesaugt und mit Wasser gewaschen.
Ausbeute: 196 g, F. 180-182" C (85 ovo der Theorie).
Bei Verwendung des entsprechenden Cyclopentylaminsalzes des Di-(Acetylsulfanilyl)-harnstoffes (F.
164 C) erhält man in etwa 900/obiger Ausbeute den Cyclopentyl-sulfanilyl-harnstoff vom F. 173-175"C (Cyclopentyl-acetylsulfanilyl-harnstoff schmilzt bei 195-197" C).