Verfahren zur Herstellung eines als Antikoagulans geeigneten Dextransulfats
Es ist seit einiger Zeit'bekannt, dass die Wirkung natürlicher Antikoaguliermittel, wie Heparin, auf der Anwesenheit einer sauren Gruppe, das heisst einer teilweise veresterten Schwefelsäuregruppe, beruht, und dass auch saure Schwefelsäureester von Kohlehydraten, wie Dextran, Cellulose, Chondroitin und Mucoitin, und selbst von andern Stoffen als Kohlehydraten abgeleitete Verbindungen mit freien Sulfogruppen, wie sulfoniertes Polystyrol, in dieser Richtung wirken. Diese Verbindungen sind aber mehr oder weniger toxisch und fanden deshalb keine klinische Verwendung.
Unsere Forschungen haben ergeben, dass man niehttoxisches Dextransulfat herstellen kann, wenn man aus einer durch Hydrolyse von hochmolekularem Dextran er haltenen Misehung die grösseren Dextranmole küle, welche die Toxizität zu bewirken schei- nen, selektiv entfernt und die verbleibenden Moleküle mit niedrigerem Molekulaxgewicht durch Behandlung mit einem Sulfa-tierungs- mittel in die Schwefelsäureester überführt.
Die intrinsic viscosity von Dextran ist abhängig von der Molekülgrösse und deshalb ein geeignetes Mass für letztere, und man verwendet deshalb die Werte der intrinsie vis cosity zur Kennzeichnung des Dextrans. Die im folgenden angegebenen Werte für die intrinsic viscosity wurden bestimmt bei a C in 0, 9% iger Salzlosung unter Verwen dung eines B. S. S.-Viskosimeters Nr. 1. Die intrinsie viscosity > i des jeweils verwendeten abgebauten Dextrans betrug nach Entfernung der grösseren Moleküle in allen Fällen weniger als 0, 12.
Es wurde ferner gefunden, dass die Eigen- schaften von durch Veresterung von teilweise abgebautem Dextran (selbst wenn dessen intrinsic viscosity niedriger ist als 0, 12) erhaltenem Dextransulfat verbessert werden können, wenn man es einer Behandlung unterwirft, durch welche grosse Dextransulfatmole küle, die durch Sulfatierung grosser Dextranmoleküle oder Verbindung zweier Dextranmoleküle durch eine Sulfatbrücke entstanden sind, entfernt werden. Auf diese Weise wird der Anteil der grossen Moleküle so gering, dass bei der klinischen Anwendung grössere Dosen als bisher während einer längeren Zeit mit grösserer Sicherheit verabreicht werden können.
Die Erfindung betrifft somit ein Verfahren zur Herstellung eines für therapeutische Verwendung geeigneten Dextransulfates, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass man teilweise abgebautes Dextran mit einer Verbindung der Formel
EMI1.1
umsetzt, wo X einen bei der Reaktion sich als HX abspaltenden Rest bedeutet, und das erhaltene, hinsichtlich der Molekülgrösse inhomogene Dextransulfat zwecks Abtrennung der toxisch wirkenden grossen Moleküle einer fraktionierten Fällung unterwirft.
Natürlich sind die erhaltenen Fraktionen hinsichtlich der Molekülgrösse nicht vollkommen homogen, da eine derartige Fraktionierung praktisch unmöglich ist. Je verdünnter jedoch die Ausgangslösung und je kleiner der prozentuale Anteil der gebildeten Fraktion ist, desto besser ist ihre Homogenität.
Man kann ferner auch Anteile mit niedrigem Molekulargewicht wnd geringer Anti koagulierwirkung entfernen und so die Ak tivität des Produktes steigern.
Die Grenze der Molekulargrösse, bis zu wel- cher man bei der Abtrennung der grösseren Moleküle gehen sollte, wird am besten durch pharmakologische Prüfung ermittelt, da es scheint, dass die Toxizität zusammenhängt mit der Retention von Sulfatmolekülen im Reticulo-Endothelial-System der Säugetiere und dass die Moleküle irgendeines Polysaccharidsulfates, die nicht auf diese Weise zurückgehalten werden, nicht toxisch wirken.
Im Falle des Dextransulfates werden vorteilhaft die Fraktionen mit einer intrinsic viscosity über 0, 035 entfernt, obschon auch Fraktionen mit einer intrinsic viscosity bis zu 0, 05 nur wenig toxisch sind.
