Verfahren zur Herstellung von Rohwurst Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Rohwurst, das die Vermeidung der bei der Rohwurstherstellung gefürchteten Fehl fabrikate und die einwandfreie und leichte Fabrika tion von Rohwürsten ermöglicht.
Die Herstellung von Rohwürsten bietet gegen über anderen Wurstsorten insoweit Schwierigkeiten, als die erforderlichen Umsetzungen und Konservie rungsprozesse, vor allem die Tätigkeit der Fäulnis keime, nicht durch entsprechende physikalische Ein wirkung, wie Temperaturerhöhung oder -senkung, ge regelt werden können.
So wird bei der Brühwurstfabrikation durch den Heissräucherprozess eine schnelle und intensive Um rötung, durch das anschliessende Abbrühen eine weit gehende Sterilisierung herbeigeführt.
Die Anwendung von Hitze ist jedoch bei der Roh wurstherstellung nicht anwendbar. Durch das Abbrü hen verlieren die Erzeugnisse vollständig den Cha rakter als Rohwürste. Ebenso ist die Anwendung von Kälte oder niederen Temperaturen zur Verhinderung des Bakterienwachstums und der Eiweisszersetzung unmöglich. Durch die Anwendung von Kälte würden nicht allein das Wachstum der Fäulniserreger und damit die Eiweisszersetzung, sondern auch die drin gend notwendigen Aromatisierungs- und Umrötungs- prozesse wie auch die Reifung und Wasserentziehung verhindert werden.
Die Konservierung von Rohwürsten war bisher nur auf die natürlichen Abwehrreaktionen des Flei sches selbst beschränkt. Sie erfolgte allein auf Grund der Bildung von Fleischmilchsäure und der hieraus resultierenden Absenkung des pH-Wertes.
Es ist durch elektrometrische PH-Messung fest gestellt worden, dass der PH-Wert beim Fleisch -der Schlachttiere nach dem Schlachten sehr unterschied lich absinkt. Die lebende Muskulatur hat einen pH- Wert von 7,3 bis 7,4. Bereits einige Stunden nach dem Schlachten sinkt dieser Wert mehr oder minder stark ab. Bei normalem Fleisch von ausgeruhten, ruhigen, satten und somatisch nicht alterierten Tie ren ist bereits nach achtundvierzig bis zweiundsiebzig Stunden das ursprüngliche pH von 7,3 bis 7,4 auf 6,3 bis 6,0 oder gar 5,8 abgesunken.
Bei Fleisch von Tieren, die vor dem Schlachten erregt, übermüdet, brünstig oder hungrig waren oder sonst ganz geringfügige physische oder psychische Störungen aufwiesen, senkt sich der PH-Wert dagegen nur auf 6,8 bis 6,5 ab.
Durch eingehende Versuche wurde nun fest gestellt, dass die fleischzersetzenden Bakterien, vor allem die der Coli-, Proteus-, Mesentericus- und Sub- tilisgruppen sowie eine ganze Reihe auch pathogener Keime bei einem pH von etwa 6,3 nicht zur Ent wicklung kommen resp. dass diese Entwicklung un terbunden wird.
Bei Fleisch oder Fleischmassen mit einem pH- Wert von 6,2 und darunter wird durch diese Unter bindung des Wachstums eiweisszersetzender Bakte rien und anderer schädlicher Keime eine natürliche Konservierung erreicht. Die PH-Senkung wirkt sich aber auch entscheidend auf die Reifung, Geschmacks verbesserung oder Aromatisierung, das Mürbewerden, die Umrötung und andere notwendigen Umsetzungen aus.
Erreicht wird diese notwendige PH-Absenkung im naturgegebenen Falle durch den enzymatischen Ab bau des im Muskel lagernden Glykogens zu Milch säure.
Bei übermüdeten, somatisch alterierten, brünsti gen oder hungrigen Tieren sind die Glykogendepots im Fleisch aber weitgehend aufgebraucht. Es bestehen keine der sonst vorhandenen Glykogenreserven.Darum kann bei dem Fleisch dieser Tiere eine Milchsäure- bildung und entsprechende PH-Absenkung nur unvoll kommen oder überhaupt nicht eintreten.
Damit ist auch die dringend notwendige natürliche Konservie rung und die mit der Milchsäurebildung ebenfalls verbundenen Reifungsprozesse, Umrötungsprozesse, Aromatisierungsprazesse, Quellungs- und andere Pro zesse gleichfalls praktisch unterbunden. Bei dem Fleisch dieser Tiere treten darum durch die unge hemmte Keimentwicklung die gefürchteten Fehlfabri kate auf, die eine Genussminderung oder gar eine Genussuntauglichkeit der hergestellten Produkte zur Folge haben.
Aber auch bei dem Fleisch ausgeruhter und sat ter, somatisch nichtalterierter Schlachttiere bestehen hinsichtlich eines guten Enderfolges immer noch ge wisse Gefahren. Die Entwicklung der notwendigen Milchsäuremengen aus dem Glykogen und damit die genügende PH-Absenkung benötigt stets eine gewisse Zeitspanne und auch entsprechende Temperaturen (Wärme). Die Praxis zeigt, dass zur Überwindung die ser gefährlichen, der sogenannten kritischen Zeit, im Sommer etwa fünf bis sieben Tage, im Winter acht bis zehn Tage, erforderlich sind. Während dieser kri tischen Zeit können sich die Fäulniskeime entwickeln.
Man versucht immer wieder, diese kritische Zeit durch Anwendung von Wärme (Schwitzverfahren, Feuchträucherverfahren und dergleichen) zu verkür zen und die Konservierungsvorgänge durch vermehrte Enzymbildung und dadurch raschere Milchsäurebil- dung zu beschleunigen.