Das Dextransulfat, das eine lösliche Säure ist, wird vorzugsweise in Form des Natrumsalzes verwendet.
Es ist nicht erforderlich, die grossen Dex tranmoleküle bereits vor der Veresterung zu entfernen, da diese ohnehin bei den erfin dungsgemässen fraktionierten Fällen entfernt werden. Es ist jedoch am besten, sie zu entfernen, um eine Verschwendung von Dextran und von Reagenzien für die Überführung in das Sulfat zu vermeiden. Die Sulfatierung erfolgt üblicherweise durch Einwirkung von Chlorsulfonsäure auf das abgebaute Dextran in Gegenwart von Pyridin. Die Antikoagula- tionswirkung von Dextransulfat auf Blut hängt ab vom Schwefelgehalt, welcher mehr als 9% ausmachen sollte. Die Sulfatierung muss deshalb so weit getrieben werden, dass die therapeutisch zu verwendende Fraktion einen genügend hohen Schwefelgehalt aufweist.
Die selektive Entfernung der grossen Sul fatmoleküle erfolgt am zweckmässigsten durch fraktionierte Fällung mit einem mit Wasser ganz oder teilweise mischbaren organisehen Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch, in welchem Dextransulfat nicht löslich ist. Die fraktionierte Fällung kann unter Anwendung jeder geeigneten'Arbeitstechnik erfolgen. So bildet sich, wenn das Lösungsmittel oder Ge misch nach und nach zu einer wässrigen Dextransulfatlösung gegeben wird, die neutral oder schwach alkalisch ist und genügend Ionen aufweist, um elektroviskose Effekte auf ein Minimum herabzusetzen, ein Niederschlag, der durch Filtration, oder wenn er harzig ist, durch Schwerkrafttrennung entfernt werden kann.
Das zuerst ausgefällte Sulfat hat eine höhere intrinsic viscosity als das hernach ausgefällte Sulfat, was anzeigt, dass die grö- sseren Moleküle zuerst ausgeschieden werden.
Mit zunehmender Losungsmittelkonzentration beobachtet man eine fortschreitende Ausfäl- lung der nächstgrösseren Dextransulfatmoleküle. Deshalb kann man durch Zugabe einer geeigneten Lösungsmittelmenge die Moleküle von jeder gewünschten Grössenordnung ausfällen. Setzt man nach Entfernung des Niederschlages aus höher molekularem Dextransulfat den Lösungsmittelzusatz fort, so kann man schliesslich auch die zu gewinnende, als Antikoagulans zu verwendende Fraktion ausfällen.
Man kann auch die herabgesetzte Löslich- keit des Sulfats in gewissen Lösungsmittel- gemischen bei verminderter Temperatur zur Fraktionierung ausnutzen. In diesem Falle setzt man z. B. der Lösung so viel Fällungs- mittel zu, bis eine leichte Trübung entsteht.
Dann erwärmt man die Mischung, um die Trübung zu lösen und sie homogen zu machen, und kühlt dann ab. Infolge der Löslichkeits- verminderung des Materials bei niedrigeren Temperaturen bildet sich ein Niederschlag.
Die Fraktionierung kann so oft wiederholt werden, als erforderlich ist, um entweder eine Reihe von Fraktionen von verschiedenem Moleliulargewicht oder nur wenige Fraktionen zu erhalten.
Wie gesagt, ist das Dextransulfat mit einer intrinsie viscosity von weniger als 0, 035 praktisch ungiftig ; anderseits hat ein Dex transulfat mit einer intrinsie viscosity unter 0, 01 praktisch keine Antikoagulationswirkung mehr, so dass man die Fraktionen, deren Vis kosität unter diesem Werte liegen, vorzugsweise ebenfalls entfernt.
Beispiel 1
Eine 10% ige Lösung von rohem Dextran wurde zunächst durch Säurehydrolyse abgebaut, um die Molekülgrösse herabzusetzen. Die Losung wurde beim pg 1, 02 auf 98 C erhitzt, bis eine relative Viskosität von 1, 02 erreicht war. Unter relativer Viskosität versteht man das Viskositätsverhältnis dieser 10% igen Lösung zu destilliertem Wasser bei 37 C. Nach dem Neutralisieren mit Kalk wurde die Lösung filtriert und 26% des Materials mit Aceton ausgefällt. Weitere 10% des Materials wurden erhalten durch einen zweiten Zusatz von Aceton ; dieses Produkt hatte eine relative Viskosität von 1, 55. Diese Dextranfraktion wurde mit Aceton entwässert und im Valiuum bei 50 C getrocknet.
Sie bildete das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Dextransulfat.
Zur Herstellung des Sulfats gab man 64 Liter Pyridin in einen Sulfatierkessel und setzte unter Kühlung 7, 04 Liter Chlorsulfonsäure zu. Die Temperatur wurde unter 20 C gehalten. Als der Zusatz beendet war, wurde die Temperatur auf 60 C erhöht lmd 4, 8 kg des Dextranausgangsmaterials zugesetzt. Die Temperatur wurde nun 4 Stunden zwischen 65 und 70 C gehalten, wonach die Sulfatie- rung beendet war. Die viskose Flüssigkeit wurde nun bei 20 C in 180 Liter Wasser gegossen und das Pyridinsalz des Dextransulfats mit einer geringen Menge Pyridinchlorhydrat und Pyridinsulfat durch Zugabe des zweifachen Volumes Aceton ausgefällt.
Die Mischung schied sich in Schichten, wobei die untere das Pyridinsalz des Dextransulfats enthielt. Diese Salzschicht wurde abgezogen und in 150 Liter destilliertem Wasser gelost, wonach man durch Zugabe von Natronlauge bis zum pg 8, 0 das Na-Salz des Dextransulfats bildete.
Dieses Na-Salz, ein harziges Produkt, wurde in 80 Liter Wasser gelöst und vom Hauptteil der anorganischen Verunreinigun- gen und Pyridin durch aufeinanderfolgenden Durchgang durch ein kationaustauschendes und ein anionaustauschendes Harz befreit. Die erhaltene Dextransulfatlösung wurde durch Zugabe von Natronlauge bis zum pg 7, 4 neu- tralisiert und auf 136, 5 Liter verdünnt.
Die gereinigte Losung des Na-Salzes des Dextransulfats zeigte an sich gute Antikoagulanswirkung ; bei intravenöser Einsprit- zung in Meerschweinchen verursachte sie jedoch schwere Reaktionen und bewirkte auch eine geringe Deponierung von metachromatisch färbbarem Material in der Leber von Ratten.
Diese Sulfatlösung wurde nun der fraktionierten Fällung mit Aceton unterworfen. Die Lösung wurde zuerst bei 20 C mit 55 Liter Aceton versetzt. Es schied sich eine kleine Menge eines flockigen Materials aus, das durch Zentrifugieren entfernt wlrde. Man setzte weitere Mengen Aceton zu und zog die Fraktionen des ausgefällten Dextransulfats ab, sobald die überstehende Flüssigkeit klar war. Man stellte so fünf weitere Fraktionen her und bestimmte deren intrinsic viscosity .
Lösungen der Fraktionen wurden Meerschweinchen intravenös eingespritzt. Die beiden ersten Fraktionen waren toxisch, die nächsten drei nicht-toxisch und hatten eine anti koagulierende Wirkung von zwölf internationalen Einheiten pro mg. Sie eigneten sich deshalb zur Herstellung von Injektionslösungen.
Nach Abtrennung der fünften Fraktion war die überstehende Flüssigkeit und infolgedessen auch die sechste Fraktion stark durch Natriumsulfat verunreinigt. Ausserdem hatte diese Fraktion und das restliche Material ein Antikoaguliervermögen von weniger als 10 i. lil. lmg und eignete sich nicht zur Verwen- dung als Antikoagulan Die Versuchsergebnisse sind in nachstehender Tabelle I zusammengestellt :
Tabelle I
Volumen Menge des zugesetzten des Niederschlages ¸intrinsic viscosity¯ Meerschweinchen- AktivitÏt, @@@@@@ @@@ @@@@@@
Acetons % 55 Liter 6, 7 0, 0362 +- 3"6, 7 0, 0350 + 5"7, 9 0, 0336 0 12 7"8, 6 0, 0319 0 12 94 43, 1 0, 0289 0 12 100" (mit Na2SO4 venmreimgt)
So wurden 59, 6% des ursprünglichen Dextransulfats in Form eines für therapeutische Zwecke geeigneten Produktes gewonnen.