Diese Wärmesteigerung und Anwendung von Wasserdämpfen hat aber nicht allein eine unerwünschte kolloidchemische Veränderung in der Eiweissstruktur und Geschmacksbildung, sondern auch ein rascheres Wachstum der Fäulniskeime und damit die Gefahr der Eiweisszersetzung zur Folge.
Das Verfahren gemäss vorliegender Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass man der Fleischmasse einen Zucker zusetzt, den man bei einem pH-Wert von 4,5-6,5 enzymatisch in Milchsäure überführt.
Dazu kann man dem Wurstgut z. B. bestimmte, leicht zu Milchsäure reduzierbare Hexosen in einer Menge beigeben, welche die durch physiologische und psychische Abweichungen hervorgerufene Glykogen- armut wieder ausgleicht und eine zur Konservierung, Reifung, Aromatisierung und Umrötung notwendige PH-Absenkung auf 5,6 bis 6,0 herbeiführt. Die Dosie rung ist dabei zweckmässigerweise so zu berechnen, dass eine zu hohe Absenkung und damit ebenfalls schädliche Übergärung in der Rohwurst nicht eintre ten kann.
Der rasche enzymatische Abbau dieser Zucker stoffe zu Milchsäure kann durch Zusatz von Milch säurebakterien erreicht werden.
Die Kultur von Milchsäurebakterien kann ganz oder teilweise durch die Zugabe eines Substrates mit Enzymen ersetzt werden, welche von den Lactobak- terien gebildet werden. Um dieses Substrat zu erhal ten, lässt man die Lactobakterien in einem Nährsub strat von 28 bis 37 C gären, erwärmt dann auf 65 bis 70 C und hält diese Temperatur vier bis fünf Stunden konstant. Die Bakterien werden dadurch ab getötet, die Enzyme und ihre katalysatorische Wir kung aber bleiben erhalten.
Der pH-Wert der Fleischmasse muss schon bei Beginn der Verarbeitung eingestellt werden, um das Wachstum der Fäulnisbakterien zu verhindern.
Die Zugabe der Bakterien und der Zusatz des erforderlichen Zuckers schliesst nämlich nicht aus, dass zur Bildung der notwendigen Milchsäuremengen und zur PH-Absenkung noch eine gewisse Zeitspanne er forderlich ist. Um den Schutz gegen ein Verderben der Wurstmasse vollkommen zu machen, ist es not wendig, den pH-Wert zu Beginn der Verarbeitung ab zusenken. Beispielsweise kann Fleisch mit einem pH-Wert von 6,5 bis 6,8 auf einen Wert von 6,0 bis 6,3, ein Fleisch mit einem normalen pff von 6,0 bis 6,3 auf einen Wert von 5,5 bis 5,8 gebracht werden. Beide Werte sind in fabrikationstechnischem Sinne als hervorragend zu bezeichnen.
Würde man den pH-Wert beispielsweise nur durch Zusatz organischer Säuren zu normalisieren und zu regulieren versuchen, so wäre dazu eine derart grosse Säuremenge notwendig, dass fabrikationsschädigende und irreversible Erscheinungen auftreten können, die die Wurst in ihrer Konsistenz, ihrer Reifung, Aroma tisierung, Umrötung und in ihrem ganzen Erschei nungsbild derartig schädigen, dass die Endprodukte unverkäuflich wären.
Der Zusatz einer organischen Säure soll das Wachstum der Fäulniskeime so lange zurückhalten, bis sich die Milchsäurebakterien kräftig genug ent wickelt und genügende Milchsäuremengen gebildet haben, um nun konservierend zu wirken. Da das Wachstumsoptimum der Milchsäurebildner im sauren Milieu liegt, schaffen die organischen Säuren einen günstigen Boden.
Eine weitere Förderung kann durch die Zugabe von Natriumpyrophosphat geschaffen werden. Der Abbau der Zucker zu Milchsäure geht über Glucose phosphorsäureester ( Lactocitogen ) vor sich. Im Fleisch übermüdeter, hungriger, erregter Tiere sind aber in der Regel nicht allein die Glykogenreserven, sondern auch die Phosphatreserven verbraucht, da diese beiden Stoffe die einzigen Energiequellen der Muskulatur darstellen (Muskelkontraktion). Um einen Abbau zu Milchsäure schnell und reibungslos herbei zuführen, ist es vorteilhaft, der Wurstmasse Phosphate zuzugeben. Die erforderliche Menge beträgt ungefähr 2 mg pro 100 g Wurstmasse.
Der Fleischmasse kann erforderlichenfalls noch ein Rötestoff in Form von Kaliumnitrat beigefügt werden. Ferner kann durch Zugabe von Natrium glutamat eine geschmackliche Verbesserung erzielt werden, da hierdurch die Aromatisierungsprozesse verstärkt werden.
Um die Herstellung einer einwandfreien Roh- oder Dauerwurst zu ermöglichen, ohne dabei Fehl fabrikate oder Fehlschläge befürchten zu müssen, empfiehlt es sich, eine Mischung zu verwenden, die eine Kultur von Milchsäurebakterien, beispielsweise auf Milcheiweiss, und/oder die durch eine solche Kul tur gebildeten Fermente oder Enzyme, Zucker in Form von Glucose, Lactose oder sonstiger Zucker derivate, organische Säuren, wie z. B. Weinsäure oder Zitronensäure, Kaliumnitrat und Natriumglutamat, enthält.
Eine zweckdienliche Mischung, welche sich be währt hat, enthält:
EMI0003.0004
Von dieser Mischung werden einem Kilo der Wurstmasse etwa 7 g zugegeben.