Beispiel 2
Dieses Beispiel beschreibt die fraktionierte Ausfällung von Dextransulfat unter Ausnüt- zung der verminderten Löslichkeit des Materials bei abnehmender Temperatur des Lö sungsmittelgemisches. Um zu zeigen, dass man aus zur Verwendung beim Menschen ungeeignetem Dextransulfat ein solches herstellen kann, das sich dem Menschen. verabreichen lässt, wurde auch in diesem Beispiel ein Dextransulfatansatz verwendet, der keine guten biologischen. Eigenschaften aufwies. Zu 77 cm3 einer wässrigen 15, 4 g Dextransulfat (Na-Salz) mit einer intrinsie viscosity von 0, 04 enthaltenden Losung, gab man bei 30 C Äthyl- alkohol bis zum Eintreten der Trübung. Man brauchte 108 cm3 Äthylalkohol.
Die Mischung wurde erwärmt, bis sie homogen war, was bei 33 C der Fall war, und dann langsam auf Zimmertemperatur abgekühlt. Es schied sich ein Sirup aus, der von der überstehenden Flüssigkeit getrennt wurde. Der Sirup wurde mit Äthylalkohol verrieben, wobei man ein die erste Fraktion darstellendes Pulver erhielt.
Die überstehende Flüssigkeit wurde wieder auf 30 C erwärmt, bis zur beginnenden Trübung mit Methylalkohol versetzt, bis zur Homogenität erwärmt und langsam abgekühlt. Der sich ausscheidende Sirup wurde abgetrennt, mit Äthylalkohol verrieben, wobei man eine zweite Fraktion als Pulver erhielt. Auf die gleiche Weise erhielt man fünf weitere Fraktionen, mit denen verschie- dene Prüfungen vorgenommen wurden. Ihre intrinsic viscosity in 0, 9% iger NaCl-Lösung wurde in einem B. S. S.-Viskosimeter Nr. 1 bei 37 C bestimmt. Der Schwefelgehalt der verschiedenen Fraktionen wurde ebenfalls bestimmt.
Diese Fraktionen wurden geprüft, um festzustellen, ob sie eine Ausfällung von menschlichem Fibrinogen verursachen, und zwar durch Mischen gleicher Volumen einer 1% igen Lösung der Fraktion mit einer 1% igen Lösung von menschlichem Fibrinogen. Mischungen, die eine grössere Opaleszenz zeigten, als eine Mischung von gleichen Volumen 0, 9% iger NaCl-Losung und 1% igerFibrinogen- lösung sind in der folgenden Tabelle II mit einem oder mehreren Pluszeichen versehen, je nach dem Grad der Opaleszenz. Mischun- gen mit geringerer Opaleszenz sind mit 0 be zeiehnet. Lösungen der Fraktionen wurden Versuchstieren in Dosen von 50 mg pro Kilogramm Tiergewicht eingespritzt.
Wenn die Injektion nach 24 Stunden eine Abscheidung in den Zellen der Leber, Milz oder des Knochenmarks verursachte, die mit Toluidinblau metachromatisch anfärbbar war, wird das Resultat durch ein Pluszeichen angegeben. Keine färbbare Abscheidung wird mit 0 bezeichnet.
Die verschiedenen Fraktionen wurden auch auf unerwünschte Reaktionen in Meerschwein chen geprüft. Keine Reaktion ist mit 0 bezeichnet und eine positive Reaktion mit dem Pluszeichen. Die Fraktionen wurden auch auf ihre koagulationsverhindernde Aktivität geprüft und die Ergebnisse in internationalen Einheiten pro Milligramm angegeben.
Tabelle FI
Menge des Meer-Antikoa-
Nieder- intrinsie Schwefel-Fibrinogen-Färbbare schweinehen-gulierende schlagues % viscositys gehalt % fällung Abscheidung reaktion Aktivitat Ursprüng- liches Salz-0, 044 17, 9 + + + 16, 5 Fraktion 1 14, 69 0, 070 19, 4 +++ + + 20, 7 "2 11, 44 0,058 19,3 ++ + + 20, 2 3 10, 25 0,054 20,6 ++ + + 20, 7 4 11, 23 0,044 19,4 ++ + 0 17, 7 . 5 15,44 0,035 19,6 0 0 0 14, 2 6 9, 83 0,026 19,3 0 0 0 11, 9 7 3, 95-14, 9 0 0 0 4,
6
Die Prozentzahlen in der Tabelle beziehen sich auf das Trockenmaterial nach Bestim- mung des Feuchtigkeitsgehaltes durch Trocknen bis zum konstanten Gewicht bei 60 C im Vakuum. Man erkennt, dass die Fraktionen 5 und 6 wünschenswerte biologische Eigenschaften besitzen und sich deshalb zur thera peutischen Verwendung eignen.